TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/23 95/18/0026

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Veröffentlicht am 23.02.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
FrG 1993 §20 Abs2;
StGB §10 Abs1 Z6;
StGB §10 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. November 1994, Zl. SD 950/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes (FrG) ein Aufenthaltsverbot mit einer Gültigkeitsdauer von 10 Jahren erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer halte sich seit 1973 in Österreich auf. Im Jahr 1985 sei er erstmals, und zwar wegen Einbruchdiebstahls verurteilt worden. Im Jahr 1986 sei er nach einem Familiendiebstahl in ein Jugendheim überstellt worden. In den Jahren 1988 und 1992 sei er wegen vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden. Zuletzt sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 3. März 1994 wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten (davon drei Monate unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.

Es sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt. Der Beschwerdeführer sei nämlich in den Jahren 1991 bis 1993 fünfmal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung, weiters im Jahr 1992 wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und im Jahr 1993 wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges unter besonders gefährlichen Verhältnissen bzw. mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern rechtskräftig bestraft worden. Das diesen Bestrafungen zugrundeliegende Verhalten zeige auch auf diesem Gebiet die mangelnde Bereitschaft des Beschwerdeführers, sich den Rechtsvorschriften unterzuordnen. Der Beschwerdeführer sei außerdem in zwei Fällen wegen Übertretung des Meldegesetzes bestraft worden. Bei einer Amtshandlung am 26. Jänner 1994 sei festgestellt worden, daß er neuerlich ein Kraftfahrzeug gelenkt habe.

Die Interessenabwägung gehe zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. In diesem Zusammenhang sei auf seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die damit verbundene Integration, seine Absicht, eine österreichische Staatsbürgerin zu heiraten, und die Sorgepflicht für ein Kind Bedacht genommen worden. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen jedoch schwerer als die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stehe auch § 20 Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Der maßgebliche Sachverhalt für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei mit der am 3. März 1994 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien erfolgten Verurteilung erfüllt worden. Es sei daher zu beurteilen gewesen, ob dem Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können. Dies sei nicht der Fall, weil auf Grund der vom Beschwerdeführer bereits zuvor begangenen Straftaten die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht vorgelegen sei. Diese Straftaten rechtfertigten den Schluß, der Beschwerdeführer bilde eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die maßgeblichen Feststellungen über die rechtskräftigen Verurteilungen und Bestrafungen und tritt auch der - zutreffenden - Auffassung der belangten Behörde, daß die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG erfüllt seien und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht entgegen. Auch gegen die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG bestehen keine Bedenken.

2. Der Beschwerdeführer hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG für unzulässig. Er weist in diesem Zusammenhang auf seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und die Eheschließung mit einer namentlich genannten österreichischen Staatsbürgerin hin und legt dazu die Ablichtung einer Heiratsurkunde vor, nach deren Inhalt er am 28. November 1994 die Ehe geschlossen hat.

2.1. Der Beschwerdeführer vermag damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und die dadurch bewirkte Integration sowie seine Absicht, eine österreichische Staatsbürgerin zu heiraten, hat die belangte Behörde ohnedies berücksichtigt. Bei der am 28. November 1994 erfolgten Eheschließung handelt es sich um eine im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung. Im Hinblick darauf, daß die zahlreichen, dem Beschwerdeführer zur Last liegenden schweren Gesetzesverstöße den öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sehr großes Gewicht verleihen, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, und deshalb die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG bejaht hat.

3.1. Der Beschwerdeführer bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, § 20 Abs. 2 FrG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Er macht in diesem Zusammenhang geltend, daß vor seiner ersten Verurteilung im Jahr 1985 die Verleihungsvoraussetzungen gegeben gewesen seien.

3.2. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Der für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StbG entscheidende Zeitpunkt war der der Rechtskraft der vorletzten der von der belangten Behörde herangezogenen Bestrafungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0533, und vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0271). Es war daher zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer vor der am 3. März 1994 erfolgten Verurteilung die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StbG erfüllt hat. Dies war zu verneinen, weil auf Grund der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten gerichtlichen Verurteilungen und verwaltungsgerichtlichen Bestrafungen die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht vorgelegen ist. Auf Grund der wiederholten Verstöße gegen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen erlassene Rechtsvorschriften bot der Beschwerdeführer nicht die im § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG verlangte Gewähr, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bilde (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 17. November 1994).

4. Mit dem Vorbringen, in seinem Fall wären nach der Rechtslage vor dem 1. Jänner 1993 die Voraussetzungen zur Gewährung von Vollstreckungsaufschüben vorgelegen, vermag der Beschwerdeführer - abgesehen davon, daß seine Behauptung im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (siehe unter anderem die Erkenntnisse vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0577, und vom 9. März 1992, Zl. 92/18/0048) einer Überprüfung nicht standhält - keine Gesichtspunkte aufzuzeigen, die die belangte Behörde bei der von ihr zu treffenden Entscheidung hätte berücksichtigen müssen.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180026.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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