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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/20/0191Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerden
1. des RO, und 2. des NO, beide wohnhaft in Z, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres, jeweils vom 16. November 1995, Zlen. 4.345.182/1-III/13/94 und 4.345.007/1-III/13/94, jeweils betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige. Der Erstbeschwerdeführer reiste am 5. September 1994, der Zweitbeschwerdeführer am 29. Juli 1994 in das Bundesgebiet ein. Der Erstbeschwerdeführer hat am 6. September 1994, der Zweitbeschwerdeführer bereits am 1. August 1994 einen Asylantrag gestellt.
Der Erstbeschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Befragung am 6. September 1994 vor dem Bundesasylamt im wesentlichen angegeben, er sei chaldäisch-katholischen Glaubens. Sein nunmehr in Amerika lebender Bruder Nabil sei im Jahr 1992 dorthin ausgewandert, weil er die Schikanen der Behörden nicht mehr länger habe aushalten können. Er sei beschuldigt worden, der verbotenen assyrischen Partei anzugehören, weil er der Baath-Partei nicht hätte beitreten wollen. Sein Bruder sei Lehrer von Beruf, daher sei diese Haltung nicht geduldet worden, zumal die gemeinsame Mutter gebürtige Iranerin sei. Nach der Flucht seines Bruders sei er (der Erstbeschwerdeführer) mehrmals von behördlichen Sicherheitskräften zu Hause aufgesucht und verhört worden. Wie oft das gewesen sei, könne er nicht sagen, das letzte Mal sei das 1992 gewesen. In diesem Jahr sei er auch aufgefordert worden, zum Sicherheitsdienst mitzukommen. Er sei in der Folge 15 Tage festgehalten, verhört, beschimpft und mit Kabeln geschlagen worden. Sichtbare Narben hätte er keine davongetragen, obwohl die Schläge zwei Stunden gedauert hätten. Er sei über den Aufenthaltsort seines Bruders, seine Beweggründe zur Flucht und darüber, ob auch er Angehöriger der assyrischen Partei sei, befragt worden. Mangels an Beweisen und im Hinblick auf die Tatsache, daß er über den Verbleib seines Bruders nichts gewußt habe, sei er schließlich freigelassen worden. Nach seiner Entlassung habe er beschlossen, den Irak zu verlassen, da er angenommen habe, nunmehr den Schikanen der Behörden dauernd ausgesetzt zu sein. Im Jänner 1993 habe er versucht, auf eigene Faust in den Nordirak zu gelangen, sei jedoch von den Grenzorganen festgehalten worden. Daraufhin sei er nach Bagdad in das A-Gefängnis gebracht und dort ein Jahr ohne Gerichtsverhandlung inhaftiert gewesen. Grund für die Inhaftierung sei der illegale Ausreiseversuch gewesen. Er sei einen Monat lang täglich verhört und einmal in der Woche ein bis zwei Stunden mit Händen, Holzstöcken und Kabeln geschlagen worden. Narben habe er zwar keine davongetragen, doch habe er durch die dauernde Kälte in der Einzelzelle eine chronische Bronchitis bekommen. Im Februar 1994 sei er ohne Angabe von Gründen freigelassen worden und eine Woche später mit Hilfe eines Schleppers in den Nordirak geflüchtet. Dort habe er sich vier Monate im Bezirk Dohuk aufgehalten und Gelegenheitsarbeiten angenommen, damit er sich das notwendige Geld für die weitere Reise habe zusammensparen können. Den Nordirak habe er wegen der theoretischen Möglichkeit eines Angriffes Saddam Husseins und wegen des Wunsches, zu seinem Bruder nach Amerika auszuwandern, verlassen. Mit der assyrischen Partei habe er nie etwas zu tun gehabt, er könne sich daher eine Rückkehr in den Irak unter einer neuen Regierung und einem neuen System durchaus vorstellen.
Das Bundesasylamt wies den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Asyl im wesentlichen mit der Begründung ab, die Darstellung seiner Inhaftierung und Folterung sei unglaubwürdig, vielmehr habe diese lediglich dazu gedient, über den Umweg einer Asylerlangung in Österreich nach Amerika auswandern zu können. Daneben sah das Bundesasylamt unter Zugrundelegung der - grundsätzlich nicht als glaubwürdig eingestuften - Angaben des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative sowie vor Einreise in das Bundesgebiet bereits erlangte Verfolgungssicherheit in Jordanien (einen Monat Aufenthalt), Rußland (ein Monat Aufenthalt), Mazedonien, Slowenien und Kroatien als gegeben an.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Erstbeschwerdeführer zur Frage der vom Bundesasylamt angenommenen Verfolgungssicherheit geltend, er habe sich in keinem anderen Land sicher gefühlt, seine kurzfristigen Aufenthalte im Nordirak sowie seine Transitaufenthalte habe er nicht als eine "entsprechende Lösung" für seine Sicherheit betrachtet. Zur Verfolgungssituation in seinem Heimatland verwies er darauf, daß die Mitarbeiter Saddam Husseins christlichen Glaubens keinen Diskriminierungen und Beschränkungen unterlägen, weil diese der gehobenen Bevölkerungsschicht des Irak angehörten. Er selbst und seine Familie gehöre einer unteren Schicht an, das tägliche Leben der im Irak lebenden Christen der unteren sozialen Gesellschaftschichten sei von Schikanen der Machthabenden geprägt, die in richtige Verfolgung ausarten könne.
Mit Bescheid vom 16. November 1994 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung ab, die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer bestimmten auch religiösen Minderheit allein bilde keinen Grund für die Anerkennung als Flüchtling. Die Auswirkungen von Schwierigkeiten, mit denen christliche Minderheiten im islamischen Staaten konfrontiert würden, träfen alle Angehörigen dieser Minderheit in gleichem Maße und reichten für sich allein noch nicht aus, darauf begründete Furcht vor Verfolgung abzuleiten. Sie wiederholte im übrigen die Ausführungen des Bundesasylamtes zur Verfassungslage im Irak und traf die Feststellung, eine kollektive Verfolgung finde nicht statt. Im übrigen könnten Umstände, die schon längere Zeit vor der Ausreise zurückliegen, im Fall des Erstbeschwerdeführers im Jahr 1992, nicht mehr beachtlich sein, da die wohlbegründete Furcht bis zur Ausreise andauern müsse. Hinweise auf den AI-Jahresbericht 1993 seien ohne Aussagewert hinsichtlich der "Lage von Personen Ihrer Religion in Ihrer Heimat". Die vom Erstbeschwerdeführer geschilderten Vorfälle gegen seinen nach Amerika ausgewanderten Bruder Nabil könnten ebenfalls nicht Berücksichtigung finden, da nur solche Umstände asylrelevant seien, die eine Person unmittelbar beträfen, weshalb Ereignisse gegen Familienmitglieder nicht den gewünschten Verfahrensausgang bewirken könnten. Zur behaupteten Festnahme sei anzumerken, daß der Beschwerdeführer "ohne Vorwurf einer strafbaren Handlung wieder freigelassen" worden sei, was die schlüssige Folgerung zulasse, daß die "maßgeblichen staatlichen Stellen davon überzeugt gewesen seien, daß zwischen ihm und etwaigen oppositionellen Gruppen keine ernstzunehmenden Verbindungen" bestünden. Festnahmen, Verhöre oder Befragungen allein seien keine asylrelevanten Verfolgungshandlungen. Es sei auch "nicht nachvollziehbar", warum der Erstbeschwerdeführer wegen der angeführten, ohne weitere Folgen gebliebenen Festnahmen samt Verhören einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sein solle. Hinsichtlich der behaupteten Mißhandlungen qualifizierte die belangte Behörde diese als "Übergriffe von Einzelpersonen, die sich nicht als vom Staat initiierte oder geduldete Verfolgungshandlungen erwiesen". Im übrigen nahm die belangte Behörde hinsichtlich des Aufenthaltes des Erstbeschwerdeführers im Nordirak das Vorhandensein einer "inländischen Fluchtalternative" an, weil er in den vier Monaten seines Aufenthaltes dort keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei (nicht jedoch den Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991).
Der Zweitbeschwerdeführer hat bei seiner am 1. August 1994 vor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Befragung im wesentlichen angegeben, er sei - wie auch sein Bruder Rabih, der Erstbeschwerdeführer - chaldäisch-katholischen Glaubens. Sein Bruder Nabil habe im August 1990 einem Einberufungsbefehl zu irakischen Armee nicht Folge geleistet und sich in den Nordirak begeben. Nach Beendigung des Golfkrieges und der damit verbundenen Generalamnestie sei er wieder zurückgekehrt, und nach zweimonatiger Inhaftierung wieder an seine Arbeitsstelle in Kirkuk - wo er Lehrer gewesen sei - zurückgekehrt. Dann sei er jedoch wieder in den Nordirak geflüchtet. Daraufhin habe der Geheimdienst den Zweitbeschwerdeführer zu Hause aufgesucht und nach dem Aufenthaltsort des Bruders gefragt. Ende des Jahres 1993 sei er für 10 Tage inhaftiert worden, weil er versucht habe, vier Beamten, die seine Schwester auf das ärgste beschimpft hätten, des Hauses zu verweisen. Ab diesem Zeitpunkt hätte er mit seinen beiden Schwestern bis März 1994 bei einer Tante in Bagdad gelebt. Seine Eltern hätten sich bereits 1993 in den Nordirak begeben und ihn mit seinen Schwestern erst im März 1994 nach Arbil kommen lassen. Bereits im November 1993 hätte er sich zum Militärdienst melden sollen, was er jedoch nicht getan habe. Einen Grund hiefür habe er eigentlich nicht gehabt, er habe zu seinen Eltern in den Nordirak reisen wollen. Während seines fast viermonatigen Aufenthaltes in Arbil (bis 20. Juli 1994) sei er von Seiten der kurdischen Regierung nicht verfolgt worden. Er habe schlußendlich mit seinen Schwestern Arbil verlassen, weil die Geldmittel nur für ihre Flucht gereicht hätten. Sein Vater habe beschlossen, daß sie zuerst das Land verlassen sollten, weil es immer wieder in Kurdistan zu Attentaten komme und Spitzel des Saddam Hussein auch dort anwesend seien. Würde er in den von Saddam Hussein regierten Teil des Irak zurückkehren, wisse er nicht, was ihm passieren würde, kehre er nach Kurdistan zurück, hätte er keinerlei Probleme.
Mit Bescheid vom 16. August 1994 wies das Bundesasylamt den Antrag auf Asyl auch des Zweitbeschwerdeführers im wesentlichen mit der Begründung ab, die behauptete Inhaftierung "irgendwann Ende 1993" sei nicht glaubhaft, auch beim Zweitbeschwerdeführer sei hinsichtlich des immerhin fast viermonatigen Aufenthaltes im Nordirak eine inländische Fluchtalternative gegeben gewesen. Es nahm auch im Fall des Zweitbeschwerdeführers Verfolgungssicherheit im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 an, weil sich der Zweitbeschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in Slowenien aufgehalten habe.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung führt der Zweitbeschwerdeführer zur Verfolgungssituation chaldäischer Christen im Irak im wesentlichen gleichlautend aus wie bereits in der Berufung des Erstbeschwerdeführers zitiert und ergänzte hinsichtlich des von ihm nicht befolgten Einberufungsbefehles, dies sei geschehen, weil die Ableistung des Militärdienstes für ihn als Christen in der islamisch geführten Armee Gefahr für sein Leben bedeutet hätte, was auf die Methoden und Umgangsweise der Vorgesetzten in der irakischen Armee den Angehörigen einer anderen Religion gegenüber zurückzuführen sei. Auch im Nordirak habe es keine endgültige Sicherheit vor Verfolgung durch die Organe des Regimes gegeben, weil die kurdische autonome Führung von Spitzeln des Regimes unterlaufen sei und der Asylwerber über kurz oder lang entdeckt worden wäre. Die endgültige Flucht sei der einzige Ausweg gewesen, der Verfolgung durch die Behörden zu entrinnen.
Mit Bescheid vom 16. November 1994 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ebenfalls ab. Sie begründete diesen Bescheid im wesentlichen gleichlautend mit dem den Erstbeschwerdeführer betreffenden, verwies jedoch zusätzlich hinsichtlich der Frage der behaupteten Wehrdienstverweigerung darauf, grundsätzlich stelle die "Flucht" vor einer wegen Desertion bzw. Wehrdienstverweigerung drohenden (unter Umständen auch strengen) Bestrafung keinen Grund für die Anerkennung als Flüchtling dar, wenn aus dem Vorbringen nicht ableitbar sei, daß er auf Grund eines in der Genfer Konvention bzw. § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Grundes im Falle seiner Aufgreifung und Verurteilung eine differenzierte Bestrafung im Vergleich zu anderen irakischen Staatsangehörigen zu erwarten gehabt hätte. Die behauptete Festnahme und zehntägige Inhaftierung habe ihren Grund in seinem ungebührlichen Verhalten gegenüber den Beamten gehabt, schließlich sei auch er freigelassen worden, ohne daß ein Vorwurf einer strafbaren Handlung gegen ihn erhoben worden sei. Auch im Falle des Zweitbeschwerdeführers sah die belangte Behörde das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative als gegeben an (nicht jedoch den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991).
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung infolge ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges erwogen hat:
1. Zum Erstbeschwerdeführer:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Erstbeschwerdeführer im wesentlichen eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht der belangten Behörde gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 geltend. Diesen Ausführungen ist jedoch entgegenzuhalten, daß der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 16 Abs. 1 AsylG 1991 wohl bestimmt, daß die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, daß die für die Entscheidung maßgeblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen, diese Gesetzesstelle jedoch keine über den Rahmen des § 37 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht der Behörde begründet. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung dieser Angaben zu dringen. Insbesondere kann aus dieser Gesetzesstelle keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. als Beispiel für viele hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 95/20/0042, und 0046, und die dort wiedergegebene Judikatur). Es geht auch die Manuduktionspflicht der Behörde nicht soweit, den Asylwerber anzuleiten, wie er sein Vorbringen zu gestalten habe, damit sein Antrag erfolgreich sei. Insbesondere erscheint unklar, was der Erstbeschwerdeführer zu erreichen sucht, wenn er meint, es sei jedenfalls Verpflichtung der Behörde gewesen, seine Ausführungen "entsprechend nach relevanten Ansatzpunkten zu hinterfragen". Damit ist auch nicht ersichtlich, welche anderen Feststellungen die belangte Behörde zum Vorteil des Erstbeschwerdeführers zu treffen gehabt hätte. Da in der Berufung Verfahrensmängel im Sinn des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 nicht geltend gemacht wurden, bestand auch für die belangte Behörde kein Anlaß, im Sinn des § 20 Abs. 2 leg. cit. eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens erster Instanz anzuordnen. Sie hatte daher im Sinn des § 20 Abs. 1 leg. cit. die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen. Dem Erstbeschwerdeführer ist im Rahmen seiner Inhaltsrüge jedoch zuzugeben, daß die Erwägungen der belangten Behörde zur Frage seiner Verfolgungssituation in Bagdad, insbesondere aber auch hinsichtlich seiner Angaben über die immerhin ein Jahr () andauernde Inhaftierung samt Mißhandlungen, die die belangte Behörde nicht als unglaubwürdig eingestuft hat, nicht nachvollziehbar scheinen. Dennoch muß darauf nicht des näheren eingegangen werden, weil der belangten Behörde im Ergebnis darin beizupflichten ist, daß eine bis zur Ausreise andauernde und damit aktuelle Furcht individueller Verfolgung im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht entnommen werden kann, hat er sich doch vier Monate im Nordirak aufgehalten, ohne dort einer Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Daß er sich in dieser Zeit das notwendige Geld für seine Ausreise habe zusammensparen müssen, ist kein ausreichender Grund für die Asylgewährung. Unbegründet sind auch die Befürchtungen des Erstbeschwerdeführers, Verfolgung im Falle eines militärischen Einfalls Saddam Husseins in die im Grenzbereich des 36. Breitengrades eingerichtete Sicherheitszone zu erleiden, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde keine Anzeichen hervorgekommen sind, daß die Sicherheitszone im Nordirak in absehbarer Zeit militärischen Agressionen Saddam Husseins zum Opfer fallen könnte. Aus diesem Grunde erweist sich die Schlußfolgerung der belangten Behörde, der Erstbeschwerdeführer habe eine sich auf das gesamte Staatsgebiet seines Heimatlandes erstreckende wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen können, als mit der Rechtslage im Einklang stehend.
Zum Zweitbeschwerdeführer:
Zu den im wesentlichen gleichlautenden Ausführungen zur Verfahrensrüge sei auch im Fall des Zweitbeschwerdeführers auf die bereits zu seinem Bruder gemachten Ausführungen verwiesen. Die belangte Behörde hat daher zutreffend die erstinstanzlichen Angaben des Zweitbeschwerdeführers ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt. Damit erweist sich aber auch in diesem Falle die Rechtsrüge als verfehlt. Insoweit der Beschwerdeführer nämlich hinsichtlich seiner angeblichen Wehrdienstverweigerung nunmehr meint, er habe dem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet, um nicht nach Willkür des Regimes gegen ethnische und religiöse Minderheiten, sohin gegen die eigenen Landsleute militärisch tätig werden zu müssen, ist ihm entgegenzuhalten, daß dieses Vorbringen unter das Neuerungsverbot des § 41 VwGG fällt, sodaß darauf nicht Bedacht zu nehmen ist, und überdies seinen Angaben anläßlich seiner Ersteinvernahme, wonach er für seine Wehrdienstverweigerung ausdrücklich keinen anderen Grund nennen konnte, außer dem, zu seinen Eltern in den Nordirak reisen zu wollen, diametral entgegensteht. Auf die ihm allenfalls infolge der Weigerung zur Ableistung des Militärdienstes drohenden Folgen kann daher im Rahmen des Asylverfahrens nicht eingegangen werden; liegen die diesbezüglichen Voraussetzungen vor, bestünde jedoch ein Rück- bzw. Abschiebeverbot im Sinn des § 37 Fremdengesetz.
Im übrigen ist auch der Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich der von der belangten Behörde angenommenen "inländischen Fluchtalternative" auf die seinen Bruder (den Erstbeschwerdeführer) betreffenden Ausführungen zu verweisen.
Aus diesen Gründen waren beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200190.X00Im RIS seit
03.04.2001