TE Vfgh Erkenntnis 1994/6/14 B1919/93

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Veröffentlicht am 14.06.1994
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art90 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Verfahrensanordnung
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
RAO §9
DSt 1990 §28 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweichungen des Disziplinarerkenntnisses betreffend die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt vom Einleitungsbeschluß; keine Verletzung im Gleichheits-, im Eigentumsrecht und in der Erwerbsausübungsfreiheit; keine in die Verfassungssphäre reichenden Verfahrensfehler

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien faßte am 25. September 1991 den Beschluß, es bestehe Grund zur Disziplinarbehandlung des Beschwerdeführers, eines Rechtsanwaltes, hinsichtlich des Vorwurfes, er habe als Vertreter einer Mandantin bei Errichtung eines Kaufvertrages zwischen dieser Mandantin und seiner Ehegattin

a) den Kaufschilling für eine bestimmte Liegenschaft mit Superädifikat mit S 650.000,-- auf Grund einer bloß mündlichen Information einer Immobilienkanzlei festgesetzt; dies, obwohl er als Vertreter seiner Mandantin im Verlassenschaftsverfahren nach deren Ehegatten wußte, daß in diesem Verfahren eine Schätzung der erblasserischen Hälfte dieser Liegenschaft stattfinden werde:

durch sein Vorgehen habe er bewirkt, daß seine als Käuferin der Liegenschaft mit Superädifikat auftretende Ehegattin diesen Besitz um S 650.000,-- käuflich erwerben konnte;

b) seine Mandantin über den Sinn und die Tragweite des Punktes VIII., 3. Absatz, des von ihm verfaßten Kaufvertrages, dem zufolge er als Treuhänder der Vertragspartner berechtigt war, seine Honoraransprüche im Verlassenschaftsverfahren nach dem Ehegatten seiner Mandantin von dem an die Verkäuferin auszubezahlenden Restgeldbetrag in Abzug zu bringen, nicht ausreichend informiert;

c) trotz Kenntnis des im Verlassenschaftsverfahren erstatteten Sachverständigengutachtens den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechtes seiner Ehegattin gestellt, obwohl ihm spätestens nach Vorliegen dieses Gutachtens bekannt gewesen sein mußte, daß der Verkehrswert der Liegenschaft mit Superädifikat nicht S 650.000,--, sondern S 1,093.500,-- beträgt; und

d) anläßlich der mit S 103.006,40 erfolgten Verrechnung seiner Einschreiterkosten im Verlassenschaftsverfahren seiner Mandantin beträchtlich überhöhte Kosten in Rechnung gestellt.

2. Mit Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 3. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

a) in Vertretung seiner Mandantin, welche er bereits als Erbenmachthaber im Verlassenschaftsverfahren vertreten hatte, an dem Abschluß des zwischen seiner Mandantin als Verkäuferin und seiner Ehegattin als Käuferin unterfertigten Kaufvertrages über eine Liegenschaft samt darauf befindlichen Baulichkeiten zu einem Kaufpreis von S 650.000,-- mitgewirkt, wobei er seine Mandantin nicht über geeignete Maßnahmen zur Feststellung des tatsächlichen Wertes des Kaufgegenstandes und überdies darüber aufklärte, daß seine Mandantin als Verkäuferin entgegen allgemeiner Übung mit der Hälfte der Vertragserrichtungs- und Durchführungskosten, Steuern, Gebühren und Abgaben belastet werde, und dadurch seine Diligenzpflicht gemäß §9 RAO gegenüber seiner Mandantin verletzt, obwohl ihm hätte bewußt sein müssen, daß dies seiner offensichtlich unerfahrenen Klientin zum Nachteil, seiner Ehefrau als Käuferin hingegen zum Vorteil gereichen konnte bzw. mußte;

b) seinen Honoraranspruch für seine Tätigkeit in dem unter lita) genannten Verlassenschaftsverfahren beträchtlich überhöht mit einem Betrag von S 103.006,40 geltend gemacht und einbehalten.

Er habe hiedurch in beiden Fällen die Disziplinarvergehen der Verletzung der Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen und werde hiefür unter Bedachtnahme auf ein weiteres, gegen den Beschwerdeführer ergangenes Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien gemäß §16 Abs5 DSt. 1990 zur Disziplinarstrafe einer Zusatzgeldbuße in Höhe von S 80.000,-- und zum Ersatz der anteiligen Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.

Von den weiteren, im Einleitungsbeschluß unter litb) und c) erhobenen Vorwürfen wurde der Beschwerdeführer mit Spruchpunkt II. des genannten Erkenntnisses hingegen freigesprochen.

3. Der gegen den verurteilenden Teil des erstinstanzlichen Erkenntnisses rechtzeitig erhobenen Berufung gab die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) mit Bescheid vom 28. Juni 1993 keine Folge und erlegte dem Beschwerdeführer den Ersatz der Verfahrenskosten auf. Begründend führte die OBDK aus:

"Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Als Verfahrensmangel rügt der Berufungswerber vorerst die Abweisung seines Antrages auf Vernehmung des Notars (folgt Name) als Zeugen; dieser sollte nach dem Inhalt des Beweisantrages aussagen können, daß der Disziplinarbeschuldigte beide Vertragsteile 'über die an sich unübliche Kostentragung' (der Verkäuferin) belehrt hat (S. 15 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarrat).

Indes liegt vom öffentlichen Notar (folgt Name) ein Schreiben vom 13. August 1990 (Beilagenmappe des Disziplinaraktes) vor, in welchem dieser (lediglich) bestätigt, daß er bei der Vertragsunterfertigung auf eventuelle grunderwerbsteuerliche Probleme aus der Kostenteilung aufmerksam gemacht habe. Bei dieser Sachlage wäre es geboten gewesen, im Beweisantrag darzutun, aus welchen besonderen Gründen (folgt Name) über seine Erklärung hinaus noch ein weiteres Wissen bezüglich einer vom Disziplinarbeschuldigten erteilten Belehrung haben sollte. Dies ist - auch in der Berufung - nicht geschehen. Der Beweisantrag konnte daher mit Grund abgewiesen werden.

Weiters moniert der Berufungswerber die Abweisung der im Verfahren erster Instanz gestellten Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet des Realitätenfaches oder Ziviltechnikerfaches und auf zeugenschaftliche Vernehmung des Ing. (folgt Name), die zum Beweis der Angemessenheit des Kaufpreises (von 650.000 S) gestellt worden waren.

Eine Unangemessenheit des Kaufpreises hat aber der Disziplinarrat nicht festzustellen vermocht und ging demnach folgerichtig in diesem Punkt mit einem Freispruch vor. Die Verfahrensrüge geht damit ins Leere. Desgleichen auch jene in der schriftlichen Berufung gestellten Beweisanträge auf Vernehmung des Dipl.Ing. (folgt Name) (der in einem nachträglichen Privatgutachten für den Disziplinarbeschuldigten einen Schätzwert der Liegenschaft von 641.000 S angenommen hatte) und des Immobilienmaklers (folgt Name) (dessen Erklärung, einen Richtpreis von ca. 1.000 S/m2 genannt zu haben, ohnedies in die erstinstanzlichen Feststellungen eingeflossen ist).

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens, aber auch als unrichtige Tatsachenfeststellung oder Beweiswürdigung - der Sache nach allerdings unter dem letztbezeichneten Berufungsgrund, weil keine unvollständige Beweiserhebung behauptet, sondern eine Tatsachenfeststellung bekämpft wird - moniert der Berufungswerber die Feststellung des Disziplinarrates, er sei Vertragsverfasser gewesen; angesichts der Willensübereinstimmung der Kontrahenten sei er nur 'Vertragsschreiber' gewesen und somit nur als Dienstnehmer anzusehen.

Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu. Es genügt, auf die eigene Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in der Verhandlung vor dem Disziplinarrat zu verweisen, wo er vorgebracht hatte: 'Ich habe den Kaufvertrag verfaßt. Auftrag und Information hiezu habe ich von beiden Vertragspartnern erhalten' (S. 1 der Übertragung des Tonbandprotokolles vom 3. April 1992); weiters sei hiezu auf den Inhalt des vom Disziplinarbeschuldigten formulierten Vertrages verwiesen, in welchem er sich als 'zum Treuhänder bestellten Schriftenverfasser' deklariert (Punkt IV des Vertrages).

Des weiteren zeigt die Honararnote des Disziplinarbeschuldigten für die Vertragserrichtung (Beilagenmappe im Disziplinarakt), daß er sich keineswegs in einem Dienstnehmerverhältnis sah, sondern auch nach eigenem Dafürhalten eine anwaltliche Leistung erbrachte.

Es unterliegt damit keinem Zweifel, daß der Disziplinarbeschuldigte nicht als Dienstnehmer, sondern in seiner Eigenschaft als vertragsgestaltender Beistand der Vertragspartner tätig wurde.

Der Berufungswerber bekämpft weiters die Feststellung des Disziplinarrates, es habe sich bei (folgt Name) um eine offensichtlich einfache, unerfahrene und eher hilflos agierende ältere Frau gehandelt.

Auch diese Feststellung des Disziplinarrates ist unbedenklich. Er konnte sich dabei nämlich nicht nur auf das Unterschriftenbild stützen. Er hätte zudem in diesem Zusammenhang auf das Schreiben vom 29. Oktober 1988 (erliegend im Ausschußakt GZ 06/03-90/2769) Bezug nehmen können, das (folgt Name) wegen ihrer Gebrechlichkeit von ihrer Schwester verfassen ließ, weil sie sich zu schwach fühlte, um den Disziplinarbeschuldigten aufsuchen zu können und weil sie davon ausging, daß er ihre zittrige Schrift nicht lesen könne. Zudem ergibt sich aus den insoweit nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, daß sie zur Besorgung einer Gemeindewohnung und ihrer Versorgung durch die Aktion 'Essen auf Rädern' fremder Unterstützung bedurfte, Umstände, die sehr wohl eine Hilflosigkeit indizieren.

Soweit in einzelnen Passagen der Berufung eine Rechtsrüge zum Schuldspruch I a) - die insoweit in einem später eingebrachten Schriftsatz etwas verdeutlicht wurde - erblickt werden kann, ist auch sie unberechtigt.

Kernpunkt des vorliegenden Falles ist nämlich die Tatsache, daß es sich bei einem der Vertragspartner um die Ehefrau des Disziplinarbeschuldigten handelte. Dieser besondere Umstand hätte an sich den Disziplinarbeschuldigten veranlassen sollen, sich zur Vermeidung auch nur des Anscheins einer einseitigen Einflußnahme auf die Vertragsgestaltung, zurückzuziehen und die Beratung über den abzuschließenden Kaufvertrag einem anderen Rechtsanwalt zu überlassen. Wenn er aber dennoch tätig wurde, war es unter diesen besonderen Umständen des Falles seine Verpflichtung, penibel auf die Wahrung der Rechte der (folgt Name) bedacht zu sein. Mit Grund lastete daher der Disziplinarrat dem Disziplinarbeschuldigten an, seine Mandantin (folgt Name) nicht über geeignete Maßnahmen zur Feststellung des tatsächlichen Wertes des Kaufgegenstandes belehrt zu haben, ihr also nicht empfohlen zu haben, ein (jederzeit nachvollziehbares, schriftliches) Gutachten über den Wert der Liegenschaft einzuholen; dies unabhängig davon, daß der festgelegte Kaufpreis den tatsächlichen Liegenschaftswert ungefähr getroffen haben mag. Eine Telefonauskunft eines Immobilienmaklers über Quadratmeterpreise kann, wie der Disziplinarrat richtig erkannte, unter den gegebenen Umständen des Falles nicht als hinreichende Kautel angesehen werden, zumal eine solche Auskunft nicht allfällige wertsteigernde (oder auch wertmindernde) Besonderheiten der konkreten Liegenschaft in Betracht ziehen konnte.

Aber auch der Vorwurf der mangelnden Aufklärung über die Teilung der Vertragserrichtungs- und Vertragsdurchführungskosten, Steuern, Gebühren und Abgaben erfolgte insbesondere unter dem Aspekt der vorliegenden Fallgestaltung, in welchem die Ehefrau des Disziplinarbeschuldigten einerseits und eine unbeholfene, in rechtlichen Angelegenheiten unerfahrene alte Frau Vertragspartner waren, durchaus zu Recht.

Nicht zielführend ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die Kritik Strigls an der den Berufungswerber betreffenden Entscheidung der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vom 9. April 1990, Bkd 135/89 (AnwBl 1991, S. 474 f); abgesehen davon, daß eine Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen dieses Erkenntnis zurückgewiesen wurde (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 1990, B867/90), ist vorliegend vor allem die besondere Fallgestaltung zu beachten.

Nur am Rande sei demnach noch darauf verwiesen, daß im Verfahren erster Instanz sowohl der Disziplinarbeschuldigte in seiner Verantwortung als auch der Verteidiger in einem Beweisantrag vorbrachten, daß die in Rede stehende Kosten- und Abgabenteilung unüblich ist (S. 15 und 16 der Übertragung des Tonbandprotokolls über die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarrat).

Zum Schuldspruch I b) moniert der Beschwerdeführer unterlassene Feststellungen dahin, daß die allgemeinen Honorarrichtlinien als Grundlage vereinbart worden seien, und daß der Disziplinarrat nicht festgestellt habe, welche Bemessungsgrundlage er selbst als angemessen ansehe.

Wenngleich letzteres informativ gewesen wäre, um das Ausmaß der Überhöhung der Honorarforderung darzulegen, ist indes insoweit kein Feststellungsmangel in bezug auf die Grundlage des Schuldspruches gegeben. Das exakte Ausmaß der Überhöhung von Honorarforderungen ist für die Annahme des Disziplinarvergehens kein entscheidungswesentlicher Umstand. Genug daran, daß der Disziplinarbeschuldigte einerseits bei Ansatz seiner Leistungen im Abhandlungsverfahren von einem Liegenschaftswert von 1,093.500 S ausging, den er selbst als nicht zutreffend erachtet und nur auf Wunsch seiner Mandantin nach alsbaldiger Verfahrensbeendigung unbekämpft gelassen hatte sowie selbst den Liegenschaftswert mit 650.000 S eingeschätzt hatte, und andererseits Leistungen auf der Grundlage des Wertes der Verlassenschaft verrechnete, die mit der Verlassenschaft nichts zu tun hatten, wie etwa die Telefonate anläßlich der Bemühung um eine Gemeindewohnung für die Erbnehmerin und um das 'Essen auf Rädern' für diese.

Mit Grund beurteilte daher des Disziplinarrat das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten als Disziplinarvergehen der Verletzung der Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes, weil der Disziplinarbeschuldigte einerseits die Rechte seiner Partei (folgt Name) nicht mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit vertreten hat (§9 Abs1 RAO), andererseits seiner Mandantin überhöhte Kosten anlastete (§50 RL-BA)."

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

5. Die OBDK als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie den bekämpften Bescheid verteidigt und beantragt, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen wurden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof auch aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens nicht entstanden (s. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §9 Abs1 RAO VfSlg. 11302/1987, 12328/1990, 12796/1991, 13122/1992, VfGH 30.11.1993, B1355/93; des §10 Abs2 RAO VfSlg. 4886/1964, 5967/1969, 7905/1976, 12032/1989, 12915/1991, VfGH 28.9.1993, B325/93; sowie des §1 DSt. 1990 VfSlg. 12915/1991, VfGH 1.12.1992, B914/92, 28.9.1993, B325/93).

Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Ein Vergleich des Einleitungsbeschlusses mit dem Bescheid der belangten Behörde, welche den erstinstanzlichen Bescheid bestätige, ergebe, daß im angefochtenen Bescheid nicht nur eine vom Einleitungsbeschluß unterschiedliche rechtliche Beurteilung erfolgt sei, sondern den Erledigungen jeweils ein anderer Sachverhalt zugrundegelegt worden sei. Im Einleitungsbeschluß sei ihm vorgehalten worden, er habe den Kaufpreis mit S 650.000,-- auf Grund bloß mündlicher Informationen festgesetzt, obwohl er gewußt habe, daß eine Schätzung im Nachlaßverfahren stattfinden werde, und dadurch seiner Ehegattin den Kauf der Liegenschaft um S 650.000,-- ermöglicht. Im Erkenntnis der belangten Behörde werde ihm aber angelastet, seine Mandantin über geeignete Maßnahmen zur Feststellung des tatsächlichen Wertes des Kaufgegenstandes und darüber, daß sie als Verkäuferin entgegen allgemeiner Übung mit der Hälfte der Vertragserrichtungs- und Durchführungskosten belastet werde, nicht aufgeklärt zu haben, wodurch er seiner Diligenzpflicht gemäß §9 RAO nicht entsprochen habe.

Wie die belangte Behörde festgestellt habe, habe der festgelegte Kaufpreis ohnedies ungefähr dem tatsächlichen Liegenschaftswert entsprochen. Entgegen dem Einleitungsbeschluß werde ihm nunmehr vorgeworfen, er hätte seiner Mandantin trotz des angemessenen Kaufpreises empfehlen müssen, ein jederzeit nachvollziehbares, schriftliches Gutachten über den Wert der Liegenschaft einzuholen. Auf Grund der Angemessenheit des Kaufpreises habe eine solche Diligenzpflicht im Sinne des §9 RAO aber nicht bestanden. So betrachtet werde aus dem dem Beschwerdeführer im Einleitungsbeschluß ursprünglich zur Last gelegten schweren objektiv und subjektiv rechtswidrigen Verstoß "gleichsam heimlich und leise" der von der belangten Behörde vorgeworfene Diligenzverstoß, der in Wahrheit nicht bestehe. Hier gehe es nicht nur um die rechtliche Beurteilung, sondern um die Annahme eines anderen Sachverhaltes, sodaß de jure und de facto eine Strafe ohne zugrundeliegenden Einleitungsbeschluß, daher ohne entsprechenden "Strafantrag" verhängt worden sei.

2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter unter anderem dann verletzt, wenn die Behörde eine Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Sache in Anspruch nimmt, die ihr nicht zusteht (vgl. VfSlg. 8176/1977, 8886/1980, 9696/1983, 12915/1991 u. a.). Gegenstand eines Disziplinarverfahrens ist nur die im Einleitungsbeschluß konkret umschriebene Tat (vgl. VfSlg. 5523/1967). Spricht die Behörde über Anschuldigungen ab, die nicht Gegenstand des Einleitungsbeschlusses waren, so wird eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die der Behörde nicht zukommt (vgl. VfSlg. 11350/1987, 12698/1991, 12915/1991). Bei einem Einleitungsbeschluß handelt es sich lediglich um eine prozeßleitende Verfügung, die der Durchführung eines Disziplinarverfahrens vorauszugehen hat (vgl. VfSlg. 9425/1982, 10944/1986, 11448/1987, 11608/1988, 12698/1991, 12881/1991). Er legt den Gegenstand des Disziplinarverfahrens fest und zieht der disziplinären Verfolgung - zugunsten des Disziplinarbeschuldigten - Grenzen, weil ihm mit Zustellung des Einleitungsbeschlusses nicht nur die Fortführung des Disziplinarverfahrens eröffnet wird, sondern auch dessen Verfahrensgegenstand. Damit kann sich der Disziplinarbeschuldigte Klarheit darüber verschaffen, welcher disziplinäre Vorwurf gegen ihn erhoben wird, wenngleich dadurch eine spätere "Erweiterung" der Anschuldigungspunkte nicht ausgeschlossen wird (vgl. VfSlg. 9425/1982). Dem Einleitungsbeschluß kommt daher, wie der Verfassungsgerichtshof im eben zitierten Beschluß erläutert hat, nicht die Funktion einer Anklageschrift nach der StPO zu, was aber unter dem Aspekt des Art90 Abs2 B-VG verfassungsrechtlich unbedenklich ist, weil es sich bei einem Disziplinarverfahren nicht um ein Strafverfahren im Sinne dieser Verfassungsbestimmung handelt (vgl. VfSlg. 12462/1990, VfGH 14.6.1993, B1564/92).

2.3. Der Beschwerdeführer stellt zutreffend fest, daß der Wortlaut des Einleitungsbeschlusses und der Wortlaut des Spruches des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien nicht übereinstimmen. Der darauf gestützte Beschwerdevorwurf ist aber nicht begründet:

2.3.1. Im Einleitungsbeschluß war dem Beschwerdeführer unter lita) vorgeworfen worden, den Kaufschilling für die Liegenschaft mit Superädifikat mit S 650.000,-- auf Grund einer bloß mündlichen Information einer Immobilienkanzlei festgesetzt zu haben; dies, obwohl er als Vertreter seiner Mandantin im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Ehegatten wußte, daß in diesem Verfahren eine Schätzung der erblasserischen Hälfte dieser Liegenschaft stattfinden werde: Durch sein Vorgehen habe er bewirkt, daß seine als Käuferin dieser Liegenschaft mit Superädifikat auftretende Ehegattin diesen Besitz um S 650.000,-- käuflich erwerben konnte.

2.3.1.1. Im ersten Teil des Spruchpunktes I.a) des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien wird der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in Vertretung seiner Mandantin, welche er bereits als Erbenmachthaber im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Ehegatten vertreten hatte, am Abschluß des zwischen seiner Mandantin als Verkäuferin und seiner Ehegattin als Käuferin unterfertigten Kaufvertrages über die Liegenschaft samt darauf befindlichen Baulichkeiten zu einem Kaufpreis von S 650.000,-- mitgewirkt zu haben, wobei er seine Mandantin über geeignete Maßnahmen zur Feststellung des tatsächlichen Wertes des Kaufgegenstandes nicht aufklärte.

Dieser Spruchteil ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers von lita) des Einleitungsbeschlusses gedeckt. Dem Beschwerdeführer mußte nämlich auf Grund des Einleitungsbeschlusses klar sein, daß Gegenstand des Disziplinarverfahrens seine besondere Sorgfaltspflicht bei der Bestimmung des Wertes der Liegenschaft und des Kaufpreises war, die sich aus dem Umstand ergab, daß seine Ehefrau Vertragspartnerin seiner Mandantin war. Der Disziplinarbehörde oblag es im Zuge des Disziplinarverfahrens zu untersuchen, ob der im Einleitungsbeschluß erhobene Vorwurf zutrifft und im Disziplinarerkenntnis zu konkretisieren, inwiefern zutreffendenfalls Ehre und Ansehen des Standes verletzt wurden.

2.3.1.2. Es trifft hingegen zu, daß der im zweiten Teil des Spruchpunktes I.a) des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien erhobene Vorwurf, der Beschwerdeführer habe seine Mandantin nicht aufgeklärt, daß sie entgegen allgemeiner Übung mit der Hälfte der Vertragserrichtungs- und Durchführungskosten, Steuern, Gebühren und Abgaben belastet werde, im Einleitungsbeschluß nicht erhoben wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat aber in seinem Erkenntnis VfSlg. 9425/1982 mit eingehender Begründung dargelegt, daß das unter dem Aspekt des Verfahrens vor dem gesetzlichen Richter maßgebende Kriterium die rechtzeitige Information des Disziplinarbeschuldigten über die ihm konkret zur Last gelegten Disziplinarverfehlungen ist, wobei zB eine "Erweiterung" der Anschuldigungspunkte in der mündlichen Disziplinarverhandlung nicht ausgeschlossen ist.

Im vorliegenden Fall ist diese Information des Beschwerdeführers rechtzeitig erfolgt: Er hat bereits in seiner verantwortlichen Äußerung vom 31. August 1990 zu der Frage Stellung genommen, ob er die Vertragspartner über die Unüblichkeit der in Rede stehenden Vertragsbestimmung aufgeklärt hat. Er legte dazu eine Bestätigung des Notars vor, in dessen Kanzlei der Kaufvertrag unterschrieben und beglaubigt worden war. Wie den Verwaltungsakten weiters zu entnehmen ist, wurde dieses Thema auch in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 1992 erörtert (s. S 2 f. und 13 f. der Verhandlungsniederschrift). Auch insoferne begegnet der angefochtene Bescheid keinen Bedenken.

2.3.2. Spruchpunkt I.b) des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien unterscheidet sich von litd) des Einleitungsbeschlusses nur in der Formulierung. Eine Erweiterung der Anschuldigungspunkte hat insofern nicht stattgefunden.

2.4. Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

3.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Die Ablehnung seines Beweisantrages, den Notar, in dessen Kanzlei der Kaufvertrag unterschrieben und beglaubigt worden war, als Zeugen zur Frage einzuvernehmen, ob der Beschwerdeführer die Vertragspartner über die Unüblichkeit der in Punkt VIII. des Vertrages vorgesehenen Kostenteilungsregel belehrt habe, stelle eine Mißachtung des Parteiengehörs dar. Schon die Erstbehörde habe den Inhalt des im Akt befindlichen Schriftsatzes des Notars unrichtig gewürdigt und infolge überschießender Beweiswürdigung dem Beweisantrag nicht Folge gegeben. Die Begründung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht dargetan, aus welchen besonderen Gründen er diesen Beweisantrag stelle, sei eine Scheinbegründung und entspreche nicht dem Akteninhalt.

Ein weiterer Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege in der Ablehnung des Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend den tatsächlichen Wert der Liegenschaft. Es hätte sich nämlich herausgestellt, daß der Beschwerdeführer im Verlassenschaftsverfahren selbst bei Wegfall der nicht diesem Verfahren zuordenbaren Leistungen keine überhöhte Honorarforderung gestellt habe. Der gemäß den Autonomen Honorar-Richtlinien maßgebliche Wert des Anspruches der Mandantin ohne Schuldenabzug sei um vieles höher gewesen als die vom Beschwerdeführer tatsächlich seiner Honorarforderung zugrundegelegte Bemessungsgrundlage. Weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde habe aber die angebliche Überhöhung der Honorarforderung exakt ermittelt.

Eine Verletzung des Art7 Abs1 B-VG liege auch in der Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei nicht nur Dienstnehmer und Schriftenverfasser, sondern Vertragserrichter gewesen, sodaß nach Ansicht der belangten Behörde kein Dienstvertrag, sondern ein Bevollmächtigungsvertrag vorliege. Mit dem Berufungsvorbringen, der mündliche Kaufvertrag sei bereits zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden, als der Beschwerdeführer die schriftliche Vertragsurkunde ausgefertigt habe, habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer sei auch von den Vertragspartnern nicht beauftragt worden, ein Schätzgutachten einzuholen oder Nachforschungen im Grundbuch vorzunehmen, weshalb er der ihm nach Ansicht der belangten Behörde auferlegten Diligenzpflicht nur auf seine Kosten hätte nachkommen können. Auch seien die Vertragspartner einverstanden gewesen, lediglich eine mündliche Anfrage an einen Immobilienmakler zu richten; darin sei ein konkludenter Verzicht auf die Einholung eines Gutachtens bzw. auch nur einer weiteren Belehrung gelegen. Eine Verletzung der Diligenzpflicht könne nicht vorliegen, weil in dem von den Vertragsparteien mündlich geschlossenen Vertrag - ohne daß ein Gutachten eingeholt worden oder eine Belehrung über diese Möglichkeit erfolgt sei - ohnehin ein angemessener Kaufpreis vereinbart worden sei.

3.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

3.3. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen (vgl. dazu oben II.1.) käme eine Gleichheitsverletzung nur in Frage, wenn der Behörde eine willkürliche Rechtsanwendung anzulasten wäre.

Dies ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die Beschwerde bekämpft im einzelnen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen und der Beweiswürdigung des in Beschwerde gezogenen Bescheides. Diesem Vorbringen ist insgesamt zu erwidern, daß es allenfalls Verstöße gegen einfachgesetzliche Regelungen aufzeigt, aber nicht geeignet ist, einen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler zu erweisen.

Ob aber der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 8309/1978, 9454/1982, 9456/1982, 10565/1985, 10659/1985, 12697/1991, 12915/1991).

Im einzelnen ist dem Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten:

3.3.1. Der Beweisantrag, den Notar, in dessen Kanzlei der Kaufvertrag unterzeichnet und beglaubigt worden war, als Zeugen einzuvernehmen, wurde von der OBDK mit dem Hinweis abgewiesen, es liege ein Schreiben des Notars vor, in welchem dieser bestätige, daß er bei der Vertragsunterfertigung auf eventuelle grunderwerbsteuerliche Probleme der Kostenteilung aufmerksam gemacht habe. Auch wenn der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre, hätte sie nicht willkürlich gehandelt (VfSlg. 6155/1970, 12915/1991). Die Aktenlage erweist, daß ein Ermittlungsverfahren jedenfalls durchgeführt wurde (s. insbesondere die Einvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers vom 3. Oktober 1990, S 4, und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 3. April 1992, S 2 f. und 13 f.). Wenn der Beschwerdeführer rügt, es wäre dazu noch ein Zeuge zu hören gewesen, wird damit bloß eine vermeintliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens behauptet, die unter den gegebenen Umständen ersichtlich nicht in die Verfassungssphäre reicht.

3.3.2. Was den Vorwurf betrifft, die belangte Behörde habe das exakte Ausmaß der Überhöhung der Honorarforderung nicht festgestellt, so verkennt die Beschwerde mit diesem Vorbringen den von der Disziplinarbehörde erhobenen Vorwurf. Dieser zielt nämlich dahin, daß der Beschwerdeführer beim Ansatz seiner Leistungen im Verlassenschaftsverfahren von einem erheblich höheren Liegenschaftswert ausgegangen ist als beim Kauf der Liegenschaft durch seine Ehegattin. Er hat zugegebenermaßen seiner Honorarberechnung im Verlassenschaftsverfahren ein von ihm selbst als grob unrichtig bezeichnetes Gutachten zugrundegelegt (s. S 2 und 7 der Verhandlungsniederschrift vom 3. April 1992). Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof keine Verfassungsverletzung zu erkennen, wenn die belangte Behörde das exakte Ausmaß der Überhöhung der Honorarforderung nicht festgestellt hat, zumal von der Beschwerde nicht bestritten wird, daß der Beschwerdeführer im Verlassenschaftsverfahren Leistungen auf Grundlage des Wertes der Verlassenschaft verrechnete, die mit diesem Verfahren nichts zu tun hatten.

3.3.3. Auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde verkenne, daß der Beschwerdeführer nur Vertragserrichter, nicht aber Bevollmächtigter einer Vertragspartei gewesen sei, weshalb er auch nicht verpflichtet gewesen sei, Gutachten einzuholen oder deren Einholung anzuregen, bekämpft der Beschwerdeführer letztlich nur die durch die belangte Behörde auf Grund eines nicht zu beanstandenden Ermittlungsverfahrens vorgenommene Beweiswürdigung. Ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist auch hier nicht erkennbar.

3.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die OBDK die Sachverhaltsfeststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgenommen hat und damit der Beschwerdeführer nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde.

4.1. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein.

4.2. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10370/1985, 11470/1987).

4.3. Daß dies nicht der Fall ist, wurde unter Pkt. II.3.3. im einzelnen dargetan.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

5. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß eine Verletzung dieses Grundrechtes stattgefunden hätte.

Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt.

6. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte

gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Bescheidbegriff, Verfahrensanordnung, Anklageprinzip, Einleitungsbeschluß (Disziplinarverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1919.1993

Dokumentnummer

JFT_10059386_93B01919_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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