TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/20 94/14/0135

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.1994
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §21 Abs1;
BAO §22;
B-VG Art7;
EStG 1972 §10 Abs2 Z1 idF 1982/570;
EStG 1972 §10 Abs3;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der X-GmbH in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 7. Juli 1994, Zl. 14/30/3-BK/Ba-1994, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH, zu deren Unternehmensgegenstand laut Gesellschaftsvertrag im Streitjahr außer dem Erwerb, der Vermietung, der Verpachtung und dem Verleasen von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Unternehmungen und Vermögenswerten jeder Art, der Verwaltung von Grundstücken, Baulichkeiten und sonstigen Vermögenswerten auch die Ausübung des Handelsgewerbes nach § 103 Abs 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, insbesondere der Handel mit Produkten für den Bau- und Hausbedarf, sowie die Übernahme der Geschäftsführung von Personengesellschaften gehörte, errichtete im Streitjahr ein Gebäude und vermietete dieses an eine andere GmbH. Diese war laut Schilderung der rechtlichen Verhältnisse in der Bilanz der Beschwerdeführerin ein mit dieser verbundenes Unternehmen. Einer Organschaft gehörte die Beschwerdeführerin im Streitjahr noch nicht an. Sie bezog in diesem ihre einzigen Einnahmen aus der Vermietung des erwähnten Gebäudes.

Von den Errichtungskosten des Gebäudes machte die Beschwerdeführerin im Streitjahr den Investitionsfreibetrag (IFB) gewinnmindernd geltend.

Auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung versagte das Finanzamt diese Begünstigung mit der Begründung, die gewerbliche Vermietung sei nach dem Gesellschaftsvertrag nicht der ausschließliche Betriebsgegenstand im Sinne des § 10 Abs 2 Z. 1 letzter Satz EStG 1972 idF des AbgÄG 1982 gewesen. Abgesehen davon könne nicht von einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gesprochen werden.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie vertrat den Standpunkt, daß es nicht auf den gesellschaftsvertraglichen Betriebsgegenstand ankomme, sondern auf den tatsächlich ausgeübten. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liege auch bei Vermietung an einen einzigen Mieter vor, wenn die Vermietung nur eines einzigen Gebäudes Betriebsgegenstand sei. Die Gewerblichkeit der Vermietung ergebe sich aus der Vielzahl von Vermietungen innerhalb des Teilkonzerns, dem die Beschwerdeführerin angehört habe. In diesem hätte eine Vielzahl gleichartiger Tochtergesellschaften jeweils ein Objekt durch Vermittlung der Muttergesellschaft vermietet. Hinsichtlich der Ausschließlichkeit des Betriebsgegenstandes gewerbliche Vermietung sei die Betrachtung auf den Teilkonzern zu beschränken, der sich nur mit Vermietungen befaßt habe, und nicht auf weitere verbundene Unternehmen auszudehnen, die sich mit Handelsgeschäften befaßten.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie billigte die Begründung des Finanzamtes, vertrat die Ansicht, daß gewerbliche Tätigkeit schon deshalb nicht vorliege, weil die Beschwerdeführerin das Gebäude an einen einzigen Mieter, und zwar eine Konzerntochter vermietet habe und von ihr eine Vermietung außerhalb der Firmengruppe nicht beabsichtigt gewesen sei. Die wesentliche (teils mittelbare, teils unmittelbare) Beteiligung ein- und derselben physischen Person an allen Gesellschaften der Firmengruppe (auch an Mieter und Vermieter) lasse auf einen spezifischen, auf die Beibehaltung des konkreten Mietverhältnisses gerichteten Willen schließen. Die Beschwerdeführerin habe deshalb auch nie am freien Markt nach einem Mieter gesucht. Die Vermietung sei aber auch deshalb keine gewerbliche, weil die Beschwerdeführerin nur ein Objekt vermietet habe und von ihrer Seite keine Sonderleistungen zur Vermietung hinzugetreten seien. Beziehe man aber auch die in der Bilanz der Beschwerdeführerin als verbunden angeführten Unternehmen des Konzerns in die Betrachtung ein, so ergebe sich aus deren Aufzählung, daß der einheitliche ausschließliche Betriebsgegenstand nicht die gewerbliche Vermietung gewesen sei. Wesentlicher Betriebsgegenstand verbundener Unternehmen sei der Groß- und Einzelhandel von Bau- und Hausbedarf. Grundlage für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin seien die übergeordneten Ziele des Gesamtkonzerns, dessen Betriebsgegenstand der genannte Handel sei. Eine isolierte Betrachtung der Unternehmen der Gruppe, die sich mit Vermietung von Gebäuden befaßten, als Teilkonzern sei daher unzulässig. Es sei eine ganzheitliche Betrachtung geboten, weil für den Willen jeder einzelnen Gesellschaft nicht die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in Form einer gewerblichen Vermietung bestimmend sei.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht verletzt, infolge ausschließlicher gewerblicher Vermietung des Gebäudes den IFB gewinnmindernd geltend zu machen. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vor dem Verwaltungsgerichtshof ist allein die Frage strittig, ob 1988 im Sinne des § 10 Abs 2 Z. 1 letzter Satz EStG 1972 idF des AbgÄG 1982 der ausschließliche Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern war.

Unbestritten ist, daß 1988 der Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin laut Gesellschaftsvertrag den eingangs wiedergegebenen Inhalt hatte, der sich auch dem in den Verwaltungsakten liegenden Handelsregisterauszug des Jahres 1988 entnehmen läßt.

Es ist daher zweckmäßig, vorerst die Frage zu beantworten, was das Gesetz im gegebenen Zusammenhang unter Betriebsgegenstand versteht. Zu dieser Frage wurde vom Verwaltungsgerichtshof bisher nicht Stellung genommen.

Das Wort Betriebsgegenstand erlaubt es, darunter den vom Unternehmer ins Auge gefaßten Betriebsgegenstand, also etwa auch den Gegenstand des Unternehmens im Sinne der jeweils geltenden handels- oder gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zu verstehen, ebenso aber den tatsächlich ausgeübten oder einen hinsichtlich beider Begriffe übereinstimmenden.

Die Materialien zum Gesetz (1213 BlgNR 15. GP, 15) lassen über den Gesetzestext hinaus nur erkennen, daß es sich um eine Ausnahmebestimmung insbesondere für Leasingunternehmen handeln soll, um der Bauwirtschaft einen Impuls zu geben.

In der Literatur wurde die Ansicht vertreten, daß sich die Beurteilung der Frage, ob der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung ist, sowohl nach den Vertragsgrundlagen (Gesellschaftsvertrag, Satzung) als auch nach der tatsächlichen Geschäftsabwicklung (Geschäftsführung) richtet (vgl. Schögl, Wiesner, Nolz, Kohler, EStG 19729, Anm 7 zu § 123; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 51.2.1 zu § 10 des insofern inhaltlich unveränderten EStG 1988). Dieselbe Ansicht vertrat der BMF im Abschn 55 Abs 18 EStR 1984 und durch Verweisung hierauf in der Gewinnermittlungsrichtlinie 1989 (3.1. Abs 1 zu § 10). Hingegen meint Doralt (Einkommensteuergesetz Kommentar I und II2, Rz 56 zu § 10), ob die Vermietung ausschließlicher Betriebsgegenstand ist, sei nach der tatsächlichen Geschäftsführung zu beurteilen.

Der erstgenannten Ansicht ist jedoch der Vorzug zu geben:

Aus dem Gebot wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 Abs 1 BAO) ist schon deshalb für die Auslegung des Gesetzes nichts zu gewinnen, weil die Maßgeblichkeit sowohl des gesellschaftsvertraglichen oder statutarischen Gegenstandes als auch die tatsächliche Geschäftsführung dem Gebot der Beachtung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes und nicht der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes gerecht wird, bringt doch der beabsichtigte Betriebsgegenstand die Zielrichtung der Tätigkeit zum Ausdruck und stellt daher neben der tatsächlichen Geschäftsführung in dem für die Besteuerung entscheidenden Zeitraum einen gewichtigen Hinweis auf die Ausschließlichkeit gewerblicher Vermietung dar.

Diese Auslegung des Begriffes Betriebsgegenstand in § 10 Abs 2 Z. 1 letzter Satz EStG 1972 idF des AbgÄG 1982 ist verfassungsrechtlich insbesondere unter dem Gesichtspunkt des am Sachlichkeitsgebot orientierten Gleichheitssatzes unbedenklich. Eine Änderung des Betriebsgegenstandes nach dem relevanten Steuer- oder Wirtschaftsjahr stellt keinen Nachversteuerungstatbestand gemäß § 10 Abs 3 EStG 1972 dar (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Tz 11 zu § 10). Würde nicht auch auf den beabsichtigten, also etwa den gesellschaftsvertraglichen oder statutarischen Betriebsgegenstand abgestellt, wäre für den Anspruch auf IFB lediglich die tatsächliche ausschließliche gewerbliche Vermietung im betreffenden Jahr ausschlaggebend. Eine Änderung dieser tatsächlichen Tätigkeit in Folgejahren wäre der Begünstigung unschädlich. Hingegen würde eine nachträgliche Änderung des Planes oder etwa des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes Mißbrauchsabsicht gemäß § 22 BAO zumindest nahelegen. Das Abstellen auch auf den geplanten, also etwa der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag entsprechenden Betriebsgegenstand bietet auch eine höhere Gewähr für die Einhaltung der Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift durch den Begünstigungswerber, weil außerhalb der durch die Zweckbestimmung des Betriebes gesetzten Grenze nicht plangemäß oder etwa sogar nicht rechtmäßig gehandelt werden kann.

All diese Überlegungen sprechen dafür, daß der Gesetzgeber mit dem Merkmal Betriebsgegenstand kumulativ auf die Gegenstandsbestimmung UND das tatsächliche Verhalten abgestellt hat. Es scheint dem Gesetzgeber aber auch nicht zusinnbar, er habe bei Gewährung einer begünstigenden Ausnahme nur auf ein allenfalls bloß beliebiges Geschehen abstellen wollen, das von keiner den Betriebsgegenstand vorherbestimmenden Planungsabsicht umfaßt ist. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung findet diese Absicht ihren Ausdruck aber in dem im Gesellschaftsvertrag bestimmten Unternehmensgegenstand.

Die Anwendung dieser Auslegung des Gesetzes auf den Beschwerdefall führt zu folgendem Ergebnis:

Der gesellschaftsvertragliche Unternehmensgegenstand erwähnt nur Vermietung, nicht aber ausschließliche gewerbliche Vermietung, weiters umfaßt er neben Vermietung den Handel mit Produkten für den Bau- und Hausbedarf sowie die Übernahme der Geschäftsführung von Personengesellschaften. Eine Einschränkung etwa auf bloße Hilfsgeschäfte nur im Zusammenhang mit ausschließlicher gewerblicher Vermietung findet sich im gesellschaftsvertraglichen Unternehmensgegenstand nicht.

Schon aus diesem Grund durfte die belangte Behörde die Verwirklichung des vom Gesetz geforderten Merkmals "wenn der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern ist" ungeachtet des Umstandes verneinen, daß von der Beschwerdeführerin tatsächlich nur das Vermietungsgeschäft betrieben wurde.

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die übrigen Begründungselemente des angefochtenen Bescheides.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid also im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994140135.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten