TE Vwgh Beschluss 2022/10/25 Ra 2020/04/0173

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Veröffentlicht am 25.10.2022
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Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der M GmbH in N, vertreten durch MMag. Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 58, gegen die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts 1.) vom 5. Oktober 2020, Zl. W120 2230425-1/28E und 2.) vom 15. Oktober 2020, Zl. W120 2230425-2/6E, betreffend ein vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste AG in Purkersdorf, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Aus dem angefochtenen Erkenntnis ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:

2        Die Mitbeteiligte stand bezüglich eines ihr zuzurechnenden Grundstücks von 1. Jänner 2005 bis 31. Dezember 2019 mit der H. BaugmbH & Co KG in einem Vertragsverhältnis betreffend einen Abbau- und Deponievertrag. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über die H. BaugmbH & Co KG im Juni 2017 trat die Revisionswerberin auf Grund einer Vereinbarung mit dem Masseverwalter gegen Bezahlung einer Ablösungssumme in dieses Vertragsverhältnis bis zum Ende der Laufzeit ein.

3        Am 3. Februar 2020 schloss die Mitbeteiligte mit der B. GmbH einen „Pachtvertrag (Deponie); Scharfling - Kienbachstraße“ betreffend das oben erwähnte Gundstück mit auszugsweise folgenden Bestimmungen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

1. Vertragsgegenstand

1.1. Die X AG gestattet dem Vertragspartner, auf einer Teilfläche des Grundstücks Nr. 117/1, EZ 1, GB xxx, im vorläufigen Ausmaß von 21.665 m2 nach Maßgabe aller behördlichen Bescheide und Anordnungen nicht verunreinigtes Bodenaushubmaterial und nicht verunreinigte Bodenbestandteile, die den Anforderungen des Anhangs 4 (bzw. des Anhangs 1) der Deponieverordnung 2008 entsprechen, zu deponieren bzw. zur Verfüllung des Steinbruchs zu verwenden sowie die für den Deponiebetrieb notwendigen Bauwerke und Anlagen auf der Vertragsfläche zu errichten, zu erhalten und zu benützen. Es handelt sich dabei ausdrücklich um eine Gestattung und keine wie immer geartete Verpflichtung zur Erfüllung.

(...)

3. Entgelt

3.1. Der Vertragspartner hat folgende Entgelte zu leisten:

3.1.1. Ab dem Jahr 2020 bis zur Beendigung des Abbauvertrages zwischen der X AG und der S GesmbH einen jährlichen Flächenzins von € ... (€ ... pro m²), danach einen jährlichen Flächenzins von € ... (€ ... pro m²) für eine offene, das heißt noch nicht rehumusierte und wiederaufgeforstete Fläche im Ausmaß von höchstens 21.665 m2. Der Flächenzins ist unabhängig von der allfälligen Vornahme einer Verfüllung zu entrichten.

3.1.2. einen Deponiezins von € ... pro Tonne allfällig zugeführten Materials.

3.2. Der Deponiezins ist monatlich abzurechnen sollte eine Verfüllung vorgenommen worden sein. Sollte eine Verfüllung vom Vertragspartner vorgenommen werden, wozu der Vertragspartner nicht verpflichtet ist, hat eine lückenlos nachvollziehbare gewichtsmäßige Erfassung des zugeführten Materials durch eine geeichte Waage zu erfolgen: ...

(...)

5. Deponievorgang und Nutzungsbedingungen

5.1. Wie bereits unter Punkt 1.1. festgehalten, handelt es sich beim gegenständlichen Vertragsgegenstand lediglich um einen Pachtvertrag, mit welchem dem Vertragspartner eine Gestattung zur Verfüllung des Steinbruchs eingeräumt wird. Dem Vertragspartner wird hierdurch keine wie immer geartete Verpflichtung zur Verfüllung oder eine sonstige Betriebspflicht auferlegt. ...“

4        Parallel schloss die Mitbeteiligte am 5. Februar 2020 mit der SK GesmbH eine Vereinbarung über einen „Pachtvertrag (Abbau); Scharfling-Kienbachstraße“ mit auszugsweise folgenden Bestimmungen:

„1. Vertragsgegenstand

1.1. Die X AG gestattet dem Vertragspartner, auf einer Teilfläche des Grundstücks Nr. 117/1, EZ 1, Grundbuch xxx im vorläufigen Ausmaß von 21.665 m² Schotter- und Festgesteinsmaterial abzubauen und aufzubereiten sowie die für den Abbaubetrieb notwendigen Anlagen auf der Vertragsfläche zu errichten, zu erhalten und zu benützen. Es handelt sich dabei ausdrücklich um eine Gestattung und keine wie immer geartete Verpflichtung zum Abbau.

(...)

3. Entgelt

3.1. Der Vertragspartner hat folgende Entgelte zu leisten:

3.1.1. Einen jährlichen Flächenzins von € ... (€ ... pro m²) für eine offene, das heißt noch nicht rehumusierte und wiederaufgeforstete Fläche im Ausmaß von höchstens 21.665 m². Der Flächenzins ist unabhängig von der allfälligen Vornahme eines Abbaus zu entrichten.

3.1.2. Einen Bruchzins von € ... pro Tonne allfällig abgebauten und abgeführten Materials.

(...)

(...)

5. Abbauvorgang und Nutzungsbedingungen

5.1. Wie bereits unter Punkt 1.1. festgehalten, handelt es sich beim gegenständlichen Vertragsgegenstand lediglich um einen Pachtvertrag, mit welchem dem Vertragspartner eine Gestattung zum Abbau eingeräumt wird. Dem Vertragspartner wird hierdurch keine wie immer geartete Verpflichtung zum Abbau oder eine sonstige Betriebspflicht auferlegt. ...“

5        Zu den Verträgen wurden keine mündlichen Nebenabreden getroffen.

6        Der Revisionswerberin war mit Schreiben der Mitbeteiligten vom 28. Mai 2019 mitgeteilt worden, dass keine Vertragsverlängerung mit ihr erfolgen werde und der Vertrag „mit Dritten ab 1.1.2020“ vergeben werde. „Dagegen“ richtete die Revisionswerberin mit 30. September 2019 einen Feststellungsantrag an das Bundesverwaltungsgericht, der dort zu W 134223902 protokolliert wurde. Nach Einbringung dieses Feststellungsantrags wurden die sich darauf beziehenden Verträge aufgelöst und die Revisionswerberin insoweit klaglos gestellt.

7        Im revisionsgegenständlichen Verfahren stellte die Revisionswerberin an das Bundesverwaltungsgericht die Anträge, es möge feststellen, dass

1.   die Durchführung des Vergabeverfahrens Abbau- und Deponievertrag Scharfling-Kienbach der Mitbeteiligten ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen BVergGKonz 2018 iVm BVergG 2018 rechtswidrig gewesen sei,

und/oder feststellen,

2.   die Zuschlagserteilung im Verfahren Abbau- und Deponievertrag Scharfling-Kienbach durch die Mitbeteiligte an die Zuschlagsempfängerin ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung sei wegen eines Verstoßes gegen das BVergGKonz 2018 iVm BVergG 2018 rechtswidrig gewesen;

in eventu möge das Bundesverwaltungsgericht feststellen, dass

3.   der Zuschlag bei der Vergabe Abbau- und Deponievertrag Scharfling-Kienbach, soweit diese als Rahmenvereinbarung oder dynamisches Beschaffungssystem erfolgt sei, rechtswidrig gewesen sei.

In eventu möge festgestellt werden,

4.   dass der Zuschlag im Verfahren Vergabe des Abbau- und Deponievertrages Scharfling-Kienbach nicht gemäß den Festlegungen einer Ausschreibung (soweit eine solche durchgeführt worden sei) dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei.

8        Ferner stellte die Revisionswerberin den Antrag, die unpräjudiziell überwiesene Gebühr in Höhe von € 2.917,-- rückzuüberweisen und die Gebühr gemäß § 340 Abs. 1 Z 5 BVerg 2018 auf 80 % der gemäß § 1 Bundesverwaltungsgericht-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 festgesetzten Gebühr zu reduzieren.

9        2. Mit dem angefochten Beschluss, W 1202230425-1/28E, vom 5. Oktober 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht einerseits sämtliche Feststellungsanträge der Revisionswerberin als unzulässig zurück (Spruchpunkt A I) und andererseits die Anträge auf teilweise Rücküberweisung der Pauschalgebühr sowie den Antrag, die Gebühr auf 80 % der festgesetzten Höhe zu reduzieren, jeweils als unbegründet ab (Spruchpunkt A II).

10       Die ordentliche Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig.

11       2.1. Zu Zl. W120 2230425-1/28E vom 5. Oktober 2020

12       2.1.1. In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht ausgehend von den eingangs dieser Entscheidung zusammengefasst dargestellten Feststellungen aus, die Revisionswerberin stütze ihre Feststellungsanträge auf das Vorbringen, dass es sich um Pachtverträge mit der darüberhinausgehenden Möglichkeit des Abbaus von Steinen handle. Aus der Vereinbarung des Mindestabbruchzinses und eines Mindestdeponiezinses sei eine Verpflichtung zum Mindestbruch und zudem eine Betriebspflicht abzuleiten, weshalb die Verträge in den Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 fallen würden. Es sei daher mangels Durchführung eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens zur Vergabe der Dienstleistungskonzession durch den Abschluss der vorgebrachten Verträge ein vergaberechtswidriger Vorgang vorgelegen. Die von der Mitbeteiligten durchgeführte ex ante-Transparenzbekanntmachung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.

13       2.1.2. Die Mitbeteiligte halte dem im Wesentlichen entgegen, es sei zwischen den Vertragsparteien keine Betriebspflicht vereinbart worden. Es liege auch keine Betriebspflicht nach dem MinroG und es lägen die weiteren Kriterien einer Konzession im Sinne des BVergGKonz nicht vor. Im Übrigen habe die Mitbeteiligte eine freiwillige ex ante-Transparenzbekanntmachung im Sinne des § 58 BVergG 2018 durchgeführt, welche die Revisionswerberin nicht angefochten habe. Schon aus diesem Grund würde eine Nichtigerklärung der Verträge ausscheiden und der Feststellungsantrag wegen dessen Subsidiarität in seiner Gesamtheit unzulässig sein.

14       2.1.3. Fallbezogen lägen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die geschlossenen Verträge in den sachlichen Anwendungsbereich des BVergG 2018 fallen würden. Ein entsprechendes Vorbringen sei auch gar nicht erstattet worden.

15       Es sei daher zu überprüfen, ob die inkriminierten Verträge in den sachlichen Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 fallen würden. Diesbezüglich sei auf die Erläuterungen zu § 1 BVergGKonz 2018 (RV 69 BlgNR XXVI. GP, 238 ff) zu verweisen. Aus dem unionsrechtlichen Begriff der Dienstleistungskonzession seien folgende Definitionsmerkmale abzuleiten: vertragliche Begründung des Rechtsverhältnisses, Beschaffungsvorgang, Gegenleistung für Konzessionserteilung, Vorliegen spezifischer Pflichten (Betriebspflicht, Auflagen, Anforderungen an Leistungserbringung) Staatsaufgabe, Entgeltlichkeit, verknapptes Gut, Betriebsrisiko, Leistungserbringung an Dritte und wirtschaftliche Nutzung. Vor diesem Hintergrund sei insbesondere zu prüfen, ob die Verträge, worauf der Gesetzgeber bei Konzessionsverträgen abstelle, wechselseitig bindende Verpflichtungen enthalten würden, bei denen die Erbringung der Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen müsste, die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt und rechtlich durchsetzbar seien. In den verfahrensgegenständlichen Verträgen handle es sich einerseits um „Abbau“ andererseits um „Deponie“. Aus den jeweiligen Vertragsbestimmungen sei abzuleiten, dass die Vertragspartner der Mitbeteiligten zu den vereinbarten Tätigkeiten berechtigt aber nicht verpflichtet seien. Aus dem Umstand, dass die beiden Vertragspartner zum Teil ein akkordiertes Vorgehen in Zusammenhang mit bestimmten Abläufen vereinbart hätten, ergebe sich jeweils keine der Mitbeteiligten gegenüber eingegangene Verpflichtung zur Durchführung der entsprechenden Tätigkeiten. Insbesondere vor dem Hintergrund der in den Verträgen enthaltenen Wortfolgen „Sollte ein Abbau vorgenommen werden“ bzw. „Sollte eine Verfüllung vorgenommen werden“ könne eine solche durchsetzbare Verpflichtung nicht abgeleitet werden. Es könne daher weder davon ausgegangen werden, dass die in den Verträgen erlaubten Tätigkeiten von der Mitbeteiligten durchgesetzt werden könnten, noch ergibt sich aus diesen Verträgen eine nähere Regelung, auf welche Weise die Tätigkeiten konkret auszuführen seien. Im gesamten Verfahren seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die vorliegenden Verträge nur zum Schein oder Umgehung der Anwendbarkeit des BVergGKonz 2018 vereinbart worden wären. Mündliche Abreden seien nicht erwiesen worden. Die Mitbeteiligte trage das wirtschaftliche Risiko einer allfälligen Untätigkeit der Vertragspartnerinnen. Dem Argument der Revisionswerberin, dass ohne Vereinbarung einer Betriebspflicht die Verträge dem Bundesforstegesetz 1996 widersprechen würden, sei zu entgegnen, dass dem Bundesverwaltungsgericht nicht die inhaltliche Überprüfung der Verträge obliege. Die §§ 44 und 45 MinroG seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, weil diese die Gewinnung von „bergfreien mineralischen Rohstoffen“ betreffen würden. Bei Abbau und Aufbereitung von „Schotter- und Festgesteinsmaterial“ handle es sich nicht um solche bergfreien bzw. bundeseigenen mineralischen Rohstoffe. Gegenteiliges sei auch nicht behauptet worden. Der Mitbeteiligten stehe jedenfalls keine vertragliche Möglichkeit zur Verfügung, gegenüber ihren Vertragspartnern den Abbau und die Aufbereitung von Schotter und Festgesteinsmaterial bzw. die Deponie und Verfüllung von Bodenaushubmaterial rechtlich durchzusetzen. Die verfahrensgegenständlichen Verträge unterlägen daher weder dem Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 noch dem BVergG 2018. Die verfahrenseinleitend gestellten Feststellungsanträge seien daher als unzulässig zurückzuweisen. Ausgehend davon komme es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der ex ante-Transparenzbekanntmachung nicht an.

16       Auf den Gegenantrag der Mitbeteiligten, die Revisionswerberin habe keine echte Chance auf eine Zuschlagserteilung gehabt, sei auf Grund der Zurückweisung der Feststellungsanträge nicht einzugehen.

17       2.1.4. Hinsichtlich der beantragten Rückerstattung bzw. Reduktion der Pauschalgebühr sei festzuhalten, dass es sich im vorliegenden Fall auf Grund des geschätzten Umsatzes aus gebührenrechtlicher Sicht um Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Unterschwellenbereich handle. Dem Vorbringen der Revisionswerberin, die Pauschalgebühren seien von einer Direktvergabe ausgehend zu bemessen, hielt das Bundesverwaltungsgericht entgegen, die Revisionswerberin habe stets das Vorliegen von zwei Verträgen, die als Konzessionsverträge zu beurteilen seien, ins Treffen geführt. Ein Vorbringen, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Vergabeverfahren gemäß § 46 BVergG 2018 handeln würde, sei nicht erstattet worden. Im Rahmen des BVergKonz 2018 sei jedoch ein Abstellen auf die Art des durchgeführten Verfahrens im Rahmen der Festsetzung der Gebühren nach der diesbezüglich klaren Gesetzesregelung nicht vorgesehen. Die Pauschalgebühr sei daher in der richtigen Höhe bemessen worden. Insofern die Revisionswerberin vorbringe, sie habe bereits im selben Konzessionsvergabeverfahren einen Feststellungsantrag eingebracht, weshalb die Gebühr auf 80 % zu reduzieren sei, sei ihr entgegenzuhalten, dass es sich bei dem Vergabeverfahren protokolliert zu W 1342223902 nicht um dasselbe Konzessionsvergabeverfahren gehandelt habe, weil diesem ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Das erste mit dem Feststellungsantrag vom 20. April 2020 eingeleitete Verfahren habe sich auf das Schreiben der Mitbeteiligten vom 28. Mai 2019 gestützt, worin der Revisionswerberin mitgeteilt worden sei, dass keine Vertragsverlängerung mit ihr erfolgen werde. Die gegenständlichen Feststellungsanträge beträfen jedoch eine Mitteilung der Mitbeteiligten vom 5. Februar 2020, worin diese der Revisionswerberin den Abschluss zweier Verträge - am 3. Februar 2020 und am 5. Februar 2020 -mitgeteilt habe. Es handle sich daher nicht um dasselbe Vergabeverfahren.

18       2.2. Zu W 1202230425-2/6E vom 15. Oktober 2020

Mit diesem weiteren Beschluss wurde der Antrag der Revisionswerberin, der Mitbeteiligten den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr aufzuerlegen, abgewiesen und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt. In der Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht auf den Verfahrensverlauf und das Ergebnis im Feststellungsverfahren und begründete die Abweisung des Gebührenersatzantrages auf die im Ergebnis erfolgte Zurückweisung der Feststellungsanträge. Vor diesem Hintergrund finde ein Ersatz der Pauschalgebühren gemäß § 85 Abs. 1 BVergGKonz 2018 nicht statt.

19       3. Gegen beide Beschlüsse richtet sich die in einem Schriftsatz ausgeführte Revision.

20       4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

21       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

22       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23       4.1. Die Revision führt zur Begründung der Zulässigkeit gemäß § 28 Abs. 3 VwGG aus, der Schwerpunkt der gegenständlichen Revision sei die Frage der Anwendbarkeit des BVergGKonz 2018 und die Frage ob ein Deponie- und/oder Abbauvertrag, der zwischen einem Unternehmen und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossen werde, als Dienstleistungskonzession einzustufen sei. Es fehle Judikatur zur Abgrenzung von Pachtbestandsverträgen und Dienstleistungskonzessionen.

24       4.2. Zur Qualifikation eines Abbauvertrages kann grundsätzlich festgehalten werden, dass ein solcher nach herrschender Ansicht ein gemischtes Dauerschuldverhältnis ist, das Elemente des Kaufs und des Pachtvertrags enthält. Haben die Parteien die Berechnung des Entgelts nach der Menge des abgebauten Materials vereinbart, überwiegen die Elemente des Kaufs (RIS-Justiz RS0020429 mwN; RIS-Justiz RS0011127, RS0020433). Das kaufrechtliche Element beim Abbauvertrag ist darin zu sehen, dass sich das Gewinnungsrecht nicht auf den bloßen Gebrauch der Sache beschränkt, sondern darüber hinaus auch den teilweisen Verbrauch der Sache gestattet und die Ausbeutung der vorhandenen Bodenschätze zum Substanzverzehr führt (Binder in Schwimann, ABGB3 § 1090 Rz 68 mwN).

Der Deponievertrag wiederum gestattet dem Vertragspartner die Ablagerung vom bestimmtem Aushubmaterial gegen Bezahlung eines Entgelts.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juli 2021, Ro 2019/04/0231, auf dessen Begründung an dieser Stelle gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, dargelegt, welche Merkmale im Zusammenhang mit der Frage zu prüfen seien, um bezüglich eines Vertragsverhältnisses zu klären, ob dieses unter den sachlichen Anwendungsbereich des BVergKonz 2018 falle. Auf der Hand liegt, dass es für die rechtliche Qualifikation jedes - insbesondere aber eines wie hier gesetzlich nicht geregelten atypischen Vertragsverhältnisses - nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern auf den Inhalt des Vertragsverhältnisses ankommt. Ob ein Vertrag unter den sachlichen Anwendungsbereich des BVergKonz 2018 fällt, kann daher immer nur ausgehend vom Inhalt des konkreten Vertrages - sowie gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer vereinbarungsrelevanter Umstände des Einzelfalles in ihrer Gesamtheit - beurteilt werden. Die rechtliche Beurteilung ist daher jeweils fallbezogen anhand der bereits in dem oben erwähnten Erkenntnis dargestellten Kriterien vorzunehmen.

25       Dass das Verwaltungsgericht, das in seiner rechtlichen Beurteilung eingehend auf den Inhalt des vorliegenden Vertrages und die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Verpflichtungen detailliert eingegangen ist, zu einem grob unrichtigen - aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierenden - Ergebnis gelangt wäre, zeigt die Revision nicht auf. Insbesondere hält sie der Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts, es ergebe sich aus den Verträgen keine durchsetzbare Betriebspflicht, nichts entgegen. Insofern die Revision darauf verweist, dass die Frage zu klären sei, ob die Verpflichtung zu einem Mindestbruch bzw. einer Mindestdeponierung eine Dienstleistungskonzession begründen könne, ist nicht ersichtlich, inwiefern die vorliegende Entscheidung von dieser Frage abhängt, weil eine solche Mindestleistung in den Verträgen nicht normiert ist, die von der Vereinbarung der Bezahlung eines Mindestentgelts unterschieden werden muss, das unabhängig von einem Betrieb von der Abbau- bzw. Deponieberechtigten zu tragen ist. Dem Argument, eine solche ergebe sich aus den §§ 44 und 45 MinroG, setzt das Verwaltungsgericht entgegen, dass diese Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung finden würden. Darauf geht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht ein.

26       4.3. Insofern die Revision auf die Entscheidung des EuGH vom 14. März 2013, Rs C-221/12 „Belgacom NV“ verweist, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die dortigen Sachverhaltselemente - insbesondere das zweifellos vorliegende grenzüberschreitende Interesse an der Erfüllung einer Dienstleistung - eine Parallele zu dem vorliegenden Fall aufweisen sollte. Die Frage, ob die von der Revisionswerberin durchgeführte ex-ante-Bekanntmachung rechtswidrig gewesen und eine solche die vergaberechtlichen Bestimmungen zu umgehen geeignet sei, stellt sich vor dem Hintergrund der sachlichen Unanwendbarkeit der vergaberechtlichen Bestimmungen von vornherein nicht. Ob die Mitbeteiligte mit der konkreten Vertragsgestaltung andere, ihr gesetzlich obliegende Verpflichtungen missachtet habe, kann nicht zum Gegenstand einer vergaberechtlichen Prüfung gemacht werden.

27       4.4. Dass im vorliegenden Fall von der Revisionswerberin keine Direktvergabe im Sinne der Bestimmungen des BVergG 2018 behauptet sondern vielmehr das Vorliegen eines dem sachlichen Anwendungsbereichs des BVergGKonz 2018 unterfallenden Sachverhaltes vorgebracht wurde, auf den - wie das Verwaltungsgericht schlüssig ausgeführt hat - die gebührenrechtlichen Bestimmungen des BVergG 2018 von vornherein keine Anwendung fänden, stellt die Revision nicht in Abrede. Es bedarf keiner darüber hinausgehenden Klarstellung zur Frage, ob die gebührenrechtlichen Bestimmungen des BVergG 2018 betreffend Direktvergaben auf eine Dienstleistungskonzession anzuwenden seien.

28       4.5. Zu dem Beschluss betreffend die Abweisung des Pauschalgebührenersatzes bringt die Revision keine eigene Zulässigkeitsbegründung vor.

29       4.6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Oktober 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020040173.L00

Im RIS seit

24.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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