TE OGH 2022/5/25 7Ob90/22v

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Veröffentlicht am 25.05.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten (und klagenden) Partei I* K*, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei (und beklagte Partei) E* L*, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Unterhalt (hier: einstweiliger Unterhalt) über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. März 2022, GZ 43 R 83/22g-19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1.1 Unstrittig ist, dass der gefährdeten Partei nach der Scheidung ein Unterhalt wie bei aufrechter Ehe nach § 94 ABGB gebührt.

[2]       1.2 Für die Ausmessung des Ehegattenunterhalts sind die bisherigen Lebensverhältnisse, der sogenannte Lebenszuschnitt (Lebensstandard) sowie der Stil der Lebensführung bestimmend (RS0009710). Der Unterhaltsanspruch des schuldlos Geschiedenen beträgt grundsätzlich 40 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich des eigenen Einkommens (RS0009722).

[3]       2.1 Nach ständiger Rechtsprechung sind (auch beträchtliche) Einmalzahlungen, die der Geldunterhaltspflichtige im Zusammenhang etwa mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bezieht, bei der Ermittlung seiner Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen und dabei auf einen längeren Zeitraum abzustellen. Welcher Zeitraum dabei angemessen ist, richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Beteiligten und den Umständen des Einzelfalls (RS0009667 [insb T14, T23]; RS0050466 [T6, T13, T21]). Eine Aufteilung des Gesamtbetrags auf jenen Zeitraum, der den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht, kann ebenso gerechtfertigt sein, wie eine Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens oder schlechthin die Verteilung auf ein Jahr oder auf einen sonstigen Zeitraum bis hin zu einem Zeitraum, der der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen entspricht (RS0047428 [T7]).

[4]       2.2 Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass (höhere) Einmalzahlungen grundsätzlich unterhaltsminderndes Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten darstellen können. Vergleichsweise ist etwa eine Abfertigung als Eigeneinkommen des Berechtigten bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen (RS0106846; ebenso Pensionsabgeltung; RS0106843), wobei die Aufteilung auch hier stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen angemessen vorzunehmen ist (vgl 9 Ob 31/14w).

[5]       2.3 Die gefährdete Partei ließ sich ihre Pensionszahlungen in Höhe von 257.899,38 EUR einmalig auszahlen. Hätte sie dies nicht getan, hätte sie eine monatliche Pensionszahlung von 1.201,69 EUR netto erhalten.

[6]       2.4 Dass die Vorinstanzen – entgegen der Ansicht des Gegners der gefährdeten Partei – den Unterhaltsanspruch der gefährdeten Partei bis zum Verbrauch der erhaltenen Einmalzahlung nicht verneinten, sondern sie diese vielmehr als grundsätzlich unterhaltsminderndes Eigeneinkommen bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage berücksichtigten und bei der Verteilung auf das – sonst monatlich erhaltene – Nettopensionseinkommen der gefährdeten Partei abstellten, hält sich im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung.

[7]       3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E134963

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00090.22V.0525.000

Im RIS seit

03.06.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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