Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. August 1995, Zl. 4.299.624/9-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Vietnams, ist am 17. April 1990 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 3. August 1990 den Asylantrag gestellt. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. Dezember 1990 wurde festgestellt, daß er die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle. Mit Bescheid vom 3. August 1995 wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, daß Österreich ihm kein Asyl gewähre.
Nach den Ausführungen in der Beschwerde hat der Beschwerdeführer anläßlich seiner Ersteinvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich angegeben, er habe in Vietnam keiner politischen Bewegung angehört und habe sich auch nicht anderweitig politisch betätigt. Als Katholik habe er seinen Glauben nicht frei ausüben können, da dieser in Vietnam untersagt sei. Aus Glaubensgründen und auf Grund seiner persönlichen Einstellung zum politische Regime habe er den Wehrdienst verweigert. Durch Bestechung des zuständigen Beamten sei er jedoch straffrei geblieben. Außerdem habe er nur an geheimen Orten der heiligen Messe beiwohnen können. Da der Staat ihn an der legalen Ausübung seines Glaubens gehindert habe, die wirtschaftliche Lage in Vietnam sehr schlecht gewesen sei und "man" immer Angst vor einer Arretierung hätte haben müssen, sei er ausgereist. Nach seinen Angaben in der Beschwerde sei er am 14. Oktober 1988 von Hanoi direkt nach Prag geflogen und von dort mit dem Zug nach Letov Prahag, wo er bis zum 17. April 1990 gewohnt und gearbeitet habe. Am 17. April 1990 sei er mit dem Zug zum Grenzübergang Ceske Velenice gefahren, und habe dort zu Fuß die grüne Grenze nach Österreich überschritten.
Die belangte Behörde verwies in ihrer Begründung auf ihren - mit hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, Zl. 94/19/1038, auf wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehobenen - Bescheid, wonach die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche allein nicht zur Gewährung von Asyl führen könne, da der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine konkreten, individuell seine Person treffenden Beeinträchtigungen anführen hätte können. Die Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes bestehe in vielen Staaten, sich dieser Pflicht zu entziehen, sei strafbar, auch eine etwaig aus diesem Grund drohende Bestrafung sei daher nicht als Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Im übrigen ergänzte die belangte Behörde in Beantwortung der Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufungsergänzung vom 12. Juni 1995, daß auch eine Bestrafung wegen Republikflucht nicht geeignet sei, Flüchtlingseigenschaft zu indizieren, da Sanktionen wegen eines Verstoßes gegen die den Grenzübertritt oder den Aufenthalt eines Staatsangehörigen im Ausland regelnden Vorschriften keine Verfolgung aus den im Asylgesetz normierten Gründen darstellten. Der Bestrafung wegen Verstoßes gegen einen arbeitsrechtlichen Vertrag fehle ein asylrechtlich relevantes Motiv. Das - neue - in der zur hg. Zl. 94/19/1038 erhobenen Beschwerde enthaltene Vorbringen, es sei gegen ihn am 30. Mai 1990 ein Haftbefehl wegen Vertragsbruches erlassen worden, behandelte die belangte Behörde auf Grund des Neuerungsverbotes des § 20 AsylG nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet sich neuerlich gegen die oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde herangezogenen, mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Einklang stehenden rechtlichen Überlegungen mit der Behauptung, aus seinem Vorbringen sei bereits evident, daß er im Sinne der "objektiven Vorstelltheorie" bei Rückkehr in sein Heimatland Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Seine negative politische Einstellung gegenüber dem Regime dokumentiere sich auch durch das Verlassen der ehemals kommunistischen CSFR und das Einreisen in ein westliches Land. Die ständigen Kontrollen des Tischlereibetriebes seines Vaters würden sicherlich eine Steigerung erfahren; im übrigen verwies er neuerlich auf den der belangten Behörde vorgelegten Haftbefehl. Darüber hinaus machte er geltend, daß die Bestrafung wegen "Republikflucht" in seinem Falle wegen seiner Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche und infolge seiner negativen politischen Einstellung dem Regime gegenüber wesentlich strenger ausfallen würde, woraus ersichtlich sei, daß die Bestrafung aus Gründen, welche in der Konvention festgelegt worden seien, erfolgen würde.
Nach § 1 Abs. 1 AsylG 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) orientiert sich die Flüchtlingseigenschaft an einer konkreten Situation, in der sich eine Person befindet. Aus dem Gesetzestext ergibt sich eindeutig, daß sich der Asylwerber WEGEN seiner Furcht vor Verfolgung im Ausland befinden muß bzw. - wenn die Furcht erst im Ausland entsteht - WEGEN dieser Furcht nicht in seine Heimat zurückkehren will. Der Beschwerdeführer leitet demgegenüber Verfolgung aus dem Umstand ab, daß er sein Heimatland und später das Land seines Arbeitsverhältnisses verlassen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber schon wiederholt ausgesprochen, daß in der Befürchtung wegen Übertretung von den Aufenthalt vietnamesischer Staatsangehöriger im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, kein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention erblickt werden kann (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0039, und die dort wiedergegebene Judikatur). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, bilden auch die Beschwerdeausführungen keinen Anlaß. Im übrigen macht der Beschwerdeführer in seinem Heimatland allgemeine Beeinträchtigungen geltend, die ihn wohl zur Ausreise aus seinem Heimatland in die CSFR veranlaßt haben mögen, daß dies aber auch ein Grund für die erst im Jahr 1990 erfolgte Einreise nach Österreich gewesen sei, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Für das Verlassen der CSFR und Einreise nach Österreich hatte er vielmehr überhaupt keine Motivation angegeben. Die allgemein gehaltenen Hinweise des Beschwerdeführers auf die religiöse Situation in seinem Heimatland sowie seine innere Ablehnung gegen das kommunistische Regime vermögen - wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt hat - Flüchtlingseigenschaft nicht zu begründen.
Auch eine etwaige Bestrafung - eine solche wird durch den vom Beschwerdeführer vorgelegten Haftbefehl indiziert - wegen Vertragsbruches durch Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Erlaubnis bzw. unerlaubte Ausdehnung seines Auslandsaufenthaltes - begründen seine Eigenschaft als "sur place"-Flüchtling noch nicht, weil aus einer wegen Nichteinhaltung eines Arbeitsvertrages drohenden Bestrafung für sich allein noch nicht auf eine aus den im § 1 Z. 1 AsylG 1991 angeführten Gründen erfolgende Verfolgung geschlossen werden kann.
Die Behauptung, auf Grund der politischen Gesinnung des Beschwerdeführers sei mit einer strengeren Bestrafung zu rechnen, als über andere Personen wegen desselben Deliktes verhängt würde, erweist sich als Neuerung, auf die gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen hat.
Da sich bereits aus der Beschwerde ergibt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 VwGG abzuweisen.
Damit erübrigt sich auch ein Abspruch des Berichters über den mit der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995200575.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009