TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/8 88/15/0137

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Veröffentlicht am 08.04.1991
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

ABGB §1175;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs1;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §6 Z9 lita;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 487;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Bauherrengemeinschaft X in Y, bestehend aus N und weiteren 187 Miteigentümern der Liegenschaft EZ. 405 II, KG Y, alle vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 8. Juli 1988, Zl. 30.029-3/88, betreffend Umsatzsteuer 1984 bis 1986 und Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 23. bzw. 29. Mai 1979 erwarb die A-Gesellschaft m.b.H., Freies Wohnungsunternehmen, mit Sitz in B, BRD, das unbebaute Grundstück Nr. 432/5 der EZ. 405 der KG Y zum Zwecke der Errichtung von Hotelappartements.

Am 19. Jänner 1980 suchte die A-Ges.m.b.H. bei der Gemeinde Y um die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Sporthotels mit diversen Sportanlagen an. Die Bauverhandlung fand am 17. Mai 1980 statt.

Die mit mündlichem Gesellschaftsvertrag gegründete "Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG", im folgenden auch "Hotelgesellschaft" genannt, wurde mit 1. Dezember 1980 in das Handelsregister eingetragen.

Am 19. Juni 1981 schloß die A-Ges.m.b.H. mit Horst P, welchem sie einen Miteigentumsanteil an der gegenständlichen Liegenschaft übertragen hatte, einen Wohnungseigentumsvertrag über diese Liegenschaft ab.

Mit Fruchtgenußvertrag vom 19. Juni bzw. 3. Juli 1981 räumten die beiden genannten Miteigentümer der angeführten Liegenschaft "in ihrer Gesamtheit und jeder einzelne für sich der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG" das Fruchtgenußrecht (Nießbrauch) an den einzelnen, im Wohnungseigentum stehenden Einheiten wie auch an dem damit verbundenen Nutzungsrecht an den Allgemeinflächen des Gebäudekomplexes über einen Zeitraum von 50 Jahren, beginnend ab Fertigstellung des Hotelkomplexes, ein. Gleichzeitig verpflichteten sich die Wohnungseigentümer, diese Liegenschaftsanteile im Ausmaß und Umfang des gegenständlichen Fruchtgenußvertrages zu belasten und die Belastung auch auf die Rechtsnachfolger zu überbinden. Laut Punkt IV. 1. und 2. lit. a stellt, abgesehen von dem Recht der Eigennutzung, jeder Wohnungseigentümer seine Wohnung der Hotelgesellschaft zur hotelmäßigen Nutzung und Bewirtschaftung zur Verfügung. Dies schließt die Nutzung der im Miteigentum des Wohnungseigentümers stehenden Allgemeinflächen ein. Stellt der Eigentümer seine Wohnung der Hotelgesellschaft während des gesamten Jahres zur Verfügung, erhält er ein Nutzungsentgelt von S 960,-- pro Jahr und Quadratmeter-Gesamtwohnnutzfläche der Wohneinheit. Nach lit. e und f desselben Vertragspunktes hat die Hotelgesellschaft das Nutzungsentgelt jeweils in halbjährlichen Raten im nachhinein zu entrichten und erfolgen die Zahlungen der Hotelgesellschaft an die Wohnungseigentümer zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Im Punkt VII. des Vertrages wird ferner festgestellt, daß sämtliche vertragschließende Wohnungseigentümer zugleich Kommanditisten der Hotelgesellschaft sind und daß die einzelnen Wohnungseigentümer ihr Eigentum nur gemeinsam mit ihrem Miteigentumsanteil am Hotelkomplex und mit ihren Rechten aus dem Pachtvertrag mit der Gemeinde sowie mit ihrem Kommanditanteil an der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG veräußern und übertragen können.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes C vom 5. Mai 1981 wurden die Verträge betreffend Wohnungseigentum und Fruchtgenuß am 27. Juli 1981 grundbücherlich eingetragen.

Am 29. April 1983 vereinbarten die A-Ges.m.b.H. und Horst P, daß infolge einer erforderlichen Projektsänderung bzw. Projektsverkleinerung die Miteigentumsanteile beider Vertragsteile zu berichtigen seien, und die Aufhebung des bisher auf der Liegenschaft einverleibten Wohnungseigentums. Diese Änderung erfolgte über Anregung der Tiroler Landesregierung, da ansonsten keine baubehördliche Genehmigung erteilt worden wäre. Überdies wurde der von den Miteigentümern gegenüber dem Land Tirol erklärte Verzicht, an der gegenständlichen Liegenschaft kein Wohnungseigentum mehr zu begründen, als Dienstbarkeit durch grundbücherliche Eintragung sichergestellt.

Am 29. April 1983 wurde weiters zwischen den genannten Miteigentümern und der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m. b.H. & Co. KG eine Zusatzvereinbarung zum Fruchtgenußvertrag vom 19. Juni bzw. 3. Juli 1981 geschlossen, mit welcher das ziffernmäßig festgelegte Nutzungsentgelt auf ein betragsmäßig unbestimmtes "angemessenes" und "auf die Ertragslage des Hotels abgestelltes" Nutzungsentgelt geändert wurde.

Mit Bescheid vom 3. Februar 1984 wurde die Baubewilligung zur Errichtung eines Sporthotels mit Sportanlagen erteilt.

Nach Punkt I. des erwähnten Fruchtgenußvertrages aus dem Jahre 1981 sollte die A-Ges.m.b.H. noch vor Baubeginn die einzelnen Mindestanteile samt dem verbundenen Wohnungseigentum an weitere Bauherren veräußern. Dies ist auch in der Folge (unter anderem mit Kaufvertrag vom 13. April 1983) geschehen.

Am 31. März 1984 wurde bei einer Versammlung aller bücherlichen und außerbücherlichen Miteigentümer der streitgegenständlichen Liegenschaft und gleichzeitigen Kommanditisten der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft

m. b.H. & Co. KG die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "X, Y" beschlossen. Zweck dieser Bauherrengemeinschaft sollte die Errichtung des Projektes "X" sein, bestehend aus: 1) 1 Hotelkomplex mit

150 Hotel-Appartementeinheiten verschiedener Größenordnung,

2) 7 Sondereinheiten (Geschäfte) und 3) Allgemeinflächen zur gewerblichen Nutzung, wie unter anderem Hallenbad, Restaurants, Wintergarten, Hotelhalle, Küche, Kegelbahn, Bierkeller, Personalräumlichkeiten, Technikbereich sowie Tiefgarage mit Parkdeck.

Mit Schreiben vom 3. April 1984 ersuchte die Bauherrengemeinschaft - vertreten durch ihren Steuerberater - das Finanzamt um Zuteilung einer Steuernummer. In diesem Schreiben wurde neben der Tatsache der Gründung der Bauherrengemeinschaft und deren Zweck bekanntgegeben, daß ein Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen werde, in dem die rechtliche Zuordnung der Hotelappartements geregelt sein werde. Der einzelne Bauherr werde nach Fertigstellung des Hotels sein Appartement der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG vermieten, wodurch die Unternehmereigenschaft jedes einzelnen Bauherren gegeben sei. Außerdem stehe jedem Bauherren eine Eigennutzung des Appartements entsprechend einem Punktesystem zu. Nachdem jeder Bauherr auch gleichzeitig Kommanditist der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG sei, stelle sein Wohnungseigentum einkommensteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen dar. Umsatzsteuerrechtlich sei daher die Gesamtheit aller Miteigentümer, nämlich die Bauherrengemeinschaft, ein eigenes unternehmerisches Gebilde, an das Bauleistungen erbracht würden. Die auf den Bauleistungen lastende Umsatzsteuer könne nicht der einzelne "Mitbauherr", sondern nur die Bauherrengemeinschaft als Vorsteuer abziehen. Es würden daher sämtliche Baurechnungen an die Bauherrengemeinschaft X, Y ausgestellt werden, die ihrerseits den Vorsteuerabzug geltend machen und nach Fertigstellung des Bauwerkes die Baukosten mit Mehrwertsteuer den "Mitbauherren" in Rechnung stellen und die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen werde. Die "Mitbauherren" würden dann nach Rechnungsstellung durch die Bauherrengemeinschaft die anteilige Vorsteuer in Abzug bringen bzw. die Umsatzsteuer aus den Mieteinnahmen abführen.

Im Oktober 1984 wurde mit dem Bau begonnen.

Am 29. Dezember 1984 wurde die Vertragsurkunde über den Gesellschaftsvertrag der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m. b.H. & Co. KG errichtet. Nach § 4 Z. 5 dieses Vertrages kann Treugeber-Gesellschafter nur sein, wer gleichzeitig Miteigentümer und Bauherr des geplanten und zu bauenden Hotelkomplexes in Y wird. Die Treugeber-Gesellschafter verpflichten sich als Eigentümer, ab Fertigstellung und Eröffnung des Hotelkomplexes, ihre mit den Miteigentumsanteilen verbundenen Sondernutzungsrechte der Gesellschaft zur entgeltlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Hierüber hat die Gesellschaft mit jedem Miteigentümer und Treugeber-Gesellschafter, dessen Rechte der hotelmäßigen Nutzung zugeführt werden, einen Vertrag abzuschließen, in dem die Rechte (Fruchtgenußrecht) und Pflichten (Zahlung eines Nutzungsentgeltes) der Gesellschaft geregelt werden.

Am 27. Februar bzw. 18. März 1985 (mit Nachtrag vom 18. März 1985) schlossen sämtliche Miteigentümer einen Dienstbarkeitsvertrag ab, der im Grundbuch eingetragen wurde. Darin verzichten die Eigentümer auf Gebrauch und Nutzung aller Hoteleinheiten außer den ihnen persönlich im Parifizierungsgutachten zugeordneten.

Am 5. März 1985 schlossen die Miteigentümer überdies neuerlich einen "Wohnungseigentumsvertrag", obwohl die Begründung von Wohnungseigentum auf Grund der erwähnten grundbücherlich eingetragenen Dienstbarkeit zugunsten des Landes Tirol ausgeschlossen ist.

Am 7. Juni 1986 wurde das Gebäude fertiggestellt und gleichzeitig von der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m. b.H. & Co. KG in Betrieb genommen.

Die Beschwerdeführerin wurde in den Jahren 1984 und 1985 entsprechend ihren Umsatzsteuererklärungen veranlagt. Der Bescheid vom 19. Dezember 1985 ergab für 1984 einen Überschuß (abziehbare Vorsteuer) von S 5,302.919,--, der Umsatzsteuerbescheid vom 22. Jänner 1987 ergab für 1985 einen Überschuß (abziehbare Vorsteuer) von S 1,150.010,--. In der Umsatzsteuererklärung für 1986 wies die Beschwerdeführerin einen Vorsteuerbetrag von S 40,953.267,-- aus.

Im Zuge einer bei der beschwerdeführenden Miteigentümergemeinschaft durchgeführten abgabenbehördlichen Nachschau stellte der Prüfer fest, die Erwerber der Miteigentumsanteile an der gegenständlichen Bauherrengemeinschaft hätten ihre Anteile in Verbindung mit einem Kommanditanteil an der Y-Hotelverwaltungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co. KG erworben. Die Anteile seien nur unter der Bedingung zu erwerben gewesen, daß sie der genannten Ges.m.b.H. & Co. KG als Sonderbetriebsvermögen (laut Fruchtgenußvertrag entgeltlich) zur Verfügung gestellt würden. Auf Grund eines am 18. März 1985 zwischen den Miteigentümern abgeschlossenen (weiteren) Dienstbarkeitsvertrages sei die wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit jedes Miteigentümers auf einen bestimmten, abgegrenzten Gebäudeteil beschränkt worden, wofür der einzelne Miteigentümer und nicht die Miteigentumsgemeinschaft für das gesamte Objekt ein angemessenes Entgelt erhalten sollte. Die Bauherrengemeinschaft sei somit hinsichtlich der Einräumung des Fruchtgenußrechtes nicht unternehmerisch tätig gewesen.

Dieser Auffassung des Prüfers folgend nahm das Finanzamt mit getrennten Bescheiden vom 23. September 1987 das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1984 und 1985 wieder auf, hob die diese Jahre betreffenden Umsatzsteuerbescheide ersatzlos auf und stellte fest, daß eine Veranlagung zur Umsatzsteuer betreffend die Jahre 1984 und 1985 nicht stattfindet. Gleichzeitig stellte das Finanzamt mit zwei weiteren Bescheiden fest, daß eine Veranlagung zur Umsatzsteuer für das Jahr 1986 nicht stattfindet und daß der Umsatz und die Vorsteuer für den Zeitraum Jänner bis August 1987 mit Null festgesetzt werden.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung führte die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft die strittige Frage betreffend, ob und in welcher Weise die Miteigentümergemeinschaft unternehmerisch tätig werde, im wesentlichen aus, es sei gemäß § 21 BAO für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen immer in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Diesem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtsweise entspreche das Gebot der ganzheitlichen Beurteilung eines Sachverhaltes und damit zwingend verbunden das Verbot der Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges in seine untrennbaren Bestandteile. Nach der in dem Artikel in der Österreichischen Steuerzeitung Nr. 13 vom 1. Juli 1987, S. 148, über umsatzsteuerliche Probleme bei der Errichtung von Gebäuden im Miteigentum von Kolacny-Scheiner vertretenen und begründeten Ansicht sei die Beschwerdeführerin auf alle Fälle unternehmerisch tätig, ganz gleich, ob als eine Miteigentümergemeinschaft oder als Wohnungseigentumsgemeinschaft. Es stehe außer Frage, daß, wie von Lehre und Rechtsprechung gefordert, der Bauauftrag von allen Miteigentümern der Liegenschaft erteilt worden sei und die Miteigentumsgemeinschaft Bauherr sei. Somit sei zu prüfen, ob die Miteigentumsgemeinschaft das Gebäude unternehmerisch, und zwar zur Ausführung von Umsätzen, nutze. Dies sei dann der Fall, wenn die Gemeinschaft das Gebäude vermiete oder im Rahmen eines eigenen Gewerbebetriebes zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze nutze. Auf Grund der vorliegenden Urkunden, insbesondere auch des Fruchtgenußvertrages samt Ausführungsbestimmungen, könne nicht ernstlich bezweifelt werden, daß die Beschwerdeführerin das Gebäude entgeltlich vermiete. Ebenso stehe außer Zweifel, daß die von den einzelnen Miteigentümern zur Deckung der Herstellungskosten des Gebäudes aufgewendeten Beträge ausschließlich der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben gedient hätten. Somit sei die Miteigentumsgemeinschaft durch die Einräumung des Fruchtgenußrechtes unternehmerisch tätig geworden. Ob nun die Bauherrengemeinschaft als eine Miteigentümergemeinschaft oder als Wohnungseigentumsgemeinschaft angesehen werde, könne bei der Frage, ob sie unternehmerisch tätig sei, zu keinem anderen Ergebnis führen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und hob den Bescheid betreffend Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Kalendermonate Jänner bis August 1987 ersatzlos auf. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges, der Rechtslage und der hg. Rechtsprechung, soweit dies im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, im wesentlichen aus, die Miteigentumsgemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts hätte zwar auf die wesentliche Planung des gesamten Hotelkomplexes keinen Einfluß gehabt - der Baubescheid sei bereits vor Gründung der Bauherrengemeinschaft von der Gemeinde Y am 3. Februar 1984 erlassen worden -, die Errichtung des Bauvorhabens sei jedoch durch die Gemeinschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erfolgt. Den vorliegenden Urkunden sei zu entnehmen, daß immer die Absicht bestanden habe, Wohnungseigentum zu begründen. In diesem Fall hätte die Miteigentumsgemeinschaft durch die Übertragung (Einräumung) des ausschließlichen Nutzungsrechtes an den Appartements an die einzelnen Miteigentümer einen umsatzsteuerbaren Vorgang bewirkt, wodurch die Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft begründet worden wäre. Das Entgelt für den Umsatz der Miteigentumsgemeinschaft hätte in den von den Miteigentümern zu leistenden Anteilen an den für die Errichtung des Gebäudes bei der Gemeinschaft anfallenden Kosten bestanden. Dadurch wäre die Gemeinschaft aber auch zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der ihr für die Errichtung des Gebäudes vom Bauunternehmer in Rechnung gestellten Umsatzsteuer berechtigt gewesen. In weiterer Folge hätten die einzelnen Wohnungseigentümer und gleichzeitigen Kommanditisten der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft

m. b.H. & Co. KG dieser im Rahmen eines Fruchtgenußvertrages ihr Appartement entgeltlich zur Verfügung gestellt, wodurch auch die Unternehmereigenschaft jedes einzelnen Wohnungseigentümers gegeben gewesen wäre. Die Durchführung dieses Planes sei jedoch in der Folge dadurch unmöglich geworden, daß über Wunsch des Landes Tirol die Miteigentümer auf Begründung von Wohnungseigentum verzichtet hätten. Gemäß § 12 Abs. 1 WEG 1975 könne Wohnungseigentum nur durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben werden. Dem von den Miteigentümern errichteten Wohnungseigentumsvertrag vom 19. März 1985 könne keine steuerliche Relevanz beigemessen werden, da der Einverleibung dieses Vertrages in das Grundbuch die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit des Verzichtes auf Begründung von Wohnungseigentum entgegenstehe. Aus dem Titel der Einräumung des ausschließlichen Nutzungsrechtes an den Appartements an die einzelnen Miteigentümer könne daher die Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 nicht abgeleitet werden. Der Beschwerdeführerin könne auch nicht gefolgt werden, wenn sie nunmehr die Ansicht vertrete, sie habe auf Grund des Fruchtgenußvertrages vom 19. Juni 1981 der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft

m. b.H. & Co. KG ein entgeltliches Nutzungsrecht eingeräumt, wodurch die Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft gegeben sei. Auf Grund der vorliegenden Urkunden stehe zweifelsfrei fest, daß mit dem genannten Fruchtgenußvertrag der einzelne damalige Wohnungseigentümer und selbständige Bauherr das Fruchtgenußrecht an seinen, damals im Wohnungseigentum stehenden Einheiten sowie dem damit verbundenen Nutzungsrecht an den Allgemeinflächen des Hotelkomplexes der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG entgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Aus allen Verträgen gehe weiters zweifelsfrei hervor, daß nur der einzelne Miteigentümer und nicht die Miteigentumsgemeinschaft Anspruch auf ein Nutzungsentgelt habe. Weder dem Gründungsprotokoll der Bauherrengemeinschaft vom 31. März 1984 noch dem Protokoll der Beiratssitzung vom 12. September 1986 oder anderen Unterlagen sei zu entnehmen, daß die Bauherrengemeinschaft bzw. Miteigentumsgemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Beschluß in der Richtung gefaßt habe, daß nunmehr sie und nicht mehr der einzelne Miteigentümer der Hotelgesellschaft das entgeltliche Nutzungsrecht einräume. Ebenso sei aus den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin auch nach Inbetriebnahme des Hotels im Juni 1986 ausschließlich Vorsteuerbeträge geltend gemacht habe. Erst nach der am 22. Mai 1987 begonnenen abgabenbehördlichen Prüfung und der durch den Betriebsprüfer aufgezeigten Probleme sei erstmals im September 1987 für Juli 1987 eine Umsatzsteuervoranmeldung mit ausgewiesenen vereinbarten Entgelten beim Finanzamt eingereicht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung ihrer Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 UStG 1972 und Veranlagung zur Umsatzsteuer für die Jahre 1984 bis 1986 "sowie Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Kalendermonate Jänner bis August 1987" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine sonstige Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (Vorsteuer), abziehen.

Die Berechtigung der beschwerdeführenden Miteigentümergemeinschaft zum Vorsteuerabzug der in der Rechnung des Bauunternehmens ausgewiesenen, auf Baukosten entfallenden Umsatzsteuer ist bedeutsam, daß ihr gegenüber nicht die Lieferung eines bebauten Grundstückes, sondern - abgesondert von der Lieferung des unbebauten Grundstückes - die steuerpflichtige Werklieferung der Errichtung eines Gebäudes erbracht wurde und sie demnach als "Errichter des Bauwerkes" ("Bauherr") anzusehen ist.

Die Bauherreneigenschaft der Beschwerdeführerin ist von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht erkennbar in Frage gestellt worden.

Strittig ist im Beschwerdefall jedoch die Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin. Bei der Beurteilung, ob die Miteigentumsgemeinschaft hinsichtlich der Bauleistung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist zu prüfen, ob die Miteigentumsgemeinschaft das Gebäude unternehmerisch, und zwar zur Ausführung von Umsätzen, die nicht vom Vorsteuerabzug ausschließen, nutzt. Das wäre etwa dann der Fall, wenn die Gemeinschaft das Gebäude vermietet oder im Rahmen eines eigenen Gewerbebetriebes (Betriebsgebäude) zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze nutzt. Ist der Bauherr eine Wohnungseigentumsgemeinschaft im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, so ist für die Entscheidung über den Vorsteuerabzug die gleiche Prüfung anzustellen. Anders als bei einer schlichten Miteigentumsgemeinschaft, bei der der Miteigentümer den ihm zustehenden Anteil an den gemeinschaftlichen Einkünften erhält, erlangt der Wohnungseigentümer das dingliche Nutzungsrecht an der Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit. Dieses Nutzungsrecht wird dem Wohnungseigentümer, umsatzsteuerrechtlich gesehen, mit der Übergabe der zugesagten Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit seitens der Wohnungseigentumsgemeinschaft eingeräumt. In der Errichtung des Gebäudes und der Übertragung (Einräumung) des Nutzungsrechtes wird nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ein umsatzsteuerbarer Vorgang gesehen, wodurch die Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft begründet wird. Das Entgelt für den Umsatz der Wohnungseigentumsgemeinschaft besteht in den von den Miteigentümern zu leistenden Anteilen an den für die Errichtung des Gebäudes bei der Gemeinschaft anfallenden Kosten (vgl. zum Ganzen Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 33 zu § 2, Anm. 166 zu § 6 Z. 9 und Anm. 78 c ff. zu § 12 sowie Kolacny-Scheiner, Fallbeispiele zur Mehrwertsteuer, S. 138 ff.).

Von der Beschwerdeführerin wird zunächst unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit

- zusammenfassend dargestellt - die Ansicht vertreten, der Abschluß des Dienstbarkeitsvertrages vom 27. Februar bzw. 18. März 1985 sei umsatzsteuerrechtlich der Begründung von Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 gleichzusetzen, da durch ihn ähnlich wie bei Begründung von Wohnungseigentum an die Miteigentümer ausschließliche Nutzungsrechte übertragen worden wären. Bei Zugrundelegung der nach § 21 BAO gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise wäre eine umsatzsteuerliche Differenzierung in diesem Fall unzulässig.

Hierin vermag der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin nicht zu folgen. Nach der dargestellten herrschenden Lehre und Judikatur - die auch die Beschwerdeführerin ihren Ausführungen zu Grunde legt - wird nur bei der Errichtung eines Gebäudes im Wohnungseigentum gemäß dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 in der Übertragung bzw. Einräumung des Nutzungsrechtes durch die Wohnungseigentumsgemeinschaft an die einzelnen Wohnungseigentümer ein umsatzsteuerbarer Vorgang, durch den die Unternehmereigenschaft der Wohnungseigentumsgemeinschaft begründet wird, erblickt. Die von den Miteigentümern zu leistenden Anteile an den für die Errichtung des Gebäudes bei der Gemeinschaft anfallenden Kosten stellten das Entgelt für die Umsätze der Wohnungseigentumsgemeinschaft dar.

Tritt hingegen als Bauherr eine bloße Miteigentumsgemeinschaft wenn auch in der Form einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht auf, dienen die von den einzelnen Miteigentümern zur Deckung der Herstellungskosten des Gebäudes aufgewendeten Beträge der Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben. Die Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben kommt zwar der Gesamtheit der Miteigentümer zugute, sie stellt aber keine besondere Einzelleistung gegenüber dem einzelnen Miteigentümer dar. Die Zahlungen der Miteigentümer erfolgen somit nicht als Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinn. Sie sind nicht Entgelt für eine Leistung der Gemeinschaft an ihre Mitglieder.

Wird daher eine Miteigentumsgemeinschaft wie im vorliegenden Fall ohne Begründung von Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 als Bauherr tätig, so kann die Gemeinschaft die ihr vom Bauunternehmer für die Errichtung des Gebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer nur dann abziehen, wenn sie in der Folge etwa durch Vermietung (auch an einzelne Miteigentümer) unternehmerisch tätig wird.

Die Berufung der Beschwerdeführerin auf den "Dienstbarkeitsvertrag vom 27. 2./18. 3. 1985" vermag der Beschwerde aber auch schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil mit ihm die Miteigentümer der Liegenschaft nur die unentgeltlichen Gebrauchsrechte der einzelnen Miteigentümer an bestimmten Wohneinheiten geregelt, d.h. eine Benutzungsregelung vereinbart haben. Damit wurde aber von der Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Bauherrengemeinschaft keine Einzelleistung an die in der Bauherrengemeinschaft zusammengeschlossenen Miteigentümer erbracht und es fehlt überdies an der von den einzelnen Miteigentümern für die vereinbarte Gebrauchseinräumung zu erbringende Gegenleistung. Gleiches gilt für den am 19. März 1985 angezeigten "Wohnungseigentumsvertrag", da der Begründung von rechtswirksamem Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 die erwähnte im Grundbuch eingetragene Servitut zugunsten des Landes Tirol entgegenstand. Demnach war die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, den Miteigentümern das dingliche Nutzungsrecht an Wohnungseinheiten im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 einzuräumen.

Da somit von der beschwerdeführenden Miteigentumsgemeinschaft gegenüber den einzelnen Miteigentümern keine steuerbaren Umsätze bewirkt worden sind - auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise kann zu keinem anderen Ergebnis führen -, hat die belangte Behörde zu Recht in dieser Hinsicht die Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin verneint.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft die Beschwerdeführerin im wesentlichen die Feststellung der belangten Behörde, daß jeder einzelne Miteigentümer an den ihm zugewiesenen Hoteleinheiten und nicht die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft am Gesamtobjekt der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG das entgeltliche Fruchtgenußrecht eingeräumt habe.

Dieser Feststellung ist im Verfahren nur insoweit entscheidende Bedeutung zugekommen, als in diesem von der Beschwerdeführerin die Ansicht vertreten worden ist, sie habe der Y-Hotelverwaltungsgesellschaft m.b.H. & Co. KG das entgeltliche Fruchtgenußrecht eingeräumt und sei insoweit unternehmerisch tätig gewesen. Wenngleich diese rechtliche Schlußfolgerung in der Beschwerde nicht mehr wiederholt wird, muß davon ausgegangen werden, daß die Verfahrensrüge den Zweck hat, eine derartige Beurteilung des Sachverhaltes zu ermöglichen.

Das Beschwerdevorbringen erweist sich jedoch als nicht stichhältig. Die Beschwerdeführerin versucht in ihren Ausführungen aus der Formulierung der Bestimmungen des Fruchtgenußvertrages vom 19. Juni 1981/3. Juli 1981 samt Zusatzvereinbarung vom 29. April 1983/10. Mai 1983 entgegen der Ansicht der belangten Behörde darzulegen, daß die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft und nicht jeder einzelne Miteigentümer der genannten Hotelgesellschaft das Fruchtgenußrecht eingeräumt hätte. Diese Ausführungen gehen schon deswegen ins Leere, weil die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht erst am 31. März 1984, also erst nach Abschluß des genannten Fruchtgenußvertrages samt Zusatzvereinbarung, begründet worden ist. Sie konnte daher nicht Vertragspartner der genannten Hotelgesellschaft sein. Dazu kommt, daß nach dem Gründungsprotokoll vom 31. März 1984 als Zweck für den Zusammenschluß aller Miteigentümer nur die Errichtung des Gebäudes durch die Bauherrengemeinschaft, nicht aber die Übertragung des bereits eingeräumten Fruchtgenußrechtes an die Hotelgesellschaft angeführt ist. Beachtlich ist schließlich, daß mit Ausnahme jener Miteigentümer, die der Hotelgesellschaft das Fruchtgenußrecht an der gesamten Liegenschaft grundbücherlich eingeräumt hatten, alle weiteren Miteigentümer ihre Liegenschaftsanteile bereits belastet mit dem Fruchtgenußrecht erworben haben. Aus der Formulierung des genannten Fruchtgenußvertrages samt Zusatzvereinbarung kann daher keinesfalls etwas dafür gewonnen werden, daß von der Beschwerdeführerin das Fruchtgenußrecht an die Hotelgesellschaft eingeräumt worden sei. Daß die Beschwerdeführerin nach der Gründung der Bauherrengemeinschaft am 31. März 1984 irgendwelche Vereinbarungen betreffend das Fruchtgenußrecht mit der genannten Hotelgesellschaft getroffen hat, wird von ihr selbst nicht behauptet. In den Verwaltungsakten findet sich dafür auch kein Anhaltspunkt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens entbehrlich war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988150137.X00

Im RIS seit

08.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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