TE Vfgh Erkenntnis 1993/11/30 B1355/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

StGG Art13
RAO §9 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verwendung einer ungebührlichen Schreibweise in einem Rechtsmittel; denkunmögliche Annahme des Vorliegens einer Berufspflichtenverletzung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Oberösterreichische Rechtsanwaltskammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 15.000,-- festgesetzten Prozeßkosten zu Handen seiner Rechtsvertreter innerhalb von 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 22. Juni 1992, Zl. D 41/91-15 und DV 18/92, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes und der Verletzung der Berufspflichten dadurch begangen zu haben, daß er im Rekurs vom 23. August 1991 gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Windischgarsten vom 7. August 1991, Zl. Nc 21/89-42, durch die Ausdrücke

    "... bei der unverkennbaren Absicht des Erstgerichts, dem

Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin zum Durchbruch zu verhelfen

...";

    "... das Erstgericht feststellt, beweist einerseits die

völlig unverständliche und sachlich nicht gerechtfertigte Einseitigkeit in der Beweiswürdigung zugunsten ...";

    "... beweist wiederum nur die völlig unverständliche und

unsachliche Einseitigkeit des Erstgerichts zugunsten der Antragsgegnerin ...";

    "... des Erstgerichts, andererseits wiederum die unsachliche

Voreingenommenheit zugunsten der Antragsgegnerin."

eine ungebührliche Schreibweise verwendet habe.

Der Beschwerdeführer wurde hiefür zu einer Geldbuße von S 10.000,-- und zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.

Begründet wurde dieses Erkenntnis damit, daß gemäß §9 Abs1 RAO zwar grundsätzlich alle sachlichen, durch eine entsprechende Information des Mandanten gedeckten Äußerungen des Rechtsanwalts, die er für die Durchsetzung der Ansprüche seiner Partei für dienlich halte, gerechtfertigt seien, nicht aber darüber hinausgehende, nicht sachbezogene, sondern ausschließlich beleidigende Äußerungen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers im Rekurs an die zweite Instanz hätten das gemäß §9 Abs1 RAO zulässige Maß überschritten; sie hätten nicht nur der Bekämpfung der Beweiswürdigung gedient, sondern unterstellt, daß der Erstrichter durch vorsätzliche einseitige Bevorzugung einer Partei Amtsmißbrauch begangen haben könnte.

2. Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wegen Schuld gab die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) mit Erkenntnis vom 22. Februar 1993, Zl. 10 Bkd 11/92, teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Erkenntnis dahingehend ab, daß der Beschwerdeführer durch das ihm vorgeworfene Verhalten lediglich das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung begangen habe. Im übrigen wurde dieser Berufung nicht Folge gegeben. Hingegen wurde der Strafberufung Folge gegeben und über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt.

3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art10 EMRK und Art13 StGG geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

Begründend bringt der Beschwerdeführer vor, daß die von ihm im Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichts Windischgarsten erhobenen Vorwürfe nicht unsachlich und darüber hinaus notwendig waren, um den Rechtsstandpunkt seiner Mandanten zu wahren:

"Nach §9 Abs1 RAO ist ein Rechtsanwalt befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten. Es muß daher auch zulässig sein, dann, wenn tatsächlich hinreichende Anhaltspunkte für eine sachlich nicht gerechtfertigte Einseitigkeit in der Beweiswürdigung, für eine unsachliche Voreingenommenheit zugunsten der Antragsgegnerin und für eine entsprechende Absicht des Erstgerichtes, dem Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin zum Durchbruch zu verhelfen, vorliegen, dies im Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Erstgerichtes vorzubringen und zu begründen. Die belangte Behörde selbst muß ja zugeben, daß die Vorgangsweise des Erstgerichtes, den Grenzfestsetzungsantrag meiner Mandanten ohne Anhörung der Antragsgegnerin und unter Verwertung von angeblichem früheren dienstlichen Wissen zurückzuweisen und die stereotype Bezeichnung der von der Antragsgegnerin geführten Zeugen als 'wahrheitsliebend', ohne das Abhängigkeitsverhältnis dieser Zeugen zum Dienstgeber zu erörtern, zumindest Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Erstgerichtes ergeben haben. Entgegen der Meinung der belangten Behörde wurden diese Umstände sehr wohl im Rekurs vom 23. August 1991 ausführlich dargelegt (zB Seite 7 des Rekurses) und wurde von mir sowohl in Verfahren vor dem Bezirksgericht Windischgarsten als auch im Disziplinarverfahren (vgl. meine Berufung vom 17.7.1992) ausführlich begründet, warum meines Erachtens die erhobenen Vorwürfe zutreffend sind. Daß dann, wenn die Vorwürfe inhaltlich berechtigt sind, diese Vorwürfe erhoben werden dürfen, scheint auch der Standpunkt der belangten Behörde zu sein (im Gegensatz zur Rechtsansicht des Disziplinarrates der OÖ Rechtsanwaltskammer). Daß in der Auseinandersetzung mit erstinstanzlichen Entscheidungen die Beweiswürdigung als 'offensichtlich leichtfertig, oberflächlich oder willkürlich' bezeichnet werden darf, zeigt auch der juristische Fachartikel des (Richters) Dr. Gerd Delle-Karth, Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozeßrechtes, ÖJZ 1993, Seite 19, wonach ein Begründungsmangel im Zusammenhang mit den Ausführungen des Erstgerichtes zur Beweiswürdigung insbesondere dann angenommen wird, wenn die Beweiswürdigung eben diese Kriterien (leichtfertig, oberflächlich oder willkürlich) erfüllt. Dazu kommt, daß eine Anfechtung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz regelmäßig damit begründet wird, daß die letztinstanzliche Verwaltungsbehörde 'Willkür' geübt hat. Es wäre somit jeder, der eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art7 B-VG einbringt, in der latenten Gefahr, wegen ungebührlicher Schreibweise verurteilt zu werden, wenn letztlich der Verfassungsgerichtshof die erhobenen Vorwürfe nicht teilt. Es wäre bei einer derartig engen Interpretation des Art10 EMRK jeder Rechtsanwalt ständig davon bedroht, daß in dem Fall, daß der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde keine Berechtigung zuerkennt, sofort ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, weil der Rechtsanwalt im Schriftsatz eine 'ungebührliche Schreibweise' vorgenommen hätte, indem er der Verwaltungsbehörde Willkür vorwirft. Diese Überlegungen sind wohl auch der Hauptgrund dafür, warum der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu Art10 EMRK eine besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen verlangt (Anwaltsblatt 1993, 31 f).

Wenn die belangte Behörde sich über das zuletzt zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dadurch hinwegzusetzen versucht, daß sie die Meinung vertritt, in den dort angeführten Verfahren habe es sich um 'reine Systemkritik' gehandelt, so ist dies dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht zu entnehmen. Es kann ja wohl nicht darauf ankommen, ob der Vorwurf der Willkür gegenüber einem Einzelrichter erhoben wird (dann unzulässig) oder gegenüber einer Berufungsbehörde, bei welcher ja selbstverständlich wiederum dem für die Bescheiderlassung zuständigen Beamten ein willkürliches Vorgehen vorgeworfen wird, dies auch dann, wenn für die Bescheiderlassung nur ein einziger Beamter zuständig war. Es muß auch für die Beurteilung der Zulässigkeit von Äußerungen im Rechtsmittel unerheblich sein, ob eine Einzelperson oder ein Kollegialorgan die Entscheidung zu verantworten hat. In beiden Fällen muß es zulässig sein, eine 'offensichtlich leichtfertige, oberflächliche oder willkürliche' Beweiswürdigung (vgl. nochmals Delle-Karth, ÖJZ 1993, Seite 19) im Rechtsmittel geltend zu machen und auch entsprechende Vorwürfe gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung und dem Verfasser der erstinstanzlichen Entscheidung zu erheben.

Ergänzend verweise ich weiters auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.3.1992, B101/91 (JBl. 1992, 513) und die dort zitierte Judikatur, wann eine ungebührliche Schreibweise in der verfassungsgerichtlichen Judikatur bisher angenommen wurde.

Die in diesem Erkenntnis zitierten Äußerungen (JBl. 1992, Seite 515) unterscheiden sich jedenfalls kraß von den von mir gegenüber dem Erstgericht - wie ich meine zu Recht - erhobenen Vorwürfen."

4. Die OBDK als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den bekämpften Bescheid verteidigt und für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

Nach Ansicht der OBDK liegt eine denkunmögliche Gesetzesanwendung, mit der dem §9 Abs1 RAO ein verfassungswidriger, die besonderen Schranken des Art13 StGG und Art10 EMRK mißachtender Inhalt unterstellt würde, nicht vor. Der Beschwerdeführer unterstelle nämlich dem Erstrichter die unverkennbare Absicht der Parteilichkeit; er werfe ihm Willkür (und damit geradezu einen Amtsmißbrauch) vor, ohne bei der Anfechtung der Beweiswürdigung hiefür konkrete Gründe ins Treffen zu führen.

Wie auch im angefochtenen Erkenntnis eingeräumt werde, bestünden zwar gewisse Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Erstrichters (aber keinesfalls für eine unverkennbare Absicht der Parteilichkeit), weil der Erstrichter den Grenzfestsetzungsantrag der Mandanten des Beschwerdeführers zunächst unter Verweisung auf früheres dienstliches Wissen ohne Anhörung der Antragsteller zurückgewiesen, und im angefochtenen Erkenntnis jeden einzelnen der von der Antragsgegnerin geführten Zeugen stereotyp als "wahrheitsliebend" bezeichnet habe. Gerade mit diesen Verdachtsmomenten habe aber der Beschwerdeführer den Vorwurf der Willkür und Parteilichkeit nicht begründet.

Da die im Rekurs gebrauchten Wendungen keineswegs zuträfen, sei es nicht abwegig, wenn die belangte Behörde in den massiven Vorwürfen des Beschwerdeführers gegen den Richter ein standeswidriges Verhalten erblickt habe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

A. Gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften bringt die Beschwerde keine Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vor. Aus der Sicht dieses Beschwerdefalles sind beim Verfassungsgerichtshof solche auch nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

B. Zu den behaupteten Vollzugsfehlern:

1. Nach Art13 Abs1 StGG hat jedermann das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist zwar nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gewährleistet, doch darf auch ein solches Gesetz keinen Inhalt haben, der den Wesensgehalt des Grundrechtes einschränkt (vgl. VfSlg. 6166/1970, 10700/1985). Eine nähere Bestimmung dieses Wesensgehaltes findet sich in Art10 EMRK. Diese Bestimmung bekräftigt den Anspruch auf freie Meinungsäußerung und stellt klar, daß dieses Recht die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen einschließt, sieht aber im Hinblick darauf, daß die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor,

"wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten" (so wörtlich VfSlg. 10700/1985, 690).

Gemäß Art10 Abs2 EMRK darf also die Freiheit der Meinungsäußerung nur aus den dort angeführten Gründen beschränkt werden.

2.1. Ein Verwaltungsakt, der sich gegen die Meinungsäußerungsfreiheit richtet, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ua. dann verfassungswidrig, wenn ein verfassungsmäßiges Gesetz denkunmöglich angewendet wurde (VfSlg. 3762/1960, 6166/1970 und 6465/1971). Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung liegt auch vor, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen verfassungswidrigen - hier also: die besonderen Schranken des Art10 EMRK mißachtenden - Inhalt unterstellt (VfSlg. 10700/1985, 12086/1989).

2.2. Der Beschwerdeführer brachte die inkriminierten Äußerungen im Rahmen eines Rekurses gegen den Beschluß eines Bezirksgerichtes vor, der aufgrund eines Verfahrens gefaßt wurde, das - wie auch die belangte Behörde einräumt - gewisse Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Erstrichters aufwies. Der Verfassungsgerichtshof vermag nun in der Verwendung der inkriminierten Äußerungen eine Berufspflichtenverletzung nicht zu erkennen. Die Äußerungen drückten die Schlußfolgerungen des Beschwerdeführers aus den im Rekurs ausführlich dargelegten Besonderheiten des bezirksgerichtlichen Verfahrens in einer Art und Weise aus, wie sie sowohl im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wie auch in Gerichtsentscheidungen üblich, geläufig und nicht zu beanstanden ist. Dies erhellt insbesondere etwa daraus, daß der Vorwurf willkürlichen Verhaltens einer Behörde bei Zutreffen des Vorwurfes - was erst im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu beurteilen ist - zur Aufhebung des bekämpften Bescheides führt (vgl. VfSlg. 8808/1980, 10337/1985, 10338/1985, 11213/1987, 11436/1987 u.v.a.).

Hier hat der Beschwerdeführer nicht den - idR offenkundig nicht disziplinär zu ahndenden - Vorwurf der Willkür erhoben, sondern mit anderen, nicht zu beanstandenden Formulierungen das Verhalten des Gerichtes kritisiert.

Nach §9 Abs1 RAO ist ein Rechtsanwalt befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreitet. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung fordert besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen. Der Verfassungsgerichtshof ist der Meinung, daß die inkriminierten Aussagen offenkundig als zulässiges Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne der RAO zu werten sind. Angesichts des Hintergrunds des dem Rekurs vorangegangenen Gerichtsverfahrens kann eine demokratische Gesellschaft die in Rede stehenden Aussagen hinnehmen, ohne daß ihre öffentliche Ordnung, der Schutz des guten Rufes oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung Schaden erleiden. Eine verfassungskonforme Auslegung der angewendeten - verfassungsgesetzlich unbedenklichen - Vorschrift führt daher zum Ergebnis, daß hier ein Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nicht stattgefunden hat (vgl. VfGH 24.6.1992, B13/92).

3. Der angefochtene Bescheid verletzt den Beschwerdeführer somit im Recht auf freie Meinungsäußerung. Er war daher aufzuheben.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

IV. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Prozeßkosten sind S 2.500,-- an Umsatzsteuer enthalten.

Schlagworte

Meinungsäußerungsfreiheit, beleidigende Schreibweise, Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1355.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93B01355_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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