TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/14 94/12/0217

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Veröffentlicht am 14.12.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
BDG 1979 §109 Abs2;
BDG 1979 §121 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs3;
BDG 1979 §43;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
DVG 1984 §8 Abs1;
StGB §83 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Walstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des N in Y, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Juli 1994, Zl. 6221/1780-II/4/94, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Vor seiner nunmehr bekämpften Versetzung war er Postenkommandant des Gendarmeriepostens Y. Während dieser Zeit kam es (gerechnet nach ihrem Abschluß) zu folgenden drei Vorfällen:

Vorfall 1:

Ermahnung des Beschwerdeführers gemäß § 109 Abs. 2 BDG 1979 durch den Abteilungskommandanten des Bezirkes R vom 3. Juni 1991 wegen eines Vorfalles vom 3. Mai 1991.

Diesem Vorfall lag der Vorwurf zugrunde, der Beschwerdeführer sei mit einer Vertragsbediensteten (Raumpflegerin) in einem Nebenraum (Unterkunftsraum) des GP Y in einer verfänglichen Situation angetroffen

worden (Verstoß gegen § 43 BDG 1979, § 8 Abs. 2 der Gendarmerie-Dienstinstruktion und § 15 der Unterkunftsordnung).

Vorfall 2:

Rechtskräftiges Urteil des Landesgerichtes Linz (Berufungsgericht) vom 4. Juli 1991: Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Vergehens nach § 83 Abs. 1 in Verbindung mit § 313 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen a S 270,--; ein Teil der Strafe wurde bedingt ausgesprochen.

Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (DK) vom 19. November 1991: Geldbuße in der Höhe von S 3.500,-- (für sachgleiche Vorwürfe).

Der strafgerichtlichen und disziplinären Bestrafung lag der Vorwurf zugrunde, der Beschwerdeführer habe am 5. Dezember 1989, am 2. Februar 1990 und am 16. April 1990 beim amtlichen Einschreiten drei Jugendliche körperlich mißhandelt.

Vorfall 3:

Disziplinar- und Strafanzeige des Dienstvorgesetzten vom 22. April 1993 wegen des Vorwurfes, neuerlich eine Person am 1. Mai 1992 während des Einschreitens körperlich mißhandelt zu haben:

-

Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 StPO mit Schreiben der StA Linz vom 6. Mai 1993.

-

Bestätigung der Einstellung des Disziplinarverfahrens durch Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 1. September 1993 (Abweisung der Berufung des Disziplinaranwaltes).

Auf Grund der Berichterstattung in den Medien wandte sich die Volksanwaltschaft 1991 in einem amtswegigen Prüfungsverfahren an die belangte Behörde, zunächst mit der Frage, warum der Beschwerdeführer bis zum rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens nicht nach § 112 BDG 1979 suspendiert worden sei. Im Zuge dieses Verfahrens teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 10. August 1993 der Volksanwaltschaft mit, es sei die Einleitung des Versetzungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer beabsichtigt. Bereits zuvor war das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich (kurz LGK = Dienstbehörde erster Instanz) mit Erlaß vom 28. Juli 1993 angewiesen worden, ein amtswegiges Versetzungsverfahren durchzuführen.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1993 teilte das LGK dem Beschwerdeführer mit, er habe seit 1991 drei gravierende Dienstpflichtverletzungen begangen (Vorfälle 1 bis 3), wobei über den Vorfall 3 noch nicht endgültig abgesprochen worden sei. Durch Beschwerden an die Volksanwaltschaft seien die ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen sowohl in seiner Funktion als Postenkommandant mit Vorbildwirkung für die übrigen Beamten des Postens als auch gegenüber Privatpersonen beim Einschreiten in einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Die Dienstbehörde könne daher seine weitere Verwendung als Postenkommandant in Y "nicht weiter goutieren". Unter Berücksichtigung seiner derzeitigen persönlichen und sozialen Verhältnisse sei seine amtswegige Versetzung zum GP G. beabsichtigt, wo er als Sachbearbeiter eingeteilt werde. Bei der Versetzung zum GP G. sei auch der dienstlich notwendige Personalbedarf bei diesem Bezirksposten berücksichtigt worden.

In seinen zeitgerecht erhobenen Einwendungen brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, es liege nur eine gravierende Dienstpflichtverletzung vor: Bezüglich des Vorfalles 3 seien in der Zwischenzeit sowohl das strafrechtliche als auch das Disziplinarverfahren eingestellt worden. Der Vorfall 1 stelle deshalb keine gravierende Dienstpflichtverletzung dar, weil (bloß) eine Ermahnung nach § 109 Abs. 2 BDG 1979 ausgesprochen worden sei. Unbestritten sei der zweite Vorfall ein gravierender gewesen: Die Dienstbehörde übersehe jedoch, daß seither dreieinhalb bis vier Jahre vergangen und daher keine wichtigen dienstlichen Interessen mehr gegeben seien, zumal er sich seither tadellos verhalten habe und auch die Postenführung unbeanstandet geblieben sei. Außerdem sei mit der Verurteilung, insbesondere gegenüber der Bevölkerung, kein Autoritätsverlust verbunden gewesen. Wegen des damaligen Verhaltens der überwiegend jugendlichen Diskothekenbesucher habe die Bevölkerung nahezu geschlossen nach energischen Maßnahmen gerufen. Es sei deswegen sein "bei objektiver Betrachtung gesetzwidriges Verhalten von der Bevölkerung im höchsten Maß goutiert und explizit begrüßt" worden. Aus diesen Gründen könne er nicht erkennen, daß die Dienstbehörde den seinerzeitigen Vorfall (2) heute zum Anlaß einer Versetzung nach § 38 Abs. 2 BDG 1979 nehmen könne.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 1993 verfügte das LGK gemäß § 38 Abs. 4 BDG 1979 von Amts wegen die Abberufung des Beschwerdeführers von seiner Funktion als Postenkommandant in Y und mit Wirkung vom 1. Jänner 1994 die Versetzung des Beschwerdeführers zum GP G., wobei er als Sachbearbeiter eingeteilt sei. Die Dienstbehörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, dem Vorfall 1 sei bereits am 19. Juli 1990 die Belehrung des Beschwerdeführers durch den damaligen Bezirksgendarmeriekommandanten von R. vorangegangen, Intimitäten während des Dienstes in Gendarmerieunterkünften zu unterlassen. Das vom Beschwerdeführer offensichtlich über einen längeren Zeitraum gesetzte Fehlverhalten sei nicht nur der Funktion des Beschwerdeführers als Postenkommandant gegenüber seinen Mitarbeitern abträglich gewesen, sondern sei auch der Öffentlichkeit bekannt geworden. Die schriftliche Ermahnung sei daher in dieser Angelegenheit bereits die zweite Maßnahme gewesen; eine Bagatellsache liege daher nicht mehr vor. Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer ein dienstliches Spannungsverhältnis verursacht, das an sich bereits ein wichtiges dienstliches Interesse für eine amtswegige Versetzung begründe. Zum Vorfall 2 vertrat das LGK die Auffassung, ein rechtswidrig festgestelltes Verhalten werde durch vermeintliche Zustimmung in der Bevölkerung nicht gerechtfertigt. Es bestehe keine gesetzliche Frist, ab welchem Zeitpunkt strafrechtliche bzw. disziplinäre Verfehlungen für eine amtswegige Versetzung nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Zum 3. Vorfall räumte das LGK ein, es seien in der Zwischenzeit alle Verfahren dazu eingestellt worden, weil die zur Last gelegte Tat nach Würdigung aller Beweise nicht als erwiesen angenommen worden sei. Dennoch müsse dieses Verhalten im Konnex zum übrigen Fehlverhalten aus der Sicht des wichtigen dienstlichen Interesses beurteilt werden. Daher seien alle Fehlverhalten des Beschwerdeführers heranzuziehen gewesen. Zum seither tadellosen Verhalten des Beschwerdeführers führte das LGK aus, durch den Abteilungskommandanten von R. hätten Mitarbeitergespräche geführt werden müssen, um ein einigermaßen erträgliches Arbeitsklima am GP Y zu gewährleisten. Daher sei das "vermeintliche Wohlverhalten" des Beschwerdeführers nicht als Milderungsgrund zu werten.

In seiner Berufung bestritt der Beschwerdeführer im wesentlichen die Annahme der Dienstbehörde erster Instanz, er habe auch schon vor dem Vorfall 1 dieses Fehlverhalten über einen längeren Zeitraum gesetzt. Dies stelle lediglich eine Vermutung, aber keinen Beweis dar. Die daraus gezogene Schlußfolgerung auf ein Spannungsverhältnis sei falsch; ein solches habe weder wegen dieses Vorfalles noch aus anderen Gründen zwischen seinen Mitarbeitern und ihm bestanden (Beweisanbot: zeugenschaftliche Einvernahme der Mitarbeiter des GP Y). Zum Vorfall 2 hielt der Beschwerdeführer an seiner Auffassung fest, schon aus einer Wortinterpretation müsse man zum Schluß kommen, daß Vorfälle, die einen längeren Zeitraum zurücklägen, kein dienstliches Interesse (im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979) mehr begründen könnten. Es wären der Willkür Tür und Tor geöffnet, wenn man wegen einer Dienstpflichtverletzung, die man einmal gesetzt habe, jederzeit damit rechnen müsse, auch noch Jahre danach nur deshalb versetzt werden zu können. Entgegen der Auffassung des LGK habe er sich in der Zwischenzeit wohl verhalten. Es hätten nicht mehrere Mitarbeitergespräche zwischen ihm und dem Abteilungskommandanten von R. stattgefunden, um ein einigermaßen erträgliches Arbeitsklima zu gewährleisten, lediglich ein thematisch ähnlich gelagertes Gespräch sei geführt worden. Er habe ein sehr gutes Arbeitsklima. Lediglich von seinem Stellvertreter, der in neurologischer Behandlung gewesen sei, sei gegen ihn "interveniert" worden, offenbar in der Hoffnung, er könne den Posten des Beschwerdeführers bekommen. Er sei mehrfach von seinem Vorgesetzten wegen seiner Dienstführung mündlich gelobt worden (wird näher ausgeführt). Der Beschwerdeführer brachte ferner vor, seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse seien nicht berücksichtigt worden. Er lebe in Lebensgemeinschaft in X. In dieser Gemeinde und in Y lebten auch seine vier Kinder und fünf Enkelkinder. Die Entfernung zum neuen Dienstort betrage 85 km (in einer Richtung). Neben einer großen finanziellen und zeitlichen Belastung würde dies dem Beschwerdeführer auch gesundheitliche Probleme schaffen, da er 1978 einen Bandscheibenvorfall erlitten habe. Bei längeren Autofahrten bekomme er starke Schmerzen in der Wirbelsäule. Abschließend wies der Beschwerdeführer noch darauf hin, er habe zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen in Scheidung gelebt und unter einer starken psychischen Anspannung gelitten. Seit Lösung seiner privaten Probleme sei der Beschwerdeführer psychisch wieder sehr gestärkt. Es sei deshalb in Zukunft mit keinen wie immer gearteten Dienstpflichtverletzungen zu rechnen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte jedoch den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend, daß der Beschwerdeführer mit dem auf die Zustellung dieses Bescheides nächstfolgenden Tag zum GP G. versetzt sei. Nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage stellte die belangte Behörde in der Begründung fest, es stehe außer Streit, daß der Beschwerdeführer wegen des Vorfalles 2 rechtskräftig sowohl strafrechtlich als auch disziplinär verurteilt worden sei. Daher sei jedenfalls von gravierenden Dienstpflichtverletzungen auszugehen. Dies umsomehr, als nach der eigenen Aussage des Beschwerdeführers diese Vorgangsweise gegen die drei betroffenen Personen seitens der Bevölkerung gutgeheißen worden und der Beschwerdeführer außerdem der Leiter des zuständigen GP sei. Gerade ein Dienststellenleiter sei dazu berufen, sich genauestens an die bestehenden Normen zu halten, weil er eine große Vorbildfunktion gegenüber seinen Mitarbeitern habe und er im Falle der Verletzung von Normen auch seine Mitarbeiter (direkt oder indirekt) ebenfalls zu solchen Normverletzungen verleite. Außerdem leide grundsätzlich die Autorität eines Dienststellenleiters gegenüber seinen Mitarbeitern, wenn er selbst gravierende Dienstpflichtverletzungen begehe. Darüber hinaus sei das Institut der Pragmatisierung auch deswegen geschaffen worden, um sicherzustellen, daß sich die staatliche Verwaltung auch dann für die Einhaltung der bestehenden Vorschriften uneingeschränkt einsetze, wenn etwa die örtliche Bevölkerung gegenteiliger Ansicht sei und Normverletzungen gutheiße. Ein Exekutivbeamter, der diese Vorgaben bzw. diese grundlegenden Erwartungen nicht erfülle, habe nicht die notwendige Kompetenz für die Führung eines GP. Darüber hinaus lasse jedenfalls die Rechtfertigung des Beschwerdeführers darauf schließen, er nehme mit seinem Einschreiten Rücksicht auf die Wünsche der Bevölkerung unter Inkaufnahme von Rechtsverletzungen, sodaß nicht ausgeschlossen werden könne, daß eine solche Gesinnung der Bevölkerung künftig nicht gänzlich unbemerkt bleiben werde. Wenn schon konkretes Fehlverhalten eines Beamten unbeschadet seiner disziplinären Ahndung ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung zu begründen vermöge, dann gelte dies umsomehr, wenn - wie im Beschwerdefall - mit der Gefahr von Folgewirkungen gerechnet werden müsse. Allein daraus folge eindeutig, daß ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung des Beschwerdeführers an einen anderen Dienstort bestehe. Zum Vorfall 1 sei dem Relativierungsversuch des Beschwerdeführers entgegenzutreten. Die Auffassung des Dienstvorgesetzten, die Ermahnung reiche zur Ahndung dieser Dienstpflichtverletzung aus, gebe nur dessen Meinung, nicht aber die der Dienstbehörde wieder. Außerdem stellten Intimitäten zwischen einem Dienststellenleiter und einer Mitarbeiterin, die in einem Untergebenenverhältnis stehe, unabhängig von der Art der disziplinären Verfolgung eine solche Dienstpflichtverletzung dar, die grundsätzlich zumindest geeignet sei, auch Rückwirkungen auf das betriebliche Arbeitsverhältnis unter der Kollegenschaft zu entwickeln, zumal diese nicht in privaten, sondern in dienstlichen Räumlichkeiten erfolgt seien. Ein Dienststellenleiter, der sich zu solchen Handlungen hinreißen lasse, laufe Gefahr, daß er nicht mehr die notwendige Autorität und Achtung seiner Mitarbeiter habe, die für eine ordnungsgemäße Ausübung seiner Funktion unbedingt erforderlich sei. Darüber hinaus habe dies auch eine "Außenwirkung", zumindestens hinsichtlich der geschiedenen Gattin gehabt. Auch daraus folge, daß die Versetzung des Beschwerdeführers an einen anderen Dienstort aus dienstlichen Gründen unbedingt erforderlich sei. Eine gesetzliche Frist dafür, bis wann Dienstpflichtverletzungen, die gleichzeitig ein wichtiges dienstliches Interesse für eine Versetzung darstellten, berücksichtigt werden könnten, fehle. Dem Beschwerdeführer sei zuzustimmen, daß solche Dienstpflichtverletzungen nicht gleichsam für immer einen Versetzungsgrund darstellen könnten, weil dann tatsächlich der Beamte der Willkür der Dienstbehörde ausgeliefert wäre. Andererseits müsse aber auch berücksichtigt werden, daß die Behörde, erforderlichenfalls auch die Oberbehörde, die notwendige Zeit zur Verfügung haben müsse, um den notwendigen Sachverhalt nach Kenntnisnahme näher zu beurteilen und allenfalls ergänzende Erhebungen durchzuführen, bevor die mögliche Versetzung initiiert werde. Daher müsse bei einer amtswegigen Versetzung auf Grund disziplinärer Verfehlungen eines Beamten zwischen dem Beginn eines Versetzungsverfahrens und den dahinterstehenden disziplinären Verfehlungen (auch) ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Im Disziplinarrecht werde dies durch § 121 Abs. 2 BDG 1979 geregelt (keine Berücksichtigung der Bestrafung in weiteren Disziplinarverfahren bei dreijährigem Wohlverhalten, gerechnet ab Rechtskraft der Disziplinarverfügung bzw. des Disziplinarerkenntnisses). Darauf könne mangels einer gesetzlichen Frist bei der Versetzung zurückgegriffen werden. Das Disziplinarerkenntnis zum Vorfall 2 sei am 19. November 1991 rechtskräftig geworden. Da das Versetzungsverfahren mit dem Schreiben des LGK vom 8. Oktober 1993 in Gang gesetzt worden sei und der Beschwerdeführer dagegen am 21. Oktober 1993 seine Einwendungen bekanntgegeben habe, sei das Versetzungsverfahren innerhalb des dreijährigen Zeitraumes eingeleitet worden. Von einer Willkür könne daher keine Rede sein, sei doch das Versetzungsverfahren innerhalb eines Zeitraumes "gestartet" worden, in dem ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Dienstpflichtverletzung und Versetzung bestanden habe. Die (positive) Meinung des Bezirkskommandanten sei ebenso unbeachtlich wie die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Meinung der Mitarbeiter, weil dadurch die disziplinären Verfehlungen des Beschwerdeführers nicht ungeschehen gemacht werden könnten. Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach sein Stellvertreter gegen ihn "opponiere", lasse sehr wohl darauf schließen, er genieße nicht mehr die erforderliche Autorität.

§ 38 Abs. 3 Satz 2 BDG 1979 komme nicht in Betracht, wenn das dienstliche Interesse in der Entfernung des Beamten von seiner bisherigen Dienststelle bestehe. Da dies im Beschwerdefall der Fall sei, sei eine Prüfung im Sinne des § 38 Abs. 3 Satz 2 leg. cit. nicht erforderlich gewesen. Der Beschwerdeführer sei dienstführender Beamter gewesen; es sei daher erforderlich gewesen, ihm wenigstens eine Sachbearbeiterfunktion zuzuweisen. Die Versetzung nach G. sei deshalb erfolgt, weil in Beachtung der persönlichen und sozialen Verhältnisse des Beschwerdeführers ein Personalbedarf beim zuletzt genannten Bezirksposten bestehe und andererseits im Bezirk R. keine entsprechende Planstelle frei sei. In der Folge setzte sich die belangte Behörde mit den unter dem Gesichtspunkt des § 38 Abs. 2 Satz 1 BDG 1979 vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumenten (mit Ausnahme des gesundheitlichen Vorbringens) auseinander.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 38 Abs. 1 BDG 1979 liegt eine Versetzung vor, wenn der Beamte innerhalb des Ressorts einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist eine Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht (Satz 1).

Nach § 38 Abs. 3 BDG 1979 sind bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist der Beamte, wenn die Versetzung von Amts wegen in Aussicht genommen ist, hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

§ 38 Abs. 5 BDG 1979 sieht vor, daß die Versetzung mit Bescheid zu verfügen ist; eine Berufung gegen diesen Bescheid hat aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 121 Abs. 2 BDG 1979 darf die erfolgte Bestrafung in einem weiteren Disziplinarverfahren nicht berücksichtigt werden, wenn der Beamte innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Disziplinarverfügung oder des Disziplinarerkenntnisses keine Dienstpflichtverletzung begangen hat.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die ungerechtfertigte und alsbald als unbegründet erkannte Straf- und Disziplinaranzeige vom 22. April 1993 (zum Vorfall 3) habe das Versetzungsverfahren offenbar ausgelöst. Die Versetzungsgründe, auf die sich der angefochtene Bescheid aber stütze (Geschehnisse aus 1989 bis 1991), lägen mindestens zwei Jahre zurück; spätestens ab Mitte 1991 hätte in bezug auf diese herangezogenen Gründe keine Notwendigkeit mehr zu einer weiteren Abklärung bestanden. Dennoch hätte die Dienstbehörde in diesen Verhaltensweisen zwei Jahre lang keinen Versetzungsgrund erblickt. Selbst wenn es an sich zulässig wäre, das Fehlverhalten eines Beamten auf Grund der anzunehmenden Folgewirkungen (z.B. für seine Autorität, das Vertrauen der Bevölkerung usw.) zu beurteilen, reichte dies dann nicht aus, wenn schon eine längere Zeit seither verstrichen sei und der Beamte in der Zwischenheit (mehrjährig) einwandfrei seinen Dienst verrichtet habe, ohne daß es Anzeichen irgendeiner Beeinträchtigung seines Verwendungserfolges gebe. Daß die Dienstbehörde selbst die weitere Verwendbarkeit während mehrerer Jahre nicht als Beeinträchtigung angesehen habe, habe zusätzlich "indizienhafte Bedeutung": Es müßte ja sonst angenommen werden, daß die Vorgesetzten ihre Verpflichtung vernachlässigt hätten, wenn sie eine Versetzungsnotwendigkeit nicht beachtet hätten. Bei der Versetzung stünden einander widerstreitende Interessen gegenüber: Einerseits die des Dienstes, andererseits jene des Beamten an einer "gesicherten Rechtsstellung". Diese Interessen würden durch § 38 BDG 1979 geschützt. Ohne sachlichen Grund könne keine jahrelange Ungewißheit (darüber, ob eine Personalmaßnahme getroffen werde) bestehen bzw. erst Jahre später die Versetzung vorgenommen werden. Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang herangezogenen § 121 Abs. 2 BDG 1979 könne nur die Bedeutung zugemessen werden, daß die Verwertung eines Fehlverhaltens nach diesem Zeitraum absolut unzulässig sei. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, daß während dieses Zeitraumes ein Vorfall jederzeit als Versetzungsgrund herangezogen werden könne: Dies sei nur dann zulässig, wenn aktuelle Nachwirkungen im Sinne wichtiger dienstlicher Interessen gegeben seien. Sänken die Auswirkungen des Vorfalles im Laufe der Zeit unter dieses Ausmaß ab, könne die Versetzung darauf nicht mehr gestützt werden. Im Beschwerdefall sei daher mangels jeglicher eine andere Beurteilung rechtfertigender Beweisergebnisse die Heranziehung der Vorfälle aus 1989 bis 1991 als Versetzungsgrund mangels rechtserheblicher Nachwirkung im Zeitpunkt der Einleitung des Versetzungsverfahrens sowie im Zeitpunkt der erst- und zweitinstanzlichen Entscheidung unzulässig gewesen; der "faktische" Versetzungsgrund (Vorfall 3) käme mangels seiner Substanz als Versetzungsgrund nicht in Frage.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer ferner geltend, es sei unklar, ob die Behörde die Versetzung auch mit dem Bedarf an der Verwendung des Beamten an der neuen Dienststelle begründe. Soweit dies aus der Begründung des angefochtenen Bescheides (Hinweis auf den Personalbedarf beim Bezirksposten G.) allenfalls abgeleitet werden könnte, seien diesbezügliche Beweisergebnisse nicht dem Parteiengehör unterzogen worden (im folgenden wird ausgeführt, was der Beschwerdeführer bei Gewährung des Parteiengehörs vorgebracht hätte). Zweifellos stehe aber das "Wegversetzungsinteresse" von seiner bisherigen Dienststelle im Mittelpunkt der Ausführungen der belangten Behörde. Ausgehend von der (unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes näher dargelegten) Bedeutung des "wichtigen dienstlichen Interesses" habe es die belangte Behörde unterlassen, jene Umstände darzulegen, die auch noch im Zeitpunkt ihrer Entscheidung das dienstliche Interesse (trotz der in der Zwischenzeit vergangenen Zeit) nachhaltig berührt hätten. Der von der belangten Behörde erwähnte Umstand, sein Stellvertreter "opponiere" gegen den Beschwerdeführer, sei unhaltbar. Er habe in seiner Berufung davon gesprochen, sein Stellvertreter "interveniere" gegen ihn, offenbar in der Hoffnung, den Posten des Beschwerdeführers zu bekommen. Das könne man jedoch dem Beschwerdeführer nicht anlasten. Auch der von der belangten Behörde aus seiner Rechtfertigung gezogene Rückschluß, er nehme "auf die Wünsche der Bevölkerung unter Inkaufnahme von Rechtsverletzungen" Rücksichten, sodaß nicht ausgeschlossen werden könne, daß eine solche Gesinnung der Bevölkerung künftig nicht gänzlich unbekannt bleiben werde, sei grotesk und habe ihm gleichsam das Wort im Mund umgedreht. Seine Ausführungen hätten darauf abgezielt, die Bevölkerung habe in seinem Fall wohl verstanden, daß ausnahmsweise ein Gendarm die Beherrschung verloren habe und dafür Verständnis gezeigt bzw. eben sogar darüber hinausgehend Genugtuung bekundet, den Jugendlichen sei "schon recht geschehen". Bisher sei niemand auf die Idee gekommen, sein Verhalten sei auf die Absicht zurückzuführen gewesen, einer vorherrschenden Stimmung in der Bevölkerung zu entsprechen und dafür strafgerichtliche und disziplinäre Verurteilungen in Kauf zu nehmen.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Der Beschwerdeführer zieht zwar in Erwägung, daß die belangte Behörde die bekämpfte Versetzung auch auf eine Bedarfssituation bei der neuen Dienststelle stützen und damit das wichtige dienstliche Interesse im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979 zusätzlich in der Zuweisung der neuen Verwendung erblicken könnte. Diese Auslegung hält der Verwaltungsgerichtshof aber nicht für zutreffend. Vielmehr steht dieser Teil der Begründung unmißverständlich im Zusammenhang mit der Prüfung der in § 38 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 bei Versetzung mit Dienstortwechsel zu berücksichtigenden (subjektiven) Verhältnisse des Beschwerdeführers und legt nur dar, weshalb eine Versetzung zu einer anderen im Bezirk R. gelegenen Dienststelle nach Auffassung der belangten Behörde nicht möglich gewesen sei. Die belangte Behörde hat daher das wichtige dienstliche Interesse im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979 ausschließlich im "Abzugsinteresse" des Beschwerdeführers von seiner bisherigen Dienststelle gesehen.

Die im Beschwerdefall als Versetzungsgründe herangezogenen nicht bestrittenen Fehlleistungen des Beschwerdeführers (Vorfälle 1 und 2) sind an sich geeignet, eine Versetzung des Beschwerdeführers zu begründen. Zum einen vermag nach ständiger Rechtsprechung ein konkretes Verhalten eines Beamten unbeschadet seiner disziplinarrechtlichen Ahndung (dies trifft auf den Vorfall 2 zu; eine Ermahnung im Sinne des § 109 Abs. 2 BDG ist keine Disziplinarstrafe, sondern ein als Ausfluß des verfassungsgesetzlich normierten Weisungsrechtes dem Dienstvorgesetzten jederzeit zustehendes personalpolitisches Führungsmittel, vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0168 und die dort zitierte Vorjudikatur) auch ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung zu begründen (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 6. April 1981, Zl. 1826/80 = Slg. N.F. Nr. 10414/A; vom 9. November 1981, Zl. 2575/77; vom 27. Oktober 1986, Zl. 85/12/0148; vom 26. Mai 1993, Zl. 93/12/0015). Zum anderen kann es auch keinem Zweifel unterliegen, daß diese beiden Vorfälle ihrer Art nach geeignet sind, schon im Hinblick auf die Stellung des Beschwerdeführers als Gendarmeriepostenkommandant (zu der damit verbundenen Vorbildfunktion des Vorgesetzten vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 1986, Zl. 85/12/0235, vom 18. November 1992, Zl. 91/12/0272, vom 26. Mai 1993, Zl. 93/12/0015; für den stellvertretenden Kommandanten eines GP siehe das

hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, Zlen. 93/12/0043 und 0044) ein wichtiges dienstliches Interesse am Abzug von seiner bisherigen Dienststelle zu begründen.

Strittig ist im Beschwerdefall, welche Bedeutung dem Zeitraum, der zwischen der rechtskräftigen Verurteilung bzw. rechtskräftigen Disziplinarstrafe wegen der Vorfälle aus den Jahren 1989 bis 1990 (Vorfall 2) und der Ermahnung des Abteilungskommandanten vom 3. Juni 1991 (Vorfall 1) bis zur Einleitung des Versetzungsverfahrens im Oktober 1993 liegt in Verbindung mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten zwischenzeitigen Wohlverhalten für die Versetzung zukommt.

Im Beschwerdefall hat sich die belangte Behörde ausschließlich auf die Vorfälle 1 und 2 gestützt. Ausgehend von der Rechtskraft des Disziplinarerkenntnisses vom 19. November 1991 hat sie durch die Einleitung des Versetzungsverfahrens (Schreiben des LGK vom 8. Oktober 1993); die aus einer analogen Anwendung des § 121 Abs. 2 BDG 1979 für die Begründung des Ausschlusses einer willkürlichen Vorgangsweise als maßgebend erachtete Dreijahresfrist als gewahrt erachtet und zwei Umständen (Geneigtheit des Beschwerdeführers, auch rechtswidrigen Wünschen der Mehrheit der Bevölkerung nachzukommen; Spannungsverhältnis in der Dienststelle auf Grund des Verhaltens des Stellvertreters) im Zeitpunkt der Versetzung als gegeben erachtet.

Es trifft zu, daß das Gesetz keine Frist vorschreibt, innerhalb derer die Dienstbehörde einen Versetzungsgrund dieser Art bei sonstigem Ausschluß verwerten muß. Zutreffend sind die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aber davon ausgegangen, daß ein vom Beamten irgendwann in der Vergangenheit gesetztes Verhalten, das im Zeitpunkt seiner Verwirklichung als Versetzungsgrund in Betracht gekommen wäre, nicht unbefristet als wichtiges dienstliches Interesse eine Versetzung rechtfertigen könnte. Dies folgt schon daraus, daß der Schutzzweck der Versetzungs(bzw. Verwendungsänderungs)regelung darin liegt, willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Personalmaßnahmen der Dienstbehörde (mit hoher Eingriffsintensität) zu verhindern (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1989, Zl. 89/12/0057, sowie vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/12/0213) und eine zeitlich unbefristete Verwertungsmöglichkeit eines Versetzungsgrundes dem offenkundig zuwiderlaufen würde.

Damit ist allerdings noch nicht die hier strittige Frage geklärt, welche Rolle dem zeitlichen Zusammenhang außerhalb des oben aufgezeigten "Extrem"falles zukommt.

Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Versetzung (und zur qualifizierten Verwendungsänderung, die sich in dieser Frage nicht maßgebend von der Versetzung unterscheidet) hat der Verwaltungsgerichtshof dem Zeitraum zwischen dem Fehlverhalten des Beamten als Grund für eine solche Personalmaßnahme und ihrer Verfügung Bedeutung zuerkannt.

So hat er in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1989, Zl. 89/12/0057, in einem Versetzungsverfahren den Umstand, daß seit der Verurteilung des Beschwerdeführers (hier: mit rechtskräftigem strafgerichtlichem Urteil vom Juli 1984 wegen Amtsmißbrauches wegen Fehlverhaltens in den Jahren 1982 und 1983) bzw. seit dem erstinstanzlichen Versetzungsbescheid (März 1986) und dem angefochtenen Versetzungsbescheid (Jänner 1989) mehrere Jahre verstrichen waren, als nicht unwesentlich bezeichnet. Ein weiteres Eingehen auf diese zeitliche Lagerung erübrigte sich aber beim damaligen Beschwerdeführer, weil die Dienstbehörde ihm bereits aus Anlaß seiner dienstlichen Verfehlungen im Februar 1984 von seiner damaligen Funktion enthoben und einer anderen Dienststelle dienstzugeteilt hatte und diese Dienstzuteilung mit der wiederholt gegebenen Zustimmung des Beschwerdeführers (und unter Gewährung von Zuteilungsgebühren) aufrechterhalten worden war. Die im Sinne des wichtigen dienstlichen Interesses an einer Abziehung des (damaligen) Beschwerdeführers notwendige dienstrechtliche Maßnahme war nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes damit im Ergebnis - wenn auch in Form der Dienstzuteilung - jedenfalls in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der das dienstliche (Versetzungs)Interesse begründenden Umstände erfolgt. Dem Umstand, daß vorerst die für den Beschwerdeführer gebührenrechtlich günstige Variante der Dienstzuteilung gewählt wurde, maß der Verwaltungsgerichtshof nicht die Bedeutung zu, daß damit für die Zukunft der Dienstbehörde die Möglichkeit einer Wegversetzung aus diesem Grund verwehrt wäre.

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1987, Zl. 86/12/0246, lag eine als qualifizierte Verwendungsänderung gewertete Personalmaßnahme zugrunde. Der damalige Beschwerdeführer war mit dem bestätigenden Urteil des OGH vom 10. Mai 1983 des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB für schuldig erkannt und bestraft worden. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1983 war er jedoch vom Leiter seiner Dienststelle (zugleich auch Dienstbehörde erster Instanz) zum Abteilungsleiter und gleichzeitig auch zum Stellvertreter eines Gruppenleiters bestellt worden. Mit Bescheid vom August 1986 berief die Dienstbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer von seiner Verwendung als Stellvertreter des Gruppenleiters ab, was die belangte Behörde im wesentlichen unter Berufung auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung nach § 304 Abs. 2 StGB bestätigte. Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil dieser allein ins Treffen geführte Umstand nicht ausreiche, um ein wichtiges dienstliches Interesse an der Verwendungsänderung darzutun; denn mit Recht werde vom Beschwerdeführer auf die unbestrittene Tatsache verwiesen, daß er von seinem Dienststellenleiter in voller Kenntnis seiner bereits erfolgten rechtskräftigen Verurteilung zum Stellvertreter eines Gruppenleiters bestellt worden sei, er sich während der bereits mehrere Jahre andauernden Ausübung dieser Tätigkeit nichts habe zuschulden kommen lassen und im Gegenteil die ihm übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit gelöst habe. Der Hinweis der belangten Behörde, sie habe seinerzeit von der Bestellung des Beschwerdeführers zum stellvertretenden Gruppenleiter - gegen welche unbestrittenermaßen auch gesetzliche Gründe nicht sprächen - keine Kenntnis erlangt, gingen schon deshalb ins Leere, weil sie selbst nicht behaupte, der Dienststellenleiter des Beschwerdeführers wäre verpflichtet gewesen, vor dieser Betrauung das Einvernehmen mit ihr zu pflegen.

In seinem Erkenntnis vom 25. September 1989, Zl. 89/12/0127, hatte der damalige Beschwerdeführer, dem zur Last gelegt wurde, er habe es als Vorgesetzter im Zollfahndungsdienst (aus falsch verstandener Kollegialität) unterlassen, strafbare Handlungen eines ihm unterstellten Mitarbeiters zu melden, im Verwendungsänderungsverfahren (Einleitung: September 1988;

Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom Jänner 1989;

angefochtener Bescheid vom Mai 1989), vorgebracht, ihm seien nach "Bekanntwerden" dieser Verfehlungen (auf Grund seiner eigenen Meldung von Anfang Juni 1988) große und schwierige Fälle übertragen worden. In zwei Fällen sei ihm die Verantwortlichkeit zur Erhebung gegen Kollegen übertragen worden, die zu Festnahmen geführt hätten. Gerade das habe nach Auffassung des Beschwerdeführers gezeigt, daß nicht befürchtet worden sei, daß der Beschwerdeführer (neuerlich) aus falsch verstandener Kollegialität von seinen Amtspflichten abweichen werde. Die belangte Behörde hatte sich in ihrem angefochtenen Bescheid mit diesem schon im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt, weshalb er (unter anderem) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Im zweiten Rechtsgang (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/12/0213) wurde die neuerliche Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen, weil die belangte Behörde ausreichend dargelegt hatte, weshalb trotz grundsätzlicher Kenntnis der Dienstbehörde von den Verfehlungen des Beschwerdeführers das Zuwarten mit der Verwendungsänderung sachlich gerechtfertigt war (hier: Ermittlungsbedarf; rechtlich begrenzte Handlungsalternativen der Dienstbehörde wegen der Stellung des Beschwerdeführers als Personalvertreter).

Ausgehend von der Überlegung, daß § 38 BDG 1979 in seiner Gesamtheit erkennbar darauf abstellt, einen Ausgleich zwischen der als schützenswert anerkannten Rechtssphäre des Beamten einerseits (vgl. insbesondere § 38 Abs. 3 leg. cit.) und dem aus qualifizierten dienstlichen Notwendigkeiten gebotenen Gestaltungsspielraum des Dienstgebers andererseits (siehe § 38 Abs. 2 leg. cit.) zu schaffen, hält es der Verwaltungsgerichtshof für geboten, dem oben genannten zeitlichen Zusammenhang besondere Beachtung zu schenken. Ein vergleichsweise enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Beamten als Grund für die später getroffene Personalmaßnahme und deren Verfügung liegt sowohl im Interesse des Beamten als auch der Dienstbehörde. Zum einen wird die Ungewißheit des Beamten, ob, wann und welche Personalmaßnahme getroffen wird, wenn der Grund in einer ihm angelasteten Fehlleistung liegt, nicht unzumutbar verlängert; ein zügig eingeleitetes und durchgeführtes Ermittlungsverfahren hat - je näher die Ermittlungen in zeitlicher Hinsicht zur angelasteten Tat liegen - im allgemeinen die höhere Wahrscheinlichkeit für sich, daß bestimmte Beweismittel wie z.B. Zeugen, mehr zur Aufklärung des tatsächlichen Geschehens beitragen als dies zu einem späteren Zeitpunkt der Fall ist. Andererseits wird der in qualifizierten dienstlichen Notwendigkeiten liegende Handlungsbedarf der Dienstbehörde in der Regel in einem solchen Fall eine rasche Personalmaßnahme erfordern, was auch der Funktionsfähigkeit und dem Ansehen des öffentlichen Dienstes dient. Festzuhalten ist aber, daß rasches und zügiges Handeln es keinesfalls rechtfertigen, die Regelungen eines nach den Grundsätzen des AVG in Verbindung mit dem DVG durchzuführenden rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes außer acht zu lassen, was in diesem Zusammenhang bei den auf Dauer angelegten eingriffsintensiven Personalmaßnahmen (Versetzung, qualifizierte Verwendungsänderung) bei der Beurteilung des zeitlichen Zusammenhanges zu berücksichtigen sein wird.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß es der Gesetzgeber in § 38 BDG 1979 bewußt unterlassen hat, die Grenze des zeitlichen Zusammenhanges im obigen Sinn allgemein zu normieren, sondern es vielmehr der Dienstbehörde überlassen hat, unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das vom Gesetzgeber vorgegebene Spannungsverhältnis zwischen anerkannten Rechten des Beamten einerseits und qualifizierten dienstlichen Notwendigkeiten andererseits sachgerecht zu lösen.

§ 121 Abs. 2 BDG 1979 kann daher mangels Vorliegen einer Regelungslücke nicht analog zur Auslegung des § 38 leg. cit. herangezogen werden, noch kann daraus der Schluß abgeleitet werden, daß innerhalb dieser "Dreijahres"frist der gebotene zeitliche Zusammenhang gleichsam automatisch gegeben ist (vgl. dazu auch die oben dargestellte jeweils auf die Besonderheiten des Einzelfalles abstellende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Vielmehr wird insbesondere von folgendem auszugehen sein (wobei vor allem auf Fragen eingegangen wird, die der Beschwerdefall aufwirft):

Sind - wie im Beschwerdefall - Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers Grund für die Versetzung, so wird im allgemeinen ein allfälliges Zuwarten mit der Versetzung (obwohl rechtlich nicht geboten) bis zum rechtskräftigen Abschluß des zu diesem Vorwurf geführten strafgerichtlichen bzw. Disziplinarverfahrens für die Verwertung dieses Grundes nicht schädlich sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß diese Verfahren in angemessener Zeit durchgeführt werden, wobei hiefür insbesondere die Kompliziertheit des jeweils zugrundeliegenden Sachverhaltes ausschlaggebend sein wird. Bedeutsam wird auch sein, wann in diesem Verfahren der für die Versetzung allein ausschlaggebende (objektive) Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Dies wird etwa dann zu beachten sein, wenn ausschließlich Berufung wegen der Strafhöhe erhoben wird oder die Schuldfrage strittig ist. Wird - wie im Beschwerdefall - zum selben Sachverhalt sowohl ein strafgerichtliches als auch ein allenfalls (zunächst unterbrochenes) Disziplinarverfahren (wegen Bejahung des "disziplinären Überhanges") durchgeführt, dann wird im Falle einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung die Dienstbehörde ab deren Kenntnis grundsätzlich nicht mehr den Ausgang des Disziplinarverfahrens abzuwarten haben, weil davon im allgemeinen keine entscheidenden Gesichtspunkte mehr für das Versetzungsverfahren zu erwarten sind.

Stützt sich die Versetzung auf einen sonstigen Grund, der nicht Gegenstand eines bereits anhängigen strafgerichtlichen oder Disziplinarverfahrens ist, kommt ein Zuwarten auf den Ausgang solcher Verfahren nach der Lage des Falles (siehe dazu oben) nicht in Betracht oder sieht die Behörde davon ab, wird der Dienstbehörde im Versetzungsverfahren ein angemessener Zeitraum für (zügig durchzuführende) Erhebungen eingeräumt werden müssen. Im Einzelfall wird auch die Dauer des Versetzungsverfahrens (zwischen Einleitung des Verfahrens nach § 38 Abs. 4 BDG 1979 und Erlassung des Bescheides, im Falle des Bestehens zweier Instanzen auch die Dauer des Berufungsverfahrens zur Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides) insbesondere dann, wenn seine Länge nicht durch Einwendungen des Beamten verursacht wurde, die bei objektiver Betrachtung zeitaufwendige Ermittlungen erforderten, eine Rolle spielen.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat es die belangte Behörde aber - ausgehend von ihrem aus § 121 Abs. 2 BDG 1979 gezogenen Umkehrschluß - unterlassen zu klären, warum im Beschwerdefall spätestens ab Bekanntwerden des rechtskräftigen Strafberufungsurteiles des LG Linz vom 4. Juli 1991 (ab diesem Zeitpunkt lag keine Vorfragesituation im Sinne des § 38 AVG mehr vor) kein Versetzungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet wurde (zumal auch den Verwaltungsakten ein gesondert bestehender Ermittlungsbedarf nicht zu entnehmen ist) und ob nicht in der Zwischenzeit (mehr als zwei Jahre bis zur Einleitung des Versetzungsverfahrens) aus dem Belassen des Beschwerdeführers in seiner Kommandantenfunktion in Verbindung mit dem von ihm behaupteten Wohlverhalten eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 Abs. 2 BDG 1979 im Beschwerdefall als nicht mehr gegeben erscheinen läßt. In diesem Zusammenhang hält es der Verwaltungsgerichtshof auch für unzulässig, allein aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung abzuleiten, er sei geneigt (auch weiterhin) gesetzwidrigen Wünschen der Bevölkerung Folge zu leisten. Auch findet der aus dem Verhalten des Stellvertreters des Beschwerdeführers (an seiner ursprünglichen Dienststelle) gezogene Schluß auf ein aktuelles Spannungsverhältnis im Vorbringen des Beschwerdeführers keine Deckung.

Soweit sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf den Vorfall 3, der in der Folge weder strafgerichtlich noch disziplinarrechtlich verfolgt wurde und zu dem die belangte Behörde in der Gegenschrift selbst ausführte, die ihm zugrundeliegenden Anschuldigungen seien "nicht haltbar", beruft, kann der Verwaltungsgerichtshof, auch wenn sich dieser Vorfall ungeachtet der Disziplinaranzeige des Dienstvorgesetzten vom 22. April 1993 bereits am 1. Mai 1992 abgespielt hat, nicht erkennen, wann dieser Vorfall der für die Versetzung zustehenden Dienstbehörde erster Instanz bekannt wurde und ob diese Anschuldigungen demnach überhaupt in einem zeitlichen Fortsetzungszusammenhang mit dem Vorfall 2 gesehen werden können; selbst wenn der Vorfall 3 der Dienstbehörde erster Instanz unmittelbar nach dem 1. Mai 1992 bekannt geworden sein sollte, bliebe noch zu klären, weshalb ab Kenntnis von der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung vom 4. Juli 1991 bis zu diesem Zeitpunkt bzw. bis zum Zeitpunkt der Disziplinaranzeige (ungeachtet der hypothetisch unterstellten Kenntnis des Vorfalles 3) kein Versetzungsverfahren eingeleitet wurde.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang auf die Berücksichtigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Ober- und Unterbehörde über die Notwendigkeit der Durchführung einer Versetzung hinweist, ist ihr zu erwidern, daß derartige behördeninterne Differenzen im allgemeinen nicht zu Lasten des Beamten gehen können. Besondere Umstände, die allenfalls zu einer anderen Beurteilung des Beschwerdefalles führen könnten, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt und sind auch aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich. Dazu kommt, daß der Beschwerdefall durch die Befassung der Volksanwaltschaft bereits im Jahr 1991 (wenn auch zu diesem Zeitpunkt zu einer speziellen disziplinarrechtlichen Frage) einen bestimmten "Auffälligkeitswert" erlangt hat, zumal der zuständige Volksanwalt üblicherweise mit dem obersten in Betracht kommenden Organ des Bundes (so auch die in den Verwaltungsakten vorgelegten Schriftstücke für das Jahr 1993) verkehrt.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt SachverhaltsfeststellungErmessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120217.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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