TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/8 94/18/0145

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Veröffentlicht am 08.09.1994
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Index

21/01 Handelsrecht;
41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4 Z1;
AuslBG §3 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §67 Abs1;
HGB §105;
MeldeG 1991;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Jänner 1994, Zl. SD 652/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes - FrG, LGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen; darüber hinaus wurde der gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bestätigt.

Der Ende April 1993 ohne Sichtvermerk nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer sei Anfang Oktober dieses Jahres wegen Verdachtes der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes festgenommen worden. Bei seiner Vernehmung habe sich herausgestellt, daß er für ein Unternehmen mit dem Sitz in Z auf Baustellen in Wien ohne Arbeitsbewilligung arbeite. Da er nur S 40,-- bei sich gehabt habe, habe die Erstbehörde, zumal im Hinblick auf die illegale Beschäftigung, aus der er in Hinkunft keine Mittel für seinen Unterhalt schöpfen könne, davon ausgehen dürfen, daß der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen. Erst in der Berufung sei unter Vorlage einer Bestätigung einer namentlich genannten Gesellschaft m.b.H. & Co.OHG geltend gemacht worden, daß der Beschwerdeführer über ein monatliches Entgelt von S 14.900,-- verfüge. Es handle sich hiebei - so das Berufungsvorbringen - nicht um ein Einkommen aus Schwarzarbeit, weil der Beschwerdeführer als Gesellschafter dieser Gesellschaft tätig gewesen sei.

In der Folge setzte sich die belangte Behörde mit der Frage auseinander, ob der Beschwerdeführer solcherart eine Beschäftigung ausgeübt habe, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen, und gelangte hiebei unter Bezugnahme auf die rechtliche Konstruktion der besagten Gesellschaft (ausschließliche Geschäftsführung durch die GesmbH; Einbringung ihrer Arbeitsleistung durch die übrigen Gesellschafter unter Ausschluß von der Geschäftsführung) zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Arbeitsleistungen des Beschwerdeführers für die Gesellschaft um solche handle, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, weshalb eine Beschäftigung i. S. des § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorliege. Da der Beschwerdeführer mangels Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines diese Arbeit für die Gesellschaft nicht habe erbringen dürfen bzw. nicht erbringen dürfe, habe er auch nicht gemäß Punkt 5.3. des Gesellschaftsvertrages mit einem Gesellschafterentgelt rechnen dürfen. Andere Mittel für seinen Unterhalt stünden dem Beschwerdeführer aber nicht zur Verfügung bzw. habe er den Besitz solcher Mittel nicht (initiativ) dargelegt.

Abgesehen von der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG lägen aber auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 leg. cit. vor. Der Beschwerdeführer sei zum Zweck der Arbeitsaufnahme entgegen dem bestehenden Sichtvermerksabkommen nach Österreich eingereist und habe sich dementsprechend hier unerlaubt aufgehalten, sei dort, wo er nicht gewohnt habe, gemeldet gewesen, hingegen dort, wo er gewohnt habe, nicht gemeldet gewesen, und sei einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unerlaubten Beschäftigung nachgegangen, wobei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG nur deshalb nicht verwirklicht worden sei, weil er bei seiner unerlaubten Tätigkeit nicht von einem Organ des Arbeitsamtes betreten worden sei. Derartige Verstöße liefen maßgeblichen öffentlichen Interessen, wie der Verteidigung der Ordnung, zuwider.

Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers (§ 19 FrG) liege nicht vor und werde auch nicht behauptet.

Der Ausschluß der aufschiebenden Wirkung der Berufung sei berechtigt, da eine sofortige Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich im Hinblick darauf, daß er hier keine erlaubte Beschäftigung habe ausüben können und über andere Mittel zum Unterhalt nicht verfüge, aus Gründen des öffentlichen Wohles dringend geboten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, die belangte Behörde habe es unterlassen, den erstinstanzlichen Bescheid wegen örtlicher Unzuständigkeit aufzuheben. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme am 9. Oktober 1993 angegeben, in Zeltweg wohnhaft und aufrecht gemeldet zu sein. Im Hinblick auf "§ 68 FrG" sei die Bundespolizeidirektion Wien daher zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zuständig gewesen.

1.2. Gemäß § 67 Abs. 1 FrG richtet sich die örtliche Zuständigkeit, sofern nicht anders bestimmt ist, nach dem Wohnsitz des Fremden im Inland, falls kein solcher errichtet ist, nach seinem Aufenthalt zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens.

Anläßlich der Vernehmung des Beschwerdeführers am 9. Oktober 1993 vor der Bundespolizeidirektion Wien wurde zwar niederschriftliche festgehalten, daß der Beschwerdeführer in Z aufrecht gemeldet sei. In der über eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers am 12. Oktober 1993 vor derselben Behörde aufgenommenen Niederschrift ist indes die Aussage des Genannten festgehalten, daß er ab dem Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich in Wien 23 gewohnt habe, allerdings nicht dort, sondern in K gemeldet gewesen sei. Damit aber bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, die örtliche Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion als Erstbehörde in Zweifel zu ziehen, ist doch für das Vorliegen des nach § 67 Abs. 1 FrG primär maßgebenden Zuständigkeitskriteriums des Wohnsitzes des Fremden entscheidend, wo er tatsächlich wohnt, also die als Wohnung vorgesehene Räumlichkeit tatsächlich benützt, nicht hingegen wo er (nach dem Meldegesetz) gemeldet ist.

Die insoweit behauptete Rechtswidrigkeit ist demnach nicht gegeben.

2.1. Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufung die Ansicht der Erstbehörde, er habe die Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes nicht nachweisen können, als unzutreffend bezeichnet, weil er "als Gesellschafter der I-GmbH & Co.OHG monatlich S 14.900,-- verdient".

Dazu vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes idF der Novelle

BGBl. Nr. 502/1993 die Auffassung, daß es sich bei den vom Beschwerdeführer für die Gesellschaft - eine OHG, also eine Personengesellschaft - zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes erbrachten Arbeitsleistungen um solche handle, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, weshalb eine Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliege, die der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. ohne Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein nicht antreten und ausüben dürfe. Der Beschwerdeführer habe daher rechtens nicht mit einem Gesellschafterentgelt rechnen dürfen. Da ihm andere Mittel für seinen Unterhalt nicht zur Verfügung stünden, habe er den Besitz solcher Mittel nicht (initiativ) dargelegt.

2.2. Der Beschwerdeführer ist laut dem im Verwaltungsakt erliegenden Gesellschaftsvertrag einer von zahlreichen Gesellschaftern der vorbezeichneten OHG, deren Gesellschaftszweck die Herstellung und Montage von Isoliereinrichtungen aller Art ist. Zur Erreichung dieses Gesellschaftszweckes hatte der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde auf Baustellen in Wien seine Arbeitsleistungen erbracht. Die im bekämpften Bescheid vertretene Ansicht, daß es sich hiebei um Arbeitsleistungen gehandelt habe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht würden, ist unbedenklich. Da somit auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers die im § 2 Abs. 4 Z. 1 AuslBG umschriebenen Tatbestandsmerkmale zutreffen, kam die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis, es seien die vom Beschwerdeführer erbrachten Arbeitsleistungen als eine nach dem AuslBG bewilligungsbedürftige Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 2 leg. cit. zu beurteilen. Da die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG hiefür unbestritten nicht vorlag, ist die Auffassung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer stünden keine (aus einer rechtmäßigen Quelle stammenden) Mittel zur Bestreitung des Unterhaltes zur Verfügung, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.3. Durfte die belangte Behörde demnach die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG annehmen, so stößt auch ihre Rechtsansicht, es sei die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt, auf keinen Einwand. Denn die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG in Verbindung mit seiner mehrere Monate unerlaubt ausgeübten Erwerbstätigkeit lassen zweifelsohne den Schluß zu, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung in erheblichem Maß gefährdet.

3. Zu der Annahme der belangten Behörde, daß kein i.S. des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorliege, enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Der Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde insoweit geirrt hätte.

4. Was die in der Beschwerde bekämpfte Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes anlangt, so hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, inwieweit er dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, zumal er nicht behauptet, aufgrund des (durchsetzbaren) erstinstanzlichen Bescheides abgeschoben worden zu sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0258).

5. Bei diesem Ergebnis gehen die eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs sowie Begründungsmängel behauptenden Verfahrensrügen ins Leere.

6. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180145.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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