TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/18 93/03/0318

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Veröffentlicht am 18.05.1994
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. November 1993, Zl. 5/11-99/653/1-1993, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. November 1993 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung a) vom Fahrverbot in beiden Richtungen außerhalb der erlaubten Ladetätigkeitszeiten zur jederzeitigen Zu- und Abfahrt zum und vom Haus Y-Platz 8 zur Durchführung von Ladetätigkeiten mit zwei dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeugen, gestützt auf die Bestimmung des § 45 Abs. 2 StVO 1960, ab (Spruchpunkt I). Gleichzeitig wurde die Berufung der Frau K gemäß § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II).

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen dessen Spruchpunkt I, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, die Beschwerdeführerin betreibe gemeinsam mit ihrer Tochter im Haus X-Gasse 21 bzw. Y-Platz 8 ein Textilgeschäft mit angeschlossenem Maßsalon für Trachten und Landhausmoden-Couture. Der Produktionsbetrieb und die Lagerhalle befänden sich allerdings am Z-Kai 27. Die Kunden bestellten während der Geschäftszeiten des öfteren diverse Änderungen an den gekauften Waren und es seien die Waren meist noch am gleichen Tag zwischen 17.00 und 18.00 Uhr an die Kunden auszuliefern. Außerdem seien tagsüber Stoffballen, Modellkleider, Änderungsware, Musterstücke und Dekorationsware zwischen Geschäft, Lager und Produktionsstätten hin und her zu fahren. Sowohl die Beschwerdeführerin wie auch ihre Tochter hätten ein Bandscheibenleiden und hätten sich auch einer Bandscheibenoperation unterziehen müssen, sodaß sie keine schweren Gegenstände heben und tragen könnten. Es sei ihnen jedoch zumutbar, Gegenstände unter 5 kg von ihrem Betriebsstandort aus zum Kfz zu verbringen, auch wenn dieses nicht in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte abgestellt sei. In einer Entfernung von etwa 200 m vom Geschäft befände sich die Ladezone in der B-Gasse. Von dem in Rede stehenden Fahrverbot sei die Zu- und Abfahrt zum Zwecke der Ladetätigkeit an Werktagen von jeweils 06.00 bis 10.30 Uhr ausgenommen.

Aus diesem Sachverhalt leitete die belangte Behörde ab, um Kundenwünschen, die terminlich nicht vorausplanbar seien, gerecht zu werden, werde es immer wieder notwendig sein, vor allem Abänderungsware hin und her zu transportieren. Hiefür biete sich allerdings einerseits die bereits von der Behörde erster Instanz angeführte Ladezone B-Gasse an, andererseits erscheine es möglich, da die Auslieferungen an die Kunden nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin meist zwischen 17.00 und 18.00 Uhr erfolgten, das Kraftfahrzeug am M-Platz, der ja ab 17.00 Uhr angefahren werden dürfe, abzustellen. Schwerere Stücke, wie Modellkleider, Musterstücke, Stoffballen und vor allem Dekorationsware könnten in der Zeit der zulässigen Zufahrt für Ladetätigkeiten angeliefert werden.

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 kann die Behörde in anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung von derartigen Ausnahmebewilligungen ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Ausnahmebewilligung nach dieser Gesetzesstelle ist daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die Person des Antragstellers außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0109, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerdeführerin bekämpft in ihrer Beschwerde nicht die Annahme der belangten Behörde, es sei ihr auch unter Berücksichtigung ihres eingeschränkten Gesundheitszustandes möglich, die für die Erfüllung kurzfristiger Kundenwünsche erforderlichen Transporte einzelner Textilien zwischen dem Geschäft und einem in der B-Gasse abgestellten Kraftfahrzeug zu bewerkstelligen. Sie hält dem - soweit der Beschwerde neben allgemeiner Polemik gegen die Verfahrensführung der Behörde überhaupt ein substantiiertes Vorbringen zu entnehmen ist - lediglich entgegen, in der B-Gasse sei erfahrungsgemäß nie ein Parkplatz frei. Auf dieses Vorbringen einzugehen, ist dem Verwaltungsgerichtshof allerdings deshalb verwehrt, weil es gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt. Denn obwohl bereits die Behörde erster Instanz die Beschwerdeführerin auf diese Möglichkeit verwies, unterließ es die Beschwerdeführerin, spätestens im Berufungsverfahren ein derartiges Vorbringen zu erstatten.

Unbekämpft bleibt von der Beschwerdeführerin ferner die Annahme der belangten Behörde, der für die Führung des Geschäftes der Beschwerdeführerin erforderliche Transport schwerer Gegenstände könne innerhalb der allgemein für Ladetätigkeiten an Werktagen zwischen 06.00 und 10.30 Uhr zur Verfügung stehenden Zeit bewerkstelligt werden.

Bereits ausgehend von diesen, von der belangten Behörde in rechtlich unbedenklicher Weise getroffenen Feststellungen erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, im vorliegenden Fall sei die in § 45 Abs. 2 StVO 1960 normierte Tatbestandsvoraussetzung des erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses nicht erfüllt, als frei von Rechtsirrtum. Es erübrigt sich daher, auf die weiteren von der belangten Behörde zur Stützung ihrer Entscheidung herangezogenen und in der Beschwerde bekämpften Argumente einzugehen. Daß aber, wie die Beschwerdeführerin meint, in anderen, dem vorliegenden gleichgelagerten Fällen Ausnahmebewilligungen möglicherweise ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erteilt wurden, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht zu begründen.

Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993030318.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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