TE OGH 2022/4/26 2Ob223/21i

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Veröffentlicht am 26.04.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. A*, 2. Dr. S*, beide *, und 3. P*, alle vertreten durch Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. S*, vertreten durch Dr. Andreas Cwitkovits, Rechtsanwalt in Wien, und 2. C*, vertreten durch Mag. Gerhard Fetsch, Rechtsanwalt in Graz, dieser vertreten durch Dr. Andreas Cwitkovits, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2021, GZ 3 R 8/21b-31, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Die Kläger begehren – gestützt auf ein Legat des 1959 verstorbenen Erblassers zu Gunsten ihres Rechtsvorgängers sowie hilfsweise Ersitzung durch diesen – die Feststellung, sie seien Eigentümer eines im Österreichischen Staatsarchiv gelagerten Familienarchivs.

[2]       Die Vorinstanzen bejahten sowohl das Vorliegen eines Legats zu Gunsten des Rechtsvorgängers der Kläger sowie einen sachenrechtlich wirksamen Übertragungsakt als auch die Ersitzungsvoraussetzungen und gaben dem Klagebegehren statt.

[3]       Die nur vom Zweitbeklagten erhobene außerordentliche Revision zeigt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:

Rechtliche Beurteilung

[4]       1. Ob einem Beschluss der die Verlassenschaft abhandelnden Erbteilungskommission der Stadt * (Schweiz) Geltung für den österreichischen Rechtsbereich zukommt und (daher) der darin angeführte Erbe oder der „Willensvollstrecker“ berechtigt sind, Verfügungen über österreichisches Nachlassvermögen eines österreichischen Staatsbürgers zu treffen, wirft ebenso wenig eine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf wie die Auslegung des Testaments.

[5]            Die Vorinstanzen haben ihre Entscheidung nämlich ohnehin auch auf die Ersitzung des Eigentumsrechts am Familienarchiv durch den Rechtsvorgänger der Kläger gestützt. Der Zweitbeklagte vermag aber im Zusammenhang mit dieser selbstständig tragfähigen Hilfsbegründung keine aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzuzeigen.

[6]       2. Der zur Ersitzung notwendige Besitz kann nach ständiger Rechtsprechung auch durch Stellvertreter, Boten oder andere Besitzmittler ausgeübt werden (RS0011655 [T1]). Dass dabei die Ausübung des Besitzes durch den Besitzmittler für den vermeintlich (neuen) Eigentümer ausgeübt wird, liegt in der Natur der Ersitzung. Ob der Rechtsvorgänger der Kläger das verwahrte Familienarchiv zu irgendeinem Zeitpunkt unmittelbar innehatte, ist nicht entscheidend, weil Gewahrsame und Besitz bloß die Macht über die Sache erfordern, die aber auch an einem anderen Ort und selbst durch eine dritte Person (hier: Österreichisches Staatsarchiv aufgrund des im Jahr 1965 mit dem Rechtsvorgänger der Kläger abgeschlossenen Depotvertrags) ausgeübt werden kann (RS0007911). Die übrigen Ersitzungsvoraussetzungen zieht der Zweitbeklagte in seiner Revision aber nicht (mehr) in Zweifel.

Textnummer

E134913

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00223.21I.0426.000

Im RIS seit

31.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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