TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/22 VGW-021/079/6846/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2020
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Entscheidungsdatum

22.08.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §367 Z25
GewO 1994 §366 Abs1 Z3
VStG §22 Abs2
  1. GewO 1994 § 367 heute
  2. GewO 1994 § 367 gültig ab 01.10.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018
  3. GewO 1994 § 367 gültig von 01.05.2018 bis 30.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  4. GewO 1994 § 367 gültig von 01.01.2018 bis 30.04.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  5. GewO 1994 § 367 gültig von 18.07.2017 bis 31.12.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  6. GewO 1994 § 367 gültig von 29.12.2015 bis 17.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2015
  7. GewO 1994 § 367 gültig von 10.07.2015 bis 28.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2015
  8. GewO 1994 § 367 gültig von 12.07.2013 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/2013
  9. GewO 1994 § 367 gültig von 14.09.2012 bis 11.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  10. GewO 1994 § 367 gültig von 01.01.2011 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010
  11. GewO 1994 § 367 gültig von 19.08.2010 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2010
  12. GewO 1994 § 367 gültig von 16.06.2010 bis 18.08.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2010
  13. GewO 1994 § 367 gültig von 01.01.2009 bis 15.06.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2008
  14. GewO 1994 § 367 gültig von 27.02.2008 bis 31.12.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  15. GewO 1994 § 367 gültig von 30.06.2007 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2007
  16. GewO 1994 § 367 gültig von 15.01.2005 bis 29.06.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  17. GewO 1994 § 367 gültig von 30.11.2004 bis 14.01.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  18. GewO 1994 § 367 gültig von 15.06.2003 bis 29.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  19. GewO 1994 § 367 gültig von 01.08.2002 bis 14.06.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  20. GewO 1994 § 367 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001
  21. GewO 1994 § 367 gültig von 01.09.2000 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/2000
  22. GewO 1994 § 367 gültig von 01.07.1997 bis 31.08.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  23. GewO 1994 § 367 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997
  1. GewO 1994 § 366 heute
  2. GewO 1994 § 366 gültig ab 28.04.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 204/2022
  3. GewO 1994 § 366 gültig von 01.10.2018 bis 27.04.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018
  4. GewO 1994 § 366 gültig von 01.05.2018 bis 30.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  5. GewO 1994 § 366 gültig von 29.03.2016 bis 30.04.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2015
  6. GewO 1994 § 366 gültig von 10.07.2015 bis 28.03.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2015
  7. GewO 1994 § 366 gültig von 27.03.2015 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 18/2015
  8. GewO 1994 § 366 gültig von 14.09.2012 bis 26.03.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  9. GewO 1994 § 366 gültig von 19.08.2010 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2010
  10. GewO 1994 § 366 gültig von 16.06.2010 bis 18.08.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2010
  11. GewO 1994 § 366 gültig von 27.02.2008 bis 15.06.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  12. GewO 1994 § 366 gültig von 15.01.2005 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  13. GewO 1994 § 366 gültig von 01.12.2004 bis 14.01.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  14. GewO 1994 § 366 gültig von 01.01.2002 bis 30.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001
  15. GewO 1994 § 366 gültig von 01.09.2000 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/2000
  16. GewO 1994 § 366 gültig von 11.08.2000 bis 31.08.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/2000
  17. GewO 1994 § 366 gültig von 19.03.1994 bis 10.08.2000

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram über die Beschwerde des A. B., C., Wien, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 18.4.2019, MBA/…/2019, betreffend Verwaltungsübertretungen gemäß § 370 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 in Verbindung mit

?   § 367 Z 25 GewO 1994 und einer für die Betriebsanlage Wien, D.-gasse, vorgeschriebenen Bescheidauflage (Nichteinhaltung der Auflage)

?   § 366 Abs. 1 Z 3 (zweiter Fall) GewO 1994 (Betrieb einer genehmigungspflichtig geänderten Betriebsanlage ohne Genehmigung der Änderung)

gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG zu Recht:

I. Der die Strafhöhe betreffenden Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 wird Folge gegeben, dieser Spruchpunkt aufgehoben und das Strafverfahren gemäß §§ 38 und 42 VwGVG iVm § 22 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 Z 2 dritter Fall VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG wird dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten der Beschwerdeverfahrens auferlegt.

         

II. Der die Strafhöhe betreffenden Beschwerde gegen Spruchpunkt 2 wird Folge gegeben, dieser Spruchpunkt aufgehoben und das Strafverfahren gemäß §§ 38 und 42 VwGVG iVm § 22 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 Z 2 dritter Fall VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG wird dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten der Beschwerdeverfahrens auferlegt.

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG in beiden Punkten I und II zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Unter Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer (BF) sinngemäß zur Last gelegt, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B. KG für die Ausübung des Gewerbes „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen unter Ausschluss der dem Kraftfahrzeugtechniker vorbehaltenen und jeder anderen einem Befähigungsnachweis unterliegenden Tätigkeit (Servicestation)“ zu verantworten, dass beim Betrieb der Betriebsanlage in Wien, D.-gasse, von 15.6.2018 bis 24.1.2019 eine (im Spruch zitierte) rechtskräftige Bescheidauflage betreffend die Ausführung von Brandschutztüren/-toren in mehrfacher Hinsicht nicht eingehalten worden sei. Gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 wurde dem BF zu diesem Spruchpunkt wegen Übertretung des § 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit der zitierten Bescheidauflage eine Gesamtgeldstrafe von 230 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden) auferlegt.

Unter Spruchpunkt 2 wurde dem BF in gleicher Verantwortung zur Last gelegt, dass die genannte Betriebsanlage von 15.6.2018 bis 24.1.2019 nach zahlreichen (im Einzelnen wiedergegebenen) in verschiedener Hinsicht zu Gefährdungen bzw. Belästigungen geeigneten, jedoch nicht „gemäß § 81 GewO 1994“ rechtskräftig genehmigten Änderungen betrieben worden sei. Gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 wurde dem BF zu diesem Spruchpunkt wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 3 (gemeint: zweiter Fall) GewO 1994 eine Gesamtgeldstrafe von 510 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden) auferlegt. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wurden die Verfahrenskostenbeiträge mit insgesamt 74 Euro (23 Euro zu Spruchpunkt 1 bzw. 51 Euro zu Spruchpunkt 2, sohin 10 % der jeweils verhängten Geldstrafen) festgesetzt. Begründend wurde neben Wiedergabe der herangezogenen Rechtsgrundlagen, Darlegung der strafrechtlichen Verantwortung des BF als gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Tatzeit und Zitierung einer vorab erstatteten Rechtfertigung im Wesentlichen ausgeführt, dass die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen der Behörde durch am 15.6.2018 und am 24.1.2019 durchgeführte amtliche Erhebungen der Magistratsabteilung 36, Gewerbetechnik, zur Kenntnis gelangt seien. In objektiver Hinsicht seien die Taten aufgrund der eigenen Darstellung und des Eingeständnisses des BF betreffend die Begehung von Verwaltungsübertretungen sowie der schlüssigen und nachvollziehbaren Ermittlungen des amtlichen Meldungslegers als erwiesen anzusehen. Umstände für mangelndes Verschulden seien nicht iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht worden, weshalb, zumal es sich um Ungehorsamsdelikte handle, auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit vorlägen. Bei der Strafbemessung seien der objektive Unrechtsgehalt und das Verschulden durchschnittlich zu bewerten. Der lange Tatzeitraum sei berücksichtigt worden; im Übrigen seien keine Erschwerungs- oder Milderungsgründe hervorgekommen. Aufgrund der Angaben in der Rechtfertigung sei von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und „allfälligen Sorgepflichten“ ausgegangen worden.

Dagegen richtet sich die vom BF fristgerecht und (ohne rechtskundige Vertretung) im Ergebnis mängelfrei erhobene Beschwerde, mit dem zweifelsfrei zum Ausdruck gebrachten Begehren, die Strafhöhe zu überprüfen und weiter herabzusetzen. Begründend wurden im Wesentlichen der betriebliche Aufwand für die Herstellung eines konsens- bzw. auflagenkonformen Zustands der Betriebsanlage ins Treffen geführt. In der vorangegangenen Rechtfertigung mit Schreiben vom 13.3.2019 hatte der BF mit Vorbringen zu den Umständen im Zusammenhang mit der Betriebseröffnung implizit auch die subjektive Tatseite in Frage gestellt und ersucht, seine (näher dargelegte) finanzielle Lage zu berücksichtigen.

Im Licht der rechtlichen Beurteilung erübrigen sich hinsichtlich beider Spruchpunkte weitere Ermittlungen und Feststellungen.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz - COVID-19-VwBG wird die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 in Verjährungsfristen nicht eingerechnet. Die gegenständliche Beschwerde ist am 8.5.2019 bei der belangten Behörde eingelangt. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Hemmung der 15-monatigen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 1 VwGVG endet diese nunmehr mit 17.9.2020 weshalb die Entscheidung fristgerecht erfolgt.

Gemäß § 38 iVm § 45 Abs. 1 Z 2 zweiter und dritter Fall VStG hat das Verwaltungsgericht von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen gemäß § 22 Abs. 2 erster Satz VStG nebeneinander zu verhängen (Kumulationsprinzip). Dasselbe gilt gemäß dem zweiten Satz bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

Gemäß § 42 VwGVG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Zu I: Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 in der geltenden und anzuwendenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist unter anderem, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Die maßgeblichen Sequenzen des Tatvorhalts zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses lauten (Hervorhebungen im Original):

„[…] Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer […] der B. KG […] zu verantworten, dass diese in der Betriebsanlage in Wien, D.-gasse, bei Betrieb der Betriebsanlage im Zeitraum von 15.06.2018 bis 24.01.2019 den Auflagenpunkt Nr. 3 des rechtskräftigen Bescheides vom 19.01.2017, GZ: ...-2015, welcher lautet:

Türen und Tore in brandabschnittsbildenden Wänden müssen als Feuerschutztüren bzw. Feuerschutztore mit einer Feuerwiderstandsdauer von zumindest 30 Minuten ausgeführt sein. Die eingebauten Feuerschutztüren und Feuerschutztore müssen mindestens in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30-C gemäß der ÖNORM B 3850 (Feuerschutzabschlüsse-Drehflügeltüren und -tore sowie Pendeltüren) bzw. T 30 gemäß der vormals gültigen ÖNORM B3850 ausgeführt und funktionell erhalten sein.

insoferne nicht eingehalten hat, als

- bei einer Überprüfung am 15.06.2018 nicht sämtliche Brand- bzw. Feuerschutztüren entsprechend der ÖNORM B 3850 instandgehalten waren, da u.a. die Türe vom Empfang zum Lager 5 und die Türe vom Lager 3 in offener Stellung gehalten worden waren, die Türe vom Ölraum zur Werkstatt augenscheinlich keine Kennzeichnung aufwies und ebenso keine Schließfolgeregelung, sowie die Türen von der Werkstatt 3 beziehungsweise 2 zum Gang nicht selbstständig ins Schloss fielen und somit nicht funktionell erhalten waren und

- bei einer Überprüfung am 24.1.2019 nicht sämtliche Brand- und Feuerschutztüren entsprechend der ÖNORM B 3850 instand gehalten waren, da u.a. die Türe vom Ölraum zur Werkstatt und zum Lager 5, die Türe zum Lager 2 sowie die Türen von der Werkstatt 3 beziehungsweise 2 zum Gang nicht selbstständig ins Schloss fielen und die Türe vom Ölraum zur Werkstatt augenscheinlich keine Kennzeichnung aufwies und darüber hinaus keine Schließfolgeregelung.“

Zu diesem Vorhalt wurde eine Gesamtgeldstrafe von 230 Euro mit Gesamtersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden verhängt.

Der belangten Behörde ist zunächst dahingehend beizupflichten, dass eine über mehrere Kontrollzeitpunkte festgestellte kontinuierliche Nichteinhaltung einer Bescheidauflage in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich als fortgesetztes Delikt bzw. Dauerdelikt zu qualifizieren und daher für den gesamten in Rede stehenden Zeitraum eine Gesamtstrafe zu verhängen ist. Überdies kommt nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH auch bei fortgesetzten Delikten Fahrlässigkeit als Verschuldensform in Frage, wobei es darauf ankommt, dass wiederholte Verwirklichungen des gleichen Tatbestands im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs und einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammentreten (vgl. VwGH 21.5.2019, Ra 2018/03/0117; 3.5.2017, Ra 2016/03/0108); nicht Voraussetzung ist, dass (beim fortgesetzten Delikt) das in Rede stehende Gesamtkonzept „vorsätzlich“ rechtswidrig verwirklicht wurde.

Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass die in Rede stehende Auflage Nr. 3 des Bescheides vom 19.1.2017, ...-2015, laut Tatvorhalt mehrfach und zudem in unterschiedlicher Ausformung übertreten wurde (wobei, nur nebenbei bemerkt, auch in zeitlicher Hinsicht nicht klar ersichtlich ist, welche Mängel tatsächlich zu beiden Kontrollzeitpunkten in derselben Weise vorgefunden wurden). In jedem Fall erscheint für die Zahl der zu verhängenden Strafen maßgeblich, ob die Bescheidauflage nach den Umständen des Einzelfalls durch mehrere eigenständige und daher separat zu ahndende Tathandlungen (Unterlassungen) übertreten wurde, oder ob (auch) in „sachlicher“ Hinsicht von einem „fortgesetzten Delikt“ (im Sinn eines „Sammeldelikts“) durch gleichzeitig bzw. parallel begangene Tathandlungen (Unterlassungen) auszugehen ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Verwirklichung eines fortgesetzten Delikts durch gleichzeitig gesetzte Einzelhandlungen auch bei unterschiedlicher Identität der „Angriffsobjekte“ grundsätzlich möglich. Die äußerste Grenze eines fortgesetzten Delikts liegt aber dort, wo der Tatbestandswortlaut eine einheitliche Subsumtion von Einzelhandlungen nicht mehr zulässt, was nach vorliegender Einzelfalljudikatur etwa Schutzvorschriften zur Kennzeichnung mehrerer gleichzeitig in Verwendung stehender – wenn auch gleichartiger – Objekte betrifft (vgl. etwa VwGH 15.9.2006, 2004/04/0185; 18.9.1996, 96/03/0076, zur Kennzeichnung mehrerer eingesetzter Taxifahrzeuge). Ebenso wurde etwa judiziert, dass bei an mehreren Arbeitsplätzen (am selben Tag) gesetztem Verstoß gegen das anlagenbezogenen Gebot, an Arbeitsplätzen wirksame Absaugvorrichtungen gegen gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe einzurichten, wegen der Mehr-/Vielzahl der Gefährdungsquellen mehrere Tatbegehungen vorliegen, während eine einzige Tat dann vorliegt, wenn an einem solchen Arbeitsplatz gleichzeitig oder in zeitlicher Abfolge (fortgesetzt) verschiedene Arbeitnehmer tätig sind (vgl. VwGH 29.9.1992, 88/08/0181; Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, rdb.at, § 22, Rz 18).

Im Licht der vorzitierten Rechtsprechung wurde im vorliegenden Fall eine Schutzvorschrift (Brandschutzausführung) an mehreren Türen/Toren in brandabschnittsbildenden Wänden der Betriebsanlage verletzt, wobei jede betroffene Tür/Torvorrichtung eine eigene und zudem anders geartete und gewichtige Gefahrenquelle (bloß offene Stellung, fehlende Kennzeichnung, fehlende Schließfolgeregelung oder funktionsloser Selbstschließmechanismus) darstellte. Auch von einer „Gleichartigkeit der Begehungsform“ kann daher beim gegenständlichen Tatvorhalt nicht gesprochen werden. Letztlich ist noch anzumerken, dass explizite Kennzeichnungspflichten in der herangezogenen Auflage überhaupt nicht geregelt sind. Im Ergebnis war hier nach Ansicht des VGW die Verhängung einer alle in Rede stehenden Tür-/Tormängel umfassenden Gesamtstrafe gemäß § 22 Abs. 2 VStG unzulässig und lagen allenfalls hinsichtlich einzelner mangelhafter Türen/Tore in zeitlicher Hinsicht Dauerdelikte bzw. fortgesetzte Delikte vor.

Im Rechtsmittelverfahren kommt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die Korrektur einer unrechtmäßig verhängten Gesamtstrafe auf mehrere Strafaussprüche samt Überprüfung der jeweiligen Strafhöhe aufgrund des (für jede einzelne Strafe geltenden) Verschlechterungsverbots des § 42 VwGVG nur dann in Betracht, wenn dem Verfahren der Behörde der anzuwendende Aufteilungsschlüssel zweifelsfrei zu entnehmen ist (vgl. VwGH 11.8.2017, Ra 2017/17/0310; 31.8.2016, 2013/17/0811, mwH). Im vorliegenden Fall ist dem Tatvorhalt ein Aufteilungsschlüssel zur Gewichtung der einzelnen Übertretungen bzw. ihrer Unwerte (schon im Hinblick auf die Art der Mängel, möglicherweise auch auf unterschiedliche Teilzeitpunkte) nicht einmal im Ansatz zu entnehmen, sondern wurden offensichtlich die Ermittlungen des technischen Kontrollorgans juristisch undifferenziert in den Tatvorhalt übernommen. Selbst wenn es durch Ermittlungen im Beschwerdeverfahren grundsätzlich möglich wäre, die Übertretungen voneinander abzugrenzen, die vom Wortlaut der Auflage nicht gedeckten Kennzeichnungspflichten auszusondern und nach gerichtlichem Ermessen jeweils adäquate Strafen festzusetzen, erscheint eine Überprüfung der von der Behörde angedachten Strafhöhe(n) unter Gewährleistung der Einhaltung des Verschlechterungsverbots iSd § 42 VwGVG nicht möglich.

Nach Ansicht des VGW muss ein Strafverfahren, in dem mangels Einhaltung des Kumulationsprinzips im Behördenverfahren iSd § 42 VwGVG keine rechtskonforme Strafhöhe bemessen werden kann (und dessen Rückverweisung an die belangte Behörde gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG gesetzlich ausgeschlossen ist) unabhängig vom allfälligen Zutreffen der Tatvorwürfe gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 dritter Fall VStG wegen im Rechtsmittelstadium nicht möglicher Strafbarkeit eingestellt werden. Hierbei kann es auch nicht darauf ankommen, ob sich die Beschwerde wie im vorliegenden Fall nur gegen die Strafhöhe richtet, zumal gerade deren Überprüfung rechtlich nicht möglich ist. Den mitunter in der Rechtsprechung dargelegten Ausführungen, die Rechtsmittelinstanz habe in einem solchen Fall lediglich den Strafausspruch ersatzlos aufzuheben (vgl. etwa VwGH 30.6.1994, 94/09/0049, Volltext, viertletzter Absatz) und – folglich – den rechtskräftigen Schuldspruch als Sachentscheidung stehen zu lassen, wird hier nicht gefolgt, da das VStG als Erledigung in der Sache nur die Bestrafung, die Einstellung, den ersatzweisen Ausspruch einer Ermahnung (§ 45 Abs. 1 letzter Satz) bzw. nunmehr auch eine „Beratung“ (§ 33a) vorsieht, während für einen „Schuldspruch ohne Strafe“ als abschließende Sachentscheidung keine Rechtsgrundlage erkennbar ist (vgl. auch bereits VwGH 24.10.1966, 0445/65); auch erscheint nicht ersichtlich, in welcher Form und mit welcher rechtlichen Konsequenz eine solche Erledigung im Verwaltungsstrafregister erfasst werden sollte. Anders zu sehen wäre hingegen eine vom VwGH verfügte Aufhebung eines Strafausspruchs des VG gemäß § 42 Abs. 2 und 3 VwGG, da es sich hierbei um keine Enderledigung handelt, sondern das VG in weiterer Folge eine „komplettierende“ Ersatzentscheidung über das Strafausmaß zu treffen hat (womit im Ergebnis wieder eine im VStG vorgesehene Sachentscheidung vorliegt).

Somit war - vorbehaltlich der zugelassenen Revision - spruchgemäß zu entscheiden und dem BF infolge Obsiegens gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Zu II: Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 in der geltenden und anzuwendenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

Die maßgeblichen Sequenzen des Tatvorhalts zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses lauten (Hervorhebungen im Original):

„[…] Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer […] der B. KG, zu verantworten, dass diese als Inhaberin die mit rechtskräftigen Bescheiden […] genehmigte Betriebsanlage in Wien, D.-gasse […] nach Änderung im Zeitraum von 15.06.2018 bis 24.01.2019 durch

im Gebäude an der linken Grundgrenze:

- Nicht-Errichtung des Notausganges aus dem Chef-Büro und dem Kundenraum sowie der Fensterventilatoren, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019

- Einrichtung der Türe vom Kundenraum entgegen der Fluchtrichtung, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019,

- Nicht-Herstellung des Müllraumes und Errichtung des Müllraumes als Teil des Ölraumes, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019, sowie

im Gebäude an der rechten Grundgrenze:

- die Nicht-Herstellung des Raumes für den Kompressor am 15.06.2018,

- die Nicht-Installation eines Lüftungsgitter und den Nicht-Einbau von Schalldämpfern im Raum für den Kompressor am 24.01.2019

- geänderte Ausführung der Luftleitungen (AUL Ansaugung), indem diese an die Seitenwand (zum Raum ,Privat‘) verlegt wurde, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019,

- augenscheinliche Nicht-Installation von Brandschutzklappen in den Luftleitungen von der Werkstatt 3 zum Gang am 15.06.2018,

- um die eingebauten Brandschutzklappen waren Öffnungen in der Wand um das Lüftungsrohr am 24.01.2019 ersichtlich,

- es waren im Gang keine Ansaug- beziehungsweise Ausblasöffnungen ersichtlich, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019,

- Einrichtung einer Deckenöffnung vom Gang in den darüber liegenden Lichthof am 24.01.2019,

- Einrichtung des kleinen, zum Gang offenen Raumes als Lagerraum für brennbare Gegenstände am 15.06.2018, sowie als Lager für Reifen am 24.01.2019,

- Einrichtung der EI 90 Verkleidung der Decke bei der Werkstatt 1 nicht direkt unter dem Dach, sondern im Bereich der Lüftungsleitungen unterhalb der Leitungen, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019,

sowie waren ferner nicht sämtliche im Plan dargestellten Sicherheitsleuchten vorhanden, wie jene im Kundenraum, beim Empfang, in der Werkstatt 1 und im Aufenthaltsraum, sowohl am 15.06.2018, als auch am 24.01.2019,

ohne erforderliche rechtskräftige Genehmigung dieser Änderungen gemäß § 81 GewO 1994 im Zeitraum von 15.6.2018 bis 24.1.2019 betrieben hat, obwohl diese Änderungen geeignet sind,

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der NachbarInnen und der KundInnen, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der NachbarInnen zu gefährden (§ 74 Abs. 2 Z.1 GewO 1994), da aufgrund der Nicht-Errichtung, des Notausganges aus dem Chef-Büro und dem Kundenraum im Gebäude an der linken Grundgrenze, sowie der Einrichtung der Türe vom Kundenraum entgegen der Fluchtrichtung und der Errichtung des Müllraumes als Teil des Ölraumes, ferner der geänderten Ausführung der Luftleitungen im Gebäude an der rechten Grundgrenze, sowie der Nicht-Installation vor Brandschutzklappen in den Luftleitungen von der Werkstatt 3 zum Gang am 15.06.2018, beziehungsweise der Errichtung von Öffnungen in der Wand um das Belüftungsrohr am 24.01.2019, aufgrund der Einrichtung einer Deckenöffnung vom Gang ins Gebäude an der rechten Grundgrenze in den darüber liegenden Lichthof am 24.01.2019, der Einrichtung eines Lagers im kleinen, zum Gang hin offenen Raum im Gebäude an der rechten Grundgrenze am 15.06.2018 für brennbare Gegenstände und am 24.01.2019 für Reifen, sowie aufgrund der Einrichtung der EI 90 Verkleidung der Decke bei der Werkstatt 1 nicht direkt unter dem Dach, sondern im Bereich der Lüftungsleitungen unterhalb der Leitungen, sowie der Errichtung nicht sämtlicher Sicherheitsleuchten, wie jener im Kundenraum, beim Empfang, in der Werkstatt 1 und im Aufenthaltsraum, eine Gefährdung von Personen im Brand- und Panikfall, sowohl innerhalb der Betriebsanlage, als auch außerhalb, sohin für die Nachbarinnen nicht ausgeschlossen werden kann und darüber hinaus auch eine Gefährdung des Eigentums der Nachbarinnen im Brandfall nicht ausgeschlossen werden kann und

die Nachbarinnen durch Lärm zu belästigen (§ 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994), da durch die Nichtinstallation von Schalldämpfern im Raum für den Kompressor Belästigungen von NachbarInnen in deren Wohnräumen durch Lärm nicht ausgeschlossen werden können.“

Zu diesem Vorhalt wurde eine Gesamtgeldstrafe von 510 Euro mit Gesamersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

Grundsätzlich unterliegt der Betrieb einer Betriebsanlage im (iSv § 81 Abs. 1 GewO 1994) genehmigungspflichtig geänderten jedoch nicht genehmigten Zustand iSd § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall GewO 1994 einem einheitlichen Tatbestand, dessen Verwirklichung zu mehreren Kontrollzeitpunkten jedenfalls in zeitlicher Hinsicht zu einem fortgesetzten Delikt führt. Stellt man zudem lediglich auf den Umstand ab, dass der Betriebsanlage ein durch Gewerbsmäßigkeit bzw. Geschäftsmäßigkeit definiertes Gesamtkonzept zu Grunde liegt (zum Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung vgl. VwGH 15.9.2006, 2004/04/0185 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1995, 93/04/0191 zu § 366 Abs. 1 Z 1 und 2 GewO 1973) wäre entsprechend der Vorgangsweise der belangten Behörde für alle von einem bestimmten Betriebszeitraum erfassten nicht rechtmäßig genehmigten Änderungen – unabhängig davon, ob diese wie im vorliegenden Fall technisch völlig heterogen und allenfalls sogar mit nach Art und Ausmaß unterschiedlichen Gefährdungspotenzialen verbunden sind – eine einzige umfassende Strafe zu verhängen (vgl. auch hier zum „Sammeldelikt“ Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, rdb.at, § 22, Rz 18; Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, lexisnexis.com, zu § 22, Rz 14).

Allenfalls ist aber in Zweifel zu stellen, ob etwa die Rechtsprechung zur Tätigkeit der unbefugten Gewerbeausübung uneingeschränkt auf Übertretungen mit („technischem“) Fokus auf der Betriebsanlage selbst zu übertragen ist: Auch wenn das zweite Tatbild des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auf die Tätigkeit des „Betriebes“ im geänderten Zustand abstellt, soll dieses offenbar lediglich verhindern, dass eine aktuell ungebrochen genutzte, jedoch vormals bewilligungslos durchgeführte technische Änderung (§ 366 Abs. 1 Z 3 erstes Tatbild GewO 1994), lediglich deshalb straflos bleibt, weil Zeitpunkt bzw. Zeitspanne der Änderungsvornahme nicht mehr feststellbar oder allenfalls wegen Verjährung nicht mehr strafbar sind. Insofern liegt der Schwerpunkt bei beiden Tatbildern letztlich (anders als beim Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung) auf der Betriebsanlage und ihren unterschiedlichen Emissions-/Immissionsquellen iSd § 74 Abs. 2 GewO 1994.

Zur in einem weiteren Sinn „anlagenbezogenen“ unzulässigen Bauführung hat der VwGH etwa ausgesprochen, dass diese, wenn sie sich als Einheit darstellt und auch von einem einheitlichen Bauwillen getragen ist, als fortgesetztes Delikt und daher strafrechtlich als Einheit zu behandeln ist (vgl. VwGH 22.9.1992, 92/06/0087). Zur Verletzung der Instandhaltungsverpflichtung des Hauseigentümers gemäß § 129 Abs. 2 erster Satz BO für Wien wurde judiziert, dass die innerhalb eines bestimmten Zeitraums gesetzten Verstöße gegen diese Verpflichtung als eine einzige Verwaltungsübertretung zu ahnden sind, was auch damit begründet wird, dass bei Verhängung mehrerer Strafen für mehrere Bauteile des in Stand zu haltenden Hauses bzw. Gebäudekomplexes (als Einheit) der gesetzliche Strafrahmen überschritten werden könnte (vgl. VwGH 7.3.2000, 96/05/0107). Ein Unterschied zur Betriebsanlagenänderung kann darin gesehen werden, dass die baurechtliche Instandhaltungspflicht eine durch Gesetz und Bescheid definierte dauerhaft einzuhaltende Zielvorgabe darstellt, während der Betriebsanlagenkonsens der „Ausgangspunkt“ für unterschiedlichste eigeninitiierte (im Anlassfall erst konkret zu ermittelnde) Änderungsmaßnahmen ist. Ferner sind Betriebsanlagen in sachlicher Hinsicht wesentlich vielseitiger und komplexer als „bloße“ Baueinheiten (welche als solche lediglich eine von zahlreichen Betriebsanlagenkomponenten darstellen).

Geht es wie im vorliegenden Fall um technisch völlig heterogene und zu unterschiedlichen Zeitpunkten verwirklichte Änderungen mit technisch (qualitativ wie auch quantitativ) unterschiedlichen Gefährdungs- und Belästigungspotenzialen, welche zufällig zum selben Zeitpunkt, nämlich anlässlich derselben gewerbetechnischen Kontrolle, festgestellt wurden, stellt sich allenfalls die Frage, ob hier noch von einem „einheitlichen Tatwillen“ gesprochen werden kann oder ob in einem solchen Fall (etwa nach qualitativen Gefährdungspotenzialen oder sonstigen fallbezogen sachlichen Kriterien) Änderungskomplexe abzugrenzen und diesen (bzw. deren Betrieb) entsprechende Strafen zuzumessen sind, dies insbesondere auch unter dem Aspekt einer Nachprüfbarkeit der Strafhöhe(n) im Licht des § 42 VwGVG.

Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang ferner zu berücksichtigen, dass sich nach der ständigen Judikatur des VwGH nur einzelne Verstöße gegen dieselbe Rechtsvorschrift, nicht aber Verstöße gegen unterschiedliche Rechtsvorschriften in einen wie auch immer begründeten „Fortsetzungszusammenhang“ stellen lassen (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, rdb.at, § 22, Rz 18). Speziell im Fall des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 kann eine solche allumfassende strafrechtliche Zusammenfassung jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn einzelne der in Rede stehenden Änderungen einer Ausnahmeregelung oder anderen Verfahrensvorschriften wie dem Anzeigeverfahren unterliegen (§ 81 Abs. 2 oder 3), zumal hinsichtlich solcher Änderungen das Erfordernis der Änderungsgenehmigung nach § 81 Abs. 1 nicht gegeben ist. Dies gilt auch unabhängig davon, dass etwa dem Anzeigeverfahren unterliegende Änderungen im Administrativverfahren gemeinsam mit genehmigungspflichtigen Änderungen abgehandelt werden können (vgl. zu alldem grundlegend VwGH 12.4.2018, Ra 2016/04/0067). Der Betrieb lediglich anzeigepflichtiger Änderungen unterliegt dem Straftatbestand des § 368 GewO 1994 mit niedrigerem Strafrahmen. Entsprechende Änderungen können daher nur unter diesem Straftatbestand (allenfalls als fortgesetztes Delikt) zusammengefasst werden.

Gegenständlich sind dem angefochtenen Straferkenntnis, der vorangegangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.2.2019 wie auch den zu Grunde liegenden gewerbetechnischen Erhebungsberichten vom 6.7.2018 und 29.1.2019 hinsichtlich folgender dem BF zur Last gelegten Änderungen keine Hinweise auf ein Gefährdungs- oder Belästigungspotenzial iSd § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu entnehmen:

.) Nichterrichtung von Fensterventilatoren

.) Gänzliche Unterlassung der Herstellung eines Raums für den Kompressor am 15.6.2018, da keinerlei Hinweis auf einen dennoch vorhandenen oder betriebenen Kompressor oder eine entsprechende Betriebsmöglichkeit dokumentiert ist. Ein bloßes Absehen von der Errichtung einer ursprünglich projektierten Lärmquelle kann, sofern dadurch im Gesamtkonzept keine sonstigen Beeinträchtigungen (von Brandabschnitten o.ä.) entstehen, nicht genehmigungspflichtig, sondern (zwecks Herstellung des Konsens) höchstens anzeigepflichtig sein. Nachvollziehbar erscheint eine mögliche Lärmbelästigung erst im nachfolgenden Punkt des Vorhalts (24.1.2019), wo ein Kompressor-Raum bereits vorhanden, jedoch nicht konsenskonform mit Lüftungsgitter und Schalldämpfern ausgeführt war.

.) Fehlen von „Ansaug- bzw. Ausblasöffnungen“ im Gang. Abgesehen vom nicht dargelegten Gefährdungs-/Belästigungspotenzial ist hier der Zusammenhang insgesamt nicht verständlich und mangelt es insofern bereits an einer tauglichen Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG.

Somit ist davon auszugehen, dass die vorgenannten Teiländerungen als solche zum jeweils in Rede stehenden Zeitpunkt entweder nicht iSd § 81 Abs. 1 GewO 1994 genehmigungspflichtig sondern (wenn überhaupt) nur anzeigepflichtig waren, was das Erfordernis von zumindest zwei getrennten Strafverfahren nach unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen zur Folge gehabt hätte, oder aus anderen Gründen (weder Genehmigungs- noch Anzeigepflicht, unzureichende Strafverfolgung) aus dem Tatvorhalt auszuscheiden wären. In jedem Fall stellt sich erneut das Problem der Überprüfung der Strafhöhe, zumal dem Behördenverfahren auch hier nicht ansatzweise zu entnehmen ist, welcher anteilige Unwert bzw. welcher Strafanteil den auszuscheidenden Punkten zugedacht war. Die Gewährleistung der Einhaltung des Verschlechterungsverbots iSd § 42 VwGVG ist daher auch hier nicht möglich, woran auch der Umstand nichts ändert, dass die Gesamtstrafhöhe von 510 Euro im Hinblick auf die Vielzahl der Änderungen mit teilweise erheblichem Gefährdungspotenzial insgesamt sehr niedrig bemessen erscheint. Hinsichtlich der Gründe für die daraus folgende Entscheidung im Beschwerdeverfahren (Einstellung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 dritter Fall VStG wegen im Rechtsmittelstadium nicht möglicher Strafbarkeit) kann vollinhaltlich auf die entsprechenden Ausführungen zu Spruchpunkt I verwiesen werden.

Somit war auch hinsichtlich Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses – wiederum vorbehaltlich der zugelassenen Revision - spruchgemäß zu entscheiden und dem BF infolge Obsiegens gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Zu III (§ 25a Abs. 1 VwGG):

Die Revision war zu beiden Spruchpunkten zuzulassen, da sich bei der Beurteilung des konkreten Falles nach Ansicht des VGW mehrere Rechtsfragen stellen, die im Hinblick auf zahlreiche gleichartig strukturierte Auflagen in Anlagenbescheiden und die notorisch undifferenzierte Vorgangsweise der Gewerbebehörde beim Vorhalt von Auflagenübertretungs- und Änderungssachverhalten - jedenfalls im Bereich des gewerberechtlichen Strafverfahrens - über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung haben. Die Fragen wurden in der Rechtsprechung des VwGH bisher nicht einheitlich beantwortet bzw. erscheinen noch nicht grundlegend geklärt.

?    Zu I: Betreffend Bescheidauflagen (§ 367 Z 25 GewO 1994) stellt sich die Frage, ob mehrere (unterschiedliche) Übertretungen derselben Bescheidauflage pro Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitspanne nur einfach (zusammengefasst als in sachlicher Hinsicht „fortgesetztes“ Delikt bzw. Sammeldelikt) strafbar sind oder, wie gegenständlich vom VGW angenommen, nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere bei unterschiedlich gearteten Übertretungen bzw. mehreren Gefahrenquellen iSv VwGH 29.9.1992, 88/08/0181) gemäß § 22 Abs. 2 VStG auch mehrere Bestrafungen nebeneinander geboten sein können. Auflagen, die sich pauschal auf bestimmte Kategorien von Anlagenvorrichtungen (im vorliegenden Fall: „Türen und Tore in brandabschnittsbildenden Wänden“) beziehen, erscheinen mit technischen oder arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften in Gesetzen oder Verordnungen vergleichbar, deren Übertretungen gemäß § 22 Abs. 2 VStG auch nebeneinander strafbar sein können. Zu verweisen ist hier insbesondere auf die in der Begründung zitierten Entscheidungen VwGH 15.9.2006, 2004/04/0185; 18.9.1996, 96/03/0076, 29.9.1992, 88/08/0181. In Bezug auf Bescheidauflagen für Betriebsanlagen liegt augenscheinlich noch keine einschlägige Rechtsprechung vor.

?    Zu II: Betreffend nicht genehmigte Betriebsanlagenänderungen bzw. deren Betrieb (§ 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994) stellt sich in ähnlicher Weise die Frage, ob auch technisch unzusammenhängende bzw. nach Art und Gefährdungs-/ Belästigungspotenzial verschiedene genehmigungspflichtige Änderungsmaßnahmen pro Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitspanne nur einheitlich (zusammengefasst als in sachlicher Hinsicht „fortgesetztes“ Delikt bzw. Sammeldelikt) strafbar sind, weil es immer um dasselbe Tatbild geht, oder ob es hier – insbesondere auch unter dem Aspekt einer nachvollziehbaren Strafbemessung – geboten sein kann, nach sachlichen Kriterien (etwa Gefährdungspotenzialen) Änderungskomplexe abzugrenzen und einer getrennten Bestrafung zu unterziehen, ferner, ob die beiden Tatbilder des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 (Änderung als solche und Betrieb im geänderten Zustand) in dieser Hinsicht gleich zu behandeln sind. Fraglich erscheint etwa, ob die einschlägige Rechtsprechung zur Unterlassung von baurechtlichen Instandhaltungsmaßnahmen (VwGH 7.3.2000, 96/05/0107) trotz der in der Begründung zu Spruchpunkt II aufgezeigten Unterschiede uneingeschränkt auf Betriebsanlagenänderungen zu übertragen ist. Auch zum „fortgesetzten Delikt“ bzw. „Sammeldelikt“ im Zusammenhang mit § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 liegt offenbar noch keine Rechtsprechung vor. Die einschlägige Rechtsprechung zur unbefugten Gewerbeausübung (§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) erscheint nicht zwingend übertragbar, da bei § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 der teleologische Fokus nicht auf der Tätigkeit als solcher, sondern auf mitunter sehr heterogenen technischen Maßnahmen und ihren potenziellen Auswirkungen liegt, welche lediglich bei derselben gewerbetechnischen Kontrolle zu Tage getreten sind.

Im Zusammenhang damit steht die im vorliegenden Fall entscheidende Frage, ob Teiländerungen, welche von der Strafbehörde unrechtmäßiger Weise dem § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 unterstellt wurden (VwGH 12.4.2018, Ra 2016/04/0067), bei (nach Ermessen des VG) anteiliger Reduzierung der Strafhöhe aus dem Vorhalt auszuscheiden wären oder bei Nichterkennbarkeit einer Gewichtung bzw. eines „Aufteilungsschlüssels“ (iSv VwGH 11.8.2017, Ra 2017/17/0310; 31.8.2016, 2013/17/0811, mwH) eine Neubemessung der Strafe mangels Gewährleistung der Einhaltung des Verschlechterungsverbots iSd § 42 VwGVG nicht in Betracht kommt.

?    Zu I und II: Es liegt offenbar noch keine einheitliche Rechtsprechung zu der Frage vor, wie das VG vorzugehen hat, wenn die Verwaltungsstrafbehörde unrichtiger Weise entgegen § 22 Abs. 2 VStG eine Gesamtstrafe verhängt hat, dies im Allgemeinen, und wenn – wie im vorliegenden Fall – als weiterer Aspekt die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Bekämpfung der Strafhöhe hinzukommt. Wie in der Begründung dargelegt wurde, gibt es einerseits eine ältere Rechtsprechung, die (ebenso wie das VGW im vorliegenden Fall) davon ausgeht, dass ein „Schuldspruch ohne Strafe“ nach dem VStG als endgültige Sachentscheidung keine Rechtsgrundlage findet, wobei aus dem betreffenden Rechtssatz nicht hervorgeht, welche Art von Entscheidung die Rechtsmittelinstanz gegebenenfalls zu treffen hätte (VwGH 24.10.1966, 0445/65). Zum anderen judiziert der VwGH vereinzelt, dass im Rechtsmittelverfahren lediglich der Strafausspruch zu beheben und folglich der „Schuldspruch“ als solcher stehen zu lassen wäre (vgl. etwa VwGH 30.6.1994, 94/09/0049, Volltext, viertletzter Absatz). Das VGW vertritt, wie zu Spruchpunkt I ausgeführt wurde, die Ansicht, dass die letztgenannte Vorgangsweise nur bei einer Entscheidung des VwGH nach § 42 Abs. 2 und 3 VwGG, nicht aber als endgültige Sachentscheidung des VG in Frage kommt; die einzige vom VStG gedeckte Möglichkeit erscheint eine Behebung mangels Strafbarkeit iSd § 45 Abs. 2 Z 3 zu sein. Die Beschränkung des Rechtmittels auf die Bekämpfung der Strafhöhe kann in diesem Fall keinen Unterschied machen, da gerade eine gesetzeskonforme (die Einhaltung des § 42 VwGVG garantierende) Überprüfung der Strafhöhe in diesem Fall nicht möglich ist.

Schlagworte

Auflage; Nichteinhaltung einer Bescheidauflage; Betriebsanlage; Änderung; fortgesetztes Delikt; Sammeldelikt; Dauerdelikt; Kumulationsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.021.079.6846.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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