TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/28 92/05/0249

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Veröffentlicht am 28.03.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §15 Abs3;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15;
GewO 1973 §13 Abs7;
GewO 1973 §91 Abs2 idF 1988/399;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der

X AbfallbeseitigungsgesmbH & Co.KG in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 14. August 1992, Zl. 08 3526/103-V/4/92-Gl, betreffend Erlaubnisentzug gemäß § 15 AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 27. Juni 1986 erteilte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz der Beschwerdeführerin (früherer Firmenwortlaut:

X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co KG) die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit eines Sonderabfallsammlers und Sonderabfallbeseitigers am Standort W, G-Gasse 51. Gemäß § 11 Abs. 4 des damals geltenden Sonderabfallgesetzes, BGBl. Nr. 186/1983, wurde Dipl.Ing. Dr. N als Geschäftsführer der Erlaubniswerberin die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit des Sonderabfallsammlers und Sonderabfallbeseitigers nach Maßgabe der einzelnen festgelegten Bedingungen, Beschränkungen und Auflagen erteilt.

Mit dem angefochtenem Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerin gegen den mündlich verkündeten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Juli 1992 und gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juli 1992 keine Folge. Mit diesen Bescheiden war der Beschwerdeführerin die Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von Metallabfällen gemäß § 15 Abs. 8 AWG hinsichtlich der Abfälle mit den Schlüsselnummern 35322, 35323, 35324, 35325, 35335 und 35336 entzogen und der dagegen gerichteten Berufung die aufschiebende Wirkung versagt worden. Begründend wurde ausgeführt, daß neben dem abfallrechtlichen Geschäftsführer auch die Erlaubnisinhaberin über die Verläßlichkeit i.S.d. § 15 Abs. 3 AWG verfügen müsse, weil gemäß § 15 Abs. 5 AWG der abfallrechtliche Geschäftsführer nur die fachlichen Kenntnisse substituieren könne. Auch aus § 13 Abs. 7 i.V.m. § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ergebe sich, daß die von der Gewerbeordnung geforderte Zuverlässigkeit bei einer juristischen Person dann gegeben sei, wenn die Voraussetzungen auf eine natürliche Person zutreffen, der ein maßgeblicher Einfluß auf dem Betrieb der Gesellschaft zustehe. Diese Bestimmung sei in einem Verfahren gemäß § 15 AWG sinngemäß heranzuziehen.

Der (handelsrechtliche) Geschäftsführer der Komplementärges.m.b.H., K.R., sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. Jänner 1991 gemäß § 376 Z. 26 GewO rechtskräftig bestraft worden, weil er es zu verantworten gehabt habe, daß am 25. April 1989 in der Betriebsanlage bestimmte Auflagen des Bescheides vom 28. Oktober 1989 (richtig: 1985) nicht eingehalten worden seien. Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamts für den 11. Bezirk vom 6. November 1991 sei K.R. wegen Übertretung gemäß § 39 Abs. 1 lit. c Z. 6 AWG rechtskräftig bestraft worden, weil Aufzeichnungen über gefährliche Abfälle nicht in ausreichendem Maße geführt worden seien. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Februar 1992 sei K.R. wegen der Übertretung gemäß § 367 Z. 26 GewO bestraft worden, weil Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht eingehalten worden seien.

Alle drei Bestrafungen seien wegen Übertretungen zum Schutz der Umwelt erfolgt, weshalb die Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 3 AWG keinesfalls mehr als verläßlich angesehen werden könne. Aufgrund der Formulierungen des § 15 Abs. 1, 3 und 8 AWG müsse die Erlaubnis für sämtliche Abfallarten entzogen werden, weil ein Teilentzug nur wegen mangelnder fachlicher Kenntnis möglich wäre.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 15. (1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

...

(3) Verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, daß sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verläßlich gilt eine Person, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, solange die Verurteilungen nicht getilgt sind, die mindestens dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der Gewerbeordnung 1973 oder des Wasserrechtsgesetzes 1959 oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften (§ 42 Abs. 1) bestraft worden ist oder die gemäß der Gewerbeordnung 1973 von der Ausübung der betreffenden Tätigkeit ausgeschlossen ist.

...

(5) Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die auszuübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.

(6) Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekanntzugeben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.

...

(8) Die Erlaubnis ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 oder 5 nicht mehr vorliegen."

Gemäß § 45 Abs. 2 AWG gelten Erlaubnisse und Konzessionen, die aufgrund des § 11 des Sonderabfallgesetzes erteilt wurden, als Erlaubnisse i.S.d. § 15 AWG.

Mit der Frage, ob die Voraussetzungen der Verläßlichkeit, deren Fehlen gemäß § 15 Abs. 8 AWG zur Entziehung führt, nicht nur bei dem gemäß § 15 Abs. 5 bestellten abfallrechtlichen Geschäftsführer, sondern auch beim handelsrechlichen Geschäftsführer einer juristischen Person vorliegen muß, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0065, auseinandergesetzt. Der Gerichtshof gelangte zum Ergebnis, daß die Verläßlichkeit i. S.d. § 15 Abs. 3 AWG nur bei physischen Personen geprüft werden könne und daß für die Frage der Zulässigkeit der Entziehung der einer juristischen Person erteilten Erlaubnis nach dem Wortlaut des Abfallwirtschaftsgestzes ausschlaggebend sei, ob der mit Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellte Geschäftsführer i.S.d. § 15 Abs. 3 AWG verläßlich ist. Die Auffassung, das Abfallwirtschaftsgesetz fordere auch die Verläßlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers, entspreche nicht der gegebenen Rechtslage.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsmeinung abzugehen. Die Beschwerdeführerin verweist zu den auf die § 13 Abs. 7 i.V.m. § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 gestützten Argumenten richtig auf § 91 Abs. 2 GewO (i.d.F. der Gewerberechtsnovelle 1988), wo vorgesehen ist, daß bei Auftreten von Entziehungsgründen bei einer natürlichen Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, die Behörde eine Frist zu setzen hat, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Für eine analoge Heranziehung des § 13 Abs. 7 GewO besteht schon deshalb kein Anlaß, weil der Gesetzgeber des AWG eine dem § 91 Abs. 2 leg. cit. vergleichbare Möglichkeit, die Entziehung hintanzuhalten, nicht geschaffen hat. Da hinsichtlich des abfallrechtlichen Geschäftsführers ein Entziehungstatbestand nicht vorliegt, belastete die belangte Behörde, indem sie die Erlaubnisentziehung bestätigte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Beschwerde war daher - im Hinblick auf die durch das vorgenannte Erkenntnis geklärte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992050249.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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