TE Vwgh Beschluss 2022/12/13 Ra 2018/06/0074

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Veröffentlicht am 13.12.2022
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82000 Bauordnung
L82006 Bauordnung Steiermark
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs8
BauG Stmk 1995 §13
BauG Stmk 1995 §4 Z29
BauG Stmk 1995 §4 Z30
BauRallg
VwGVG 2014 §27
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2018/06/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision 1. der Dr. M E in S und 2. der B F in F, beide vertreten durch Dr. Christof Joham und Mag. Andreas Voggenberger, Rechtsanwälte in 5301 Eugendorf, Gewerbestraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 14. März 2018, LVwG 50.25-2458/2015-37, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal; mitbeteiligte Parteien: 1. I G und 2. J G, beide in S, beide vertreten durch Mag. Horst Bruckner, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte dieses Revisionsfalles wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, 2011/06/0077, und vom 22. November 2017, Ra 2016/06/0024, verwiesen.

2        Die mitbeteiligten Parteien sind Eigentümer der Grundstücke A und Nr. B, EZ C, KG W. An das Grundstück Nr. B grenzt das im Eigentum der revisionswerbenden Parteien stehende Grundstück Nr. D.

3        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal vom 8. April 2010 wurde den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung für den Zu- und Umbau am bestehenden Ferienwohnhaus auf dem Bauplatz, bestehend aus den Grundstücken/Teil(en) von Grundstück(en) A bzw. Nr. B erteilt.

4        Die dagegen von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 17. Mai 2010 abgewiesen.

5        Die von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landeregierung vom 11. März 2011 abgewiesen.

6        Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Beschwerde mit dem bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, 2011/06/0077, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus:

„4.3. Zunächst ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie auf Grund der in den Verwaltungsakten erliegenden Planunterlagen davon ausgeht, dass die westseitige Gebäudefront des Kellergeschosses zu mehr als 50 % unter dem natürlichen Gelände liegt, somit nicht im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 als Geschoss anzurechnen ist und nicht unter die Abstandsregelung nach § 13 Abs. 2 leg. cit. fällt.

Die Nichtanrechenbarkeit des Dachgeschosses im Sinne des § 13 Abs. 5 leg. cit. stützten die Behörden darauf, dass die Kniestockhöhe des Dachgeschosses 1,25 m und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt. Wie die Behörden zu dieser Feststellung gelangten, ist vor dem Hintergrund der Begriffsbestimmung in § 4 Z. 40 BauG 1995 in Verbindung mit den vorliegenden Planunterlagen nicht nachvollziehbar und wird auch nicht begründet. Da der einzuhaltende Grenzabstand gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. von der Anrechenbarkeit des Dachgeschosses abhängt, diese Frage aber auf Grund des aufgezeigten Begründungsmangels nicht abschließend beurteilt werden kann, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Bemerkt wird, dass auch bei einem Grenzabstand von 3 m das Kellergeschoss diesen Abstand einzuhalten hat.“

7        In weiterer Folge wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 18. August 2014 der als Beschwerde geltenden Vorstellung der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Mai 2010 stattgegeben, der genannte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

8        Im fortgesetzten Verfahren wies die belangte Behörde mit Bescheid vom
24. Juni 2015 die Berufung der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal vom 8. April 2010 ab. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der von den mitbeteiligten Parteien vorgelegte Einreichplan vom 30. September 2009 in der Fassung der Revision vom 23. Dezember 2014 einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilde.

9        Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2015 wurde die von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2015 erhobene Beschwerde abgewiesen und der Bescheid mit einer umfangreich formulierten Maßgabe bestätigt.

10       Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wurde aufgrund einer Revision der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Parteien mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2017, Ra 2016/06/0024, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Diese Aufhebung begründete der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen wie folgt:

„12 Die Revisionswerberin weist zutreffend darauf hin, dass das Verwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage davon ausging, dass die Front des in Rede stehenden Kellergeschoßes den gemäß § 13 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 erforderlichen Grenzabstand nicht einzuhalten habe, weil das Kellergeschoß für die Ermittlung der Anzahl der anrechenbaren Geschoße gemäß § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 nicht heranzuziehen sei. Dies ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom 26. Juni 2014, 2011/06/0077, festgehalten hat, unzutreffend.

13 Vielmehr hat auch bei einem Grenzabstand von 3 m die Front des Kellergeschoßes diesen Abstand einzuhalten. Der Umstand, dass ein Kellergeschoß nicht als ‚abstandsrelevant‘ im Sinn von § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 zu qualifizieren ist, führt nicht dazu, dass die Front dieses Kellergeschoßes ihrerseits nicht den gemäß § 13 Abs. 2 und Abs. 4 Stmk BauG 1995 zu ermittelnden Grenzabstand einzuhalten hätte.“

11       Im fortgesetzten Verfahren räumte das Verwaltungsgericht mit Erledigung vom 20. Dezember 2017 den mitbeteiligten Parteien die Möglichkeit ein, das in Rede stehende Projekt derart abzuändern, dass den Abstandsvorschriften des § 13 Stmk. BauG entsprochen werde „und der vom Verwaltungsgerichtshof, trotz Nichtanrechenbarkeit des Kellergeschosses, einzuhaltende Grenzabstand“ eingehalten werde. Dazu wurde bemerkt, dass eine derartige Änderung des Antrages lediglich eine geringfügige im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG zu sein habe und eine Projektänderung nicht dazu führen dürfe, dass aus rechtlichen Gründen von einem aliud zu sprechen wäre. Für eine allfällige Projektänderung wurde eine Frist bis 1. Februar 2018 gewährt.

12       Mit am 9. Februar 2018 beim Verwaltungsgericht eingelangtem Schriftsatz der mitbeteiligten Parteien vom 6. Februar 2018 wurde der verfahrenseinleitende Antrag abgeändert. Im diesbezüglichen Schreiben (mit Planunterlagen) des Planverfassers vom 15. Jänner 2018 wurde ausgeführt, dass die westseitige Außenwand des Kellergeschoßes auf einer Länge von ca. 2,0 m abgeschrägt und parallel zur westseitigen Grundstücksgrenze in einem Abstand von 3,02 m zu dieser Grundstücksgrenze errichtet werden solle. Die Bruttogeschoßfläche des Kellergeschoßes verringere sich dadurch um 0,25 m², ansonsten bleibe das Projekt in allen Teilen unverändert.

13       Diese Projektänderungen wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 12. März 2018 den Verfahrensparteien - unter anderem den revisionswerbenden Parteien als Rechtsnachfolger der bisherigen Beschwerdeführerin - bekanntgegeben. Im Zuge der Verhandlung wurden diese Änderungen von Bauwerberseite bekräftigt. Geplant sei demnach, die Abschrägung nicht nur in Bezug auf den oberirdischen Wandteil, sondern auch in Bezug auf den unterirdischen Wandteil als Teil des Kellergeschoßes vorzunehmen. In der Verhandlung wurden die von den mitbeteiligten Parteien vorgelegten Pläne in der „Ansicht West“ auch dahingehend händisch korrigiert, dass die Abschrägung des Kellers über das gesamte Geschoß, also auch unter Erdgleiche, erfolge.

14       In der mündlichen Verhandlung erstattete der bautechnische Amtssachverständige ein (ergänzendes) Gutachten. Seitens der revisionswerbenden Parteien wurden Einwände gegen das Bauvorhaben erhoben.

15       Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2015 keine Folge gegeben und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass

a) der Spruch dieses Bescheides in Bezug auf die beantragten Projektänderungen im Rahmen der Baubeschreibung wie folgt ergänzt wird:

„Im Dachgeschoß im Bereich der Widerkehr wird die Gebäudefront des Dacherkers parallel zur Grundgrenze ausgeführt und ist die Gebäudefront des Dacherkers auch im Einreichplan vom 30.09.2009, überarbeitet am 23.12.2014, im Plan ‚Dachgeschoß‘ parallel mit der westseitigen Grundgrenze dargestellt und weist einen Abstand von 3,03 m zu dieser auf. Die Auskragung gegenüber dem darunterliegenden Erdgeschoß beträgt südwestseitig 0 cm und laut planlicher Darstellung nordwestseitig 29 cm. Hingegen war die Gebäudefront des Dacherkers im ursprünglichen, nicht mehr maßgebenden Einreichplan vom 30.09.2009 (Eingangsstempel der Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal vom 05.02.2010) parallel mit der Gebäudefront des Hauptbaukörpers dargestellt und kragte über die gesamte Länge maßstäblich dargestellt 30 cm über das darunter liegende Erdgeschoß aus. Die ursprünglich auf der gesamten Länge der Widerkehr 30 cm tiefe Auskragung soll nunmehr auf eine dreieckige Auskragung von 0 bis 29 cm verringert werden, wodurch sich, insbesondere an der Südwestecke der Widerkehr, ein größerer Grenzabstand ergibt (nunmehr über die gesamte Gebäudefront des Dacherkers 3,03 m).

Es wird die westseitige Außenwand dieses Geschoßes auf einer Länge von ca. 2,0 m abgeschrägt und parallel zur westseitigen Grundstücksgrenze in einem Abstand von 3,02 m zu dieser Grundstücksgrenze errichtet, wodurch sich die Bruttogeschoßfläche des Kellergeschoßes um 0,25 m² verringert. Geplant ist demnach die Abschrägung nicht nur in Bezug auf den oberirdischen Wandteil, sondern auch in Bezug auf den unterirdischen Wandteil als Teil des Kellergeschoßes vorzunehmen. Von Antragstellerseite wurden die vorgelegten Pläne in der Ansicht West händisch dahingehend korrigiert, dass die Abschrägung des Kellers über das gesamte Geschoß, also auch unter Erdgleiche, erfolgt.“

b) die Baubewilligung für den „Zu- und Umbau“ dieses Gebäudes auch unter Zugrundelegung näher angeführter, einen Bestandteil des angefochtenen Erkenntnisses bildenden vidierten Plan- und Beschreibungsunterlagen erteilt werde.

Unter einem wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.

16       Auf die gutachterlichen Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen verweisend hielt das Verwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen zusammengefasst fest, es sei ausreichend, wenn die jeweiligen Fronten der Geschoße den jeweils erforderlichen Abstand einhielten; § 13 Abs. 2 Stmk. BauG stelle auf die „Gebäudefront“ ab und könne in diesem Sinne ausgelegt werden (Verweis auf VwGH 29.11.2005, 2004/06/0129).

17       Beim Kellergeschoß handle es sich um ein im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk. BauG nicht anrechenbares Geschoß (Verweis auf das Vorerkenntnis VwGH 26.6.2014, 2011/06/0077).

18       Der vom Verwaltungsgerichtshof im Vorkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/06/0024, vertretenen Rechtsansicht, wonach auch bei einem Grenzabstand von 3 m die Front des Kellergeschoßes diesen Abstand einzuhalten habe, sei durch die Vornahme einer Projektänderung Rechnung getragen worden. Durch die Antragsänderung in Bezug auf die Einhaltung des Grenzabstandes im Bereich des nicht anrechenbaren Kellergeschoßes werde die in Rede stehende Sache auch nicht ihrem Wesen nach geändert und es seien auch Zuständigkeitsfragen nicht tangiert.

19       Mit näherer Begründung führte das Verwaltungsgericht weiters aus, weshalb hinsichtlich des Balkon-Terrassenbereiches als vorspringender Bauteil, der überstehenden Balkenköpfe, der auch im Dachgeschoßbereich konstruktiv bedingt überstehenden Balkenköpfe sowie des Mauerpfeilers im Kellergeschoß von vorspringenden Bauteilen in gewöhnlichen Ausmaßen im Sinne des § 4 Z 29 Stmk. BauG auszugehen sei.

20       Ferner hielt das Verwaltungsgericht fest, ob ein Gebäudeteil als Erker anzunehmen sei oder nicht, stelle eine zu lösende Rechtsfrage und nicht eine von einem Sachverständigen zu beantwortende Tatfrage dar. Der bautechnische Amtssachverständige sei im gegenständlichen Fall jedoch im Sinne der (näher dargestellten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht von einem Erker ausgegangen. Wie das Verwaltungsgericht näher begründete, sei der gegenständliche Dacherker als vorspringender Bauteil in gewöhnlichen Ausmaßen im Sinne des § 4 Z 29 Stmk. BauG nicht abstandsrelevant.

21       Da die Kniestockhöhe des Hauptdaches mit 1,20 m nicht mehr als 1,25 m aufweise und die Neigung des Hauptdaches 45 Grad und nicht mehr als 70 Grad betrage, sei das Dachgeschoß zur westlichen Grundgrenze hin nicht abstandsrelevant im Sinne des § 13 Abs. 5 Stmk. BauG. Der erforderliche Grenzabstand im Sinne des § 13 Abs. 2 Stmk. BauG von 3 m sei somit auch in diesem Bereich eingehalten. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei der Kniestock somit planlich nicht falsch dargestellt und betrage nicht 2 m, zumal aufgrund des Umstandes, dass der Erker keine Abstandsrelevanz besitze, der Kniestock beim Hauptdach zur Lösung der Abstandsfrage heranzuziehen sei.

22       Die der Entscheidung zugrundeliegenden Planunterlagen wiesen auch aus fachlicher Sicht des bautechnischen Amtssachverständigen jene Parameter auf, die zur Klärung der Abstandsfrage erforderlich seien.

23       Die Ausmaße eines Kniestockes im östlichen Gebäudebereich, also jenem, der nicht der Nachbargrenze zugewandt sei, seien im gegenständlichen Fall zur Beantwortung des Grenzabstandes zur Grundgrenze der revisionswerbenden Parteien nicht relevant und es sei das diesbezügliche Vorbringen der Nachbarin nicht von dem ihr zustehenden Nachbarrecht betreffend Abstände nach § 26 Abs. 1 Z 2 Stmk. BauG erfasst.

24       Ferner liege keine Projektänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG vor, zumal lediglich die Gebäudefront des Dacherkers im Bereich der Wiederkehr nunmehr parallel zur Grundgrenze projektiert und im am 23. Dezember 2014 überarbeiteten Einreichplan vom 30. September 2009 dem Bauwillen der Bauwerber entsprechend dargestellt worden sei, wobei diese (Anm.: die Gebäudefront) nunmehr einen Abstand von 3,03 m zur Grundgrenze aufweise und die Auskragung gegenüber dem darunter liegenden Erdgeschoß südseitig 0 cm und laut Plan nordwestseitig 29 cm betrage. Es sei das Projekt sogar geringfügig zugunsten der revisionswerbenden Parteien abgeändert worden und es sei daher nicht von einer wesentlichen Projektänderung im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG auszugehen, woran auch der Umstand, dass das Erkerdach als „Gaubendach“ bezeichnet worden sei, nichts zu ändern vermöge.

25       Die Projektänderung zur Einhaltung des Grenzabstandes sei auch als unwesentlich zu qualifizieren, zumal sie nicht geeignet sei, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Beeinträchtigungen unter Bedachtnahme auf die anzuwendenden Bauvorschriften herbeizuführen.

26       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

27       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

28       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

29       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

30       Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

31       Vorweg ist anzumerken, dass die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, gegenständlich in der Fassung LGBl. Nr. 13/2010 anzuwenden sind (vgl. bereits das Vorerkenntnis VwGH 22.11.2017, Ra 2016/06/0024, sowie die Übergangsbestimmungen der §§ 119h ff. Stmk. BauG).

32       In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 gemäß § 13 Abs. 3 AVG den mitbeteiligten Parteien aufgetragen, das eingereichte Projekt binnen einer Frist bis zum 1. Februar 2018 derart abzuändern, dass den Abstandsvorschriften des § 13 Stmk. BauG entsprochen werde und der einzuhaltende Grenzabstand eingehalten werde. Die von den mitbeteiligten Parteien verspätet am 9. Februar 2018, somit nach Ablauf der gesetzten Frist eingebrachte Eingabe wäre gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen.

33       Abgesehen davon, dass ein derartiger Auftrag nicht nach § 13 Abs. 3 AVG zu ergehen hätte und daher auch nicht die dort vorgesehenen Rechtsfolgen maßgeblich wären, trifft die Behauptung der revisionswerbenden Parteien, das Verwaltungsgericht habe mit Erledigung vom 20. Dezember 2017 den mitbeteiligten Parteien einen auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Auftrag erteilt, nicht zu. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem genannten Schreiben unter Bezugnahme auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2017, Ra 2016/06/0024, den mitbeteiligten Parteien die Möglichkeit eingeräumt, das in Rede stehende Projekt derart abzuändern, dass den Abstandsvorschriften des § 13 Stmk. BauG entsprochen und der einzuhaltende Grenzabstand eingehalten werde. Dabei erfolgte zwar eine Fristsetzung mit 1. Februar 2018, eine Bezugnahme auf § 13 Abs. 3 AVG ist der Erledigung jedoch nicht zu entnehmen. Dass das Verwaltungsgericht mit dieser Erledigung auch keinen Auftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilen wollte, ergibt sich im Übrigen auch aus seinen - vor der erwähnten Einräumung der Möglichkeit zur Abänderung des Projekts getätigten - Ausführungen, wonach (gemeint: andernfalls) im Hinblick auf das hg. Erkenntnis Ra 2016/06/0024 das verfahrenseinleitende Bauansuchen abzuweisen sein würde. § 13 Abs. 3 AVG sieht hingegen unter den dort genannten Voraussetzungen nicht die Abweisung, sondern die Zurückweisung eines Anbringens vor.

34       Zur „Thematik Grenzabstand Kellergeschoß“ bringen die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vor, durch die nunmehrige Änderung bzw. Abschrägung der Außenwand springen nicht etwa Bauteile vor, sondern ein kleiner Teil der bestehenden Außenwand in der Änderungsplanung zurück. Pfeiler, tragende Säulen und die Decke unterschritten nach wie vor den Grenzabstand. Der Ansicht, wonach das Kellergeschoß mit der Deckenunterkante der Terrasse ende, sei nicht zu folgen. Die Ansicht, dass der in der „Ansicht West“ erkennbare geringfügige Übergriff in den Bereich des zurückspringenden Erdgeschoßes noch außerhalb der Gebäudefront des Erdgeschoßes liege und damit auch hier nicht von übereinanderliegenden Räumen zu sprechen sei, sei nicht nachvollziehbar, zumal ein Geschoß nicht zwingend dieselbe Fläche aufweisen müsse wie das Erdgeschoß und somit auch noch jener Teil, der sich außerhalb der Gebäudefront des Erdgeschoßes befinde, Teil des Kellergeschoßes sei. Der Raum unterhalb der Terrasse sei mit der talseitigen Fassade und dem vorgestellten Stützen umschlossen, sodass diesbezüglich von einem überdeckten, überwiegend umschlossenen Bauwerk auszugehen sei. In diesem Bereich werde der Mindestabstand nicht eingehalten.

35       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob ein Bauteil als „vorspringender Bauteil im gewöhnlichen Ausmaß“ als abstandsrelevant anzusehen ist oder nicht, nach den Umständen des Falles nicht nach der Bezeichnung des Bauteiles durch die Baubehörden oder die Parteien des Verfahrens zu beurteilen, sondern nach seiner Erscheinung und insbesondere seinen Dimensionen und deren Relation zur Gebäudefront. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob solche Bauteile im Prinzip ortsüblich sind, weil davon die Frage zu unterscheiden ist, ob solche Bauteile in den Grenzabstand ragen dürfen. Die Frage, ob ein Bauteil als „vorspringender Bauteil im gewöhnlichen Ausmaß“ im Sinne des (hier) § 4 Z 29 Stmk. BauG anzusehen ist oder nicht, ist im Einzelfall anhand der oben dargelegten Kriterien zu beurteilen. In diesem Zusammenhang läge eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 14.10.2022, Ro 2018/06/0018 und 0019, mwN).

36       Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Erkenntnis von den dargelegten Kriterien ausgegangen. Es hat unter anderem festgehalten, dass entsprechend der nunmehr vorgenommenen Antragsänderung geplant sei, die westseitige Außenwand des gesamten Kellergeschoßes auf eine Länge von ca. 2 m abzuschrägen und parallel zur westseitigen Grundstücksgrenze im Abstand von 3,02 m zu errichten, wobei die Abschrägung nicht nur in Bezug auf den oberirdischen, sondern auch in Bezug auf den unterirdischen Wandteil als Teil des Kellergeschosses projektiert worden sei. Gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen hat das Verwaltungsgericht ferner hinsichtlich des in den Grenzabstand hineinragenden, 25 cm breiten und 25 cm tiefen Mauerpfeilers hervorgehoben, dass das Verhältnis der Stirnseite des Mauerpfeilers zur Fläche der abgeschrägten Gebäudefront von 2 m lediglich 11 % betrage und im Verhältnis zur gesamten Gebäudefront noch wesentlich geringer, nämlich 4,5 % sei. Vor diesem Hintergrund ging das Verwaltungsgericht, ungeachtet der statischen Funktion dieses Bauteils, aufgrund der Dimension und des Verhältnisses, bezogen auf die restliche Gebäudefront, fallbezogen von einem nicht zu berücksichtigenden Bauteil im Sinn des § 4 Z 29 Stmk. BauG („in gewöhnlichem Ausmaß“) aus, welcher keine separate Gebäudefront gegenüber dem Grundstück der revisionswerbenden Parteien bilde.

37       Ferner hielt das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem Umstand, dass die konstruktive Decke der Terrasse in einem Ausmaß von 0 cm bis rund 25 cm Tiefe in den Grenzabstand hineinrage, im Wesentlichen fest, dass - ungeachtet des Umstands, dass die Stirnseite der Balkenköpfe im Verhältnis zur gesamten Gebäudefront nord- und westseitig lediglich 2,6 % bis 3,7 % betrage und daher aufgrund der diesbezüglichen Ausmaße keine Gebäudefront im Sinne des
§ 4 Z 29 Stmk. BauG anzunehmen wäre - sich in diesem Bereich oberhalb kein Raum, sondern die Terrasse befinde und eine Flachdachkonstruktion vorliege, sodass das Kellergeschoß mit der Deckenunterkante der Terrasse ende. Auch in Bezug auf den in der „Ansicht West“ erkennbaren geringfügigen Übergriff im Bereich des zurückspringenden Erdgeschosses sei nicht vom Vorliegen übereinanderliegender Räume auszugehen.

38       Mit dem zitierten Zulässigkeitsvorbringen der revisionswerbenden Parteien wird eine Unvertretbarkeit dieser verwaltungsgerichtlichen, auf den in der hg. Judikatur dargelegten Kriterien basierenden Beurteilung nicht dargelegt.

39       Die revisionswerbenden Parteien bemängeln weiters, dass die von den mitbeteiligten Parteien vorgelegten Pläne (im Ergebnis) einen detaillierteren Maßstab als gesetzlich vorgegeben aufwiesen, und bringen in diesem Zusammenhang ausschließlich vor, dass im Lageplan 1:500 das Gebäude bzw. die Gebäudefront parallel zur Grundgrenze eingezeichnet sei, während sie in den Darstellungen des Kellers und des Erdgeschosses in einem Winkel angeordnet sei.

40       Dazu genügt es festzuhalten, dass aus den beiden zuletzt genannten Plänen einschließlich der darin gegenüber der Einreichung vom 23. Dezember 2014 dargestellten Änderung sowie der Formulierung des Spruchs des angefochtenen Erkenntnisses die hier in Rede stehenden Grenzabstände zum Grundstück der revisionswerbenden Parteien eindeutig hervorgehen.

41       Darüber hinaus behaupten die revisionswerbenden Parteien eine Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der planlichen Darstellung insofern, als die Bauwerber inzwischen einen weiteren konsenslosen Bau, konkret ein Nebengebäude, errichtet hätten, welches planlich nicht dargestellt sei. Darüber hinaus sei nur das Rohbaumaß (25 cm Wände), sohin ohne Wärmedämmung und Putz, planlich dargestellt worden.

42       Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in dem das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen ist, wobei der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Eine Beeinträchtigung der Nachbarrechte ist daher nur anhand des in den Einreichplänen dargestellten Projektes zu beurteilen, und es kommt in diesem Verfahren nicht darauf an, welcher tatsächliche Zustand besteht oder ob die Bauausführung tatsächlich anders erfolgt, als im beantragten Projekt angegeben ist (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/06/0013 und 0014, mwN).

43       Zur Thematik „Anrechenbarkeit des Dachgeschosses (Grenzabstand)“ wird in der Revisionszulässigkeitsbegründung bemängelt, dass das Verwaltungsgericht insofern eine neue Wortschöpfung kreiert habe, als ein „Dacherker“ den Bestimmungen des Stmk. BauG fremd sei und nicht existiere. Das Verwaltungsgericht habe die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen in rechtlicher Hinsicht falsch gewürdigt.

44       Welche konkrete Schlussfolgerung die revisionswerbenden Parteien daraus für die hier in Rede stehende Abstandsfrage ableiten wollen, wird in den Zulässigkeitsausführungen jedoch nicht dargelegt. Im Übrigen kommt es - wie bereits ausgeführt (vgl. erneut VwGH 14.10.2022, Ro 2018/06/0018 und 0019) - auf die Bezeichnung des Bauteiles nicht entscheidend an.

45       Ferner wird in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei offenkundig unrichtig davon ausgegangen, „dass die zur Nichtanrechenbarkeit als Geschoß führende Begrenzung im Ausmaß 1,25 m Höhe des Kniestockes und 70 Grad Dachneigung“ lediglich bei der Seite des Nachbargrundstücks der revisionswerbenden Parteien einzuhalten wäre. Dies sei unrichtig; es handle sich dabei nicht um eine Begrenzung für den Nachbarschaftsschutz, sondern es diene diese Grenze lediglich der Beurteilung, ob ein Dachgeschoß als abstandsrelevantes Geschoß zu bewerten sei. Aus der Berechnung der Geschoße ergebe sich die Festlegung des Grenzabstandes in Metern, der rund um das Gebäude nach allen Seiten hin einzuhalten sei. Da das Dachgeschoß zumindest auf einer Seite die gegenständliche Begrenzung überschreite, sei das Dachgeschoß daher als abstandsrelevantes Geschoß im Sinne des Gesetzes zu klassifizieren, wodurch sich zumindest ein 4 m-Mindestgrenzabstand ergebe, der nach allen Seiten hin einzuhalten sei.

46       Gemäß § 13 Abs. 2 Stmk. BauG muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

Gemäß § 13 Abs. 5 erster Spiegelstrich Stmk. BauG sind nicht als Geschosse anzurechnen an der Traufenseite: Dachgeschosse bzw. für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachböden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt.

47       Zunächst ist zu dem in Rede stehenden Zulässigkeitsvorbringen festzuhalten, dass die begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, es sei fallbezogen die Kniestockhöhe des Hauptdaches bzw. die Neigung des Hauptdaches zur westlichen Grenze zum Grundstück der revisionswerbenden Parteien hin (und nicht die Ausmaße eines Kniestockes im östlichen Gebäudebereich) relevant, auf dem Boden der hg. Judikatur nicht als unvertretbar zu erkennen sind (vgl. VwGH 28.6.2016, 2013/06/0131, in dem der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde teilte, dass an der dort maßgeblichen südöstlichen Gebäudefront (Traufenseite) durch das Bauvorhaben - aufgrund der näher beschriebenen Gegebenheiten an eben dieser Traufenseite dieses Dachgeschoßes - eine Änderung der Geschoßanzahl nicht erfolgte).

48       Darüber hinaus legte der bautechnische Amtssachverständige seinen im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen gutachterlichen Ausführungen zugrunde, dass die Kniestockhöhe des Hauptdaches „beidseitig 1,20 m“ betrage. Das Verwaltungsgericht hielt in diesem Zusammenhang fest, dass aufgrund des Umstands, dass der Erker keine Abstandsrelevanz besitze, der Kniestock beim Hauptdach zur Lösung der Abstandsfrage heranzuziehen sei.

49       Mit dem bloßen, nicht näher konkretisierten Vorbringen, wonach das Dachgeschoß „zumindest auf einer Seite“ die gegenständliche (Anmerkung: gesetzlich normierte) Begrenzung überschreite, zeigen die revisionswerbenden Parteien weder eine Unschlüssigkeit der gutachterlichen Ausführungen noch eine Unvertretbarkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf.

50       Gleiches gilt für das Vorbringen, „der Amtssachverständige (bzw. letztlich die belangte Behörde)“ teile die Gebäudefront nach Geschoßen auf, wobei diese geschoßweise Aufteilung der gesetzlichen Definition der Gebäudefront (Anmerkung: vgl. § 4 Z 29 Stmk. BauG), welche im Singular die Außenwandfläche eines Gebäudes als Gebäudefront definiere, widerspreche.

51       Weshalb in diesem Zusammenhang das angefochtene Erkenntnis dem hg. Vorerkenntnis vom 26. Juni 2014, 2011/06/0077 (in der Zulässigkeitsbegründung wird daraus der Satz „Bemerkt wird, dass auch bei einem Grenzabstand von 3 m das Kellergeschoß diesen Abstand einzuhalten hat.“ zitiert) widerspräche, legen die revisionswerbenden Parteien nicht nachvollziehbar dar.

52       Ebenso wenig erweisen sich die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung, in denen die revisionswerbenden Parteien aus § 13 Abs. 5 erster Spiegelstrich Stmk. BauG ableiten, dass Traufenseiten „nicht zur Gebäudefront“ gehörten, als geeignet, eine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen (vgl. dazu nochmals VwGH 28.6.2016, 2013/06/0131).

53       Schließlich wird in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, die Zurückversetzung/Abschrägung der Außenwand (gemeint wohl: des Kellergeschoßes) unter gleichzeitigem Verbleib von konstruktiven Teilen im Mindestabstand habe einer gänzlichen Neubeurteilung durch den Sachverständigen bedurft, weshalb von einer in diesem Sinne unzulässigen Projektänderung auszugehen sei.

54       Nach ständiger hg. Rechtsprechung sind die Landesverwaltungsgerichte verpflichtet, dem Bauwerber bei Widerspruch seines Bauvorhabens zu baurechtlichen Bestimmungen nahezulegen, sein Bauvorhaben entsprechend zu ändern, um einen Abweisungsgrund zu beseitigen. Das Projekt darf dabei nur so verändert werden, dass es nicht als ein anderes Projekt zu beurteilen wäre. Modifikationen des Projekts sind nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruchs des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird. Solange dies nicht der Fall ist, sind Projektmodifikationen auch vor dem Landesverwaltungsgericht zulässig (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/06/0159, 0160, mwN).

55       Die Frage, ob durch eine Projektmodifikation die Sache ihrem Wesen nach im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG geändert wird, betrifft eine Beurteilung des Einzelfalles. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 12.7.2022, Ra 2021/06/0079, mwN).

56       Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass durch die in Rede stehende Antragsänderung die Sache nicht ihrem Wesen nach geändert und auch Zuständigkeitsfragen nicht tangiert würden, erweist sich auf dem Boden der zitierten Judikatur jedenfalls als nicht unvertretbar. Im Übrigen trifft das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien auch nicht zu, wonach durch die genannte Projektänderung eine „gänzliche Neubeurteilung durch den Sachverständigen“ habe erfolgen müssen.

57       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2022

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2018060074.L00

Im RIS seit

30.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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