TE Vfgh Erkenntnis 2022/11/29 E3674/2021 ua

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Veröffentlicht am 29.11.2022
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG

Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

I. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin sowie der Fünftbeschwerdeführer sind durch die angefochtenen Erkenntnisse, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen wurden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973Bundesgesetzblatt Nr 390 aus 1973,) verletzt worden.

Die Erkenntnisse werden insoweit aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sowie einer weiteren minderjährigen Tochter, der Drittbeschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diese ist zwischenzeitlich verstorben, weshalb das sie betreffende, zu E3679/2021 geführte Verfahren mit hg. Beschluss vom 29. November 2022 eingestellt wurde. Sie alle sind Staatsangehörige Afghanistans. Der Erstbeschwerdeführer stammt aus Kunar, verließ Afghanistan aber bereits als Jugendlicher und lebte seither in Pakistan, wie die übrigen Beschwerdeführer auch, die alle bereits in Pakistan geboren sind.

2. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste 2013 gemeinsam mit ihren Kindern von Pakistan kommend über Afghanistan in das Bundesgebiet ein und stellte für sich sowie ihre Kinder Anträge auf internationalen Schutz, weil der Erstbeschwerdeführer sie misshandelt und ihr Leben bedroht habe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab diesen Anträgen mit Bescheiden vom 20. November 2013 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten Folge, wies sie aber bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Sache hinsichtlich des Status der Asylberechtigten mit Beschluss vom 10. Juli 2014 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen hatte, erkannte dieses der Erstbeschwerdeführerin sowie ihren Kindern mit Bescheiden vom 5. Jänner 2015 den Status der Asylberechtigten zu, da der Erstbeschwerdeführerin in Afghanistan eine Verfolgung als westlich orientierte Frau drohe.

3. Am 12. September 2017 reiste der Erstbeschwerdeführer in das Bundesgebiet ein und stellte ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz. Seine Familie habe Kabul allein aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen, er sei aber mangels ausreichender Mittel für die Flucht und zur Pflege seines Bruders zurückgeblieben. Daraufhin nahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach mehreren Einvernahmen das 2015 abgeschlossene Asylverfahren der Zweitbeschwerdeführerin sowie ihrer Kinder mit Bescheiden vom 13. August 2018 gemäß §69 Abs1 Z1 AVG wieder auf, da die Zweitbeschwerdeführerin die Behörde über wesentliche Sachverhaltselemente getäuscht habe (I.). Unter einem wies es die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin sowie ihrer Kinder auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab (II.), da eine westliche Orientierung der Erstbeschwerdeführerin im Lichte der mittlerweile hervorgekommenen Tatsachen nicht erweislich sei. Ebenso wies die belangte Behörde die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ab (III.). Aufenthaltstitel nach §57 AsylG 2005 erteilte die belangte Behörde nicht (IV.), weshalb sie Rückkehrentscheidungen erließ (V.) und feststellte, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (VI.), wobei die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage betrage (VII.). Gegen den Erstbeschwerdeführer erließ die belangte Behörde ebenfalls am 13. August 2018 einen – mit Ausnahme der Wiederaufnahme – inhaltlich übereinstimmenden Bescheid.

4. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde, in der sie im Wesentlichen auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan verwiesen. Zudem habe sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht mit der Situation der damals noch minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer beschäftigt. In der am 23. November 2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, im Rahmen derer die Beschwerdeführer mit Ausnahme der Viert- und Fünftbeschwerdeführer einvernommen wurden, wurde ergänzend vorgebracht, dass auch die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin westlich orientierte Frauen seien und ihnen im Fall der Rückkehr ausweislich der Länderberichte eine Eingliederung in das Schulsystem nicht möglich sein werde.

5. Mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen vom 12. August 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sowie der eingangs erwähnten weiteren, zwischenzeitlich verstorbenen minderjährigen Tochter hinsichtlich der Wiederaufnahme der 2015 abgeschlossenen Verfahren ebenso ab (A.I.) wie hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (A.II.). Zugleich erkannte es ihnen den Status von subsidiär Schutzberechtigten zu (A.III.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen (A.IV.). Eine Aufhebung der ebenfalls angefochtenen Spruchpunkte IV. bis VII. der Bescheide vom 13. August 2018 unterblieb hinsichtlich der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wies das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (A.I.). Auch ihm erkannte es den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (A.II.), weshalb es dem Erstbeschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilte (A.II.) und im Übrigen die Spruchpunkte III. bis VI. des ihn betreffenden Bescheids vom 13. August 2018 behob (A.III.).

5.1. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin über die Bedrohung durch den Erstbeschwerdeführer falsche Angaben mit dem Ziel gemacht habe, sich dadurch einen günstigen Bescheid zu verschaffen, weshalb die belangte Behörde das 2015 abgeschlossene Asylverfahren zu Recht wiederaufgenommen habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei eine Verinnerlichung einer "westlichen Lebensführung" der Zweitbeschwerdeführerin nicht erkennbar gewesen, weshalb ihr der Status der Asylberechtigten nicht zuzuerkennen sei. Gleiches gelte hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin. Zur Viertbeschwerdeführerin sei festzuhalten, dass bei dieser ob des jungen Alters keine derart fortgeschrittene Persönlichkeitsentwicklung erkannt werden könne, aufgrund derer die Verinnerlichung einer westlichen Lebensführung als wesentlicher Bestandteil ihrer Identität hätte angenommen werden können. Da die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer aber ihr gesamtes Leben außerhalb Afghanistans verbracht hätten, seien sie im Falle ihrer Rückkehr besonders vulnerabel und es sei ihnen daher nach den von UNHCR sowie EASO aufgestellten Kriterien subsidiärer Schutz zuzuerkennen.

5.2. Das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers erachtete das Bundesverwaltungsgericht als zu unbestimmt. Dem an Diabetes erkrankten Erstbeschwerdeführer sei allerdings subsidiärer Schutz zu gewähren, da seine medizinische Versorgung im Falle einer Erkrankung mit COVID-19 in Afghanistan nicht gewährleistet sei.

6. Gegen diese Entscheidungen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dass die angefochtene Entscheidung jede Auseinandersetzung mit der Situation der Viertbeschwerdeführerin unterlassen habe. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht sich nicht ausreichend mit der westlichen Lebensführung der im Entscheidungszeitpunkt minderjährigen Beschwerdeführerinnen auseinandergesetzt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die angefochtene Entscheidung keine Auseinandersetzung mit den aktuellen Länderberichten zu den Entwicklungen in Afghanistan im Jahr 2021 beinhalte.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vglvergleiche zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

2.1. Hinsichtlich der im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung zwölfjährigen Viertbeschwerdeführerin führt das Bundesverwaltungsgericht aus, es könne nicht festgestellt werden, dass ihr im Falle der Rückkehr auf Grund ihres Alters und vor dem Hintergrund der Situation von Kindern in Afghanistan Gewalt drohe oder sie einer Verfolgung ausgesetzt sei. Auch wäre ihr eine Integration in das afghanische Gesellschaftssystem zumutbar, da sie dieses in Österreich weitgehend lebe. Im Übrigen könne bei der Viertbeschwerdeführerin wegen ihres jungen Alters keine derart fortgeschrittene Persönlichkeitsentwicklung erkannt werden, die auf die Verinnerlichung einer westlichen Lebensführung als wesentlicher Bestandteil ihrer Identität schließen lasse. Vielmehr befinde sich die Viertbeschwerdeführerin in einem anpassungsfähigen Alter.

2.2. Für die Annahme einer westlich orientierten Lebensweise ist es allerdings – entgegen der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes – nicht maßgeblich, dass ein solches Mädchen über ein intellektuell durchdachtes Wertegerüst verfügt, da dies dem unterschiedlichen Erfahrungshorizont, dem Alter und der Bildung der betroffenen Personen nicht gerecht wird (so bereits VwGH 15.9.2021, Ra 2021/18/0143, Rz 14; zur potentiellen westlichen Orientierung eines Mädchens im Alter von dreizehn Jahren ferner VfGH 7.6.2021, E4359/2020 ua). Folglich geht auch der pauschale Verweis des Bundesverwaltungsgerichtes auf das junge Alter der Viertbeschwerdeführerin fehl, denn allein aus diesem kann nicht geschlossen werden, dass es ihr an einer westlichen Lebensführung mangle.

2.3. Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht seinen Länderfeststellungen das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21. Juli 2020 zugrunde legt. Das im Entscheidungszeitpunkt aktuellere Länderinformationsblatt vom 11. Juni 2021 berücksichtigt es nicht, da dieses in den entscheidungsrelevanten Punkten jenem aus 2020 entspreche. Feststellungen zur Situation von Mädchen in afghanischen Schulen trifft das Bundesverwaltungsgericht ebenso wenig, obschon solche Informationen sowohl im Länderinformationsblatt vom 21. Juli 2020 als auch in jenem vom 11. Juni 2021 enthalten sind und der Vertreter der Beschwerdeführer in der Verhandlung explizit auf die mangelnden Bildungsmöglichkeiten der minderjährigen Beschwerdeführerinnen in Afghanistan hingewiesen hat. Dem vom Bundesverwaltungsgericht zitierten, aber nicht herangezogenen Länderinformationsblatt vom 11. Juni 2021 etwa ist zu entnehmen, dass die Taliban – die im Entscheidungszeitpunkt bereits große Teile des Landes erobert hatten – ihre Politik in Bezug auf die Bildung von Mädchen seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht geändert hätten. In einigen von den Taliban kontrollierten Gebieten seien Schulen für Mädchen komplett verboten, in anderen gebe es Beschränkungen. Entgegen der hg. Rechtsprechung, wonach sich das Bundesverwaltungsgericht mit den Bildungsmöglichkeiten von Mädchen im Herkunftsland auseinanderzusetzen hat (statt aller VfSlg 20.215/2017 mwN), enthält das angefochtene Erkenntnis keinerlei Ausführungen zur möglichen Schulbildung der Viertbeschwerdeführerin in Afghanistan.

2.4. Insoweit verfängt es auch nicht, wenn das Bundesverwaltungsgericht eingangs festhält, dass die Viertbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht habe. Zwar ist ihm zuzugestehen, dass die Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich der westlichen Orientierung der minderjährigen Beschwerdeführerinnen enthält. Gleichwohl hat der Vertreter der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung die westliche Orientierung der Viertbeschwerdeführerin ebenso geltend gemacht wie den Mangel an Bildungsmöglichkeiten in Afghanistan, weshalb das Bundesverwaltungsgericht im Lichte des §18 Abs1 AsylG 2005 und angesichts der Minderjährigkeit der Viertbeschwerdeführerin dazu gehalten war, von Amts wegen auf eine Vervollständigung dieses Nachfluchtvorbringens hinzuwirken (vglvergleiche VfGH 19.9.2022, E4335/2021 ua, Rz 15; zu den strengen Anforderungen an die Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen ferner VfGH 11.10.2017, E1803/2017 ua mwN).

2.5. Indem das Bundesverwaltungsgericht somit eine Auseinandersetzung mit der Situation der Viertbeschwerdeführerin, dem diesbezüglichen Vorbringen und den relevanten Länderinformationen vermissen lässt, hat es sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

3. Die Aufhebung der Entscheidung hinsichtlich der Viertbeschwerdeführerin betreffend die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten schlägt gemäß §34 Abs4 AsylG 2005 auf ihre Familienangehörigen durch, weshalb grundsätzlich auch die sie betreffenden Entscheidungen aufzuheben sind (vglvergleiche VwGH 10.3.2022, Ra 2021/18/0321; ferner VfGH 24.11.2016, E1085/2016; 27.9.2021, E2410/2021 ua). Davon sind im vorliegenden Fall die gegenüber dem Erst- und dem Fünftbeschwerdeführer sowie der Zweitbeschwerdeführerin ergangenen Entscheidungen erfasst, soweit sie die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten betreffen. Demgegenüber ist die Drittbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht bereits dreimal wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen verurteilt worden. Wegen ihrer Straffälligkeit (§2 Abs3 AsylG 2005) vermag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung betreffend die übrigen Familienangehörigen an der Rechtmäßigkeit der – vom Bundesverwaltungsgericht gesondert geprüften – Abweisung des Antrages der Drittbeschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten nichts zu ändern (vglvergleiche §34 Abs2 Z1 AsylG 2005).

4. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der Wiederaufnahme des 2015 abgeschlossenen Asylverfahrens der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sowie gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten an die Drittbeschwerdeführerin richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Fragen, ob das 2015 abgeschlossene Asylverfahren hinsichtlich der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer zu Recht wiederaufgenommen wurde bzw ob das Bundesverwaltungsgericht die westliche Orientierung der Drittbeschwerdeführerin zutreffend verneint hat, insoweit nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Die Erst-, Zweit-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer sind somit durch die angefochtenen Erkenntnisse, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen wurden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,) verletzt worden.

Die Erkenntnisse sind daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVmin Verbindung mit §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E3674.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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