TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/21 95/21/1215

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Veröffentlicht am 21.02.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24. Oktober 1995, Zl. St 341/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 24. Oktober 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 7 Jahren erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer, der seit dem Jahre 1989 in Österreich lebe, sei in der Zeit vom April 1991 bis Mai 1994 bereits 17-mal wegen Verwaltungsstraftaten, darunter fünfmal wegen des Vergehens nach § 64 Abs. 1 bzw. Abs. 5 KFG und einmal wegen des Vergehens nach § 5 Abs. 1 StVO bestraft worden. Die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretung des § 5 StVO und § 64 Abs. 1 KFG erfüllten für sich allein den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG und rechtfertigten die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde (§ 18 Abs. 1 Z. 1 FrG). Angesichts der Vielzahl der aufgezeigten Gesetzesverstöße, insbesondere der erwähnten schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen, sei das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 19 FrG zulässig, weil im Sinne dieser Gesetzesstelle dringend geboten. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf den seit der letzten rechtskräftigen Bestrafung verstrichenen Zeitraum von einem Jahr vermöge keine andere Beurteilung zu rechtfertigen, weil diese Zeitspanne viel zu kurz sei, um daraus eine günstige Zukunftsprognose ableiten zu können.

Das Aufenthaltsverbot stelle im Hinblick auf den sechsjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie auf den Umstand, daß auch Verwandte des Beschwerdeführers (vier Onkel, diverse Cousins und Cousinen) hier lebten, einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar. Der Beschwerdeführer sei aber ledig und habe für keine Kinder zu sorgen. Bei Bedachtnahme auf die Vielzahl der Straftaten und der daraus hervorgehenden beharrlichen Mißachtung österreichischer Rechtsvorschriften sowie auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer sich auch durch die zahlreich verhängten Strafen von der Begehung weiterer Straftaten nicht habe abhalten lassen, führe die Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG zu dem Ergebnis, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keineswegs so gravierend seien wie die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von seiner Erlassung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde bleibt der maßgeblich festgestellte Sachverhalt, insbesondere die Tatsache, daß der Beschwerdeführer insgesamt 17 Mal wegen der Begehung von Verwaltungsstraftaten, darunter einmal wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO und viermal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG bestraft worden ist, unbestritten.

Mit dem Vorbringen, daß der Beschwerdeführer nicht wegen eines gerichtlichen Deliktes bestraft worden sei und die ihm zur Last liegenden Verwaltungsübertretungen nicht als schwerwiegend bezeichnet werden könnten, ist der Beschwerdeführer auf die ständige hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0272) zu verweisen, wonach Übertretungen des § 5 Abs. 1 StVO grundsätzlich schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG darstellen. Ebenso stellt die vorsätzliche Mißachtung einer zentralen kraftfahrrechtlichen Norm wie der des § 64 Abs. 1 KFG, wonach das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der (zuständigen österreichischen) Behörde erteilten Lenkerberechtigung zulässig ist, eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinne der zitierten Bestimmung dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173) weshalb die belangte Behörde zu Recht zur Auffassung gelangte, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht worden sei.

Wenn die belangte Behörde die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt gehalten hat, so stößt diese Beurteilung auf keine Bedenken, handelt es sich doch bei den zuvor erwähnten Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers um Gefährdungen öffentlicher Interessen (der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) von großem Gewicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0427). Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie das Verstreichen eines Zeitraumes von einem Jahr, während dessen sich der Beschwerdeführer wohlverhalten habe, als nicht ausreichend angesehen hat, um daraus eine für den Beschwerdeführer günstige Prognose über sein künftiges Verhalten abzuleiten, zumal er ungeachtet der verhängten Strafen immer wieder straffällig geworden war.

Zur Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG vermeint der Beschwerdeführer, daß diese Maßnahme aufgrund seines sechsjährigen Aufenthalts im Inland und des Umstandes, daß er in geregelten Wohnverhältnissen lebe und "zur vollsten Zufriedenheit der Firmenleitung arbeite", einen derartigen Eingriff in sein Privatleben darstelle, daß dieser nicht gerechtfertigt erscheine. Die Auswirkungen auf seine Lebenssituation im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG wögen auch schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

Im Hinblick auf die sich in der Vielzahl vom Beschwerdeführer begangenen - teilweise schwerwiegenden - Verwaltungsübertretungen manifestierende Neigung, sich über die österreichische Rechtsordnung hinwegzusetzen, ist das Aufenthaltsverbot jedoch zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten. Die Auffassung der belangten Behörde, daß das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zulässig sei, ist daher zutreffend.

Soweit der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung ausführt, er arbeite "zur vollsten Zufriedenheit seiner Firmenleitung" und sei in Österreich völlig integriert, ist ihm entgegenzuhalten, daß seinen "geregelten Wohnverhältnissen" und seiner mehrjährigen zufriedenstellenden Arbeitstätigkeit für seine Firmenleitung kein ausschlaggebendes Gewicht zukommt, weil die für die behauptete Integration im Bundesgebiet wesentliche soziale Komponente durch die über einen erheblichen Zeitraum erfolgte wiederholte Begehung von - teilweise schwerwiegenden - Straftaten, von der sich der Beschwerdeführer auch durch die jeweils ausgesprochenen Strafen nicht abhalten ließ, stark beeinträchtigt wird. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er bosnischer Staatsangehöriger sei und eine Rückkehr in sein Heimatland für ihn "gravierende Auswirkungen auf seine Lebenssituation" habe, so ist dazu anzumerken, daß über die Frage, wohin der Fremde ausreisen oder allenfalls abgeschoben werden wird, im Aufenthaltsverbotsbescheid nicht abzusprechen ist. Dieser Aspekt ist daher auch nicht in die Interessenabwägung einzubeziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0260).

Da der Beschwerdeführer gar nicht behauptet hat, daß er mit seinen Verwandten in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt lebe, ist bei der Interessenabwägung neben dem Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland seit 1989 zu dessen Gunsten lediglich noch auf die - nach dem Beschwerdevorbringen bestehende - Beschäftigung Bedacht zu nehmen. Im Hinblick auf die geradezu beharrliche Begehung von - teilweise schwerwiegenden - Gesetzesverstößen und die daraus resultierende Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

Nicht ersichtlich ist, welche Bedeutung dem behaupteten Umstand für das hier vorliegende Verfahren zukommen soll, daß in einem Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz einer dort erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Die gemäß § 30 VwGG vorzunehmende Abwägung zwischen den nachteiligen Folgen des Vollzuges eines vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer und den gegenteiligen öffentlichen Interessen bezieht sich nämlich nur auf den vorläufigen Aufschub der mit der Rechtskraft eines Bescheides verbundenen Auswirkungen für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, während die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung von völlig anderen gesetzlichen Voraussetzungen ausgeht und für die Entscheidung in der Sache selbst maßgeblich ist, ganz davon abgesehen, daß die Zuerkennung der angesprochenen aufschiebenden Wirkung für eine in einem anderen Verfahren nach einem anderen Gesetz zu behandelnde Beschwerde erfolgte. Soweit der Beschwerdeführer dies als Argumentationsgrundlage dafür heranzieht, daß die Behörde erster Instanz seiner Berufung im vorliegenden Verwaltungsverfahren zu Unrecht die aufschiebende Wirkung versagt habe, ist darauf nicht weiter einzugehen, weil in der Beschwerde nicht dargetan wird und auch nicht erkennbar ist, inwiefern der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, zumal er nicht behauptet, aufgrund des (durchsetzbaren) erstinstanzlichen Bescheides abgeschoben worden zu sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0145).

Da nach den vorstehenden Ausführungen die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995211215.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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