TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/27 95/01/0487

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Veröffentlicht am 27.03.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek über die Beschwerde der L in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Mai 1995, Zl. 4.344.817/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Mai 1995 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. Juli 1994 der am 7. Juli 1994 gestellte Asylantrag der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", die am 6. Juli 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin, nicht ergeben habe, daß die Beschwerdeführerin Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Sie hat somit die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint und ihr in erster Linie deshalb die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. versagt. Sie hat dazu auch ausgeführt, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt habe, sie sich den Ausführungen der Erstbehörde in deren Bescheid "vollinhaltlich" anschließe und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebe (vgl. zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0096).

Weiters hat die belangte Behörde ausgeführt, gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 habe der Bundesminister für Inneres über eine zulässige Berufung in jedem Fall in der Sache selbst zu entscheiden und seiner Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahens erster Instanz zugrundezulegen. Eine Ergänzung bzw. Wiederholung des Ermittlungsverfahrens sei gemäß § 20 Abs. 2 leg. cit. (u.a.) anzuordnen, wenn dieses mangelhaft gewesen sei.

Die belangte Behörde hat also nicht die Meinung vertreten, daß gemäß § 20 Abs. 2 AsylG 1991 eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens (u.a.) bei OFFENKUNDIGER Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens notwendig sei. Sie hat somit entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht diese Bestimmung nicht in der Fassung vor Aufhebung des Wortes "offenkundig" durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94-10, kundgemacht am 5. August 1994 in BGBl. Nr. 610/1994, angewendet.

Die Beschwerdeführerin hat bei ihrer Vernehmung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, sie sei Angehörige der albanischen Volksgruppe und bereits im Jahre 1988 als Schulsprecherin eines Gymnasiums festgenommen worden, weil sie verdächtigt worden sei, Informationen über Schulkollegen, welche aufgrund der Verteilung von Flugblättern verhaftet worden seien, zu besitzen. Nach einem Monat sei sie aus dem Gefängnis entlassen worden. Seit dem Jahre 1989 sei sie Mitglied der (offiziell zugelassenen) "Demokratischen Liga Kosovo". Am 6. April 1994 habe sie als stellvertretende Leiterin einer Bezirksversammlung, an der etwa

3000 Parteimitglieder teilgenommen hätten, fungiert. Während dieser Sitzung sei der Bezirksleiter verhaftet worden. Ihr sei der Personalausweis abgenommen worden. Sie habe diesen Ausweis nicht mehr abgeholt, weil sie erfahren habe, daß sie überwacht werde und es sein könnte, daß sie festgenommen und zu einer Haftstrafe verurteilt werden würde. Die folgenden drei Monate bis zu ihrer Ausreise habe sie sich bei ihrem Lebensgefährten aufgehalten. Während dieser Zeit sei ihr Elternhaus von der Polizei durchsucht worden. Im Falle der Rückkehr in den Kosovo hätte sie mit ihrer sofortigen Verhaftung zu rechnen, "weil jeder Mensch, der albanisch denkt und handelt, in Serbien verfolgt wird".

Hinsichtlich der Verhaftung der Beschwerdeführerin im Jahre 1988 kann ein zeitlicher Zusammenhang mit der im Jahre 1994 erfolgten Ausreise nicht mehr erkannt werden, zumal die Beschwerdeführerin keine weiteren Verfolgungshandlungen bis zu den Vorfällen im Jahre 1994 behauptet.

Die Abnahme des Personalausweises (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0112) und die Durchsuchung des Elternhauses der Beschwerdeführerin sind für sich allein noch nicht als relevante Verfolgung anzusehen. Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin befürchtete Überwachung.

Beim Vorbringen, im Falle der Rückkehr in den Kosovo sofort verhaftet zu werden, handelt es sich um eine durch keine konkreten Behauptungen dargetane, vage Vermutung der Beschwerdeführerin, die nach ihrem eigenen Vorbringen selbst anläßlich der Auflösung der erwähnten Bezirksversammlung der "Demokratischen Liga Kosovo" durch die serbische Polizei - im Gegensatz zum Leiter dieser Versammlung - nicht verhaftet wurde.

Da die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin somit zu Recht verneint hat, erweist sich die Beschwerde schon aus diesem Grunde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die belangte Behörde überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 Gebrauch gemacht hat, war daher entbehrlich.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010487.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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