TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/7 95/20/0090

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Veröffentlicht am 07.11.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 1994, Zl. 4.344.744/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, dessen Staatsangehörigkeit ungeklärt blieb - sein letzter Wohnsitz befindet sich in dem von Indien und Pakistan umkämpften Kaschmir - war am 23. Juni 1994 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 28. Juni 1994 den Asylantrag gestellt. Anläßlich seiner am 28. Juni 1994 vor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Befragung hat der Beschwerdeführer im wesentlichen angegeben, er habe seit Mitte 1992 mit einer Organisation "Hasbul Mujaheddin" zusammengearbeitet, wobei ihm die Aufgabe zugeteilt worden sei, die im Kampf gegen das indische Militär Verletzten zu versorgen. Diese Organisation sei eine private Organisation. Er habe allerdings auch Handgranaten gehabt und sei an Waffen ausgebildet worden. Das indische Militär wolle das gesamte Gebiet von Kaschmir beherrschen, die militärische Lage sei so gefährlich geworden, daß er aus Angst, im Zuge der Kampfhandlungen selbst erschossen zu werden, sein Heimatland habe verlassen müssen. Das pakistanische Militär sei in Kaschmir ebenfalls anwesend, aber ob dieses auch gegen das indische Militär kämpfe, könne er nicht sagen. Seine Organisation habe ausschließlich gegen die Inder gekämpft. Mit pakistanischen Behörden habe er nie Probleme gehabt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1994 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers im wesentlichen mangels Glaubhaftmachung von Fluchtgründen und in Verneinung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 abgewiesen.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei unrichtig, daß ihm Pakistan als Fluchtalternative zur Verfügung gestanden sei. Er sei indischer Staatsbürger und habe dies auch bei der Einvernahme vorgebracht. Er sei das Opfer der Verfolgungshandlungen indischer Militärbehörden, welche sich in Kashmir wie eine Besatzungsmacht gerierten. Zur Untermauerung seines Anspruches legte der Beschwerdeführer die Kopie seiner Mitgliedskarte bei der "Hasbul Mujaheddin" bei. Im übrigen habe die Behörde ihm die Glaubhaftigkeit insgesamt abgesprochen, weil er nicht in der Lage gewesen sei, die Durchreiseländer auf seinem Fluchtwege zu benennen. Tatsache sei jedoch, daß er bloß angegeben habe, daß es sich um ein moslemisches Land gehandelt habe, in welchem die Männer Turbane trügen und eine Sprache sprächen, die er nicht verstanden habe und Schriftzeichen verwendeten, die er nicht habe lesen können.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Dem Vorbringen in der Berufung, der Beschwerdeführer sei indischer Staatsangehöriger, hielt die belangte Behörde entgegen, sowohl in der Befragung vom 24. Jänner 1994 durch die Bundespolizeidirektion Schwechat als auch am 28. Juni 1994 durch das Bundesasylamt habe der Beschwerdeführer angegeben, pakistanischer Staatsangehöriger zu sein. Diese Angaben habe er unter Beiziehung eines Dolmetschers gemacht, es seien die niederschriftlichen Ergebnisse vom Dolmetscher übersetzt worden und er habe diese Niederschrift unterzeichnet und damit die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Niederschrift bestätigt. Das Asylrecht schütze Personen, gegen die mit Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht von seiten des Heimatstaates vorgegangen werde. Er selbst habe aber angegeben, keine Probleme mit den pakistanischen Behörden gehabt zu haben, und habe auch keine konkrete substantiierte Angst vor dem indischen Militär dartun können. Die Angst, im Zuge der in seinem Heimatgebiet herrschenden Kampfhandlungen ums Leben zu kommen, indiziere Flüchtlingseigenschaft nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid geltend gemacht, er sei indischer Staatsbürger und Opfer von Verfolgungshandlungen der indischen Militärbehörden, die sich im Kaschmir - seinem Heimatgebiet - "wie eine Besatzungsmacht gerieren". Obwohl der Verweis auf § 15 AVG in Hinblick auf die von Amts wegen festzustellende Staatsangehörigkeit eines Asylwerbers die belangte Behörde von der sie treffenden Ermittlungspflicht nicht entbindet, erweist sich dieser Verfahrensfehler als nicht entscheidungswesentlich.

Der Beschwerdeführer hatte anläßlich seiner Ersteinvernahme lediglich deponiert, Mitglied einer Organisation mit dem Namen "Hasbul Mujaheddin" zu sein und er legte mit der Berufung eine Kopie seines Mitgliedsausweises zu dieser Organisation sowie eine Bestätigung derselben über seine Mitgliedschaft vor. Wirft nun der Beschwerdeführer der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vor, sie wäre der ihr aufgegebenen Ermittlungspflicht (auch hier) nicht nachgekommen, da sie die politischen Zielsetzungen dieser Organisation hätte prüfen müssen, um endgültig beurteilen zu können, wie der indische Staat diese politische Gruppe bedrohe und drangsaliere, ist ihm entgegenzuhalten, daß der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 16 Abs. 1 AsylG 1991 wohl bestimmt, daß Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise daraufhin zu wirken haben, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umständen vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen. Diese Gesetzesstelle, die eine Konkretisierung der aus § 37 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber eine Verpflichtung der Behörde, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln, nicht abgeleitet werden (vgl. u.a. das

hg. Erkenntnis vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0756, und die dort wiedergegebene Judikatur). Es ist dem Beschwerdeführer zwar - wie bereits erwähnt - zuzugeben, daß seine Staatszugehörigkeit nach wie vor ungeklärt ist, aus seinem Vorbringen ist jedoch letztlich weder eine spezifisch gegen ihn gerichtete Verfolgung seitens der INDISCHEN NOCH DER PAKISTANISCHEN Behörden ersichtlich, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den in Kaschmir herrschenden militärischen Ereignissen stünden. Insofern bestand auch für die belangte Behörde kein Anlaß, im Sinne des § 20 Abs. 2 AsylG eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen. Im übrigen wird darauf verwiesen, daß der bloße Hinweis auf die bürgerkriegsähnlichen Ereignisse in Kashmir alleine nicht ausreicht, Asyl zu gewähren, es müssen vielmehr konkrete, den Beschwerdeführer selbst betreffende Umstände behauptet und glaubhaft gemacht werden. Daß aber der Beschwerdeführer selbst einer konkreten staatlichen Verfolgung (sei es der indischen, sei es der pakistanischen Behörden) ausgesetzt gewesen wäre, hat er nicht behauptet. Davon ausgehend hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer eine asylrechtlich relevante Verfolgung nicht dargelegt hat.

Aus diesem Grunde war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200090.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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