TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/20 95/18/1142

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Veröffentlicht am 20.07.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
StGB §129;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. April 1995, Zl. SD 205/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. April 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992 in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit etwa fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Er sei am 30. Juli 1993 vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung zu einer Geldstrafe sowie am 21. Juli 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahles sowie wegen unbefugten Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt auf "drei Monate" (gemeint wohl: drei Jahre, wie auch in der Beschwerde zugestanden) rechtskräftig verurteilt worden. überdies sei er im Jahre 1993 wegen "illegalen Aufenthaltes" bestraft worden.

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG seien erfüllt. Das den Verurteilungen zugrundeliegende Verhalten rechtfertige die Annahme des § 18 Abs. 1 leg. cit. Durch das Aufenthaltsverbot werde in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der mit seinem Kind im gemeinsamen Haushalt lebe, eingegriffen. Das Aufenthaltsverbot sei jedoch im Grunde des § 19 FrG zulässig, weil es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der MRK genannten Ziele, vor allem der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen aber auch im Interesse eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten sei.

Bei der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG sei der relativ hohe Grad an Integration, den sowohl der Beschwerdeführer selbst, als auch seine Familie erreicht hätten, als "nicht unerheblich" zu werten gewesen. Diese Umstände wögen jedoch nicht schwerer, als die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen. Die Rückzahlungen für den aufgenommenen Kredit und die Unterhaltsleistungen für sein Kind könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus erbringen. Die Befristung des Aufenthaltsverbotes mit zehn Jahren sei erforderlich. Da ein Fall des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vorliege, hätte das Aufenthaltsverbot gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. auch unbefristet erlassen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, erkennbar inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Tatsache der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung und die daraus gezogene rechtliche Schlußfolgerung, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt insoweit keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich indes gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Er führt dazu ins Treffen, daß es sich bei der Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahles und unbefugten Besitzes einer verbotenen Waffe um das - abgesehen von der nicht ins Gewicht fallenden Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung - "erste tatsächlich entsprechend zu würdigende Fehlverhalten" handle. Auf Grund der Meinung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, daß eine bedingte Strafnachsicht ausreiche, um ihn in Zukunft von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, des Umstandes, daß er durch die Verurteilung seine "Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung grundlegend geändert" habe und seines Wohlverhaltens seit der Verurteilung ergebe sich, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle.

2.2. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer in mehrfacher Hinsicht gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen hat. Die Annahme der belangten Behörde, daß der gerichtlichen Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahles mehrere Angriffe gegen fremdes Vermögen zugrundelägen, blieb von ihm unbekämpft. Aus den strafbaren Handlungen ergibt sich eine negative Haltung gegenüber den Vorschriften zum Schutz fremden Eigentums. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer - was in der Beschwerde ebenfalls nicht bestritten wird - auch eine in Österreich verbotene Waffe besessen hat und wegen der Verwaltungsübertretung des unbefugten Aufenthaltes bestraft wurde, ist die von der belangten Behörde angenommene Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt. Das Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit der letzten gerichtlichen Verurteilung ist viel zu kurz, um bei der Beurteilung der Annahme des § 18 Abs. 1 FrG ins Gewicht zu fallen. Der vom Gericht ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht kommt insofern für das fremdenrechtliche Verfahren keine Relevanz zu, als die belangte Behörde ihre Entscheidung - frei von jeglicher Bindung an gerichtliche Beurteilungen - ausschließlich aus dem Blickwinkel der von ihr anzuwendenden fremdenrechtlichen Normen zu treffen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0525).

2.3. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dem § 19 FrG widerspreche und die belangte Behörde bei der nach § 20 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung die familiären und privaten Interessen nicht vollständig festgestellt und berücksichtigt habe.

Die belangte Behörde hat - ausgehend von der zutreffenden Ansicht, daß mit dem Aufenthaltsverbot ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden wäre - die Auffassung vertreten, daß diese Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Rechte anderer und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei. Dies mit Recht: Vor allem die der gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Angriffe gegen fremdes Vermögen machen angesichts des wichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer, insbesondere zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer, notwendig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0338). Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen unbefugten Besitzes einer verbotenen Waffe und die Bestrafung wegen unbefugten Aufenthaltes zeigen, daß das Aufenthaltsverbot auch im Interesse der öffentlichen Ordnung (vor allem eines geordneten Fremdenwesens) und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen dringend geboten und damit im Grunde des § 19 FrG zulässig ist.

2.4. Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Abwägung hat die belangte Behörde auf die Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie Bedacht genommen und diesem Umstand erhebliches Gewicht beigemessen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat sie daher die "nachteiligen Auswirkungen auf die Familienangehörigen" sehr wohl berücksichtigt. Im Hinblick auf die ohnehin bedeutende Gewichtung des Eingriffs in das Familienleben ist es unerheblich, ob die belangte Behörde unter dem Begriff "Familie" auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers verstanden hat. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß der Beschwerdeführer sowohl seine Unterhaltszahlungen als auch die Rückzahlungen für den Kredit ebenso aus dem Ausland leisten kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0064). Der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers kommt bei dieser Interessenabwägung nur geringes Gewicht zu, zumal die für eine daraus abzuleitende Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1995, Zl. 95/18/0286).

Wenngleich den privaten (familiären) Interessen des Beschwerdeführers insgesamt betrachtet doch ein beachtliches Gewicht zukommt, so kann der belangten Behörde dennoch nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu einem für den Beschwerdeführer ungünstigen Ergebnis der Interessenabwägung gelangt ist. Das durch das beschriebene gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers begründete öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme wiegen schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995181142.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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