TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 93/12/0176

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/09 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht Nachkriegsrecht
Übergangsrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §128;
BDG 1979 §80 Abs2;
BDG 1979 §80 Abs5 Z1;
BDG 1979 §80 Abs5;
BDG 1979 §80 Abs7;
BDG 1979 §80 Abs9;
GÜG §24 Abs1 idF 1970/243;
GÜG §24 Abs4 idF 1970/243;
PG 1965 §1 Abs1;
PG 1965 §3;
PG 1965 §6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der MS in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 29. April 1993, Zl. 224.201/8-2.3/92, betreffend Entziehung einer Naturalwohnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die geschiedene Ehegattin (im folgenden frühere Ehegattin) des am 26. Dezember 1991 verstorbenen ES (Jahrgang 1910), der zuletzt als Oberst in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund stand und dem die Naturalwohnung in S, G-Straße 46/EG/2, zugewiesen war bzw. ab dem Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung im Jahr 1975 (weiter) belassen worden war.

Mit Schreiben vom 31. Dezember 1991 gab die Beschwerdeführerin der BGV II das Ableben ihres früheren Ehegatten bekannt. Da sie seit über zehn Jahren hier wohne, ersuche sie um die Möglichkeit, die Naturalwohnung weiter behalten zu können. Sie wies unter anderem darauf hin, daß sie ihren früheren Ehegatten nach einem im August 1985 erlittenen Gehirnschlag mit Folgewirkungen (Lähmung, Sprechunfähigkeit) neben dem Pflegeheim während der Woche und jedes Wochenende in dessen Wohnung betreut habe. Als sein Sachwalter habe sie die Hälfte der "Miete" an ihn überwiesen, da mit den Unterhaltszahlungen an seine erste von ihm geschiedene Ehefrau und den Pflegekosten ansonsten die Höhe seiner Bezüge überschritten worden wäre.

Mit Schreiben vom 12. März 1992 teilte das Militärkommando Salzburg der Beschwerdeführerin mit, ihr Antrag könne nicht positiv erledigt werden, da die Wohnung ausschließlich zur Wohnversorgung von Heeresangehörigen gewidmet und eine nachträgliche Umwidmung in eine Mietwohnung nicht möglich sei. Da die Beschwerdeführerin diese Voraussetzung nicht erfülle, bewohne sie die Wohnung ohne Rechtstitel und müsse aufgefordert werden, die Wohnung zu räumen. Als Termin für die Räumung wurde Ende April 1992 festgesetzt.

Mit Schreiben vom 26. November 1992 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu ihrem Schreiben vom 31. Dezember 1991 mit, es sei beabsichtigt, die dem früheren verstorbenen Ehegatten überlassene (näher beschriebene) Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 9 im Zusammenhang mit § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 zu entziehen und als Ende der Räumungsfrist den 30. April 1993 festzusetzen. Die Naturalwohnung werde zur Wohnversorgung eines Bediensteten des Dienststandes dringend benötigt.

In ihrer Stellungnahme vom 23. Dezember 1992 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sie 1. ihren früheren Ehegatten auch nach der Scheidung auf Grund seines Zustandes nach einem Gehirnschlag getreulich gepflegt habe. Die aus einem momentanen Entschluß ihres früheren Ehegatten erfolgte Scheidung habe nicht zur Aufhebung der Lebensgemeinschaft geführt. Sie selbst wohne seit über zehn Jahren in dieser Wohnung und ersuche neuerlich, ihr deren Benützung gegen einen angemessenen Mietzins zu ermöglichen. Sie wäre ansonsten der Obdachlosigkeit ausgesetzt, was zweifellos eine unbillige Härte ihr gegenüber darstellte, würdigte man die sozialen Aspekte entsprechend. 2. wies sie darauf hin, nach den ihr erteilten Rechtsauskünften komme ihr ein Rechtsanspruch auf Miete der Wohnung zu, weil die von ihr geleisteten Bezahlungen unbeanstandet angenommen und sie ihre Mietzahlungen stets pünktlich geleistet habe. 3. führte die Beschwerdeführerin ihr fortgeschrittenes Lebensalter ins Treffen. Sie habe in ihrem Leben bereits genügend Schicksalsschläge hinnehmen müssen (wird näher ausgeführt). Vom moralischen Standpunkt aus habe sie einen Anspruch darauf, daß ihr wie einer Offizierswitwe der Weiterverbleib in der Wohnung ermöglicht werde. 4. ersuchte sie daher, die vorgesehene Räumungsfrist als gegenstandslos zu erklären und ihr die Stellung als Mieterin einzuräumen bzw. die Weiterbenutzung zu den "gegenständlichen" Bedingungen zu ermöglichen.

Hierauf erließ die belangte Behörde den folgenden nunmehr angefochtenen Bescheid:

"1.

Gemäß § 80 Abs. 9 im Zusammenhalt mit § 80 Abs. 5 Z. 1 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, wird Ihnen die Ihrem am 26.12.1991 verstorbenen und von Ihnen geschiedenen Ehemann, Obst i.R. ES mit Schreiben der Bundesgebäudeverwaltung II vom 25.2.1957, GZ 152/105/57, überlassene Naturalwohnung in S, G-Straße 46/EG/2, bestehend aus 3 Zimmern, Vorraum, Zwischenflur, Küche, Bad/WC, Mansarde, 1/8 Anteil am Gemeinschaftsbad u. WC, im Gesamtausmaß von 115,89 m2, Kellerabteil, entzogen.

Sie haben die oben näher bezeichnete bundeseigene Naturalwohnung (beNW) bis spätestens 31.7.1993 geräumt zu übergeben.

2.

Ihr Ersuchen um Abschluß eines Mietvertrages für die im Punkt 1 näher bezeichnete beNW wird abgewiesen."

Nach der Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens nahm die belangte Behörde zum Vorbringen der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 1992 wie folgt Stellung:

"ad 1 und ad 3)

Im Hinblick darauf, daß es eine erhebliche Anzahl von Bediensteten des Dienststandes mit Dienstort S gibt, die um Zuweisung einer Naturalwohnung ersucht haben, wird die in Rede stehende Naturalwohnung zur familiengerechten Wohnversorgung von Heeresbediensteten dringend benötigt. Eine Weiterbelassung im Sinne des Abs. 9 kann daher nicht gewährt werden. Auch die in Ihrer Person gelegenen wirtschaftlichen und sozialen Interessen an der Weiterbenützung der in Rede stehenden Naturalwohnung können zu keiner anderen Beurteilung führen. Sollte es Ihnen nicht möglich sein, innerhalb der Räumungsfrist - das ist bis 31.7.1993 - eine andere Wohnmöglichkeit zu erhalten, bleibt es Ihnen unbenommen, um Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt 1 Jahr (bis längstens 31.5.1994) anzusuchen. In diesem Fall hätten Sie das Zutreffen Ihres bisherigen Vorbringens und zwar unter Anschluß oder Anführung von Bescheinigungsmittel, glaubhaft darzulegen. Die Bestimmung des § 80 Abs. 7 leg. cit. räumt Ihnen aber keinen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Räumungsfrist ein, sondern stellt diese Maßnahme in das Ermessen der Dienstbehörde. ad 2)

Die in Rede stehende Naturalwohnung unterliegt nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes. § 80 Abs. 3 weist ausdrücklich darauf hin, daß durch die Zuweisung einer Naturalwohnung kein Bestandverhältnis begründet wird. Die Zuweisung einer Naturalwohnung stellt einen öffentlich rechtlichen Titel dar.

ad 4)

Im Hinblick auf den dringenden Bedarf an der in Rede stehenden Naturalwohnung wird Ihnen der Abschluß eines Mietvertrages nicht ermöglicht.

Es war spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 80 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333,

lautet (auszugsweise):

"(1) Die Dienstbehörde hat dem Beamten nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Dienstkleidung, Dienstabzeichen und sonstige Sachbehelfe beizustellen.

(2) Dem Beamten kann im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung ist eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muß, Naturalwohnung ist jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.

(3) Durch die Zuweisung einer Dienst- oder Naturalwohnung an den Beamten wird kein Bestandverhältnis begründet.

...

(5) Die Dienstbehörde kann die Dienst- oder Naturalwohnung entziehen, wenn

1.

der Beamte an einen anderen Dienstort versetzt wird oder aus dem Dienststand ausscheidet,

2.

ein Verhalten gesetzt wird, das einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 3 des Mietrechtsgesetzes 1981, BGBl. Nr. 520, darstellen würde,

3.

die Wohnung auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maße den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung,

4.

der Beamte die Dienst- oder Naturalwohnung oder Teile derselben dritten Personen überlassen hat.

...

(7) Ist eine Dienst- oder Naturalwohnung entzogen worden, so hat sie der Beamte innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen. Die Räumungsfrist kann, wenn es das dienstliche Interesse erfordert, bis auf einen Monat herabgesetzt werden. Eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt ein Jahr ist zulässig, wenn der Beamte glaubhaft macht, daß es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine andere Wohnmöglichkeit zu erhalten.

(8) Die Abs. 2 bis 7 gelten sinngemäß auch für Grundstücke, Hausgärten, Garagen und Abstellplätze, es sei denn, daß für die Benützung eine privatrechtliche Vereinbarung maßgebend ist.

(9) Die Dienstbehörde kann dem Beamten, der an einen anderen Dienstort versetzt wurde, dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so lange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird. Die Abs. 3 bis 8 gelten sinngemäß."

Art. 2 Abs. 2 (Aufzählung der nachgeordneten Dienstbehörden und Übertragung von Aufgaben an diese) der Novelle der DVV 1981, BGBl. Nr. 707/1991, lauten:

"(2) Für die Zeit vom 1. Jänner 1992 bis 30. Juni 1992 lautet § 2 Z. 7 DVV 1981 wie folgt:

7. Im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung

a)

die Korpskommanden,

b)

das Militärkommando Wien,

c)

das Kommando der Fliegerdivision,

d)

das Heeres-Materialamt;

den in den lit. a bis d angeführten Dienstbehörden wird abweichend von § 1 Abs. 1 Z. 24 die Zuständigkeit in den Angelegenheiten der Gewährung von Belohnungen, Vorschüssen und Geldaushilfen sowie abweichend von § 1 Abs. 1 Z. 25 die Zuständigkeit in den Angelegenheiten der Dienst- und Naturalwohnungen, Grundstücken, Hausgärten, Garagen und Abstellplätzen nicht übertragen;

(3) Verfahren, die am Tag vor dem Inkrafttreten gemäß den Abs. 1 oder 2 anhängig waren, sind nach den bisherigen Vorschriften fortzuführen."

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Aktenlage davon aus, daß die belangte Behörde mit Fernschreiben an das Militärkommando Salzburg bereits im Jänner und März 1992 von Amts wegen im Beschwerdefall Ermittlungsschritte eingeleitet hat, sodaß das gegenständliche Verfahren jedenfalls am 30. Juni 1992 anhängig war. Auf Grund der obzitierten Übergangsvorschrift war daher am Tag vor dem Stichzeitpunkt (gemäß Art. 2 Abs. 1 der Novelle zur DVV 1981, BGBl. Nr. 707/1991 war dies der 1. Juli 1992) bereits ein Verfahren anhängig, das nach den bisherigen Vorschriften fortzuführen war. Lege non distinguente gilt das auch für die Zuständigkeit. Die belangte Behörde war daher auf Grund des obzitierten Vorbehaltes in der DVV 1981 nach dem DVG zur Erlassung dieses Bescheides zuständig.

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, nach § 1 BDG 1979 sei dieses Gesetz auf alle Bediensteten anzuwenden, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen. Der angefochtene Bescheid könne nur im Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Dienstgeber und seinen Dienstnehmern Rechtswirkungen entfalten. Die Beschwerdeführerin sei keine öffentlich-rechtliche Bedienstete und auch weder Erbin noch Rechtsnachfolgerin nach ihrem früheren verstorbenen Ehegatten. Die Auffassung der belangten Behörde laufe darauf hinaus, ihr stünde kein Rechtstitel für die Benützung der Wohnung zu. Den aus dieser inhaltlich verfehlten Auffassung abgeleiteten Anspruch müßte der Bund aber auf Grund des oben Gesagten durch Räumungsklage vor den ordentlichen Gerichten durchsetzen, selbst wenn dabei öffentlich-rechtliche Vorfragen zu beurteilen seien. Abgesehen davon, habe die Beschwerdeführerin seit dem Tod ihres früheren Ehegatten die monatlich von ihr geforderten Beträge als Miete gewidmet an die belangte Behörde überwiesen. Dieser Widmung sei nicht widersprochen worden. Es sei auch weder eine Rückzahlung noch eine gerichtliche Hinterlegung der von ihr einbehaltenen Beträge erfolgt. Daraus leite sie die Begründung eines konkludenten, den Bestimmungen des MRG unterliegenden Mietverhältnisses ab, für dessen Auflösung ebenfalls nur die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Durch Bescheid könne in ein derartiges Mietverhältnis jedenfalls nicht eingegriffen werden; hiefür sei die belangte Behörde nicht zuständig. Trotz Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Entstehen eines (privatrechtlichen) Mietverhältnisses habe sich die belangte Behörde damit nicht auseinandergesetzt und dazu kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Diese Mängel fußten offenbar auf der verfehlten Rechtsauffassung, das Rechtsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Bund bezüglich der gegenständlichen Wohnung sei auf dem Boden des BDG 1979 zu lösen.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde nach dem Spruchabschnitt 1 des angefochtenen Bescheides der Beschwerdeführerin die ihrem früheren Ehegatten überlassene Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 9 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 entzogen und gleichzeitig eine Räumungsfrist (nach § 80 Abs. 7 leg. cit.) festgesetzt. Die im Beschwerdefall strittige Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung eines derartigen Bescheides hängt davon ab, ob die Benützung dieser Wohnung auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhte oder nicht, weil nur im ersteren Fall die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entziehung dieser Wohnung gemäß § 80 Abs. 9 gegeben war.

Unbestritten beruhte die (tatsächliche) Benützung dieser Wohnung durch den früheren Ehegatten der Beschwerdeführerin nicht auf einem privatrechtlichen (Bestandvertrag), sondern auf einem öffentlich-rechtlichen Titel, und zwar offenkundig auf einer im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung (1975) an ihn erfolgten Belassung nach § 24 Abs. 4 des Gehaltsüberleitungsgesetzes (GÜG) in der Fassung der 1. GÜG-Novelle 1970, BGBl. Nr. 243. Deshalb erfolgte auch nach der Aktenlage die Vorschreibung der Vergütung für diese Naturalwohnung bescheidmäßig.

Da im Zeitpunkt des Todes des früheren Ehegatten der Beschwerdeführerin Ende 1991 das BDG 1979 galt, ist die oben aufgeworfene Frage anhand dieser Rechtslage zu lösen.

Mit dem Zeitpunkt des Todes des Genannten endete dieses öffentlich-rechtliche Benützungsverhältnis (und zwar ohne Rücksicht, ob dessen Begründung nach § 80 Abs. 2 oder 9 BDG 1979 bzw. § 24 Abs. 1 oder 4 GÜG erfolgte). Ein Bescheid, mit dem dem Beamten gegenüber ein öffentlich-rechtliches Benützungsrecht nach § 80 Abs. 2 BDG 1979 (nach der vergleichbaren Vorgängerbestimmung gemäß § 24 Abs. 1 GÜG) begründet wurde, hat nämlich weder dingliche Wirkung noch eröffnet das Gesetz das Eintrittsrecht bestimmter Rechtsnachfolger in dieses Rechtsverhältnis: § 80 Abs. 9 BDG 1979 sieht nämlich ausdrücklich für den Fall des Todes des Beamten vor, daß die Dienstbehörde durch einen in ihrem Ermessen gelegenen Willensakt die (weitere) tatsächliche Benützung den zu diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt lebenden Hinterbliebenen gestatten kann. Dies gilt auch, wenn das Benützungsrecht des verstorbenen Beamten auf einer Gestattung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 (bzw. nach der vergleichbaren Vorgängerbestimmung nach § 24 Abs. 4 GÜG) beruht, schließt doch der Wortlaut die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Hinterbliebene für diesen Fall nicht aus.

Die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 9 BDG 1979 ist im Beschwerdefall auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Zwar zählt das BDG 1979 nicht ausdrücklich auf, wer zum Kreis der Hinterbliebenen im Sinne der genannten Norm zählt (vgl. auch § 128 BDG 1979, der diesen Begriff gleichfalls ohne Definition verwendet). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber das Pensionsgesetz 1965 (PG), das unter anderem die Versorgung der Hinterbliebenen regelt (§ 1 Abs. 1 leg. cit.) und insofern auf demselben Schutzweck beruht wie § 80 Abs. 9 BDG 1979, zu dessen Auslegung heranzuziehen: Demnach zählt unter anderem auch die geschiedene Ehefrau (der geschiedene Ehegatte) zum Kreis der Hinterbliebenen (vgl. § 1 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 PG). Die belangte Behörde hat auch nicht das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, sie habe im Zeitpunkt des Todes ihres früheren Ehemannes mit diesem in der gegenständlichen Wohnung im gemeinsamen Haushalt gelebt, in Zweifel gezogen und widerlegt.

Zu klären ist daher, ob die aus dem Tod des früheren Ehemannes Ende 1991 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte tatsächliche Benützung der gegenständlichen Naturwalwohnung durch die Beschwerdeführerin auf einer Gestattung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 beruhte.

§ 80 Abs. 9 BDG läßt offen, in welcher Rechtsform die Gestattung zu erfolgen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 14. März 1988, 87/12/0007 = Slg. N.F. Nr. 12669/A ausgesprochen, daß die Gestattung nach dieser Bestimmung voraussetzt, daß dem in dieser Bestimmung genannten Personenkreis kein subjektives Recht auf Benützung der Naturalwohnung (mehr) zusteht. Durch die Gestattung soll vielmehr ein eigener öffentlich-rechtlicher - wenn auch zeitlich begrenzter - Titel für die weitere Benützung der Naturalwohnung geschaffen werden. Insofern besteht zwischen § 80 Abs. 9 und Abs. 7 BDG 1979 eine inhaltliche Ähnlichkeit:

Beide Bestimmungen regeln nämlich Fälle, in denen eine Naturalwohnung nach Entziehung (allenfalls Erlöschen) des subjektiv öffentlich-rechtlichen Benützungsrechtes rechtlich zulässig, zeitlich begrenzt tatsächlich weiter benützt werden darf.

Dieser öffentlich-rechtliche Titel nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 ist zwar in seinem Bestandschutz schwächer ausgestaltet als das mit Bescheid dem Beamten des Dienststandes gegenüber nach § 80 Abs. 2 BDG 1979 begründete Benützungsverhältnis, weil neben den (sinngemäß) anwendbaren Entziehungstatbeständen nach § 80 Abs. 5 der dringende Bedarf für einen Beamten des Dienststandes jedenfalls zu seiner Beendigung zu führen hat. Dessen ungeachtet entstehen auch aus der auf Gestattung beruhenden Benützung wechselseitige subjektiv öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, insbesondere hat derjenige, dem die tatsächliche Benützung gestattet wurde, solange die Gestattung aufrecht ist, ein Recht auf Benützung. Er hat auch das Recht, daß die Endigung dieses Gestattungsverhältnisses nur aus den im Gesetz genannten Gründen erfolgt.

Daraus ist aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu schließen, daß auch das Gestattungsverhältnis im Sinne des § 80 Abs. 9 BDG 1979 durch Bescheid zu begründen ist. Der Verweisung im letzten Satz des Abs. 9 ist nicht die Bedeutung beizumessen, daß die Begründung dieses öffentlich-rechtlichen Benützungsverhältnisses nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 durch einen öffentlich-rechtlichen Akt sui generis erfolgen soll.

Auf diese Weise ist auch eine klare Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Rechtswegen (Art. 94 B-VG) gegeben: Nur wenn die Gestattung der Benützung der Naturalwohnung durch die Dienstbehörde durch Bescheid nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 ausgesprochen wurde, sind Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis im Verwaltungsweg auszutragen. Wird die Wohnung aber auf Grund einer (allenfalls auch konkludent) abgeschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung benützt, ist der Rechtsweg (Zuständigkeit der Gerichte) gegeben. Wird die Wohnung (nach Erlöschen des öffentlich-rechtlichen Benützungsverhältnisses durch Tod des Beamten) von einem Hinterbliebenen ohne öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Titel weitergenutzt, ist für daraus resultierende Rechtsstreitigkeiten gleichfalls der Rechtsweg eröffnet.

Im Beschwerdefall ergibt sich aus den Verwaltungsakten zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde keine Gestattung im Sinne des § 80 Abs. 9 BDG 1979 durch Bescheid eingeräumt wurde. Damit steht aber fest, daß die belangte Behörde auch nicht zu der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entziehung eines solchen Rechtes zuständig war. Ob die Beschwerdeführerin - wie sie annimmt - die Benützung der gegenständlichen Wohnung auf einen privatrechtlichen Titel (konkludentes Zustandekommen eines Bestandverhältnisses) stützen kann oder diese Wohnung ohne Titel benützt, ist aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht zu klären; hiezu sind die ordentlichen Gerichte berufen.

Unabhängig von der mangelnden Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Spruchabschnittes 1 weist der Verwaltungsgerichtshof zur Klarstellung darauf hin, daß § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 91/12/0154, ausgesprochen hat - in seinem zweiten Tatbestand (Ausscheiden aus dem Dienststand) nur den Fall der gleichzeitigen Begründung des Ruhestandes erfaßt, nicht aber auf das Erlöschen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses anzuwenden ist. Daher kommt § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 mit Bezug auf die Beschwerdeführerin, die in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht, nicht in Betracht.

Es fehlt der belangten Behörde aber auch die Zuständigkeit, über das Ersuchen der Beschwerdeführerin auf Abschluß eines Mietvertrages, also einer privatrechtlichen Vereinbarung, bescheidförmig abzusprechen (Spruchabschnitt 2). Dafür bietet das Gesetz nicht den geringsten Hinweis.

Aus diesem Grund war daher der Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenVerhältnis zu anderen Materien und Normen ZivilrechtRechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche WirkungAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993120176.X00

Im RIS seit

13.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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