TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 90/14/0197

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §6 Z9 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Präsidenten der FLD Krnt vom 3.7.1990 gegen den Bescheid der FLD Krnt vom 3.7.1990, Zl. B 61/1 - 4/88, betreffend Umsatzsteuer 1986 sowie Körperschaftssteuer 1984 bis 1986 und Gewerbesteuer 1985 und 1986 (mitbeteiligte Partei:

Stadtgemeinde V Kommunal-Gesellschaft m.b.H. in V, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in V), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Aufwandersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei war zusammen mit der Stadtgemeinde V. (im folgenden: Stadtgemeinde) Gesellschafterin einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht mit der Bezeichnung "Baugemeinschaft Stadthaus V." (im folgenden: Baugemeinschaft).

Gegenstand des mit hg. Erkenntnis vom 22. April 1991, 90/15/0126, 0127, entschiedenen Beschwerdefalles war die Frage, ob der Baugemeinschaft hinsichtlich des errichteten Stadthauses Bauherrneigenschaft (und damit Vorsteuerabzugsberechtigung) zukam. Weiters war im damaligen Beschwerdeverfahren strittig, ob der Stadtgemeinde auf Grund einer an diese am 25. März 1986 durch die Baugemeinschaft erfolgten Rechnungslegung über anteilige Baukosten der laut "Gesellschaftsvertrag vom 25.11.1982 und Wohnungseigentumsvertrag vom 17.10.1984" errichteten Räumlichkeiten im Stadthaus der Vorsteuerabzug in Höhe von S 813.711,96 zustand. Mit dem zitierten Erkenntnis (auf dessen Ausführungen auch bezüglich des näheren Sachverhaltes verwiesen wird) verneinte der Verwaltungsgerichtshof sowohl die Frage der Bauherrneigenschaft für die Baugemeinschaft als auch die Vorsteuerabzugsberechtigung für die Stadtgemeinde.

Im nunmehrigen Beschwerdeverfahren steht der von der mitbeteiligten Partei im Jahr 1986 geltend gemachte Vorsteuerabzug in Höhe von S 937.117,73 aus einer - in gleicher Weise und mit selbem Datum wie an die Stadtgemeinde - seitens der Baugemeinschaft gelegten Rechnung über anteilige Baukosten für Räumlichkeiten im Stadthaus in Streit. Durch den von einer Betriebsprüfung verneinten Vorsteuerabzug kam es gemäß § 6 Z. 11 EStG 1972 auch zu Folgeänderungen in der Bewertung der Anschaffungskosten der ideellen Miteigentumsanteile am Stadthaus und damit auch zu entsprechenden Auswirkungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Ertragsteuern 1984 bis 1986 (vgl. Tz. 21 des Betriebsprüfungsberichtes vom 17. Mai 1988).

Einer u.a. gegen den Umsatzsteuerbescheid 1986 sowie (wegen der Folgeänderungen) auch gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1984 bis 1986 sowie Gewerbesteuer 1985 und 1986 gerichteten Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid statt (Anerkennung des Vorsteuerabzuges in Höhe von S 937.117,73).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Präsidentenbeschwerde. Der beschwerdeführende Präsident wendet sich gegen den Vorsteuerabzug des "Umsatzsteuerbetrages" von S 937.117,73 und die daraus resultierende Verminderung der Anschaffungskosten der ideellen Miteigentumsanteile.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt; die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (Vorsteuer), abziehen.

Im Erkenntnis vom 22. April 1991, 90/15/0126, 0127, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Baugemeinschaft für die Errichtung des Stadthauses wegen fehlenden Einflusses auf die Baugestaltung und fehlenden finanziellen Risikos keine Bauherrenqualität zukam (und diese daher bezüglich der in den Rechnungen der - oder des - bauausführenden Professionisten ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war).

Unabhängig davon - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis zur Vorsteuerabzugsberechtigung der Stadtgemeinde -, ob der Baugemeinschaft Bauherrneigenschaft zukommt oder nicht, ist die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung für die Stadtgemeinde aus der Rechnungslegung 1986 zu beurteilen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, ob es sich bei dem Vorsteuerabzug um Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen handelt, die der rechnungsausstellende Unternehmer für das Unternehmen der Stadtgemeinde (im Inland) ausgeführt hat.

Entsprechend den Ausführungen im Bezugserkenntnis ist dazu auch im nunmehrigen Beschwerdefall festzuhalten, daß der belangten Behörde keineswegs darin gefolgt werden kann, es habe eine Lieferung durch die Baugemeinschaft an die mitbeteiligte Partei durch die "Einräumung der Verfügungsmacht über Räume" stattgefunden. Eine solche "Lieferung", die bei der Errichtung eines Gebäudes durch eine Wohnungseigentumsgemeinschaft darin erblickt wird, daß die Gemeinschaft mit Übergabe der Wohnungen an die einzelnen Wohnungseigentümer eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung erbringt, wofür als Entgelt die von den einzelnen Wohnungseigentümern zu leistenden Errichtungskosten angesehen werden (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1991, 88/15/0137), fand nach der Aktenlage keineswegs zwischen der Baugemeinschaft und der mitbeteiligten Partei statt. Die relevante Einräumung des Nutzungsrechtes an den konkreten Wohnungen bzw. sonstigen Räumlichkeiten ist erst im Wege des zwischen der Stadtgemeinde, der mitbeteiligten Partei, der Arbeiterkammer und der Gebietskrankenkasse im Oktober/November 1984 abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrages erfolgt und war dieser Vorgang nach dem ausdrücklichen Wortlaut des zitierten Wohnungseigentumsvertrages unentgeltlich.

In Ermangelung einer von der Baugemeinschaft an die mitbeteiligte Partei erfolgten, umsatzsteuerrechtlich relevanten Lieferung stand dieser hinsichtlich der Rechnung vom 25. März 1986 kein Recht zum Vorsteuerabzug zu. In der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei neuerlich aufgeworfene Fragen zur Unternehmereigenschaft der Baugemeinschaft und der mitbeteiligten Partei können damit dahingestellt bleiben. Soweit in der Gegenschrift versucht wird, aus erlaßmäßigen Regelungen des Bundesministeriums für Finanzen eine für die mitbeteiligte Partei günstigere Beurteilung in bezug auf die Vorsteuerabzugsberechtigung abzuleiten, genügt es darauf hinzuweisen, daß allgemeine Verwaltungsanweisungen oder eine "Verwaltungspraxis" für den Verwaltungsgerichtshof keine Rechtsquelle darstellen (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. August 1992, 92/13/0103, und vom 8. September 1992, 87/14/0091).

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt (für die Ertragsteuern wegen der Folgewirkungen der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aufwandersatz steht der mitbeteiligten Partei gemäß § 47 Abs. 3 VwGG nicht zu.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1990140197.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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