TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/20 95/01/0112

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Veröffentlicht am 20.12.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1995, Zl. 4.345.954/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1995 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Februar 1995 der am 23. Jänner 1995 gestellte Asylantrag der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation" - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, daß sie sich deshalb, weil die Erstbehörde "die Rechtslage hinsichtlich des von ihr festgestellten Sachverhaltes richtig erkannt hat, den Rechtsausführungen im bekämpften Bescheid vollinhaltlich anschließt bzw. die dortigen Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung des gegenständlichen Bescheides erklärt werden". Damit erscheint klargestellt, daß die belangte Behörde nicht die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Begründung, soweit sie sich im Rahmen der Beweiswürdigung primär darauf bezieht, daß den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 2. Februar 1995 kein Glauben geschenkt werden könne, übernommen, sondern sich lediglich die Ausführungen der Erstbehörde zueigen gemacht hat, die die rechtliche Beurteilung des von der Beschwerdeführerin behaupteten, der Entscheidung der Erstbehörde erst in zweiter Linie zugrunde gelegten Sachverhaltes betreffen. Dies ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, soweit sie eine zu ihren Ungunsten von der belangten Behörde vorgenommene, tatsächlich aber nicht erfolgte Beweiswürdigung bekämpft. In Erwiderung auf eine entsprechende Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin ist auch darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Berufungsbehörde ihrer Begründungspflicht allgemein mit der kurzen Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz genügt, falls sie bezüglich des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und dessen rechtlicher Beurteilung mit ihr einer Meinung ist und ihr keine durch die Begründung der Vorinstanz offengelassene Frage vorgelegt worden ist (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die Beschwerdeführerin, die geltend macht, daß "der bloße Verweis im Berufungsbescheid - wenn überhaupt - nur dann zulässig ist, wenn in der Berufung keinerlei Verfahrensmängel aufgedeckt wurden", übersieht, daß sich in ihrer Berufung keine Verfahrensrüge findet und die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zusätzlich die Ansicht vertreten hat, daß keiner der Fälle des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (in der bereinigten Fassung nach der Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994) vorliege, also auch nicht das Ermittlungsverfahren erster Instanz mangelhaft gewesen sei, ohne daß dem in der Beschwerde in Ansehung der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin widersprochen wird.

Die Beschwerdeführerin hat bei der erstinstanzlichen Vernehmung auf die Frage, warum sie den Kosovo verlassen habe, geantwortet, "eigentlich keine konkreten Probleme mit den Behörden" gehabt zu haben. Ihr Lebensgefährte (den sie der Aktenlage nach erst in Österreich geheiratet hat) werde gesucht, da er als Deserteur gelte. Die Polizei habe einige Male bei ihr nach ihm gefragt, wobei man ihr den Reisepaß weggenommen und ihr gesagt habe, diesen nur zurückzubekommen, wenn ihr Lebensgefährte "wieder zurückkommt". Ihr Lebensgefährte lebe seit 1991, nachdem er desertiert sei, in Österreich. Die Erstbehörde (und damit auch die belangte Behörde) hat richtig erkannt, daß aus diesem Sachverhalt eine gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungshandlung aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründe nicht abgeleitet werden kann. Die bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Nachforschungen nach ihrem damaligen Lebensgefährten hatten offensichtlich nur den Zweck, dessen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen, und stellten keine die Beschwerdeführerin betreffende Verfolgungshandlung dar. Der Umstand, daß ihr hiebei - als einzige konkrete Maßnahme gegen sie - der Reisepaß abgenommen wurde, wäre auch unabhängig davon für sich allein noch nicht als relevante Verfolgung anzusehen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0585, 0586, und vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0777). Die Beschwerdeführerin selbst steht diesbezüglich nicht auf einem gegenteiligen Standpunkt, sondern meint vielmehr, die von der belangten Behörde zu klärende Frage wäre gewesen, "ob in Anbetracht der dortigen politischen Situation und der Schikanen und Verfolgungsmaßnahmen gegen die Ethnie der Kosovo-Albaner diese Handlungen den allenfalls tückischen Beginn einer noch gravierenderen Verfolgung darstellen sollte". "Wenn auf Grund etlicher Fälle oder Schicksale klar" gewesen sei, "daß die bisher getroffenen Sanktionen lediglich den Beginn einer intensiveren Verfolgung darstellen würden, so" habe sich die Beschwerdeführerin "in wohlbegründeter Furcht" befunden und "daher keineswegs die weitergreifenden Verfolgungshandlungen, wie allenfalls Festhaltung in Polizeigewahrsam oder Gefängnis abwarten" müssen. Dafür, daß die Beschwerdeführerin eine asylrechtlich relevante Verfolgung in dieser Richtung zu befürchten gehabt habe, ergab sich aber kein Anhaltspunkt bei ihrer erstinstanzlichen Vernehmung, weshalb die belangte Behörde nicht veranlaßt war, gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen, und kann darauf auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes auch nicht mehr Bedacht genommen werden.

Da sich somit die Beschwerde schon aus diesem Grunde (mangels Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin) als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die belangte Behörde (anders als die Erstbehörde) überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010112.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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