TE Vfgh Erkenntnis 1993/3/10 B1074/92, B1075/92, B1076/92, B1077/92, B1078/92, B1079/92

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Veröffentlicht am 10.03.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6
Sbg GVG 1986 §8 Abs1 litd
Sbg GVG 1986 §8 Abs1 lite
Sbg GVG 1986 §10 Abs1 Z6

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu der Errichtung von Drogeriemärkten einer deutschen Gesellschaft dienenden Mietverträgen wegen Widerspruchs zu regionalwirtschaftlichen Interessen

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die jeweils erstbeschwerdeführende Gesellschaft schloß mit dem jeweiligen Zweitbeschwerdeführer bzw. der jeweiligen Zweitbeschwerdeführerin Mietverträge ab, um in den gemieteten Objekten Drogeriemärkte zu errichten.

Die Anträge der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung wurden mit den Bescheiden der Grundverkehrslandeskommission Salzburg vom 20. Mai 1992, Zl. GVLK-4/268/9-1991 (B1074/92), vom 19. Mai 1992, Zl. GVLK-4/269/10-1991 (B1075/92), vom 20. Mai 1992, Zl. GVLK-4/124/14-1991 (B1076/92), vom 20. Mai 1992, Zl. GVLK-4/267/10-1991 (B1077/92), vom 11. Mai 1992, Zl. GVLK-4/34/17-1991 (B1078/92), und vom 20. Mai 1992, Zl. GVLK-4/33/15-1991 (B1079/92), unter Berufung auf §9 und §10 Abs1 Z6 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. für das Land Salzburg 73/1986 (im folgenden: SGVG 1986), abgewiesen.

Der abweisliche Bescheid vom 20. Mai 1992, Zl. GVLK-4/268/9-1991, wird im wesentlichen damit begründet, die Handelskammer Salzburg sei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ersucht worden, eine Stellungnahme abzugeben. In dieser sei darauf hingewiesen worden, die Antragstellerin stelle dem Grunde nach ein Handelsunternehmen dar, das der Kategorie "Discounter" zuzurechnen sei. Dies folge aus der Preispolitik, der Personalpolitik, vor allem jedoch aus der Sortimentspolitik des Unternehmens. Das Unternehmen stelle grundsätzlich Teilzeitbeschäftigte in einem Ausmaß an, daß eine Größenordnung von etwa nur zwischen 30 - 50 % der Personalkosten im Verhältnis zu den entsprechenden Kosten der anderen heimischen Betriebe des Drogerie- und Parfümeriefaches nicht überschritten werde. Dies sei nur bei Beachtung eines sich auf typische "Schnelldreher", d.h. Produkte mit bekannt hoher Umschlaghäufigkeit, beschränkenden Sortiments, möglich, woraus sich unausweichlich eine entsprechende Einbuße an Versorgungsleistung der Betriebe gegenüber der Bevölkerung ergebe. Begleitet werde dieser Umstand außerdem durch eine Unternehmenspolitik, die in den vergangenen Jahren gezielt auf einen Preis-Verdrängungswettbewerb konzentriert gewesen sei. Das Unternehmen bilde ferner keine Lehrlinge aus. Aus diesen Gründen sei die Handelskammer der Ansicht, daß die neue Filialgründung regionalwirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufe und abzulehnen sei.

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg habe ebenfalls zum angeführten Rechtsgeschäft eine Stellungnahme abgegeben, in welcher u.a. ausgeführt wird, die Antragstellerin biete für einige Waren (vor allem Eigenprodukte) eine aus Sicht der Konsumenten relativ günstige Preisgestaltung. Dies sei dadurch ermöglicht worden, daß sie für ihr in den letzten Jahren in Österreich aufgebautes Filialnetz ganz bewußt Verluste in Kauf genommen habe, um einen entsprechenden Marktanteil zu erreichen.

In Bezug auf den Personaleinsatz verfolge die Firma üblicherweise das Konzept einer extremen Personaleinsparung. Ihre Filialen würden meist nur mit einem anwesenden Mitarbeiter geführt, d. h. der eine - üblicherweise in der Filiale anwesende - Mitarbeiter habe alle einschlägigen Arbeiten zu verrichten, wie Waren anzunehmen, Regale einzuräumen und die Kasse zu bedienen. Hier werde die Rationalisierung im Personalbereich auf die Spitze getrieben. Eine solche Verkaufsstrategie sei für den einzelnen Mitarbeiter mit großen Belastungen in physischer und psychischer Hinsicht verbunden. Gleichzeitig würden dadurch Arbeitsplätze in Betrieben mit arbeitnehmerfreundlicheren Arbeitsbedingungen gefährdet. Aufgrund dessen sei die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg der Ansicht, daß im gegenständlichen Fall dem Rechtsgeschäft eine Zustimmung nicht erteilt werden sollte.

Seitens der zuständigen Gemeinde sei gegen das vorliegende Rechtsgeschäft kein Einwand erhoben worden, die Antragstellerin sei aber den Stellungnahmen der genannten Kammern im einzelnen entgegengetreten (deren Äußerung wird zusammengefaßt wiedergegeben).

Dem Antrag komme Berechtigung nicht zu, der Rechtserwerb widerspreche regionalwirtschaftlichen Interessen, weil sowohl die Handelskammer als auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg auf Grund ihrer Marktbeobachtung übereinstimmend zur Schlußfolgerung gelangt seien, daß die Antragstellerin durch ihre Geschäftspolitik einen Verdrängungswettbewerb führe, durch welchen vor allem kleinere und mittlere Drogerie- und Parfümeriebetriebe - mit einem im Gegensatz zur Antragstellerin weit vielfältigeren Angebot - betroffen seien. Die Grundverkehrsbehörde zweifle nicht daran, daß die beiden gesetzlichen Interessenvertretungen das Unternehmenskonzept der Antragstellerin und dessen in der Zwischenzeit teilweise eingetretenen tatsächlichen Auswirkungen zutreffend beschrieben hätten. Es werde deshalb als Feststellungsgrundlage herangezogen. Diese Annahme sei nicht zuletzt darauf gestützt, daß nach der jeweiligen Eröffnung von Filialen der Antragstellerin in näher bezeichneten Orten ortsansäßige Drogeriebetriebe geschlossen hätten. Im Hinblick darauf, daß durch die Neugründung von Filialen der Antragstellerin vor allem "ausbildungsintensive" Betriebe in Mitleidenschaft gezogen würden, sei auch aus diesem Blickwinkel ein Widerspruch zu regionalwirtschaftlichen Interessen gegeben, weshalb die Zustimmung zum Rechtserwerb zu versagen gewesen sei.

Die übrigen angefochtenen Bescheide weisen eine im Kern gleiche Begründung auf.

2. Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten, im wesentlichen inhaltsgleichen Beschwerden beider jeweiligen Vertragsparteien, in welchen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, und zwar des §8 Abs1 litd und e sowie des §10 Abs1 Z6 SGVG 1986 behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide begehrt wird.

Diese Beschwerden werden im wesentlichen wie folgt begründet:

"Die belangte Behörde hat nun dem gegenständlichen Rechtsgeschäft, also dem zwischen den beiden Beschwerdeführern abgeschlossenen Mietvertrag die Zustimmung versagt und dies mit den Bestimmungen des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, insbesondere dem Inhalt der §§9 und 10 (1) Ziff 6 dieses Gesetzes begründet.

Es wird darauf hingewiesen, daß gem. §13 (1) letzter Satz dieses Gesetzes mit der Versagung der Zustimmung der Vertrag rückwirkend unwirksam wird. Demnach hat die belangte Behörde durch die Versagung der Zustimmung direkt in die Privatrechte beider Beschwerdeführer im Sinne der obigen Ausführungen eingegriffen.

Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, insbesondere der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen dieses Gesetzes wird im Folgenden ausgeführt werden.

Eine denkunmögliche Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin wird nicht behauptet. Jedoch hat die belangte Behörde das Salzburger Grundverkehrsgesetz in Bezug auf die zweitbeschwerdeführende Partei auf denkunmögliche Art und Weise angewendet, sodaß der Eingriff in die privaten Vermögensrechte des Zweitbeschwerdeführers, nämlich sein Recht auf Vermietung des Objektes, einer Gesetzlosigkeit gleichkommt.

Gem. §20 (2) des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 sind Parteien im Verfahren die im Rechtsgeschäft genannten Vertragsparteien, also beide Beschwerdeführer. In dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verfahren wurde seitens der belangten Behörde Parteiengehör lediglich der Erstbeschwerdeführerin gewährt. Die zweitbeschwerdeführende Partei wurde entgegen der Bestimmung der §§37 und 45 (3) AVG in das Verfahren überhaupt nicht einbezogen.

Es ist richtig, daß in der Regel durch die Unterlassung des Parteiengehöres für sich allein in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verfahren ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht nicht verletzt werden kann, daß jedoch unter bestimmten Umständen auch die Unterlassung des Parteiengehöres einen in die Verfassungssphäre eingreifenden Verfahrensmangel darstellt. Dies liegt nach Ansicht der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall vor: Durch die völlige Ignorierung der Parteienstellung auch der Zweitbeschwerdeführerin in dem dem angefochtenen Bescheid vorhergehenden Verwaltungsverfahren wurde diese vollkommen um die Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen (§37 AVG) in diesem Verfahren gebracht. Die zweitbeschwerdeführende Partei wurde dadurch von der Möglichkeit ausgeschlossen, ihrerseits darzulegen und unter Beweis zu stellen, warum im Gegensatz zur Annahme der beiden Kammern, welcher sich die belangte Behörde anschloß, volks- oder regionalwirtschaftliche Interessen dem Abschluß des gegenständlichen Mietvertrages nicht widersprechen. Es ist zu berücksichtigen, daß auch die Interessen des Vermieters selbst dem hier gebrauchten Begriff der regionalwirtschaftlichen Interessen zu subsumieren sind. Naturgemäß hat der Zweitbeschwerdeführer ein eminentes wirtschaftliches Interesse und demnach auch ein Recht an der Aufrechterhaltung des gegenständlichen Mietvertrages, da zu einem Mietzins wie an die Erstbeschwerdeführerin das gegenständliche Objekt nicht vermietet werden kann.

Die zweitbeschwerdeführende Partei wurde durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides schlicht und einfach vor die vollendete Tatsache gestellt, daß in einem Verfahren, in welchem sie niemals gehört wurde, von dessen Anhängigkeit sie niemals in Kenntnis gesetzt wurde, über die Rechtswirksamkeit von ihr abgeschlossener Verträge, sohin ihre privaten Vermögensrechte abgesprochen und ihr diese Vermögensrechte aberkannt worden waren. Ein solches Vorgehen der belangten Behörde verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Eigentumes gem. Artikel 5 StGG, denn es ist denkunmöglich, die Verfahrensbestimmungen des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 dahingehend auszulegen, daß der eine der beiden Vertragsteile, über deren Rechte im Verfahren abzusprechen ist, entgegen den Bestimmungen der §§20 (2) dieses Gesetzes sowie §§37 und 45 (3) AVG vom Verfahren vollkommen ausgeschlossen wird.

Des weiteren ist nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien das Salzburger Grundverkehrsgesetz 1986, ein Landesgesetz, und zwar insbesondere die §§8 (1) litd und lite sowie 10 (1) Ziff 6 verfassungswidrig:

Gem. §8 (1) litd des Gesetzes bedarf einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber ein Ausländer ist, die Bestandgabe eines Grundstückes, Gebäudes oder Teiles hievon; gem. lite ebenso die Einräumung sonstiger Nutzungs- oder Benutzungsrechte an einem Gebäude, Gebäudeteil oder Teilen hievon, die in ihrer Auswirkung einem der vorgenannten Rechte gleichkommen.

Gem. Art10 (1) Ziff 6 BVG ist Bundessache die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten des Zivilrechtswesens, jedoch mit Ausschluß von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen.

Unter dem Begriff 'Grundstücksverkehr' kann jedoch nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange (§6 ABGB) nur der tatsächliche 'Verkehr' von Grundstücken, also das 'In-Verkehr-setzen' von Grundstücken gleich einer Ware, also der Übergang derselben von einem Eigentümer auf den anderen verstanden werden. Allenfalls mögen auch andere dingliche Rechte an Grundstücken unter den Begriff 'Grundstücksverkehr' zu subsumieren sein. Es ist jedoch nicht möglich, unter den Begriff 'Grundstücksverkehr' auch den Abschluß von Bestandverträgen über Geschäftslokale, wie im gegenständlichen Fall zu subsumieren, da der Abschluß von Bestandverträgen für den Eigentümer, welcher durch diesen Vertrag keineswegs wechselt, eine Form der Nutzung von Grundstücken ist, im Gegensatz etwa zur Eigennutzung. Ausnahmebestimmungen wie die vorhergehende, also die Herausnahme der Regelung des Grundstücksverkehres bei Ausländern aus der grundsätzlichen Bundeskompetenz des Zivilrechtswesens gem. Art10 (1) Ziff 6 BVG sind einschränkend auszulegen. Es ist daher dem Landesgesetzgeber rechtlich nicht möglich, unter Ausnützung der grundsätzlichen Generalklausel des Art15 (1) BVG auch den Abschluß von Mietverträgen über Geschäftslokale für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen zu unterwerfen, da er hiemit in die grundsätzliche Bundeskompetenz eingreift.

Die angeführten Bestimmungen des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 sind daher verfassungswidrig. Des weiteren ist gem. §10 (1) Ziff 6 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 die Zustimmung jedenfalls zu versagen, wenn der Rechtserwerb volks- oder regionalwirtschaftlichen Interessen widerspricht. Im konkreten Fall war es diese Gesetzesnorm, welche die belangte Behörde als Begründung zur Abweisung des Antrages auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung heranzog. Diese gesetzliche Bestimmung gibt der Grundverkehrsbehörde die Möglichkeit, massiv in den gewerblichen Wettbewerb einzugreifen, in dem eben die Möglichkeit besteht, ausländischen Mitbewerbern, deren Existenz, deren Angebote, Personal- oder Preispolitik irgendwelchen Interessensgruppen nicht genehm ist, vom inländischen Wettbewerb auszuschließen. Genau dies ist im gegenständlichen Falle, wie aus den der Entscheidung zugrundeliegenden Stellungnahmen der Handelskammer und der Kammer für Arbeiter und Angestellte zu entnehmen ist, geschehen.

Es kann jedoch nicht der Sinn der vorgenannten Ausnahmebestimmung des Art10 (1) Ziff 6 BVG sein (..... jedoch mit Ausschluß von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen;) dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit zu eröffnen, seinerseits wettbewerbsverzerrend in den gewerblichen Wettbewerb eingreifen zu können. Vielmehr ist der Sinn der Ausnahmeregelung nach der vorzitierten, allgemein anwendbaren Auslegungsregel des §6 ABGB darin zu sehen, dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit zu eröffnen, verwaltungsbehördlich regelnd den Grundstückserwerb durch Ausländer zu beschränken, um zu verhindern, daß ein zu großer Teil des österreichischen Bodens in ausländische Hände gelangt. Keineswegs darf jedoch der Landesgesetzgeber diese Ausnahmebestimmung zur Erreichung völlig anderer Zwecke verwenden, nämlich um in Gewerbeangelegenheiten einzugreifen und den freien Wettbewerb des Handels und Gewerbes zu beschränken. Es wird darauf verwiesen, daß gem. Art10 (1) Ziff 8 BVG Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, und zwar ausnahmslos, Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sind. Diese grundsätzliche Bundeskompetenz umfaßt auch notwendigerweise alle allfälligen Eingriffe in die Freiheit von Handel und Gewerbe. Der Landesgesetzgeber darf in diese grundsätzliche Bundeskompetenz unter Mißbrauch der mehrfach genannten Ausnahmeregelung des Art10 (1) Ziff 6 BVG nicht eingreifen. Daraus ergibt sich, daß die Bestimmung des §10 (1) Ziff 6 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes verfassungswidrig ist, weil sich damit der Landesgesetzgeber eine Kompetenz, welche nur dem Bunde zusteht, arogiert hat.

Die Beschwerdeführer wurden demnach durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in einem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht, nämlich demjenigen der Unverletzlichkeit des Eigentumes gem. Art5 StGG und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 in den vorgenannten Bestimmungen in ihren Rechten verletzt."

3. Die Grundverkehrslandeskommission Salzburg als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung von Gegenschriften jedoch abgesehen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden, welche er wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden hat, erwogen:

1. Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerden sind insbesondere folgende Regelungen des SGVG 1986 beachtlich:

§7 leg.cit. regelt, welche natürlichen und juristischen Personen als Ausländer im Sinne des SGVG 1986 gelten. §8 Abs1 leg.cit. lautet (auszugsweise):

"Beschränkung des Grundverkehrs für Ausländer

§8. (1) Unbeschadet des Erfordernisses einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß §2 Abs1 bedürfen folgende Rechtsgeschäfte unter Lebenden einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber ein Ausländer ist und staatsvertragliche Verpflichtungen nicht anderes bestimmen:

a) ...

b) ...

c) ...

d) die Bestandgabe eines Grundstückes, Gebäudes oder von Teilen hievon;

e) die Einräumung sonstiger Nutzungs- oder Benutzungsrechte an einem Grundstück, Gebäude oder an Teilen hievon, die in ihrer Auswirkung einem der vorgenannten Rechte gleichkommen. Die Einräumung solcher Rechte ist jedenfalls anzunehmen, wenn Eigentümer eines Grundstückes, Gebäudes oder von Teilen hievon eine juristische Person oder Personengesellschaft ist, die nach ihrem Rechtserwerb Ausländer im Sinne des §7 litb bis e geworden ist und das Grundstück, Gebäude oder ein Teil hievon von den Gesellschaftern bzw. Mitgliedern der juristischen Person oder Personengesellschaft für Wohn- oder Freizeitzwecke tatsächlich genutzt wird;

f) ..."

Gemäß §10 Abs1 Z6 leg.cit. ist die Zustimmung jedenfalls zu versagen, wenn der Rechtserwerb staatspolitischen oder volks- oder regionalwirtschaftlichen Interessen widerspricht.

2. In den zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren wie auch in den vorliegenden Beschwerdeverfahren blieb unbestritten, daß es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine ausländische juristische Person im Sinne des §7 SGVG 1986 handelt und daß die jeweiligen Mietverträge nach §8 Abs1 leg.cit. der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfen.

3.1. Die Beschwerden erachten §8 Abs1 litd und e sowie §10 Abs1 Z6 SGVG 1986 deshalb für verfassungswidrig, weil unter dem Begriff Grundstücksverkehr im Sinne des Art10 Abs1 Z6 B-VG nur der tatsächliche "Verkehr" mit Grundstücken, nämlich das "In-Verkehr-Setzen" von Grundstücken gleich einer Ware, also der Übergang derselben von einem Eigentümer auf den anderen verstanden werden könne. Dem Landesgesetzgeber sei es deshalb verwehrt, unter Berufung auf die genannte Verfassungsbestimmung iVm. der Generalklausel des Art15 Abs1 B-VG auch den Abschluß von Mietverträgen über Geschäftslokale durch Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen zu unterwerfen. Die angegriffene Regelung des SGVG 1986 gebe der Grundverkehrsbehörde die Möglichkeit, massiv in den gewerblichen Wettbewerb einzugreifen. Dem Landesgesetzgeber sei es aber auf der Grundlage der genannten Kompetenzbestimmungen verwehrt, wettbewerbsverzerrend in den gewerblichen Wettbewerb einzugreifen; Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie fielen gemäß Art10 Abs1 Z8 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung in die Bundeskompetenz. §10 Abs1 Z6 SGVG 1986 sei deshalb verfassungswidrig, weil sich damit der Landesgesetzgeber eine Kompetenz arrogiert habe, die nur dem Bund zustehe.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hält diese Auffassung der Beschwerden nicht für zutreffend.

Was zunächst die Auffassung betrifft, daß die Länder bloß dazu befugt seien, den Grundstücksverkehr für Ausländer nur in dem dargelegten, sehr eingeschränkten Umfang zu regeln, sind die Beschwerden auf die gegenteilige, ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es aus kompetenzrechtlicher Sicht zulässig ist, daß die Länder Regelungen erlassen, die auch für den Rechtserwerb von Bestandrechten eine grundverkehrsbehördliche Zustimmung vorsehen. Insbesondere im Erkenntnis VfSlg. 9088/1981 hat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß die Bestandgabe eines Grundstückes grundsätzlich unter den Begriff des Grundverkehrs im Sinne des Art10 Abs1 Z6 B-VG zu subsumieren und deshalb die Bestimmung des §12 Abs1 litd des Salzburger GVG 1974 kompetenzrechlich unbedenklich sei. Im Erkenntnis VfSlg. 9576/1982 hat der Verfassungsgerichtshof an dieser Auffassung ausdrücklich festgehalten und sie in zahlreichen weiteren Erkenntnissen bestätigt (vgl. VfSlg. 10893/1986, 10895/1986).

Der Verfassungsgerichtshof teilt aber auch die weiteren in den Beschwerden ausgebreiteten kompetenzrechtlichen Bedenken nicht. Der von den Beschwerden als verfassungswidrig erachtete §10 Abs1 Z6 SGVG 1986 - soweit er zwingend eine Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung anordnet, wenn der Rechtserwerb regionalwirtschaftlichen Interessen widerspricht - stellt sich nämlich nicht als in die Kompetenz des Bundes fallende Regelung dar; dies auch dann nicht, wenn sie jenen Inhalt hat, den ihr die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden beimißt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt, im Rahmen der von ihm zu treffenden Regelungen alle öffentlichen Zwecke und daher auch die des Bundes zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 3163/1957, 4486/1963, 7138/1973, 7658/1975, 8831/1980, 10292/1984). Die Befugnis, die Interessen der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft zu berücksichtigen, darf nur nicht dazu mißbraucht werden, die der anderen Gebietskörperschaft obliegende Regelung selbst vorzunehmen (VfSlg. 9543/1982, 10292/1984). Ein solcher Vorwurf kann der in Rede stehenden landesgesetzlichen Regelung nicht gemacht werden. Vielmehr handelt es sich bei ihr um eine in die Zuständigkeit des Landes fallende, den Grundstücksverkehr für Ausländer einer verwaltungsbehördlichen Beschränkung unterwerfende Regelung, die sich im Rahmen der durch die Bundesverfassung gezogenen Kompetenzgrenzen hält (vgl. zur Zulässigkeit der Berücksichtigung unerwünschter Konkurrenzierung im Rahmen des Ausländergrundverkehrsrechts VfSlg. 7274/1974, 8436/1978).

3.3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich deshalb auch aus der Sicht der vorliegenden Beschwerdefälle nicht veranlaßt, in eine Prüfung der genannten Regelung auf ihre Verfassungsmäßigkeit einzutreten.

4.1. Die Beschwerden behaupten auch eine Verletzung des den jeweiligen Zweitbeschwerdeführern (nicht jedoch der erstbeschwerdeführenden ausländischen juristischen Person) durch Art5 StGG gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums wegen denkunmöglicher Gesetzesanwendung deshalb, weil diese durch die belangte Behörde am zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren überhaupt nicht beteiligt worden seien. Vielmehr sei ihnen ohne weiteres Verfahren der - abweisliche - Bescheid zugestellt worden, sodaß ihnen die Möglichkeit genommen worden sei, ihre Rechte wahrzunehmen. Insbesondere sei es ihnen unmöglich gemacht worden, ihre Interessenlage - sie seien an den zu erwartenden Mieteinnahmen in höchstem Maße interessiert - darzutun, die bei der Entscheidung der Behörde hätte mitberücksichtigt werden müssen.

4.2. Der Verfassungsgerichtshof wertet dieses Vorbringen dahingehend, daß damit die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz - bei den Zweitbeschwerdeführern handelt es sich um Inländer - durch willkürliches Verhalten der belangten Behörde geltend gemacht wird.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

4.3. Ein solcher Vorwurf kann der belangten Behörde nicht gemacht werden. Weder hat sie jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt noch hat sie ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren überhaupt unterlassen. Den Beschwerden ist zwar zuzugestehen, daß den Zweitbeschwerdeführern das ihnen kraft AVG zustehende Parteiengehör zu Unrecht verweigert wurde, doch ist darin für sich allein nach der dargestellten Rechtsprechung kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler zu erblicken.

4.4. Die Zweitbeschwerdeführer wurden sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

5. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sind.

6. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu unter II.3.) ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sind.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ausländergrunderwerb, Kompetenz Bund - Länder Grundverkehr, Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1074.1992

Dokumentnummer

JFT_10069690_92B01074_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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