TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/4 95/01/0042

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Veröffentlicht am 04.10.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §14 Abs4;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AVG §14 Abs4;
AVG §15;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/01/0080

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden 1) des I, geboren am 15. Februar 1967, und 2) der M, geboren am 7. Mai 1968, beide in K und vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen die Bescheide des BMI jeweils vom 14. Februar 1995, Zl. 4.322.733/11-III/13/95 (hinsichtl des Erstbf hg. Zl. 95/01/0042, hinsichtl der Zweitbf hg. Zl. 95/01/0080), beide betr Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

1) Der vom Erstbeschwerdeführer angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2) Die von der Zweitbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den jeweils im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen beiden Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1995 wurden die Berufungen der miteinander verheirateten Beschwerdeführer - Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", die am 6. August 1991 bzw. am 7. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist sind und am 7. August 1991 bzw. am 7. Oktober 1991 Asylanträge gestellt haben - gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 21. Oktober 1991 bzw. vom 24. März 1992, betreffend Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, vom jeweiligen Beschwerdeführer in Ansehung des ihn betreffenden Bescheides erhobenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges - erwogen hat:

1) Der Erstbeschwerdeführer hat bei seiner Vernehmung am 9. August 1991, geht man von der betreffenden Niederschrift aus, hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, nie Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein und sich politisch nicht aktiv betätigt zu haben. Er sei keinen politischen, ethnischen oder religiösen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Er gehöre der albanischen Minderheit im Kosovo an. Am 18. Juli 1991 sei er von der Militärpolizei zu Hause verständigt worden, daß er sich am nächsten Tag in der Kaserne seines Wohnortes melden müsse. Am selben Tag habe er sich in sein Heimatdorf begeben und sich dort zehn Tage bei seinem Onkel versteckt. Inzwischen habe die Polizei auch seinen Bruder gesucht, worauf sich beide zur Flucht entschlossen hätten.

Die belangte Behörde hat - in der Meinung, daß keiner der Fälle des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (in der bereinigten Fassung nach der Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994) vorliege, auf Grund dessen eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gewesen wäre - ihrer Entscheidung ausschließlich diesen Sachverhalt als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. zugrunde gelegt. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung hat sie ausgeführt, daß die Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe für sich allein nicht zur Gewährung von Asyl führen könne, da sich daraus noch keine konkrete Verfolgung des Erstbeschwerdeführers im Sinne des Asylgesetzes 1991 seitens der Behörden seines Heimatlandes erkennen lasse. Die Einberufung zur Militärdienstleistung stelle keine Verfolgung "im Sinne des § 1 AsylG 1991" dar, da die erforderliche Verfolgungsmotivation nicht gegeben sei, wenn die staatlichen Maßnahmen der Durchsetzung staatsbürgerlicher Pflichten dienten. In diesem Sinne stelle die Militärdienstpflicht und deren Sicherstellung durch Strafandrohung eine auf einem originären und souveränen staatlichen Recht beruhende legitime Maßnahme dar, weshalb eine unter Umständen auch strenge Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung als solche keine Verfolgung "im Sinne des § 1 AsylG 1991" darstelle. Dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß mit seiner Einberufung eine asylrelevante Verfolgung beabsichtigt gewesen wäre. Darüber hinaus habe er sogar dezidiert erklärt, keiner politischen, ethnischen und religiösen Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein.

Damit hat sich die belangte Behörde, was die Einberufung zum Militärdienst anlangt, der gleichen Begründung bedient wie in dem Bescheid, der Gegenstand der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof in dem mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, abgeschlossenen Verfahren war. In jenem Beschwerdefall hat der Gerichtshof - unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung seiner bisher diesbezüglich ergangenen Judikatur - eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides darin erblickt, daß die belangte Behörde die Nichtbefolgung der Einberufung zum Militärdienst durch den Beschwerdeführer ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung seiner staatsbürgerlichen Pflichten behandelte und rechtlich das Problem des vom Beschwerdeführer behaupteten Zusammenhanges zwischen seiner Einberufung zum Militärdienst und seiner Eigenschaft als Angehöriger der von den Serben unterdrückten albanischen Nationalität im Kosovo verkannte. Im Unterschied dazu hat allerdings der Erstbeschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nach dem bisher Gesagten einen derartigen Zusammenhang nicht hergestellt, war doch ein solcher auf Grund des bloßen Umstandes, daß er der albanischen Minderheit im Kosovo angehört, nicht erkennbar. Der belangten Behörde könnte daher im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn ihre Ansicht, das Ermittlungsverfahren sei nicht mangelhaft im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 gewesen und infolgedessen das weitere Vorbringen des Erstbeschwerdeführers im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, zutrifft.

Der Erstbeschwerdeführer hat in der Berufung vorgebracht, daß er sein Heimatland aus politischen Gründen habe verlassen müssen. Da er in einem Lokal auch politische Lieder gesungen habe, sei er von der serbischen Polizei verfolgt worden und habe er sich in verschiedenen Dörfern verstecken müssen. Nach seiner Verehelichung habe er sich zu seiner Mutter begeben, die ihm berichtet habe, daß "die Polizei schon hier gewesen wäre", um ihn zu suchen. Daraufhin habe er sich entschlossen, sein Heimatland zu verlassen. In einem weiteren Schriftsatz vom 1. Februar 1995 hat der Erstbeschwerdeführer - nach Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof, Aufhebung des den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheides der belangten Behörde vom 27. September 1993 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1994, Zl. 93/01/1234, und Ermöglichung der Ergänzung der Berufung durch die belangte Behörde - "nochmals festgehalten", daß die Erstbehörde sein "Vorbringen bei seiner Ersteinvernahme nicht vollständig wiedergegeben hat". Er habe sein Heimatland aus politischen Gründen verlassen müssen. Er sei auch als Sänger tätig gewesen und habe politische Lieder gesungen und verfaßt. "Im Zusammenhang mit diesem Umstand" sei "die Tatsache, daß er von der Militärpolizei gesucht wurde, um eingezogen zu werden", geeignet, begründete Furcht vor Verfolgung zu erwecken. Allein auf Grund der Tatsache, daß er im Falle einer Inhaftierung als Kosovo-Albaner, somit Angehöriger einer verfolgten ethnischen Gruppe, einer besonders unmenschlichen Behandlung in der Haft preisgegeben werden würde, "wäre die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft angebracht". Ausdrücklich wurde der Antrag gestellt, "eine Stellungnahme des UNHCR zu beschaffen, dies zum Beweis dafür, daß nach dem Rückzug der Truppen der UNO aus Kroatien durchaus die Möglichkeit des Aufflammens von Kämpfen besteht und daß bei solchen Kämpfen auch der Einsatz von serbischen Truppen zu erwarten ist".

Daraus ergibt sich, daß der Erstbeschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dadurch, daß seine Angaben bei der Vernehmung nicht vollständig protokolliert worden seien, geltend gemacht hat. Die belangte Behörde hat dazu bemerkt, daß seine Einvernahme am 9. August 1991 in Anwesenheit eines geeigneten Dolmetschers in einer dem Erstbeschwerdeführer verständlichen Sprache, nämlich serbo-kroatisch, erfolgt sei und er mit seiner Unterschrift bestätigt habe, daß ihm das Protokoll in seiner Muttersprache vorgelesen worden sei, er "alles verstanden und zur Kenntnis genommen habe und dem nichts mehr hinzuzufügen hatte". Es sei daher "unzweifelhaft" von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift auszugehen, sodaß einem diesbezüglichen Einwand nicht gefolgt werden könne. Dieser Argumentation vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil gemäß § 15 AVG zwar eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert, jedoch der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Der Erstbeschwerdeführer hält der belangten Behörde in der Beschwerde entgegen, daß er, "ohne daß eine Rückübersetzung stattgefunden hat, aufgefordert wurde, das entsprechende Protokoll zu unterschreiben", womit er eine Erklärung dafür gibt, weshalb ihm bei Unterfertigung der Niederschrift nicht bewußt gewesen sei, daß seine Angaben nicht vollständig protokolliert worden seien, und er nicht sogleich Einwendungen dagegen gemäß § 14 Abs. 4 AVG erhoben habe. Die Rüge, seiner Vernehmung sei kein Amtsdolmetscher im Sinne des § 39a AVG beigezogen worden, ist nicht berechtigt, war dies doch weder auf Grund des § 18 Asylgesetz 1991 noch nach dem (zur Zeit seiner Vernehmung geltenden) § 11 Asylgesetz (1968) erforderlich (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0256), und der Erstbeschwerdeführer behauptet auch nicht, daß den zuletzt genannten Vorschriften nicht entsprochen worden sei. Wenn er meint, daß "eine Gewähr dafür, daß die Angaben vollständig und zutreffend im Protokoll wiedergegeben werden, nur entweder durch einen Amtsdolmetscher oder einen gerichtlich beeideten Übersetzer erreicht wird", so entbehrt dies der Schlüssigkeit. Das bedeutet, daß nicht jedenfalls davon ausgegangen werden müßte, daß die Angaben des Erstbeschwerdeführers nicht vollständig protokolliert worden sind. Darüber, ob und inwieweit dies der Fall war, hätte aber, wie der Erstbeschwerdeführer der belangten Behörde weiters zum Vorwurf macht, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt werden müssen, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde dann, wenn sein Vorbringen im Berufungsverfahren (als schon bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung zusätzlich gemachte, damals aber nicht protokollierte Angaben) nicht unbeachtet hätte bleiben dürfen und ihm, allenfalls nach ergänzender Befragung, insofern nicht die Glaubwürdigkeit versagt worden wäre, zu einem anderen, für den Erstbeschwerdeführer günstigeren Bescheid hätte kommen können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1995, Zl. 94/20/0877).

Die asylrechtliche Relevanz des sich auf seine Betätigung als Sänger politischer Lieder beziehenden Vorbringens des Erstbeschwerdeführers kann unter dem Aspekt einer ihm drohenden Verfolgung wegen seiner politischen Gesinnung nicht von vornherein verneint werden. Hinsichtlich seiner Einberufung zum Militärdienst hat der Erstbeschwerdeführer - im Sinne der bereits dargestellten Judikatur - nunmehr auch einen Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Angehöriger der von den Serben unterdrückten albanischen Nationalität im Kosovo behauptet, ungeachtet dessen, daß die von ihm verwendete Formulierung, er "würde im Falle einer Inhaftierung als Kosovo-Albaner, somit Angehöriger einer verfolgten ethnischen Gruppe, einer besonders unmenschlichen Behandlung in der Haft preisgegeben werden", eine Klarheit über die Ursache der von ihm befürchteten Inhaftierung - ob sie nämlich auf die Nichtbefolgung des Einberufungsbefehles oder die genannte politische Betätigung zurückzuführen wäre - vermissen läßt. In der Beschwerde ist davon die Rede, "daß Kosovo-Albaner, welche den Wehrdienst verweigert haben, im Rahmen der strafrechtlichen Verfolgung speziellen Sanktionen ausgesetzt sind, insbesondere die Haftbedingungen für Kosovo-Albaner wesentlich schlechter sind und gerade die Einberufungen dazu verwendet werden, um im Falle der Desertion weitere Sanktionsmaßnahmen gegen ethnische Albaner zu unternehmen". Darin kommt zum Ausdruck, daß im Heimatland des Erstbeschwerdeführers Angehörige der albanischen Volksgruppe im Vergleich zu anderen in einem der im bereits zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates zur Zl. 93/01/0377 genannten Belange in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt werden (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1995, Zl. 94/01/0760). Daß sich die belangte Behörde damit nicht auseinandergesetzt hat, stellt in weiterer Folge im Hinblick auf die von ihr vertretene unrichtige Rechtsansicht im Zusammenhang mit der asylrechtlichen Beurteilung der Nichtbefolgung des Wehrdienstes einen sekundären Verfahrensmangel dar, besteht doch kein Grund zur Annahme, daß die belangte Behörde in dem Falle, daß die Angaben des Erstbeschwerdeführers bei seiner Vernehmung im Sinne seines Vorbringens tatsächlich unvollständig protokolliert worden seien und daher auch inhaltlich darauf einzugehen gewesen wäre, einen anderen Rechtsstandpunkt eingenommen hätte.

Der den Erstbeschwerdeführer betreffende angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2) Folgt man dem Inhalt der Niederschrift vom 9. Oktober 1991, so hat die Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Vernehmung, zu den Fluchtgründen befragt, lediglich angegeben, daß ihr Mann (der Erstbeschwerdeführer) "verbotene Lieder gegen die Serben geschrieben und gesungen habe". Deswegen habe er "fliehen" müssen. Da sie nicht ohne ihn habe leben wollen, sei sie ihm gefolgt. Sie selbst sei nicht verfolgt worden.

Daß dieser, von der belangten Behörde ihrer Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zugrunde gelegte Sachverhalt zur Glaubhaftmachung der Flüchtlingseigenschaft der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 3 in Verbindung mit § 1 Z. 1 leg. cit. nicht geeignet ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Für derartige Fälle sieht das Asylgesetz 1991 bloß im § 4 die Möglichkeit der Ausdehnung der Gewährung von Asyl vor, wobei es sich um einen davon zu unterscheidenden, eigenständigen Antrag handelt (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0773, und vom 17. Mai 1995, Zl. 95/01/0101), den die Zweitbeschwerdeführerin der Aktenlage nach nicht gestellt hat und über den mit dem angefochtenen Bescheid auch nicht entschieden wurde. Die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Protokollierung ihrer Angaben hat sie weder in der Berufung noch in ihrem - ihr ebenfalls nach Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof und Aufhebung des sie betreffenden Bescheides vom 27. September 1993 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1994, Zl. 93/01/1347, ermöglichten - ergänzenden Schriftsatz vom 1. Februar 1995 ins Treffen geführt. In diesem Schriftsatz heißt es zwar - ebenso wie in dem des Erstbeschwerdeführers - einleitend, daß die belangte Behörde "aufgrund des verfassungswidrigen § 20

(2) AsylG" ihr Vorbringen in der Berufung nicht berücksichtigt habe und "daher" das Folgende "ergänzend vorgebracht" werde. Es fehlt aber - anders als beim Erstbeschwerdeführer - jeglicher Hinweis in der Richtung, daß ihre Angaben bei der Vernehmung "nicht vollständig wiedergegeben" worden seien, und es ist auch sonst der Aktenlage nach diesbezüglich kein Anhaltspunkt vorhanden. Wenn nunmehr versucht wird, in der Beschwerde eine derartige Verfahrensrüge nachzuholen, die zu erheben die Zweitbeschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, obwohl ihr dies möglich gewesen wäre, unterlassen hat, so ist dies unzulässig. Daß auch der grundsätzliche Einwand der Zweitbeschwerdeführerin in Ansehung der Qualifikation des der Vernehmung beigezogenen Dolmetschers ins Leere geht, wurde schon bei Behandlung der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers dargelegt.

Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin im Berufungsverfahren bei der Beurteilung deren Flüchtlingseigenschaft als unbeachtlich angesehen hat, weshalb auch vom Gerichtshof darauf nicht mehr eingegangen zu werden braucht. Soweit das Beschwerdevorbringen sogar darüber hinausgeht, unterliegt es dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Da sich somit die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3) Von der von beiden Beschwerdeführern beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Aussprüche über den Aufwandersatz gründen sich jeweils auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010042.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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