TE Lvwg Erkenntnis 2022/6/3 VGW-011/055/11757/2021

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Veröffentlicht am 03.06.2022
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Entscheidungsdatum

03.06.2022

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §60
BauO Wr §62
BauO Wr §73
BauO Wr §124
BauO Wr §125
BauO Wr §135 Abs1
BauO Wr §135 Abs6
VStG §5 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Forster über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B., vertreten durch Rechtsanwalts GmbH, vom 2. August 2021 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 6. Juli 2021, Zl. MA64/.../2021, betreffend eine Übertretung des § 125 Abs. 1 lit. a iVm § 60 BO, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2021, 18. Jänner 2022 und 5. Mai 2022

zu Recht:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die Spruchpunkte „b) 3.“, „b) 5.“, „b) 6.“ und „b) 10.“ des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verfahren hinsichtlich der Spruchpunkte „b) 5.“ und „b) 6.“ des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG und hinsichtlich der Spruchpunkte „b) 3.“ und „b) 10.“ des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wird. Zudem wird die verhängte Geldstrafe von EUR 2.850,– auf EUR 1.300,– (Ersatzfreiheitsstrafe von neun Stunden anstelle von 19 Stunden) herabgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatanlastung wie folgt lautet:

„Datum:  02.03.2020 – 15.12.2020

Ort:             Wien, E.-gasse 24 ident C. 55, EZ ... der KG D.

Funktion:  baurechtlicher Geschäftsführer

Firma             F. GmbH mit Sitz in G., H.

Sie haben als baurechtlicher Geschäftsführer gemäß § 124 Abs. 1a der Bauordnung für Wien der F. GmbH mit Sitz in G., Geschäftsanschrift: G., H., zu verantworten, dass diese Gesellschaft als befugte Bauführerin auf der Liegenschaft in Wien, E.-gasse 24 ident C. 55, EZ ... der KG D.,

in der Zeit von 02.03.2020 bis 15.12.2020

entgegen der der Bauführerin gemäß § 125 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien auferlegten Verpflichtung zur Einhaltung der Baupläne, die nach der Bauordnung für Wien aufgrund der Baubewilligung vom 7. Mai 2018, Zl. MA37/...-2017-1, in der Fassung der Änderungen durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 8. Mai 2019, Zl. VGW-111/075/7928/2018, betreffend u.a. die Errichtung eines Wohngebäudes mit einer Tiefgarage, ausgeführt werden durften,

a) gemäß § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtige Abweichungen von den genannten Bauplänen vorgenommen hat, als

1. der Keller im Zuge einer Verlängerung an der Nordseite zur E.-gasse um ca. 19,80 m2 (1,40 x 14,16 m) größer errichtet wurde,

b) gemäß § 60 Abs. 1 lit c BO für Wien bewilligungspflichtige (und nicht gemäß § 73 Abs. 3 BO bewilligungsfreie) Abweichungen von den genannten Bauplänen vorgenommen hat, als

2. der Aufzugsschacht um ca. 9 cm höher über die Dachhaut hinausreichend ausgeführt wurde (9,99 m anstatt 9,90 m),

3. an der Nordwestseite im Erdgeschoß ein Einschnitt von ca. 5 m x 0,80 m hergestellt wurde,

4. an der Nordseite im 1. Dachgeschoß, rechts des Stiegenhauses, anstatt der bewilligten vier nur drei Fenster ausgeführt wurden, indem unmittelbar neben dem Stiegenhaus anstelle des bewilligten Doppelfensters im Ausmaß von je 114 x 140 cm nur ein Fenster im Ausmaß von 134 x 140 cm hergestellt wurde,

5. an der Südseite im Erdgeschoß anstatt der bewilligten vier Fenstertüren (zwei in der Wohnküche Top Nr. 2 und zwei in der Wohnküche Top Nr. 1) nur drei Fenstertüren (zwei in der Wohnküche Top Nr. 2 und eine in der Wohnküche Top Nr. 1) ausgeführt wurden, wobei die linke Fenstertüre (Top Nr. 2) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 298 x 224 cm hergestellt und um 70 cm weiter nach links verschoben wurde, die zweite Fenstertüre von links (Top Nr. 2) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einem Ausmaß von 198 x 224 cm hergestellt und um 110 cm nach links verschoben wurde, die rechte äußere Fenstertüre (Top Nr. 1) anstatt in der bewilligten Größe von 180 x 226 cm in einem Ausmaß von 298 x 224 cm hergestellt und um 90 cm nach links verschoben wurde und die zweite Fenstertüre von rechts (Top Nr. 1) im Ausmaß von 180 x 226 cm nicht ausgeführt wurde,

6. im 1. Dachgeschoß an der Südseite die linke Fenstertüre (Top Nr. 3) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 298 x 224 cm hergestellt wurde, die zweite Fenstertüre (Top Nr. 3) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 180 x 240 cm ausgeführt und um rund 110 cm nach links verschoben wurde und eine weitere Fenstertüre (Top Nr. 4, zweites Fenster von rechts) anstatt in der bewilligten Größe von 180 x 226 cm im Ausmaß von 260 x 224 cm hergestellt wurde,

7. im 2. Dachgeschoß an der Südseite anstatt der bewilligten drei Fenstertüren im Ausmaß von 300 x 226 cm (linke Fenstertüre), 180 x 226 cm (mittlere Fenstertüre) und 180 x 226 cm (rechte Fenstertüre) vier Fenstertüren hergestellt wurden, wobei die linke äußerste Fenstertüre eine Größe von 280 x 224 cm aufweist und um 40 cm nach links verschoben wurde und die anderen drei Fenstertüren in der Größe von je 90 x 224 cm hergestellt wurden,

8. an der Ost- und Westseite eine Attika von 20 cm Höhe hergestellt wurde,

9. an der Ostseite ein zusätzlicher Kamin hergestellt wurde,

ohne dass für diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und lit. c bewilligungspflichtigen Arbeiten ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid erwirkt worden war oder eine Einreichung gemäß § 70a oder 70b BO für Wien erfolgt war und nach vollständiger Vorlage der Unterlagen drei Monate (vier Monate in Schutzzonen und bei besonderen Bauvorhaben) verstrichen waren, ohne dass ein baubehördlicher Untersagungsbescheid gemäß § 70a Abs. 4 oder § 70b Abs. 4 BO für Wien erlassen worden war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

a) § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 lit. a BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/1996 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 lit. a. BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018, iVm § 135 Abs. 6 BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 1930/11 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 2014/25,

b) § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 lit. a BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/1996 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 lit. c. BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018, iVm § 135 Abs. 6 BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 1930/11 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 2014/25“

Zudem hat die Strafsanktionsnorm in beiden Fällen „§ 135 Abs. 1 BO, LGBl. 1930/11 idF LGBl. 2018/69“ zu lauten.

II. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 VStG beträgt der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens EUR 130,– (das sind 10 Prozent der verhängten Geldstrafe).

III. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die F. GmbH für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe, die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.

V. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 6. Juli 2021, Zl. MA64/.../2021, zugestellt am 8. Juli 2021, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Datum:  02.03.2020 – 15.12.2020

Ort:             Wien, E.-gasse 24 ident C. 55, EZ ... der KG D.

Funktion:  baurechtlicher Geschäftsführer

Firma             F. GmbH mit Sitz in G., H.

Sie haben als baurechtlicher Geschäftsführer gemäß § 124 Abs. 1a der Bauordnung für Wien der F. GmbH mit Sitz in G., Geschäftsanschrift: G., H., zu verantworten, dass diese Gesellschaft als befugte Bauführerin auf der Liegenschaft in Wien, E.-gasse 24 ident C. 55, EZ ... der KG D.,

in der Zeit von 02.03.2020 bis 15.12.2020

entgegen den dem Bauführer gemäß § 125 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien auferlegten Verpflichtungen zur Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, von den Bauplänen, die nach diesem Gesetz gemäß der Baubewilligung vom 7. Mai 2018 zur Zahl MA37/...-2017-1 zur u.a. Errichtung eines Wohngebäudes mit einer Tiefgarage ausgeführt werden dürfen,

a) gemäß § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtige Abweichungen von den Bauplänen vornehmen lassen hat, als

1. der Keller um ca. 22 m2 größer errichtet wurde, indem an der Nordseite zur E.-gasse der Keller um ca. 1,30 m verlängert und der Keller anstatt direkt an der Grundgrenze zur Liegenschaft C. 57 ca. 36 cm von der Grundgrenze abgerückt errichtet wurde und

2. der Aufzugsschacht um ca. 16 cm höher über die Dachhaut hinausreichend ausgeführt wurde (10,06 m anstatt 9,90 m) und

b) gemäß § 60 Abs. 1 lit c BO für Wien bewilligungspflichtige Abweichungen von den Bauplänen, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen (Baubewilligung vom 7. Mai 2018 zur Zahl MA37/...-2017-1 zur u.a. Errichtung eines Wohngebäudes mit einer Tiefgarage), vornehmen hat lassen, als

3. an der Ostseite im Erdgeschoß zwei Fenster bewilligungslos errichtet wurden,

4. an der Nordseite im Erdgeschoß ein Einschnitt von ca. 5,00 m x 0,80 m hergestellt wurde,

5. im 1. Dachgeschoß zwei Fenster nicht hergestellt, ein Fenster vergrößert sowie ein zusätzliches Fenster in der Mitte der Gebäudefront hergestellt wurde,

6. im 2. Dachgeschoß beide bewilligten Fenster nicht ausgeführt wurden,

7. an der Nordseite im 1. Dachgeschoß anstatt vier nur drei Fenster ausgeführt wurden,

8. an der Südseite im Erdgeschoß anstatt vier Fenstertüren nur drei Fenstertüren ausgeführt wurden, die äußeren Fenstertüren um jeweils ca. 30 cm größer und die mittlere Fenstertüre um ca. 70 cm schmäler ausgeführt wurden,

9. im 1. Dachgeschoß eine Fenstertüre um ca. 30 cm und eine Fenstertüre um 1,10 m vergrößert wurde sowie die mittlere Fenstertüre um ca. 90 cm schmäler errichtet wurde,

10. im 1. Dachgeschoß ein zusätzliches Fenster ausgeführt wurde,

11. im 2. Dachgeschoß anstatt drei Fenstertüren vier Fenstertüren hergestellt wurden, und zwar um ca. 20 cm bzw. um ca. 90 cm schmäler,

12. an der Ost- und Westseite eine Attika von 20 cm Höhe hergestellt wurde,

13. an der Ostseite ein zusätzlicher Kamin hergestellt wurde,

ohne dass für diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und lit. c bewilligungspflichtigen Arbeiten ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid erwirkt worden war oder eine Einreichung gemäß § 70a oder 70b BO für Wien erfolgt war und nach vollständiger Vorlage der Unterlagen drei Monate (vier Monate in Schutzzonen und bei besonderen Bauvorhaben) verstrichen waren, ohne dass ein baubehördlicher Untersagungsbescheid gemäß § 70a Abs. 4 oder § 70b Abs. 4 BO für Wien erlassen worden war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a) § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien (BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/1996 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 lit. a) BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018

b) § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien (BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/1996 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 lit. c) BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 69/2018

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von     falls diese uneinbringlich ist,  Freiheitsstrafe von       Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 2.850,00           19 Stunden  gemäß § 135

                                                                                        Abs. 1 BO für Wien.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 285,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 3.135,00

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die F. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den baurechtlichen Geschäftsführer, Herr A. B. verhängte Geldstrafe von € 2.850,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 285,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 135 Abs. 6 BO für Wien zur ungeteilten Hand.“

Begründend verwies die Behörde in diesem Straferkenntnis – zusammengefasst – auf die Wahrnehmungen eines Amtssachverständigen über die vorgenommenen Baumaßnahmen und deren Beginn sowie auf die Funktion des Beschwerdeführers bei der F. GmbH, welche als Bauführerin benannt worden sei und über die Befugnis des Baumeistergewerbes verfüge. Die durchgeführten Baumaßnahmen seien nach § 60 Abs. 1 lit. a bzw. lit. c BO bewilligungspflichtig, wobei die notwendige Bewilligung vor ihrer Durchführung nicht erwirkt worden sei. Es wäre für den Beschwerdeführer als baurechtlichen Geschäftsführer zumutbar gewesen, sich vor Durchführung der Bauarbeiten bei der zuständigen Behörde zu vergewissern, dass eine Baubewilligung vorliegt. Eine Auskunft des Architekten könne den fachkundigen Beschwerdeführer nicht aus seiner Verantwortlichkeit als baurechtlicher Geschäftsführer entlassen.

Im Rahmen der Strafbemessung verwies die belangte Behörde auf den bedeutenden Unrechtsgehalt der Übertretung und auf das nicht bloß geringe Verschulden des Beschwerdeführers. Im Hinblick auf die fehlenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Stellung als Geschäftsführer sei von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und keinen Sorgepflichten auszugehen. Dem Beschwerdeführer komme der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Andere Erschwerungs- oder Milderungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Unter Beachtung der spezial- und generalpräventiven Wirkung erweise sich eine Strafe in der festgesetzten Höhe als angemessen.

2. In seiner gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Beschwerde vom 2. August 2021 (welche am selben Tag zur Post gegeben wurde) führt der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass sich aufgrund von Problemen beim Baubeginn die Notwendigkeit einer Planänderung ergeben hätte. Bedingt durch die Corona-Situation habe der Planverfasser Dipl.-Ing. I. J. den Auswechslungsplan für die bewilligungspflichtigen Änderungen allerdings erst verspätet eingereicht; hinsichtlich der übrigen Änderungen habe dieser erklärt, dass sie aufgrund ihrer Geringfügigkeit keiner Bewilligung bedürften. Dipl.-Ing. I. J. sei wie bereits bei zahlreichen anderen Projekten mit der Planung und Abwicklung des Bauvorhabens beauftragt gewesen, wobei es im Rahmen beinahe wöchentlicher Besprechungen immer wieder Rückfragen an ihn gegeben hätte und er stets die ordnungsgemäße Abwicklung bestätigt habe.

3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wo die Beschwerde und der Verwaltungsakt am 5. August 2021 einlangten.

4. Am 4. Oktober 2021, am 18. Jänner 2022 und am 5. Mai 2022 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien in Anwesenheit des Beschwerdeführers bzw. seines Vertreters und in Anwesenheit einer Vertreterin der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Diese Verhandlung wurde mit anderen in einem inhaltlichen Zusammenhang stehenden Beschwerdesachen verbunden. Am Schluss der Verhandlung verzichteten die Parteien auf eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses.

II. Sachverhalt

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Die Liegenschaft Wien, C. ONr. 55 / E.-gasse ONr. 24, EZ ..., Gst. Nr. ..., Kat. Gem. D., steht aufgrund eines Bescheides vom 13. November 1946 im Alleineigentum des K.. Mit Vertrag vom 27. Oktober 2017 räumte dieses (als Baurechtsgeber) der L. GmbH (als Bauberechtigte) für die genannte Liegenschaft ein Baurecht iSd Baurechtsgesetzes für 100 Jahre, beginnend ab dem 1. Juli 2020, ein.

2. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 7. Mai 2018, Zl. MA37/...-2017-1, wurde der L. GmbH als Bauwerberin gemäß § 70 iVm § 54 BO und in Anwendung des Wr. Garagengesetzes 2008 die baubehördliche Bewilligung für die Änderung des Niveaus des Bauplatzes, die Errichtung eines Wohngebäudes mit drei oberirdischen Geschoßen und einer Tiefgarage und die Herstellung einer fundierten Einfriedung an den Baulinien auf der Liegenschaft Wien, C. ONr. 55 / E.-gasse ONr. 24, erteilt. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien nach einer Planänderung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit Erkenntnis vom 8. Mai 2019, VGW-111/075/7928/2018, als unbegründet ab.

3. Für die Ausführung der bewilligten Bauarbeiten gab die L. GmbH mit Eingabe vom 4. Februar 2020 die F. GmbH als Bauführerin bekannt, welche mit Eingabe vom selben Tag den Beschwerdeführer als baurechtlichen Geschäftsführer benannte und über den Baubeginn mit 31. Jänner 2020 informierte. Die als Bauführerin bekannt gegebene F. GmbH verfügt seit dem 15. Jänner 2010 über eine aufrechte Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Baumeister“. Der Beschwerdeführer ist seit dem 22. Dezember 2009 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der F. GmbH. Er hat einen Hauptwohnsitz im Inland, kann strafrechtlich verfolgt werden, hat seiner Bestellung zum baurechtlichen Geschäftsführer nachweislich zugestimmt, ist nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme der Bauführung berechtigt und verfügt über eine entsprechende Anordnungsbefugnis bei der F. GmbH.

4. Die F. GmbH ist seit mehreren Jahren für die L. GmbH als Generalunternehmerin tätig und hat in dieser Zeit ca. 20 Projekte betreut. Im Zuge des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens waren Umplanungen erforderlich, weil die Fundamente des Nachbargebäudes auf die Bauliegenschaft hineinreichen. Diese Umplanungen wurden von Herrn Dipl.-Ing. J. als Architekten vorgenommen, welcher der F. GmbH als Bauführerin mitteilte, dass für die Adaptierungen eine Planänderung im Zuge der Fertigstellungsanzeige ausreichen würde.

5. Mit Eingabe vom 4. Februar 2020 wurde von Seiten der L. GmbH die DI M. N. Ziviltechniker GmbH für die mit dem genannten Bescheid vom 7. Mai 2018 bewilligte Bauführung als Prüfingenieurin bekannt gegeben.

6. Im Zeitraum von 2. März 2020 bis zum 13. Jänner 2021 wurden von der beauftragen Bauführerin folgende, von der Bewilligung vom 7. Mai 2018 (in der im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens modifizierten Form) nicht gedeckte Baumaßnahmen vorgenommen:

1.   Der Keller wurde um ca. 19,80 m2 (1,40 x 14,16 m) größer errichtet, indem er an der Nordseite zur E.-gasse verlängert und anstatt direkt an der Grundgrenze zur Liegenschaft C. 57 von der Grundgrenze abgerückt errichtet wurde.

2.   Der Aufzugsschacht wurde um ca. 9 cm höher über die Dachhaut hinausreichend ausgeführt (9,99 m anstatt 9,90 m).

3.   An der Westseite im Erdgeschoß wurden zwei Fenster bewilligungslos errichtet und zwar an der rechten Seite (Wohnküche Top Nr. 2) ein Fenster im Ausmaß von 180 x 138 cm und an der linken Seite (Zimmer Top Nr. 2) ein Fenster im Ausmaß von 60 x 138 cm.

4.   An der Nordwestseite im Erdgeschoß wurde ein Einschnitt von ca. 5 m x 0,80 m hergestellt (indem das Mauerwerk um ca. 20 cm nach hinten verschoben und eine Wärmedämmung im Ausmaß von ca. 60 cm nicht ausgeführt wurde).

5.   Im 1. Dachgeschoß wurden an der Westseite zwei bewilligte Fenster zur linken Seite im Ausmaß von je 80 x 112 cm nicht ausgeführt, ein Fenster an der rechten Seite anstatt im bewilligten Ausmaß von 160 x 112 cm im Ausmaß von 180 x 138 cm ausgeführt und in der Mitte der Gebäudefront ein zusätzliches Fenster im Ausmaß von 80 x 70 cm hergestellt.

6.   Im 2. Dachgeschoß wurden an der Westseite zwei bewilligte Fenster im Ausmaß von je 80 x 112 cm nicht ausgeführt.

7.   An der Nordseite im 1. Dachgeschoß, rechts des Stiegenhauses, wurden anstatt der bewilligten vier nur drei Fenster ausgeführt, indem unmittelbar neben dem Stiegenhaus anstelle des bewilligten Doppelfensters im Ausmaß von je 114 x 140 cm nur ein Fenster im Ausmaß von 134 x 140 cm hergestellt wurde.

8.   An der Südseite im Erdgeschoß wurden anstatt der bewilligten vier Fenstertüren (zwei in der Wohnküche Top Nr. 2 und zwei in der Wohnküche Top Nr. 1) nur drei Fenstertüren (zwei in der Wohnküche Top Nr. 2 und eine in der Wohnküche Top Nr. 1) ausgeführt, wobei die linke Fenstertüre (Top Nr. 2) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 298 x 224 cm hergestellt und um 70 cm weiter nach links verschoben wurde, die zweite Fenstertüre von links (Top Nr. 2) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einem Ausmaß von 198 x 224 cm hergestellt und um 110 cm nach links verschoben wurde, die rechte äußere Fenstertüre (Top Nr. 1) anstatt in der bewilligten Größe von 180 x 226 cm in einem Ausmaß von 298 x 224 cm hergestellt und um 90 cm nach links verschoben wurde und die zweite Fenstertüre von rechts (Top Nr. 1) im Ausmaß von 180 x 226 cm nicht ausgeführt wurde.

9.   Im 1. Dachgeschoß an der Südseite wurde die linke Fenstertüre (Top Nr. 3) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 298 x 224 cm hergestellt, die zweite Fenstertüre (Top Nr. 3) anstatt im bewilligten Ausmaß von 270 x 226 cm in einer Größe von 180 x 240 cm ausgeführt und um rund 110 cm nach links verschoben und eine weitere Fenstertüre (Top Nr. 4, zweites Fenster von rechts) anstatt in der bewilligten Größe von 180 x 226 cm im Ausmaß von 260 x 224 cm hergestellt.

10.  Im 1. Dachgeschoß wurde an der Südseite das rechte äußere Fenster anstatt im bewilligten Ausmaß von 90 x 226 im Ausmaß von 80 x 128 cm hergestellt.

11.  Im 2. Dachgeschoß wurden an der Südseite anstatt der bewilligten drei Fenstertüren im Ausmaß von 300 x 226 cm (linke Fenstertüre), 180 x 226 cm (mittlere Fenstertüre) und 180 x 226 cm (rechte Fenstertüre) vier Fenstertüren hergestellt, wobei die linke äußerste Fenstertüre eine Größe von 280 x 224 cm aufweist und um 40 cm nach links verschoben wurde und die anderen drei Fenstertüren in der Größe von je 90 x 224 cm hergestellt wurden.

12.  An der Ost- und Westseite wurde eine Attika von 20 cm Höhe hergestellt.

13.  An der Ostseite wurde ein zusätzlicher Kamin hergestellt.

7. Mit einem Schreiben vom 15. Dezember 2020 informierte der Magistrat der Stadt Wien den Prüfingenieur Herrn Dipl.-Ing. M. N. darüber, dass im Rahmen einer Erhebung am 15. Dezember 2020 Abweichungen von den bewilligten Plänen festgestellt worden seien, die über den Umfang des § 73 Abs. 3 BO hinausgingen. Mit demselben Schreiben wurde Herr Dipl.-Ing. N. aufgefordert, die Abänderungen – unter diesen werden beispielhaft die Attika, die maximale First- und Gebäudehöhe, der Kamin bzw. die Lüftungsöffnung und die Fensteranordnung genannt – der Magistratsabteilung 37 bekannt zu geben und binnen sechs Wochen ein entsprechendes Bauansuchen (Planwechselbewilligung) zu stellen.

8. Mit Eingabe vom 11. Februar 2021 (am 18. Februar 2021 bei der Behörde eingelangt) suchte die L. GmbH gemäß § 73 BO um eine Planwechselbewilligung an.

9. Von Seiten der zuständigen Baubehörde, konkret: der Magistratsabteilung 37, wurde keine Auskunft erteilt, dass die oben genannten Abweichungen von den bewilligten Plänen ohne eine weitere Bewilligung (bzw. bloß durch Bekanntgabe im Zuge der Erstattung der Fertigstellungsanzeige iSd § 73 Abs. 3 BO) durchgeführt werden können.

10. Der Beschwerdeführer weist eine ungetilgte verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung wegen einer Übertretung des § 90 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 3 lit. k StVO auf (Beginn der Tilgungsfrist am 8. August 2019). Er verfügt über durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse und hat keine Sorgepflichten.

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der weiteren im Verfahren vorgelegten Schriftsätze, Einsichtnahme in das Firmenbuch, in das öffentliche Grundbuch und in das baubehördliche geographische Informationssystem der Stadt Wien, Einholung von Auskünften zu den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der beschwerdeführenden Partei, Einholung von Auskünften der Baubehörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2021, 18. Jänner 2022 und 5. Mai 2022, in deren Rahmen die Parteien ihre Standpunkte darlegten (bzw. als Parteien einvernommen wurden) und Herr Dipl.-Ing. I. J., Frau O. P. und Herr Q. R. als Zeugen einvernommen wurden.

1. Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft Wien, C. ONr. 55 / E.-gasse ONr. 24, gründen sich auf die im Akt einliegenden Grundbuchsauszüge. Die Feststellungen zum Baurechtsvertrag vom 27. Oktober 2017 sind der im Akt einliegenden Kopie dieses Dokuments zu entnehmen. Die Feststellungen zur Tätigkeit der F. GmbH für die L. GmbH, zum Grund der Umplanungen und zur Auskunft des planenden Architekten an die Bauführerin stützen sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers (vgl. Seite 6 f. des Verhandlungsprotokolls vom 4. Oktober 2021) und des Zeugen J. (vgl. Seite 3 f. des Verhandlungsprotokolls vom 5. Mai 2022) in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Zeuge J. hatte bereits in einem Schriftsatz vom 16. April 2021 gegenüber der belangten Behörde bekannt gegeben, dass er der Bauführerin und dem Prüfingenieur versichert habe, die Änderungen erfolgten im Rahmen der Bauordnung und ohne Beeinträchtigung der Anrainerrechte. Selbiges geht auch aus einer – im Akt einliegenden – E-Mail des Beschwerdeführers vom 19. April 2021 an die belangte Behörde hervor.

2. Die Feststellungen zum Bescheid vom 7. Mai 2018, zum Erkenntnis vom 8. Mai 2019 und zu den Eingaben vom 4. Februar 2020 stützen sich auf die im Akt einliegenden (mit Eingangsstempel versehenen) Kopien dieser Dokumente. Die Feststellungen zur Gewerbeberechtigung der F. GmbH sind dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria zu entnehmen, jene zur Funktion des Beschwerdeführers bei der F. GmbH dem im Akt einliegenden Firmenbuchauszug. Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer als baurechtlicher Geschäftsführer benannt wurde, über einen Hauptwohnsitz im Inland verfügt, strafrechtlich verfolgt werden kann, seiner Bestellung zum baurechtlichen Geschäftsführer nachweislich zugestimmt hat, nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme der Bauführung berechtigt ist und über eine entsprechende Anordnungsbefugnis bei der F. GmbH verfügt, ergeben sich aus dem Akteninhalt (unter anderem aus den darin einliegenden Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, aus dem Gewerbeinformationssystem Austria und aus dem Firmenbuch sowie aus der Anzeige der Bauführerin und des baurechtlichen Geschäftsführers) und wurden im Verfahren zu keiner Zeit in Zweifel gezogen.

3. Die Feststellungen zu den vorgenommenen, von der Baubewilligung nicht gedeckten Baumaßnahmen stützen sich im Wesentlichen auf die im Akt einliegende Anzeige der Baubehörde, die Präzisierungen der Baubehörde in der E-Mail vom 12. März 2021 und im Schriftsatz vom 21. Oktober 2021 und die Ausführungen des Werkmeisters Q. R. – der die Abweichungen bei einer Ortserhebung am 15. Dezember 2020 feststellen konnte – im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 4. Oktober 2021. Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der Magistratsabteilung 37 nach der Präzisierung im Schriftsatz vom 21. Oktober 2021 im Allgemeinen nicht mehr entgegengetreten.

Lediglich hinsichtlich der Höhe des errichteten Aufzugsschachtes war nicht dem Vorbringen der Magistratsabteilung 37, sondern jenen des Prüfingenieurs im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18. Jänner 2022 zu folgen: Während die Magistratsabteilung 37 im Verfahren bloß auf die Angabe in den Einreichplänen Bezug nahm, konnte der Prüfingenieur die tatsächliche Höhe des Aufzugsschachtes durch einen Vermessungsplan vom 21. Juli 2021 belegen, dem die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist (vgl. Seite 3 des Verhandlungsprotokolls vom 5. Mai 2022). Auch der als Zeuge einvernommene Architekt Dipl.-Ing J. konnte eine Überhöhung von lediglich 9 cm bestätigen (vgl. Seite 3 des Verhandlungsprotokolls vom 5. Mai 2022).

Dass die dargestellten Maßnahmen (zumindest) im Zeitraum von 2. März 2020 bis zum 13. Jänner 2021 durchgeführt wurden, ergibt sich aus der Aussage des Prüfingenieurs im Rahmen seiner Vernehmung vor der belangten Behörde am 22. April 2021 und aus den im Akt einliegenden Auskünften der Magistratsabteilung 37 (in denen der Werkmeister einen Fortgang der Bautätigkeit sogar bis zum 18. Februar 2021 festhielt). Von Seiten des Beschwerdeführers wurde zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass die Baumaßnahmen im genannten Zeitraum ausgeführt wurden.

4. Die Feststellungen zum Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Dezember 2020 stützen sich auf die im Akt einliegende Kopie dieses Schriftstückes.

5. Die Feststellungen zum Ansuchen vom 11. Februar 2021 stützen sich auf die im Akt einliegende Kopie dieses Dokuments.

6. Die Feststellung, wonach die Baubehörde keine Auskunft erteilt hat, der zufolge die oben genannten Abweichungen von den bewilligten Plänen ohne eine weitere Bewilligung (bzw. bloß durch Bekanntgabe im Zuge der Erstattung der Fertigstellungsanzeige iSd § 73 Abs. 3 BO) durchgeführt werden können, ergibt sich aus der glaubhaften und widerspruchsfreien Aussage der Zeugin O. P. im Zuge der mündlichen Verhandlung am 18. Jänner 2022. Die Zeugin konnte nachvollziehbar darlegen, dass im Zeitpunkt einer Vor-Ort-Kontrolle noch nicht einmal die Baugrube ausgehoben war und für sie somit in keiner Weise ersichtlich sein konnte, wie sich das Bauwerk später gestalten würde (vgl. Seite 4 f. des Verhandlungsprotokolls). Auch der Architekt Dipl.-Ing. J. gab im Rahmen der Beschwerdeverhandlung an, in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben nicht in Kontakt mit der Baubehörde gestanden zu sein. Dass er bei anderen Projekten das Einvernehmen mit der Behörde gesucht hat, lässt keine Rückschlüsse auf das gegenständliche Vorhaben zu (vgl. Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 5. Mai 2022).

7. Die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschwerdeführers (samt Tilgungsdatum) sind den im Akt einliegenden Auszügen zu entnehmen. Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers basieren auf einer Schätzung, zumal der Beschwerdeführer selbst keine Angaben dazu gemacht hat. Die Feststellung über das Fehlen von Sorgepflichten stützt sich auf die Auskunft des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

IV. Rechtsgrundlagen

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für Wien – BO für Wien), LGBl. 1930/11 idF LGBl. 2020/61, lauten:

„Bauführer und Bauwerber

§ 124. (1) Der Bauwerber hat sich zur Ausführung aller nach § 60 oder § 61 bewilligungspflichtigen und nach § 62 anzeigepflichtigen Arbeiten eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist. Der Bauwerber hat der Behörde vor Beginn der Bauführung schriftlich einen Bauführer bekanntzugeben und nachzuweisen, dass dieser die Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, zur Kenntnis genommen hat. Unterbleibt dieser Nachweis, gilt die Bekanntgabe eines Bauführers als nicht erfolgt.

(1a) Ist der Bauführer eine juristische Person oder eine sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, hat diese vor Beginn der Bauführung der Behörde eine natürliche Person als baurechtlichen Geschäftsführer zu benennen. Unterbleibt die Benennung des baurechtlichen Geschäftsführers, gilt die Bekanntgabe eines Bauführers als nicht erfolgt. Baurechtlicher Geschäftsführer kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat, nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme der Bauführung berechtigt ist und eine entsprechende Anordnungsbefugnis besitzt. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren (§ 135 Abs. 6) durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des baurechtlichen Geschäftsführers oder auf andere Weise sichergestellt sind. Erfüllt die vom Bauführer benannte Person diese Voraussetzungen nicht, gilt die Benennung als nicht erfolgt. Der Wechsel des baurechtlichen Geschäftsführers ist der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(2) […]

[…]

Verantwortlichkeit bei der Bauausführung

§ 125. (1) Bei der Bauausführung sind verantwortlich:

a) für die Einhaltung der Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werksgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen der Bauführer;

b) falls die Bauführung mehreren, unter der Leitung des Bauführers selbständig tätigen Bauausführenden obliegt, neben dem Bauführer für die Verwendung der den Plänen und den Berechnungen zugrunde gelegten Baustoffe sowie für die bewilligungs- und bauordnungsgemäße Ausführung auch der jeweilige Bauausführende.

(2) Die Verantwortlichkeit nach Abs. 1 wird durch die behördliche Bewilligung und die behördlichen Überprüfungen nicht berührt. Wenn sich im Zuge der Bauausführung ergibt, daß bei Einhaltung des Bauplanes, der nach diesem Gesetz ausgeführt werden darf, oder der Auflagen der Baubewilligung eine Abweichung von den Bauvorschriften entsteht, sind der Bauführer, die selbständig tätigen Bauausführenden und der Prüfingenieur (§ 127 Abs. 3) verpflichtet, dies der Behörde unverzüglich zu melden. Überdies ist der Prüfingenieur verpflichtet, der Behörde zu melden, wenn im Zuge der Bauausführung von den Bauplänen, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, in einer solchen Art oder in solchem Umfang abgewichen wird, daß die Abweichung über ein bewilligungsfreies Bauvorhaben hinausgeht, oder bei der Bauausführung nicht entsprechende Baustoffe verwendet oder entsprechende Baustoffe unfachgemäß verwendet werden oder Konstruktionen mangelhaft ausgeführt werden (§ 127 Abs. 8).

(3) […]

(4) Die Verpflichtungen des Bauwerbers und des Eigentümers (aller Miteigentümer) der Liegenschaft bleiben unberührt.

[…]

Baustrafen

§ 135. (1) Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geld bis zu 50.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

(2) […]

(6) Der gemäß § 124 Abs. 1a benannte baurechtliche Geschäftsführer ist der Behörde gegenüber für Verletzungen der dem Bauführer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten verantwortlich. Der Bauführer haftet für die über den baurechtlichen Geschäftsführer verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.“

V. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 135 Abs. 1 BO in der heute geltenden Fassung werden Übertretungen der Bauordnung für Wien und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen – unbeschadet des § 135 Abs. 2 und 3 BO – mit Geldstrafe bis zu EUR 50.000,–, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

§ 135 Abs. 1 BO ist eine Blankett-Strafvorschrift, welche selbst keinen Tatbestand enthält, sondern auf die Vorschriften der Bauordnung für Wien und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen verweist, die damit Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden. Es muss insofern in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Bestimmung der Bauordnung für Wien eine Norm enthält, der zuwidergehandelt werden kann (VwGH 15.7.2003, 2002/05/0107).

2. Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO ist für Neu-, Zu- und Umbauten, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b BO zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken. Diese Bewilligungspflicht gilt gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO auch für Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie für jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks.

Gemäß § 73 Abs. 1 BO sind beabsichtigte Abweichungen von Bauplänen, die nach der Bauordnung für Wien ausgeführt werden dürfen, wie Änderungen an bereits bestehenden Bauwerken zu behandeln, wobei die Abweichungen den Umfang des § 60 Abs. 1 lit. c BO nicht überschreiten dürfen. Gemäß § 73 Abs. 3 BO bedürfen Abweichungen von Bauplänen, die nach der Bauordnung für Wien ausgeführt werden dürfen, keiner Baubewilligung bzw. keiner Bauanzeige, sofern die Abweichungen nur bauliche Änderungen darstellen, die von der Baubewilligung erfasste Gebäudeteile betreffen und den Umfang des § 62 Abs. 1 BO (in Schutzzonen den des § 62 Abs. 1 Z 4 BO) nicht überschreiten. Derartige Abweichungen sind der Behörde spätestens im Rahmen der Fertigstellungsanzeige zur Kenntnis zu bringen, wobei sie im Ausführungsplan farblich und der bewilligte Bestand grau darzustellen sind.

Wie die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung des § 73 Abs. 3 BO ausführen, erschien es dem Gesetzgeber auf Grund praktischer Erfahrungen zweckmäßig, „dass Planabweichungen im Zuge der Bauausführung, bei denen die von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen – wenn überhaupt – nur in äußerst geringfügigem und daher vernachlässigbarem Ausmaß berührt werden können, ohne vorheriges Erwirken einer sogenannten Planwechselbewilligung ausgeführt werden dürfen“ (Beilage Nr. 6/2005, 7, Zu § 73 BO).

Gemäß § 62 Abs. 1 BO idF LGBl. 2018/69 genügt nun eine Bauanzeige für 1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, wenn durch eine Be- und Entlüftung des Raumes eine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks bewirkt wird, 2. Loggienverglasungen, 3. den Austausch von Fenstern und Fenstertüren in Schutzzonen und bei Gebäuden, die vor dem 1. Jänner 1945 errichtet wurden und 4. alle sonstigen Änderungen und Instandsetzungen von Bauwerken (§ 60 Abs. 1 lit. c BO), die keine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen oder die Schaffung von Stellplätzen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.

Wie die Gesetzesmaterialien zur Novelle LGBl 2018/69, mit der § 62 Abs. 1 Z 4 BO die heute geltende Fassung bekam, ausführen, ist von einer wesentlichen Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes iSd § 62 Abs. 1 Z 4 BO jedenfalls dann auszugehen, wenn durch diese Anrainerrechte berührt werden können. Als Beispiele für eine unwesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks nennen die Materialien Änderungen an Geschäftsportalen zur barrierefreien Erschließung (Entfernung von Vorlegestufen, Zurückversetzen einer Haustüre) oder die Veränderung von Fenstergrößen in geringfügigem Ausmaß von wenigen Zentimetern (Beilage Nr. 27/2018, 11).

3. Adressat der Strafnorm des § 135 Abs. 1 (iVm § 60 Abs. 1) BO ist zunächst derjenige, der die Bestimmungen der Bauordnung übertritt. Im Falle des § 60 Abs. 1 lit. a BO ist dies, wenn kein Bauführer bestellt wurde, der „Bauherr“, also jene Person, über deren Auftrag und auf deren Rechnung die Bauführung erfolgt (VwSlg 14.301 A/1995; VwGH 4.7.2000, 96/05/0253; 28.2.2012, 2011/05/0022) – wobei die Person nicht zwingend über das Eigentum an der Bauliegenschaft verfügen muss (vgl. VwGH 24.6.1996, 92/10/0157). In Abgrenzung dazu ist als „Bauwerber“ derjenige anzusehen, der sich um eine Baubewilligung bewirbt. Falls eine Person erst nach Vollendung der Arbeiten ein Bauansuchen einbringt, gilt sie als Bauherr und nicht als Bauwerber; maßgeblich für die Übertretung des § 60 Abs. 1 BO (also einer eigenmächtigen Bauführung) ist – wie der Verwaltungsgerichtshof ausführt – jedenfalls die Eigenschaft als Bauherr (VwSlg 14.301 A/1995; VwGH 24.6.1996, 92/10/0157; 4.7.2000, 96/05/0253; 20.2.2007, 2005/05/0295).

Gemäß § 124 Abs. 1 BO hat sich der Bauwerber zur Ausführung aller nach § 60 oder § 61 BO bewilligungspflichtigen und nach § 62 BO anzeigepflichtigen Arbeiten eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist (beim Bauführer handelt es sich insofern um eine Person, die in fremdem Auftrag und für fremde Rechnung als Unternehmer ein Bauwerk herstellt: VwGH 28.9.1999, 99/05/0145; 24.10.2000, 97/05/0189). Der Bauführer ist der Behörde vom Bauwerber vor Baubeginn schriftlich namhaft zu machen, sofern er nicht bereits im Zuge des Baubewilligungsverfahrens die Baupläne unterfertigt hat. Gemäß § 125 Abs. 1 lit. a BO ist der Bauführer sodann für die Einhaltung der Baupläne, die nach der Bauordnung für Wien ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werksgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften der Bauordnung für Wien, ihrer Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen verantwortlich.

Findet eine derartige Bauführerbestellung nicht statt, bleibt es bei der Verantwortung des Bauherrn bzw. des Bauwerbers, der dann gegebenenfalls nicht nur wegen der Durchführung von Bauarbeiten ohne entsprechende Baubewilligung, sondern auch wegen Unterlassung der Bestellung eines verantwortlichen Bauführers haftet (VwSlg 16.915 A/2006; VwGH 21.5.2007, 2006/05/0253; 15.6.2010, 2009/05/0124; 28.2.2012, 2011/05/0022). Sofern aber ein Bauführer iSd § 124 BO bestellt wurde und eine von diesem umzusetzende Baubewilligung vorliegt, ist nach der (neueren) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf § 125 Abs. 1 lit. a (iVm u.a. § 60 Abs. 1 lit. a) BO der der Behörde gegenüber bekanntgegebene Bauführer (und nicht der Bauherr oder Bauwerber) als unmittelbarer Täter (und nicht als Beihilfetäter iSd § 7 VStG) verantwortlich, und zwar insbesondere für Abweichungen von den Bauplänen oder dann, wenn er mit dem Bau bereits beginnt, ohne dass die dafür erforderliche Bewilligung vorliegt oder das notwendige Bauanzeigeverfahren durchgeführt wurde (VwGH 28.9.1999, 99/05/0145; 9.11.1999, 99/05/0156; 24.10.2000, 97/05/0189; VwSlg 16.915 A/2006; VwGH 21.5.2007, 2006/05/0253; 15.6.2010, 2009/05/0124; 25.9.2012, 2011/05/0018; vgl. auch Sonnenberg, Das Verwaltungsstrafverfahren nach der Bauordnung für Wien [2003] 48 ff., 170 ff.). Vor diesem Hintergrund muss sich der Bauführer – dessen Aufgabe darin liegt, den Bau entsprechend der Baubewilligung und den bewilligten Plänen auszuführen – (u.a. durch Rückfrage beim Bauwerber und Einsichtnahme in die Pläne) vergewissern, ob eine entsprechende Baubewilligung vorhanden ist und welchen Inhalt diese hat; eine bloß mündliche Auskunft (des Bauherrn) oder das „Wissen“ um das Vorliegen „einer“ Baubewilligung reicht dafür keinesfalls hin (vgl. VwGH 23.11.2009, 2009/05/0314; VwGH 15.6.2010, 2009/05/0262, hinsichtlich des Bauausführenden iSd § 125 Abs. 1 lit. b BO; weiters VwGH 24.11.1987, 87/05/0126, zur Ktn. BauO).

Neben dem bestellten Bauführer (als unmittelbaren Täter) bleibt der Bauwerber bzw. Bauherr gemäß § 125 Abs. 4 BO weiterhin für die Auswahl des Bauführers verantwortlich (VwGH 24.10.2000, 97/05/0189; VwSlg 16.915 A/2006; VwGH 21.5.2007, 2006/05/0253; vgl. auch Moritz, Bauordnung für Wien6 [2019] § 135 BO, Zu Abs. 1). Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführt, ordnet diese Bestimmung allerdings keine kumulative Verantwortlichkeit an, was sich schon aus dem Fehlen des Wortes „neben“ ergibt (vgl. demgegenüber § 135 Abs. 5 BO). Vielmehr soll – so der Verwaltungsgerichtshof – nach dem Willen des Gesetzgebers der Behörde gegenüber jeweils derjenige verwaltungsrechtlich verantwortlich sein, der in eigener Verantwortung eine bestimmte Tätigkeit ausübt: Während sich der Bauwerber für die Auswahl des Bauführers verantwortlich zeigt (vgl. § 124 Abs. 1 BO), ist der dem Gesetz entsprechend bestellte Bauführer für die planwidrige Ausführung allein verantwortlich (VwGH 9.10.2001, 99/05/0024; vgl. auch VwGH 28.9.1999, 99/05/0145, und VwG Wien 28.3.2014, VGW-011/041/22009/2014 u.a.).

4. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ist der Bauführer eine juristische Person oder eine sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, hat diese gemäß § 124 Abs. 1a BO vor Beginn der Bauführung der Behörde eine natürliche Person als baurechtlichen Geschäftsführer zu benennen. Unterbleibt die Benennung des baurechtlichen Geschäftsführers, gilt die Bekanntgabe eines Bauführers als nicht erfolgt. Baurechtlicher Geschäftsführer kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat, nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme der Bauführung berechtigt ist und eine entsprechende Anordnungsbefugnis besitzt. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren (§ 135 Abs. 6 BO) durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des baurechtlichen Geschäftsführers oder auf andere Weise sichergestellt sind. Erfüllt die vom Bauführer benannte Person diese Vorausssetzungen nicht, gilt die Benennung als nicht erfolgt. Der Wechsel des baurechtlichen Geschäftsführers ist der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

Gemäß § 135 Abs. 6 BO ist der gemäß § 124 Abs. 1a BO benannte baurechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber für Verletzungen der dem Bauführer durch die Bauordnung für Wien oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten verantwortlich. Der Bauführer haftet für die über den baurechtlichen Geschäftsführer verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

6. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist zunächst davon auszugehen, dass die in den Spruchpunkten „b) 5.“ und „b) 6.“ des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatanlastungen nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG genügen, womit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine dem Gesetz entsprechende Verfolgungshandlung stattgefunden hat:

6.1. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, sofern er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2), zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt – also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen einer bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (VwGH 13.2.2020, Ra 2019/17/0116). In seiner Rechtsprechung formulierte der Verwaltungsgerichtshof weiters den Grundgedanken, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Straftatbestand möglich ist (VwGH 13.2.2020, Ra 2019/17/0116).

Hinsichtlich der als erwiesen angenommenen Tat wird in aller Regel die Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens vorausgesetzt (VwGH 20.11.2018, Ra 2017/02/0242). Wird die Anführung eines wesentlichen Tatbestandselementes im Spruch unterlassen, kann dies nicht durch eine entsprechende Bescheidbegründung ersetzt werden (VwGH 24.4.2015, 2011/17/0201). Auch die Kenntnis des Beschuldigten von den relevanten Gegebenheiten oder der Umstand, dass seine Kenntnis von der Behörde vorausgesetzt werden kann, ändern nichts an der Notwendigkeit einer vollständigen Tatanlastung (vgl. VwGH 15.6.1984, 84/02/0126).

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde u.a. dann von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet; 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

6.2. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind an Verfolgungshandlungen iSd § 32 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Umschreibung der angelasteten Tat die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG. Eine die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG ist insofern auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG zu beziehen; die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich. Anders formuliert, muss die Verfolgungshandlung (auch) alle der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente umfassen (vgl. u.a. VwGH 31.8.2016, 2013/17/0811; 5.12.2017, Ra 2017/02/0186; 20.11.2018, Ra 2017/02/0242; 4.3.2020, Ra 2020/02/0013).

Maßgebliche Gesichtspunkte bei der Konkretisierung der Tat und der Frage, ob eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, sind die Wahrung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und die Vermeidung der Gefahr einer Doppelbestrafung (VwGH 7.8.2019, Ra 2019/06/0121; 26.2.2020, Ra 2019/05/0305). Dem Beschuldigten muss die Tat – im Spruch des Straferkenntnisses – in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen; zudem muss der Spruch geeignet sein, die beschuldigte Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 27.6.2019, Ra 2019/15/0054; 29.10.2019, Ra 2019/09/0146). Vor diesem Hintergrund haben Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich hierbei am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (VwGH 20.11.2018, Ra 2017/02/0242).

Die Berichtigung eines bestimmten Tatbestandsmerkmales durch das Verwaltungsgericht setzt voraus, dass hinsichtlich dieses Merkmales innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Verfolgungshandlung durch die Behörde erfolgt ist (vgl. VwGH 24.3.1993, 92/03/0033; 21.1.1998, 97/03/0244; 22.3.2022, Ra 2021/10/0075). Dabei ist die Verfolgungshandlung einer berichtigenden Auslegung nicht zugänglich (VwGH 22.3.2022, Ra 2021/10/0075).

6.3. In den Spruchpunkten „b) 5.“ und „b) 6.“ des angefochtenen Straferkenntnisses werden ohne Konkretisierung der bezughabenden Gebäudefront Fenster genannt, die nicht hergestellt, zusätzlich hergestellt oder vergrößert wurden. Anhand dieser allgemein gehaltenen Tatvorwürfe lässt sich für den Beschuldigten in keiner Weise nachvollziehen, um welche Fenster es sich dabei im Detail handelt, wo genau diese situiert sind und in welcher Art und Weise sie in Abweichung von den bewilligten Bauplänen ausgeführt wurden – womit es dem Beschuldigten letztlich verwehrt bleibt, auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe (durch ein entsprechendes Beweisanbot) zu reagieren. Gleichfalls ist der Beschuldigte durch derart unspezifische Vorwürfe auch nicht hinreichend gegen eine Doppelbestrafung geschützt. Nicht zuletzt zeigt sich in der Zusammenschau des Spruchpunktes „b) 5.“ mit den Spruchpunkten „b) 7.“, „b) 9.“ und „b) 10

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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