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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/01/0658Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1. der GP, 2. des RP, 3. des BP, und 4. der EP, gegen den Bescheid des BMI vom 14. Jänner 1994, Zl. 4.334.298/2-III/13-92, betreffend Asylgewährung, sowie über die Beschwerde 5. des AP, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des BMI vom 14. Jänner 1994, Zl. 4.334.298/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie von den Erst- bis Viertbeschwerdeführern erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.
Der vom Fünftbeschwerdeführer angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Bund hat dem Fünftbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Fünftbeschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin reiste mit den unter 2. bis 4. genannten Beschwerdeführern (ihren mj. Kindern) - alle Staatsangehörige der "Jugosl. Föderation" - am 16. Jänner 1992 in das Bundesgebiet ein und stellte am 17. Jänner 1992 sowohl im eigenen als auch im Namen der unter 2. bis 4. genannten Beschwerdeführer den Antrag auf Gewährung von Asyl. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich stellte mit Bescheid vom 10. März 1992 fest, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes (1968) seien, wobei diese Feststellung ausschließlich darauf gestützt wurde, daß den Beschwerdeführern die Rechtsstellung von Flüchtlingen nicht zukomme.
Der am 25. Jänner 1992 im Bundesgebiet geborene Fünftbeschwerdeführer stellte am 5. März 1992 durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Aufgrund dieses Antrages stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 15. April 1992 fest, daß er nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei, wobei begründend ausgeführt wurde, daß der Wunsch nach Emigration, wirtschaftliche Gründe, die Ablehnung eines Regimes und eventuelle Benachteiligungen von Nichtparteimitgliedern die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht rechtfertigen würden.
Die von den Erst- bis Viertbeschwerdeführern erhobene Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. März 1992 wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 1994, Zl. 4.334.298/2-III/13/92 ab und sprach aus, daß Österreich den Beschwerdeführern kein Asyl gewähre. Sie begründete dies - ohne auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer einzugehen - damit, daß die Erst- bis Viertbeschwerdeführer bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen seien, sodaß auf sie der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 zutreffe.
Über die Berufung des Fünftbeschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. April 1992 entschied die belangte Behörde mit weiterem Bescheid vom 14. Jänner 1994 und sprach aus, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerden erwogen:
Insoferne die Beschwerde bezüglich der Erst- bis Viertbeschwerdeführer vorbringt, daß diese "sozusagen in einem Zug ihr Heimatgebiet gewissermaßen auf kürzestem Weg verlassen" und dadurch - geographisch bedingt - auch das Gebiet des Staates Ungarn durchreisten und daher - wie sich aus dem zeitlichen Ablauf zeige - niemals die Absicht bestanden hätte, daß sich die Beschwerdeführer länger als zu Zwecken der Durchreise in Ungarn aufhalten wollten, so ist mit dem Vorbringen - selbst wenn es zutreffen sollte - für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil die unter dem Blickwinkel der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgetragene Rechtsansicht mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch steht. Sicherheit vor Verfolgung ist nämlich schon dann anzunehmen, wenn sich ein Asylwerber in einem Land aufgehalten hat, in dem er nicht der Gefahr der Verfolgung ausgesetzt war und in dem er auch wirksamen Schutz vor Verfolgung hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0274). Ungarn hat am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Maßgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtung aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, hinterlegt, was gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde - das ist am 12. Juni 1989 - in Kraft getreten ist. Daraus folgt, daß die aus einem europäischen Land stammenden Erst- bis Viertbeschwerdeführer zu einem Zeitpunkt nach Ungarn eingereist sind, in dem der Beitritt dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention bereits wirksam war, sodaß sie schon in diesem Land Verfolgungssicherheit erlangt haben.
Unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringen die Beschwerdeführer - sinngemäß zusammengefaßt - vor, die Unterbehörden unterlägen einer entsprechenden Aufklärungs- und Anleitungspflicht in der Richtung, "einen Asylsuchenden in die Thematik einzuführen und ihn anzuweisen, dazu nützliche Angaben zu machen". Damit wird jedoch nicht aufgezeigt, die der belangten Behörde unterlaufenen Verletzungen von Verfahrensvorschriften (Parteiengehör, Ermittlungs- und Begründungspflicht), wären so wesentlich, daß die Behörde bei Einhaltung dieser Vorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, und auch nicht dargetan, welche Umstände - auf dem Boden der bestehenden Rechtslage zur Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030) - dazu geführt hätten, daß die Erst- bis Viertbeschwerdeführer in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen wären.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde hinsichtlich der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die belangte Behörde hat dem Fünftbeschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung die Asylgewährung versagt, daß die Flüchtlingseigenschaft dieses Beschwerdeführers nicht gegeben sei. Damit gleicht der vorliegende Beschwerdefall diesbezüglich in allen für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94), jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag.
Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist. Schon aus den dort dargelegten Erwägungen mußte der den Fünftbeschwerdeführer betreffende Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren des Fünftbeschwerdeführers war abzuweisen, weil neben dem Schriftsatzaufwand weder Umsatzsteuer noch Streitgenossenzuschlag zu vergüten ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686, angeführte hg. Judikatur).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010567.X00Im RIS seit
03.04.2001