TE Vfgh Erkenntnis 2022/9/20 E1699/2022

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Veröffentlicht am 20.09.2022
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §6, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
Flüchtlingskonvention Genfer, BGBl 55/1955 Art1 Abschnitt D
Statusrichtlinie 2011/95/EU Art12
VfGG §7 Abs2
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffend einen staatenlosen palästinensischen Flüchtling; mangelhafte Auseinandersetzung mit den Länderinformationen zum Einsatz des UNRWA im Libanon

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist ein in Libyen geborener staatenloser Palästinenser. Er ist beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) als palästinensischer Flüchtling registriert und lebte von 2007 bis zu seiner Ausreise im März 2019 im Libanon, ua im Flüchtlingslager "Ain Al-Hilweh" (Ain el-Hilweh). Am 29. März 2019 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 8. August 2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in den Libanon zulässig ist, und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 18. Mai 2022 als unbegründet ab. Im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten führt das Bundesverwaltungsgericht ua aus, dass der Beschwerdeführer als palästinensischer Flüchtling bei UNRWA registriert, diese Organisation nach wie vor im Libanon tätig sei und nicht festgestellt werden könne, dass der Schutz des UNRWA weggefallen sei. Das Verlassen des Einsatzgebietes des UNRWA sei freiwillig und nicht durch von ihm nicht zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe begründet gewesen. Denn die von ihm behauptete individuelle Bedrohung bzw Verfolgung durch Mitglieder des libanesischen Militärgeheimdienstes und sonstige Regierungsbehörden sei nicht glaubhaft. Andere außerhalb des Einflussbereiches des Beschwerdeführers liegende Gründe für die Unmöglichkeit einer (erneuten) Inanspruchnahme des Beistandes des UNRWA und eine Wiedereinreise in den Libanon seien aus den Länderberichten nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer sei sohin gemäß §6 Abs1 Z1 AsylG 2005 von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1. Bei UNRWA handelt es sich um eine Organisation der Vereinten Nationen im Sinne des Art1 Abschnitt D GFK, auf den sowohl Art12 Abs1 lita Status-RL als auch §6 Abs1 Z1 AsylG 2005 Bezug nehmen. Die Rechtsstellung von Asylwerbern, die unter dem Schutz oder Beistand von UNRWA stehen, unterscheidet sich von jener anderer Asylwerber (VfSlg 19.777/2013; VfGH 24.9.2018, E761/2018 ua; 14.6.2021, E761/2022 mwN):

Gemäß §6 Abs1 Z1 AsylG 2005 (in Umsetzung des Art12 Abs1 lita erster Satz Status-RL und dieser wiederum in Entsprechung des Art1 Abschnitt D erster Satz GFK) sind diese Personen von der Anerkennung als Flüchtling zunächst ausgeschlossen. Sie genießen aber – nach der in diesem Punkt im innerstaatlichen Recht nicht umgesetzten und sohin unmittelbar anwendbaren Bestimmung des zweiten Satzes des Art12 Abs1 lita Status-RL – dann "ipso facto" den Schutz der Status-RL bzw der GFK, wenn der Schutz oder Beistand von UNRWA "aus irgendeinem Grund" nicht länger gewährt wird. Dieser "ipso facto"-Schutz bewirkt insofern eine Privilegierung, als für die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten keine Verfolgung aus den in Art1 Abschnitt A GFK genannten Gründen glaubhaft zu machen ist, sondern nur, dass sie erstens unter dem Schutz des UNRWA gestanden sind und zweitens, dass dieser Beistand aus "irgendeinem Grund" weggefallen ist.

Die erste Voraussetzung ist mit der Vorlage einer UNRWA-Registrierungskarte erfüllt (EuGH 17.6.2010, Rs C-31/09, Bolbol, Rz 52). Die zweite Voraussetzung erfordert eine Prüfung, "ob der Wegzug des Betroffenen durch nicht von ihm zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe gerechtfertigt ist, die ihn zum Verlassen dieses Gebiets zwingen und somit daran hindern, den vom UNRWA gewährten Beistand zu genießen" (EuGH 19.12.2012 [GK], Rs C-364/11, El Kott, Rz 61). Ein Zwang zum Verlassen des Einsatzgebietes einer Organisation iSd Art12 Abs1 lita zweiter Satz Status-RL liegt nach den Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache El Kott dann vor, wenn sich die betroffene Person in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es dem UNRWA unmöglich ist, ihr in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der Aufgabe des UNRWA im Einklang stehen (EuGH, El Kott, Rz 65; vgl auch EuGH 25.7.2018, Rs C-585/16, Alheto, Rz 86). Bei dieser Beurteilung ist nach der weiteren Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union auch festzustellen, ob der Betroffene derzeit daran gehindert ist, Schutz oder Beistand des UNRWA zu erhalten, weil sich mutmaßlich die Lage im betreffenden Einsatzgebiet aus nicht von ihm zu kontrollierenden und von seinem Willen unabhängigen Gründen verschlechtert hat (EuGH 3.3.2022, Rs C-349/20, NB und AB, Rz 57).

Zur Feststellung, ob der Schutz oder Beistand des UNRWA nicht länger gewährt wird, sind im Rahmen einer individuellen Beurteilung aller maßgeblichen Umstände des fraglichen Sachverhalts alle Operationsgebiete des Einsatzgebiets des UNRWA zu berücksichtigen, in die ein Staatenloser palästinensischer Herkunft, der dieses Einsatzgebiet verlassen hat, eine konkrete Möglichkeit hat, einzureisen und sich dort in Sicherheit aufzuhalten (EuGH 13.1.2021, Rs C-507/19, Bundesrepublik Deutschland, Rz 67).

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht mit Verweis auf diese Rechtsprechung zwar zunächst zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Registrierung bei UNRWA unter dem Schutz oder Beistand einer von Art1 Abschnitt D GFK erfassten Organisation der Vereinten Nationen stand und damit in den Anwendungsbereich des §6 Abs1 Z1 AsylG 2005 und Art12 Abs1 lita Status-RL sowie Art1 Abschnitt D GFK fällt.

Bei der Prüfung, ob dieser Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht zum Verlassen des Einsatzgebietes des UNRWA gezwungen gewesen sei, weil diese Organisation nach wie vor im Libanon tätig sei und Schutz oder Beistand bereitstelle und weder eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers vorliege noch sich aus den Länderberichten Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass der Beschwerdeführer nicht in den Libanon zurückkehren und sich wieder dem Schutz des UNRWA unterstellen könne.

Mit dieser Begründung lässt das Bundesverwaltungsgericht allerdings die von ihm selbst zu Feststellungen erhobenen Informationen aus dem Länderinformationsblatt außer Acht. Diesen ist zur Einreise in den Libanon und zu den Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern des UNRWA Folgendes zu entnehmen:

"Rückkehr

[…]

Laut Bericht des Danish Immigration Service (DIS) sträuben sich die libanesischen Behörden seit Mai 2018 den staatenlosen palästinensischen Flüchtlingen aus dem Libanon (PRLs), die sich im Ausland aufhalten, die Rückkehr in den Libanon zu gestatten, wenn sie keine Aufenthaltsgenehmigung in dem Land haben, in dem sie sich derzeit aufhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückkehr freiwillig oder zwangsweise erfolgen soll. Die Zahl der erfolgreichen Rückführungen innerhalb dieses Zeitraums ist sehr begrenzt. Anträge für neue oder zu verlängernde palästinensische Reisedokumente sowie die Ausstellung von Laissez-passer für PRLs werden vom libanesischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Emigranten auf Eis gelegt. Es begründet dies damit, dass der Libanon bereits genug Flüchtlinge beherbergt und von der internationalen Gemeinschaft angesichts der großen Anzahl von Flüchtlingen im Libanon keine ausreichende Unterstützung erhält. Laut einer weiteren diplomatischen Quelle des DIS ist es unwahrscheinlich, dass sich die strikte Politik der libanesischen Regierung gegenüber den Flüchtlingen im Libanon, angesichts des derzeitigen politischen Klimas und der finanzpolitischen Herausforderungen, mit denen der Libanon derzeit konfrontiert ist, in absehbarer Zeit ändern wird […]. Z.B. ist laut libanesischer Botschaft Berlin für die Ausstellung eines Reisedokuments sowohl ein Aufenthaltstitel in Deutschland (oder eine Zusicherung der deutschen Ausländerbehörde) als auch im Libanon nötig […].

[…]

Flüchtlingslager

Knapp über die Hälfte der Palästina-Flüchtlinge lebt in den folgenden zwölf anerkannten Palästina-Flüchtlingslagern: […]

Die Bedingungen in den Lagern sind sehr schlecht und durch Überbelegung, schlechte Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Armut und mangelnden Zugang zur Justiz gekennzeichnet […]. Die Lager sind der staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen. Deren Sicherheit wird teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden. Eine Ausnahme stellt das Lager Nahr el-Bared dar, das unter libanesischer Kontrolle steht. Die libanesische Armee beschränkt sich hierbei jedoch auf Zugangskontrollen und die Sicherung der Umgebung […]. Sporadische bewaffnete Zusammenstöße unterbrachen Bildungs- und Gesundheitsdienste und führten zur vorübergehenden Schließung von Schulen und Krankenhäusern. Sicherheitsbedenken schränkten auch die Tätigkeit humanitärer Akteure ein […]. Es kommt immer wieder zu teils schweren Auseinandersetzungen in den Palästinenser-Lagern bzw Ansiedelungen, z.T. mit Todesopfern (u. a. in den Lagern Ain El-Hilweh sowie Mieh-Mieh). Terroristische Gruppen, die die Lager als Rückzugsraum nutzen, stehen unter hohem Verfolgungsdruck der Sicherheitskräfte […]. Die Fläche, die den zwölf offiziellen palästinensischen Flüchtlingslagern im Land zugeteilt wurde, hat sich seit 1948 trotz einer Vervierfachung der Bevölkerung nur geringfügig verändert. Folglich leben die meisten palästinensischen Flüchtlinge in übervölkerten Lagern, von denen einige zudem während der vergangenen Konflikte schwer beschädigt wurden […].

Alle Lager sind von Hilfeleistungen der chronisch unterfinanzierten UNRWA abhängig, deren Lage sich seit Mitte 2018 durch die massive Kürzung der zuvor substanziellen US-Unterstützung noch weiter zugespitzt hat. Immer wieder kommt es speziell in den Lagern Mieh-Mieh und Ain el-Hilweh zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen extremistischen Gruppierungen (Jund al-Scham, Abdullah-Azzam-Brigaden, Ansar Allah etc.). Die libanesischen Sicherheitskräfte greifen in diese Auseinandersetzungen entgegen der bisherigen, per Abkommen geregelten Praxis immer häufiger ein, weil die eigentlich zuständigen palästinensischen Sicherheitsbehörden zunehmend überfordert scheinen […]."

Vor diesem Hintergrund ergibt sich sohin ohne nähere Auseinandersetzung mit diesen Länderinformationen nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Schutz des UNRWA freiwillig aufgegeben hat und diesen Schutz auch im Falle der Rückkehr wieder in Anspruch nehmen kann.

3.3. Indem das Bundesverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt der oben wiedergegebenen Länderinformationen außer Acht gelassen hat, hat es sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E1699.2022

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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