TE OGH 2022/2/25 6Ob7/22f

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Veröffentlicht am 25.02.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. S* I*, vertreten durch Mag. Michael Medwed und Mag. Johann Sparowitz, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch Niederbichler Griesbeck Schwarz Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Rechnungslegung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 30. November 2021, GZ 3 R 128/21z-38, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]            1. Handelsvertreter ist, wer von einem anderen mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften über bewegliche Sachen ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt (§ 1 Abs 1 HVertrG). Nach der Rechtsprechung muss der Vermittler mit dem Vertragspartner verhandeln. Er erkundet dessen Stimmung, macht ihm Mitteilungen und wirkt auf ihn so ein, dass er das Vertragsanbot schmackhaft zu machen sucht, indem er fördernde Vorstellungen erweckt und bekräftigt und hemmende beseitigt oder entkräftet. Er muss ihm die näheren Mitteilungen machen, die ihn in die Lage setzen, die Vertragsgelegenheit zu prüfen (RS0062825). „Ständiges Betrauen“ bezieht sich nicht auf das Tätigwerden, sondern den Inhalt des Vertrags. Gegenstand muss also ein Dauerschuldverhältnis sein, demzufolge der Betraute eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften für den Unternehmer abschließen oder vermitteln soll (8 ObA 65/06a).

[2]                     2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die vereinbarte Tätigkeit des Klägers, die sich – neben der auftragsgemäßen Kontaktherstellung mit einem der Beklagten bereits bekannten potentiellen ausländischen Kunden – auf die „Kontaktpflege“ durch Essenseinladungen und Weiterleitung von „Provisionszahlungen“ der Beklagten an die „Kontaktmänner“ bei diesem Kunden, auf die Organisation von Besuchen der Beklagten beim Kunden und die Terminkoordination und Betreuung vor Ort sowie insbesondere auf notwendige Übersetzungen bei den zwischen Mitarbeitern der Beklagten und des Kunden geführten Vertragsverhandlungen, ohne sich in diese inhaltlich einzubringen, beschränkte, habe keine Vermittlungstätigkeit iSd § 1 Abs 1 HVertrG dargestellt, weshalb der Kläger nicht als Handelsvertreter anzusehen sei, hält sich im Rahmen der erörterten Rechtsprechungsgrundsätze.

[3]          Mit dem nicht näher ausgeführten Hinweis, der Kläger habe als Vertrauensperson durch sein Mitwirken die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten und sei für die Geschäftsabschlüsse mitkausal gewesen, zeigt die Revision keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf.

[4]                     3. Dem steht auch die Entscheidung 6 Ob 131/04i nicht entgegen. Maßgeblich für die Qualifikation des dortigen Klägers als Handelsvertreter iSd § 1 Abs 1 HVertrG waren weder die bloße Kontaktherstellung zum Geschäftspartner noch die Übernahme von Übersetzungsaufgaben im Zusammenhang mit künftigen Geschäftsabschlüssen, sondern vielmehr eine allfällige Ausverhandlung von Vertragskonditionen durch diesen. Letzteres wurde im vorliegenden Fall jedoch weder vereinbart noch vom Kläger tatsächlich vorgenommen.

[5]                     4. Die Ausführungen der Revision zum Rechnungslegungsanspruch beziehen sich lediglich auf das in § 16 HVertrG genannte Recht auf Buchauszug und die Berechnung der Provisionshöhe nach § 10 HVertrG, was aber schon mangels Qualifikation des Klägers als Handelsvertreter hier nicht relevant ist (vgl 6 Ob 131/04i). Im Übrigen dient das Verfahren über den Manifestationsanspruch auch nicht dazu, die materielle Richtigkeit der Auskunft bzw eines davon abgeleiteten Anspruchs zu überprüfen, weil das erst die Aufgabe des nachfolgenden Verfahrens über den Leistungsanspruch ist (2 Ob 142/19z). Somit kann die Revision auch insoweit keine erhebliche und auch präjudizielle Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darlegen.

Textnummer

E134488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00007.22F.0225.000

Im RIS seit

21.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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