TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/26 95/20/0010

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Veröffentlicht am 26.07.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der F in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. September 1994, Zl. 4.304.791/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994 wurde in Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Jänner 1991, mit dem festgestellt worden war, daß sie die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, ausgesprochen, daß Österreich der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen des Libanon, die am 28. Oktober 1990 in das Bundesgebiet eingereist war und am 31. Oktober 1990 den Asylantrag gestellt hatte, kein Asyl gewähre.

Die belangte Behörde ging in der Begründung ihres Bescheides von den Angaben der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer am 7. November 1990 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erfolgten niederschriftlichen Befragung aus, wonach sie libanesische Staatsangehörige sei und sich weder politisch noch militärisch betätigt habe. Sie sei auch weder aus religiösen noch aus politischen Gründen einer Verfolgung ausgesetzt gewesen, ihr Ehegatte jedoch sei Palästinenser und etwa zwei Monate vor ihrer Flucht von der PLO aufgefordert worden, sich freiwillig für den Kriegsdienst zu melden. Ihr Mann habe daraufhin beschlossen, zu flüchten. Sie habe sich ihm angeschlossen. In der von ihrem Ehemann erhobenen, von ihr lediglich mitunterfertigten Berufung gegen den sie betreffenden Bescheid wurden sie betreffende Fluchtgründe nicht zur Darstellung gebracht.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Berufung rechtlich zunächst mit dem Nichtvorliegen der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991, weil sie spezielle, sie selbst betreffende Verfolgungsgefahr nicht habe geltend machen können, sowie darüber hinaus auch mit dem Vorliegen des Asylausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, weil die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet sich bereits im ehemaligen Jugoslawien aufgehalten und damit Verfolgungssicherheit erlangt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Insoweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere der §§ 11, 16 Abs. 1 AsylG 1991 sowie § 39 Abs. 2 AVG, geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid bereits auf Grund der durch das teilaufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92,93/94, kundgemacht, BGBl. Nr. 610/1994, bereinigten Fassung des § 20 Abs. 2 AsylG 1991, erlassen hat. Eine Ergänzung des Berufungsvorbringens - wie dies die Beschwerdeführerin hätte tun können - hat sie jedoch unterlassen. Aus dem Inhalt der von ihr lediglich mitunterfertigten Berufung ihres Ehemannes läßt sich kein Anhaltspunkt für das Vorliegen von durch die belangte Behörde aufzugreifenden Verfahrensmängeln der Behörde erster Instanz entnehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, wird der Umfang der Ermittlungspflicht der Asylbehörden durch § 16 AsylG 1991 bestimmt, der eine Konkretisierung der sich aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 leg. cit. ergebenden Verpflichtung der Behörde darstellt, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Die Behörden haben daher im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens eines Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere durch ergänzende Befragung, zu beseitigen, wenn - und nur dann - das Vorbringen eines Asylwerbers einen hinreichend deutlichen Hinweis auf einen Sachverhalt enthält, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Konvention in Betracht kommt. Konkrete Hinweise in diesem Sinne fehlten jedoch im Vorbringen der Beschwerdeführerin sowohl in erster Instanz als auch in der Berufung völlig. Liegen aber die Voraussetzungen für eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 nicht vor, hat die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. die Ermittlungsergebnisse des erstinstanzlichen Verfahrens ihrer Entscheidung zugrundezulegen (vgl. als Beispiel für viele hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, Zl. 94/20/0808 und 0810 und die dort wiedergegebene Judikatur). Auch der Beschwerde läßt sich nicht entnehmen, welche konkreten, an ihr Vorbringen anknüpfenden Fragen die belangte Behörde nach ihrer Auffassung hätte stellen können, um über das der rechtlichen Beurteilung ohnedies zugrundegelegte Vorbringen der Beschwerdeführerin hinausgehende Feststellungen treffen zu können. Die erstmals in der Beschwerde erhobenen Behauptungen, der Beschwerdeführerin - und nicht nur ihrem Ehegatten - drohe Todesgefahr im Falle ihrer Rückkehr, erweist sich als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht aufzugreifende Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG. Daß sie eine solche bereits im erstinstanzlichen Verfahren "mit Nachdruck hervorgehoben" habe, ist aktenwidrig. Auf Grund welcher Angaben die Beschwerdeführerin vermeint, begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht zu haben, lassen die Beschwerdeausführungen im unklaren. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen erster Instanz erweist sich sohin die von der belangten Behörde daran geknüpfte rechtliche Beurteilung der Frage ihrer Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 als zutreffend, ohne daß auf den - von der Beschwerdeführerin nicht mehr bekämpften - Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 eingegangen werden müßte. Aus diesem Grunde war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200010.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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