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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/01/0659Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1. des DB, und 2. der SB, beide in C und vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 4. Februar 1994, Zl. 4.334.710/1-III/13/92 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers hg. Zl. 94/01/0658 und hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin hg. Zl. 94/01/0659), beide betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 6.116,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 4. Februar 1994 wurde in Erledigung der Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. März 1992 ausgesprochen, daß Österreich den Beschwerdeführern - einem Ehepaar mit Staatsangehörigkeit "der früheren SFRJ", das am 17. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am darauffolgenden Tag Asylanträge gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, vom jeweiligen Beschwerdeführer in Ansehung des ihn betreffenden Bescheides erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführern, ohne ihre Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu prüfen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihnen der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der Beschwerdeführer bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 20. Februar 1992 aus, wonach sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten hätten, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen die Rechtslage richtig erkannt hat (vgl. dazu insbesondere die grundlegenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Die Beschwerdeführer bringen aber in tatsächlicher Hinsicht vor, daß die belangte Behörde "nicht ohne weiteres hätte annehmen dürfen, daß wirksamer Schutz vor Abschiebung bestand". Ihnen hätte bei einem weiteren Aufenthalt in Slowenien die Abschiebung "in das Gebiet Restjugoslawiens" gedroht. Die belangte Behörde habe in keiner Weise Erkundigungen darüber eingeholt, "ob Slowenien tatsächlich Flüchtlingen aus Jugoslawien Asyl gewährt oder sie abschiebt". Daß in Slowenien keine Verfolgungsgefahr und wirksamer Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat bestanden habe, bedürfe erst einer genauen Überprüfung und könne nicht automatisch deshalb angenommen werden, weil Slowenien Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention sei. Bei richtiger Würdigung dieses Umstandes, insbesondere bei Überprüfung der tatsächlichen Zustände in Slowenien hinsichtlich der Asylgewährung an Flüchtlinge, hätte Asyl gewährt werden müssen.
Damit machen die Beschwerdeführer zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, Slowenien habe von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung Sloweniens laut BGBl. Nr. 806/1993) entsprechenden Schutz geboten. Beide Beschwerdeführer haben auf diese Weise nach Maßgabe der sie im Verwaltungsverfahren treffenden Mitwirkungspflicht, ohne daß es demnach noch einer weiteren Konkretisierung ihres Vorbringens bedurft hätte, auch die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängel aufgezeigt (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Im Hinblick darauf, daß den Beschwerdeführern im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt wurde und die belangte Behörde, anders als die Erstbehörde, nunmehr auf Grund des gemäß dessen § 25 Abs. 2 anzuwendenden Asylgesetzes 1991 von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat, verstößt ihr (erstmals in der Beschwerde erstattetes) Vorbringen diesbezüglich auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde jeweils zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010658.X00Im RIS seit
03.04.2001