TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 95/21/1196

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Oktober 1995, Zl. Fr 331/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. Oktober 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 Fremdengesetz (FrG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, der Beschwerdeführer sei am 8. Mai 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt. Das Asylverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen worden; gegen den ablehnenden Bescheid habe der Beschwerdeführer eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei rechtskräftig durch Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Juli 1995 abgewiesen worden. Er gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht St. Pölten am 20. Dezember 1994 rechtskräftig wegen der §§ 144 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1, 107 Abs. 1 und 2, 83 Abs. 1, 223 Abs. 2 und 228 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, davon vier Monate unbedingt, verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, daß er seine geschiedene Gattin zwischen Dezember 1993 und Anfang August 1994 durch Gewalt zur Ausfolgung von Geldbeträgen in der Höhe von S 4.000,-- bis S 5.000,-- monatlich genötigt habe, um sich unrechtmäßig zu bereichern. Weiters habe er in diesem Zeitraum wiederholt seine geschiedene Gattin durch gefährliche Drohung genötigt und am 9. August 1994 mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sich geäußert habe, ihr mit dem Messer den Kopf abzuschneiden. Zwischen 27. August 1993 und 8. August 1994 habe er wiederholt seine geschiedene Gattin durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper verletzt. Am 14. Dezember 1993 habe er einen gefälschten jugoslawischen Führerschein im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes anläßlich der Antragstellung auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung gebraucht sowie versucht, durch Vorlage des gefälschten jugoslawischen Führerscheins bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs zu bewirken, daß dieser Führerschein "in einem österreichischen Führerschein richtig beurkundet" werde. Aufgrund der Verurteilung sei "das im Fremdengesetz geforderte Mindestausmaß weiterhin überschritten" worden und es sei durch die wiederholte Tatausführung nicht nur der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt, sondern auch die im Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.

In Österreich hielten sich die geschiedene Frau des Beschwerdeführers und das gemeinsame Kind auf. Der Beschwerdeführer lebe nach seinen Ausführungen nunmehr mit seiner geschiedenen Gattin wieder zusammen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle einen Eingriff in sein Familienleben dar, der jedoch in Anbetracht des schwerwiegenden Verstoßes gegen die hiesige Rechtsordnung und der wiederholten Eingriffe in verschiedene Rechtsgüter nicht nur zulässig sei, sondern dringend geboten erscheine. Sein Verhalten in der Vergangenheit lasse jedenfalls für die Behörde den Schluß auf eine besonders sozialschädliche Neigung zur Mißachtung österreichischer Rechtsvorschriften, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen im Interesse eines geordneten Zusammenlebens bestünden, zu. In Abwägung der für und gegen ein Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen und privaten Interessen ließen das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers und seine offenkundig sozialschädliche Neigung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten erscheinen, "weswegen die allenfalls dagegen stehenden Privatinteressen hier keine erhebliche Berücksichtigung finden können".

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Tatsache der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung unbestritten und die daraus gezogene rechtliche Schlußfolgerung, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die im Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt insoweit keine Bedenken.

2. Soweit der Beschwerdeführer eine unrichtige Anwendung des § 19 FrG behauptet, ist dem zu entgegnen, daß die belangte Behörde ohnehin einen mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers annahm. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Eingriff zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der körperlichen Integrität anderer dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig ist.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe übersehen, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Die belangte Behörde hätte beachten müssen, daß primär familiäre Probleme zu den Straftaten geführt hätten, wobei diese Probleme nicht mehr bestünden, sodaß beim Beschwerdeführer von einer positiven Prognose auszugehen gewesen wäre. Die belangte Behörde sei ihrer Abwägungsverpflichtung "im Sinne der §§ 19 und 20 FrG" nicht entsprechend nachgekommen.

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu einem für den Beschwerdeführer ungünstigen Ergebnis der Interessenabwägung im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG gelangt ist. Der Beschwerdeführer verstieß in gravierender Weise gegen strafgesetzliche Vorschriften zum Schutz fremden Vermögens, der körperlichen Integrität anderer, der Freiheit anderer und der Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen, weshalb zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der körperlichen Integrität und des Eigentums anderer das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer sehr schwer wiegt. Die gegenüberstehenden privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers werden beträchtlich dadurch gemindert, daß sich seine strafbaren Handlungen (soweit sie nicht den gefälschten jugoslawischen Führerschein betrafen) gerade gegen seine geschiedene Gattin richteten. Wenn der Beschwerdeführer seine Gattin über einen längeren Zeitraum mit Gewalt zur Ausfolgung von Geldbeträgen genötigt, sie wiederholt durch gefährliche Drohung genötigt und auch mit dem Tod gefährlich bedroht und sie wiederholt durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper verletzt hatte, vermag die Intensität der familiären Bindungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 FrG nicht wesentlich zugunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen. Wenn der Beschwerdeführer meint, daß die familiären Probleme nicht mehr bestünden und eine neuerliche Eheschließung bevorstehe, vermag dies mangels konkreter Anhaltspunkte eine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer nicht zu begründen, da sich dessen brutales Vorgehen gegen seine Ehegattin über einen längeren Zeitraum erstreckte und es sich nicht um einen "bloßen Ausrutscher" handelte. Seine Unterhaltszahlungen kann der Beschwerdeführer auch aus dem Ausland leisten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/1142). Im übrigen geht der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid keiner Beschäftigung nach. Die der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entgegenstehenden Interessen des Beschwerdeführers wiegen aufgrund des dargestellten Sachverhaltes keinesfalls schwerer als die öffentlichen Interessen an der Beendigung seines Aufenthaltes in Österreich.

3. Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensmängel durch Verstoß gegen die Manuduktionspflicht, durch mangelhafte Begründung des Bescheides und durch Unterlassung der Vernehmung seiner geschiedenen Gattin aufzuzeigen versucht, unterläßt er die Angabe, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde gelangen hätte können, die zu einem für ihn günstigeren Ergebnis in der Sache geführt hätten. Mangels Relevanz geht daher die Verfahrensrüge ins Leere.

4. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995211196.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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