TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/22 94/11/0252

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Veröffentlicht am 22.02.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;
70/08 Privatschulen;
72/03 Theologische Studienrichtungen;
74/01 Kirchen Religionsgemeinschaften;
79/06 Konkordate;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
Konkordat Art5 §1;
PrivSchG 1962 §14 Abs2;
StGG Art2;
Studienrichtung Evangelische Theologie 1981;
Studienrichtung Katholisch-theologisch 1969;
WehrG 1990 §24 Abs3 Z2;
ZDG 1986 §13a Abs1 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):95/11/0285

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des V in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres 1. vom 14. Juli 1994, Zl. 168079/2-IV/10/ZUW, (hg. Beschwerdezahl 94/11/0252), und

2. vom 24. Juli 1995, Zl. 168079/3-IV/10/ZUW,

(hg. Beschwerdezahl 95/11/0285), beide betreffend Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes in der Zeit vom 3. Oktober 1994 bis 31. August 1995 zu. Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 ZDG neuerlich einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes (in der Zeit vom 2. Oktober 1995 bis 31. Oktober 1996) zugewiesen. Der Beschwerdeführer macht auch in der Beschwerde gegen diesen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat jeweils die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Gemäß § 13a Abs. 1 ZDG sind von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes folgende, einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehörende Zivildienstpflichtige befreit:

1.

ausgeweihte Priester,

2.

Personen, die aufgrund absolvierter theologischer Studien im Seelsorgedienst oder in einem geistlichen Lehramt tätig sind,

3.

Ordenspersonen, die die ewigen Gelübde abgelegt haben, und

4.

Studierende der Theologie, die sich auf ein geistliches Amt vorbereiten.

Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, er sei gemäß § 13a Abs. 1 Z. 2 ZDG von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes befreit. Er habe in den Jahren 1988 bis 1991 die sechssemestrige Ausbildung zum Religionslehrer an der staatlich genehmigten Religionspädagogischen Akademie Schwaz absolviert. Aufgrund dieser Ausbildung sei er als Religionslehrer an näher bezeichneten Volks- und Hauptschulen in einem geistlichen Lehramt und überdies in einer Pfarre als Pastoral(Seelsorge-)helfer im Seelsorgedienst tätig. Bei der von ihm absovierten Ausbildung handle es sich um "theologische Studien". Mit diesem Begriff seien nicht nur "höhere theologische Studien, ein Hochschulstudium, ein Studium an einer theologischen Fakultät oder ähnliches" gemeint.

Die Regelung des § 13a Abs. 1 ZDG ist dem Wehrgesetz nachgebildet (Regierungsvorlage zur ZDG-Novelle 1984, 228 Blg. NR XVI. GP, 8). Die gleichlautende Regelung findet sich (im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Stellungspflicht) bereits im § 23 Abs. 2 der Stammfassung des Wehrgesetzes, BGBl. Nr. 181/1955. Unter dem in diesen Gesetzen verwendeten Begriff "theologische Studien" ist nur das Studium der Theologie an theologischen Fakultäten einer Universität/Hochschule oder ihnen gleichkommenden Einrichtungen (wie insbesondere kirchlichen theologischen Lehranstalten im Sinne des Art. V § 1 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934) und nicht auch eine Ausbildung zum Religionslehrer für Pflichtschulen an einer Religionspädagogischen Akademie zu verstehen. Dafür spricht zum einen die Bedachtnahme auf den Sprachgebrauch in einschlägigen Rechtsvorschriften und im Schrifttum. Darin wird unter dem Studium der Theologie ein Studium an einer der genannten Einrichtungen (vgl. neben dem erwähnten Konkordat insbesondere die Bundesgesetze über katholisch-theologische Studienrichtungen, BGBl. Nr. 293/1969, und über die Studienrichtung Evangelische Theologie, BGBl. Nr. 57/1981; in diesem Sinne auch Ermacora, Österreichisches Hochschulrecht (1974) Band I, 629 ff, 744 ff, mit Hinweisen auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der genannten Gesetze; ebenso Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht (1971), § 47, 4., § 67, § 78). Für die dargelegte Auffassung spricht auch, daß die Regelung des § 13a Abs. 1 ZDG, die erkennbar primär auf Angehörige der römisch-katholischen Kirche abstellt (wenngleich seine Anwendung keineswegs auf Angehörige dieser Kirche beschränkt ist), in den Ziffern 1, 2 und 4 Personenkreise erfaßt, denen das Merkmal der Absolvierung theologischer Studien gemeinsam ist. Dies ergibt sich hinsichtlich der Z. 2 und 4 unmittelbar aus dem Gesetz, hinsichtlich der Z. 1 aus dem innerkirchlichen Recht, nämlich aus can. 1032 CIC, wonach die Priesterweihe die Absolvierung theologischer Studien voraussetzt (vgl. Schwendenwein, Das Neue Kirchenrecht, 146, 352). Unter anderem der Erfüllung dieser Voraussetzung dienen die theologischen Fakultäten bzw. die oben genannten, ihnen gleichgestellten Einrichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über katholisch-theologische Studienrichtungen; Art. V § 1 des genannten Konkordats; Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht, § 67, 2.). Daraus folgt aber, daß mit dem Begriff theologische Studien in § 13a Abs. 1 Z. 2 ZDG nur Studien an den vorhin genannten Einrichtungen zu verstehen sind. In den einschlägigen Bestimmungen des Wehrgesetzes und des Zivildienstgesetzes wie auch in ihrer Entstehungsgeschichte findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der in Rede stehenden Ausnahmeregelung ein anderes als das dargelegte Verständnis des Begriffes theologische Studien zugrundeläge.

Die Ausbildung zum Religionslehrer an Pflichtschulen, wie sie vom Beschwerdeführer absolviert wurde, erfolgt demgegenüber an Religionspädagogischen Akademien (zuvor an Religionspädagogischen Lehranstalten). Diese sind mit Pädagogischen Akademien vergleichbar und werden als Privatschulen mit eigenem Organisationsstatut und Öffentlichkeitsrecht gemäß § 14 Abs. 2 des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, geführt (Regierungsvorlage zur 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle, 1332 Blg. NR, 17. GP, 10). Religionspädagogische Akademien dienen nicht dem Studium der Theologie. Sie haben die Aufgabe, zum einen Religionslehrer für Pflichtschulen heranzubilden, die nach Berufsgesinnung, Berufswissen und Berufskönnen geeignet sind, die Aufgaben des Lehrberufes zu erfüllen, und zum anderen entsprechend den unterrichtlichen Erfordernissen religionspädagogische Tatsachenforschung zu betreiben (vgl. § 1 des Organisationsstatuts der Religionspädagogischen Akademie der Erzdiözese Wien, abgedruckt in Gampl/Potz/Schinkele, Österreichisches Staatskirchenrecht II, 29.8.1.1.1; Anm. 3).

Die Auffassung, daß unter theologischen Studien im gegebenen Zusammenhang nur das Studium der Theologie an einer Universität/Hochschule oder einer oben genannten ihnen gleichkommenden Einrichtung zu verstehen ist, begegnet entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dem Vorbringen, eine solche Auffassung bedeute im Ergebnis eine unsachliche Differenzierung, weil in Österreich solche Studien lediglich für die katholische und die evangelische Theologie eingerichtet seien und daher Zivildienstpflichtige, die einer anderen gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, nie in den Genuß der gegenständlichen Befreiungsbestimmung gelangen könnten, ist entgegenzuhalten, daß zum einen das Gesetz nicht auf die Absolvierung theologischer Studien IN ÖSTERREICH abstellt und es zum anderen Sache jeder anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft ist, für die Möglichkeit eines derartigen Studiums auf Hochschulniveau vorzusorgen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken dagegen, daß das Gesetz die Befreiung von der Zivil(Präsenz-)dienstpflicht an die Voraussetzung der Absolvierung eines akademischen Studiums der Theologie bindet. Damit knüpft das Gesetz in nicht als unsachlich zu erkennender Weise an Unterschiede im Tatsächlichen an.

An der vorhin dargelegten Auffassung vermag auch das Vorbringen nichts zu ändern, die Z. 2 des § 13a Abs. 1 ZDG sei "im besonderen für LAIENTHEOLOGEN eingeführt" worden, Priester seien bereits unter Z. 1 erfaßt, Seminaristen fielen wohl unter Z. 4. Richtig ist, daß Z. 2 offensichtlich einen anderen Personenkreis erfaßt als Z. 1 und 4, nämlich Personen, die nach Absolvierung theologischer Studien eine der in Z. 2 genannten Tätigkeiten ausüben, ohne ausgeweihte Priester zu sein (mangels Empfanges der Priesterweihe oder infolge Rückversetzung in den Laienstand - vgl. zu letzterem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1973, Slg. 8395/A). Daraus folgt aber noch nicht die Richtigkeit der Auffassung des Beschwerdeführers. Es kann dahinstehen, was unter dem Begriff "Laientheologe" konkret zu verstehen ist (dieser Begriff wird im Gesetz nicht verwendet und auch vom Beschwerdeführer nicht näher präzisiert), da § 13a Abs. 1 Z. 2 ZDG jedenfalls nur solche Personen erfaßt, die ihre Tätigkeit aufgrund absolvierter THEOLOGISCHER STUDIEN ausüben.

Da diese Qualifikation auf den Beschwerdeführer nicht zutrifft, zählt er nicht zu den gemäß § 13a Abs. 1 Z. 2 ZDG von der Zivildienstpflicht befreiten Personen. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen der gestellten Anträge - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994110252.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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