TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/25 95/10/0076

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.1995
beobachten
merken

Index

L40018 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Vorarlberg;
L40058 Prostitution Sittlichkeitspolizei Vorarlberg;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

MRG §30 Abs2 Z3;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litd;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des R in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in C, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. Februar 1995, Zl. 1-0976/94/K1, betreffend Übertretung des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. Juli 1994 vorsätzlich Gelegenheit zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht gewährt, indem er Frau Susanne Y. am 14. Juli 1994 ein Zimmer im Haus H.-Weg Nr. 12 in F. zur freien Verfügung überlassen habe, sodaß diese dort die gewerbsmäßige Unzucht habe ausüben können. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 18 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, LGBl. Nr. 6/1976 (Vbg. SPG) begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 13.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe nicht vorsätzlich gehandelt. Vorsatz könne ihm nur angelastet werden, wenn er am 14. Juli 1994 Kenntnis davon gehabt habe, daß Susanne Y. an diesem Tag gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 1 lit. c Vbg. SPG verstoße. Derlei sei von der belangten Behörde erst gar nicht festgestellt worden. Die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei verpflichtet gewesen, dem Tun von Susanne Y. Einhalt zu gebieten, finde in § 18 Abs. 1 lit. d Vbg. SPG keine Deckung.

Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden. Zwischen ihm und Susanne Y. bestehe kein Mietvertrag; ein solcher sei nur zwischen dem Beschwerdeführer und dem Ehemann von Susanne Y. abgeschlossen worden. Dieses Mietverhältnis unterliege den Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG. Eine Unterlassung der wiederkehrenden gewerbsmäßigen Unzucht könnte nur mittels gerichtlichem Unterlassungsbegehren oder mit gerichtlicher Aufkündigung durchgesetzt werden. Auf Unterlassung könne der Beschwerdeführer nach Abschluß des Titelverfahrens Exekution führen. Damit wäre aber ein Zuwiderhandeln für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Eine Kündigung habe wenig Erfolgsaussichten. In einem Räumungsstreit wäre Susanne Y. nicht passiv legitimiert, da mit ihr kein Mietvertrag bestehe. Da der Aufenthalt ihres Gatten unbekannt sei, müßte das Verfahren gegen einen Abwesenheitskurator geführt werden. Auch für den Fall der Klagsstattgebung müßte der Beschwerdeführer die gesamten Prozeßkosten bevorschussen. Eine derartige Verpflichtung ließe sich aus § 18 Abs. 1 lit. d Vbg. SPG nicht ableiten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 2 Vbg. SPG ist, soweit nicht Ausnahmen auf Grund einer Bewilligung gemäß § 5 zugelassen sind, die Gewährung oder Beschaffung von Gelegenheiten, insbesondere die Überlassung von Räumen, zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht oder zum Anbieten hiezu untersagt.

Nach § 18 Abs. 1 lit. d Vbg. SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer vorsätzlich Gelegenheit zu gewerbsmäßiger Unzucht gemäß § 4 Abs. 2 gewährt oder beschafft, sofern nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt.

Für die Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung, für die - wie im vorliegenden Fall - kein besonderer Vorsatz gefordert wird, genügt dolus eventualis (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1989, Zl. 89/10/0156, u.a.). Diese Schuldform konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum als gegeben erachten. Nach den Feststellungen der belangten Behörde war dem Beschwerdeführer aus früheren Verwaltungsstrafverfahren bekannt, daß Susanne Y. in den in Rede stehenden Räumen die Prostitution ausübte. Wenn der Beschwerdeführer trotzdem nichts unternommen hat, um diese Prostitutionsausübung in den ihm gehörenden Räumlichkeiten zu beenden, dann fällt ihm zumindest bedingter Vorsatz zur Last.

Aus den §§ 18 Abs. 1 lit. d Vbg. SPG und § 4 Abs. 2 leg. cit. ergibt sich für den Vermieter die Verpflichtung, seinen - in der Überlassung von Räumlichkeiten gelegenen - Beitrag zur Prostitutionsausübung zu beenden, sobald ihm die Ausübung der Prostitution in diesen Räumlichkeiten bekannt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/10/0208, u. a.).

Im vorliegenden Fall standen dem Beschwerdeführer mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Wie er selbst in der Beschwerde ausführt, hätte er auf Unterlassung der Prostitutionsausübung klagen können. Die Möglichkeit, daß sich die Beklagte allenfalls ohne Exekutionsführung an ein klagstattgebendes Urteil nicht gehalten hätte, macht eine solche Klage nicht zu einem untauglichen Instrument und stellt keinen Schuldausschließungsgrund für den Beschwerdeführer dar.

Der Beschwerdeführer hätte auch die Möglichkeit gehabt, das Mietverhältnis mit dem Gatten von Susanne Y. durch gerichtliche Aufkündigung zu beendigen. Die unzulässige Ausübung der Prostitution - in diesem Fall durch Familienmitglieder - in den vermieteten Räumen stellt einen Kündigungsgrund dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1981, Slg. N.F. 10.619/A und die dort angeführte Vorjudkatur). Der Umstand, daß das Verfahren gegen einen Abwesenheitskurator geführt und die Prozeßkosten bevorschußt hätten werden müssen, stellt weder einen Rechtfertigungs- noch einen Schuldausschließungsgrund dar.

Der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, geeignete Schritte zur Erfüllung seiner ihn auf Grund des § 18 Abs. 1 lit. d i.V.m. § 4 Abs. 2 Vbg. SPG betreffenden Verpflichtungen zu unternehmen. Er wurde daher zu Recht wegen Übertretung der genannten Bestimmungen bestraft.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995100076.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten