TE Vwgh Beschluss 1995/6/8 93/14/0197

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Veröffentlicht am 08.06.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BAO §103 Abs2;
BAO §213;
BAO §7 Abs1;
ZustG §9 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/14/0198

Betreff

Der VwGH hat in der Beschwerdesache 1) der A-GmbH in M und 2) des A in M, beide vertr durch RA Dr. H in M, gegen die Bescheide 1) der FLD für OÖ (Berufungssenat I), Zl 1/25/1-BK/F-1993 (1/26/1-BK/F-1993), betr Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtl der USt, KSt und GewSt für die Jahre 1983 bis 1986 (A-GmbH) sowie Einkommensteuer für die Jahre 1983 bis 1986 (A), und 2) der FLD für OÖ, Zl 35/1-4/F-1993, betr Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtl des Haftungs- und Zahlungsbescheides betr Kapitalertragsteuer für die Jahre 1983 bis 1986, beide vom 30. Juni 1993, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (teilweise durch den Berufungssenat als deren Organ) waren Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen worden. Die dagegen eingebrachten Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof waren ohne Erfolg geblieben (Erkenntnis vom 19. Mai 1992, 91/14/0089, 0090, 0091).

Mit Eingabe vom 23. November 1992 stellten die Beschwerdeführer - vertreten durch ihren auch im nunmehrigen Beschwerdeverfahren einschreitenden Rechtsanwalt - einen Antrag auf Wiederaufnahme dieser Verfahren. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es sei den Beschwerdeführern durch die gleichzeitig vorgelegten Erklärungen (vom 18. September 1992 bzw vom 23. September 1992) zweier im abgeschlossenen Verfahren einvernommener Zeugen nunmehr möglich, den Nachweis zu erbringen, daß die Aussagen dieser Zeugen zum Großteil falsch gewesen seien.

Die jeweils belangte Behörde wies die Anträge mit den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen mit der Begründung ab, der Berufungssenat sei auch bei Kenntnis der nunmehr neu hervorgekommenen Beweismittel von der Richtigkeit der im abgeschlossenen Verfahren durchgeführten Beweiswürdigung überzeugt bzw es seien keine Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen, die geeignet seien, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen.

In einer dagegen am 3. November 1993 zur Post gegebenen Beschwerde wurde zunächst vorgebracht, die in Beschwerde gezogenen Bescheide "gelten erst mit 22. September 1993 als rechtswirksam zugestellt, an diesem Tag langten diese per Post in der Kanzlei unseres Rechtsanwaltes ein". Da der Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren durch einen Rechtsanwalt eingebracht worden sei, welcher sich auf die ihm erteilte Vollmacht berufen hätte, hätten die Entscheidungen diesem zugestellt werden müssen. § 8 Abs 1 RAO verdränge die bedeutend weiter gefaßte Bestimmung des § 83 Abs 1 BAO. In der Folge wurden die Beschwerdegründe ausgeführt.

In einer erstatteten Gegenschrift wurde ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien dem Zweitbeschwerdeführer nachweislich am 16. Juli 1993 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Erstantragstellerin sowie als Zweitantragsteller zugestellt worden. Die entsprechenden Rückscheine, aus welchen dieses Zustelldatum hervorgeht, wurden mit den Verwaltungsakten vorgelegt. Da der belangten Behörde weder ein Zustellungsbevollmächtigter bekanntgegeben noch eine schriftliche Zustellvollmacht vorgelegt oder eine solche überhaupt behauptet worden sei, seien die Bescheide nicht dem Vertreter der Beschwerdeführer zugestellt worden. Die belangte Behörde beantragte diesbezüglich, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

Gemäß § 103 Abs 2 BAO ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle, dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstreckt, die im Zug eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 leg cit zusammengefaßt verbucht wird.

Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (162 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XV. GP S 12) ist zu entnehmen, daß die gegenüber den sonstigen Bestimmungen des Entwurfes des Zustellgesetzes einschränkende Regelung des § 103 Abs 2 BAO im Hinblick auf die in Massen ergehenden, weitgehend unter Einsatz der EDV-Anlage des Bundesrechenamtes erstellten Erledigungen notwendig erscheint.

In den Fällen des § 103 Abs 2 BAO ist die Abgabenbehörde daher nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen (gewillkürten) Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird. Dies gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Rechtsanwalt einschreitet. Auch dieser muß ungeachtet des Umstandes, daß gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz RAO die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, auf Grund des im Abgabenverfahren anzuwendenden § 103 Abs 2 BAO eine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung abgeben, ansonsten die Abgabenbehörde nicht verpflichtet ist, Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen (vgl die hg Beschlüsse vom 8. März 1994, 93/14/0174, und vom 15. Dezember 1994, 94/15/0110).

Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, die angefochtenen Bescheide den Rechtsvertretern der Beschwerdeführer zuzustellen, weshalb die Zustellung am 16. Juli 1993 rechtswirksam gewesen ist. Die Beschwerde ist daher infolge Verspätung gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993140197.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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