TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/18 94/04/0245

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Veröffentlicht am 18.06.1996
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §226;
GewO 1973 §227;
GewO 1994 §225;
GewO 1994 §227;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GmbHG §15;
GmbHG §52;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. November 1994, Zl. 316.909/4-III/5/94, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführerin die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung der Gewerbe "Immobilienmakler (§ 226 GewO 1973) und Immobilienverwaltung (§ 228 GewO 1973) gemäß § 28 GewO 1973" verweigert. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nach den vorgelegten Unterlagen sei die Beschwerdeführerin (Nachsichtswerberin) handelsrechtliche Geschäftsführerin der "K-Gesellschaft m.b.H.". Die genannte Gesellschaft sei zur Ausübung des Gewerbes "Immobilienmakler" an näher bezeichneten Standorten berechtigt. Über Art und Umfang ihrer bisherigen fachlichen Tätigkeit habe die Beschwerdeführerin keine Unterlagen vorgelegt. Auch habe die Beschwerdeführerin keine einschlägige Ausbildung nachgewiesen. Die bisherige Tätigkeit der Beschwerdeführerin sei daher nicht ausreichend, um die für eine selbständige Ausübung des Immobilienmaklergewerbes notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu vermitteln. Hinsichtlich des Gewerbes der Immobilienverwaltung fehle der Beschwerdeführerin "jegliche Praxis, zumal die K-Gesellschaft m.b.H. über keine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt". Die Beschwerdeführerin besitze daher nicht die hinreichende tatsächliche Befähigung zur Ausübung der angestrebten Gewerbe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, sie sei jahrelang in den angestrebten Gewerben "im realen täglichen Geschäftsleben" tätig und habe sich die "gesetzlich geforderten Kenntnisse und die tatsächliche Befähigung in umfassender Weise angeeignet". Dies werde durch ihre erfolgreiche Tätigkeit als Geschäftsführerin der K-Gesellschaft m.b.H. dokumentiert; dies sei schon dadurch erwiesen, daß das Stammkapital der genannten Gesellschaft per 12. August 1993 von S 500.000,-- auf S 6,5 Mio erhöht worden sei. Die genannte Gesellschaft sei auch zu 50 % an der R-Gesellschaft m.b.H. beteiligt. Auch in diesem Unternehmen habe die Beschwerdeführerin "äußerst erfolgreich die Stellung eines Geschäftsführers inne und übe diese Tätigkeit real im täglichen Wirtschaftsleben aus". Sie habe ihre tatsächliche Befähigung durch die Vorlage "umfangreicher entsprechender Urkunden nachgewiesen". Diese Urkunden seien jedoch unberücksichtigt geblieben. Da ihr beruflicher Erfolg in den angestrebten Gewerben "als bewiesene Tatsache anzusehen ist", sei nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin nicht zur selbständigen Gewerbeausübung befähigt sein sollte.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. November 1994 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 bestätigt". Zur Begründung wurde - soweit für den Beschwerdefall relevant - im wesentlichen ausgeführt, nach den vorgelegten Belegen und in Würdigung ihres Vorbringens könne angenommen werden, daß die Beschwerdeführerin auf dem Gebiet des angestrebten Immobilienmaklergewerbes "in einem bestimmten Umfang Kenntnisse besitzt". Die Beschwerdeführerin habe aber keine der Ausübung dieses Gewerbes dienliche Ausbildung absolviert und die "genaue Art und das Ausmaß der von ihr erbrachten Leistungen" bei einem zur Gewerbeausübung berechtigten Immobilienmakler nicht dargetan. Bei dieser Sachlage könne nicht angenommen werden, daß die Beschwerdeführerin die für eine selbständige Ausübung des Immobilienmaklergewerbes als erforderlich anzusehende hinreichende tatsächliche Befähigung besitze. Hinsichtlich des Immobilienverwaltergewerbes fehle jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung, da die Beschwerdeführerin insoweit weder bei einem zur Gewerbeausübung berechtigten Immobilienverwalter tätig gewesen sei noch eine einschlägige Ausbildung absolviert habe. Der vorgebrachten Erhöhung des Stammkapitals und dem abgewickelten Bauvorhaben seien keine entscheidungswesentliche Bedeutung beizumessen, da insoweit die Art der Betätigung in den angestrebten Gewerben von der Beschwerdeführerin nicht ausreichend dargetan worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der angestrebten Nachsicht verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, ihr Antrag auf Nachsichtsgewährung stütze sich ausschließlich auf die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994. Inhalt und Begehren ihres Antrages sei, daß die Nachsicht vom Befähigungsnachweis betreffend die Gewerbe des Immobilienmaklers und der Immobilienverwaltung erteilt werde, weil die Beschwerdeführerin "durch jahrelange praktische Ausübung dieser Gewerbe tatsächlich zur selbständigen Ausübung derselben hinreichend befähigt" sei und "mein angegriffener Gesundheitszustand die Erbringung des vorgeschriebenen formellen Befähigungsnachweises nicht zuläßt". Die von der belangten Behörde "dargetanen Beweismittel stellen vollkommen außer Zweifel, daß ich meine Geschäftstätigkeit nur aufgrund meiner Kenntnisse, Fähigkeiten und langjährigen Erfahrungen, bezogen auf die Gewerbe des Immobilienmaklers und der Immobilienverwaltung, auf dem freien Unternehmermarkt dieser Gewerbe mehr als fünf Jahre höchst erfolgreich und seriös entfalten konnte und sich der Unternehmenserfolg der K-Gesellschaft m.b.H. allein auf dieses geschäftlich-gewerbliche Wirken meiner Person gründet, wie dies auch aus den vorgelegten Urkunden ersichtlich ist". Es sei Tatsache, daß die Beschwerdeführerin "für die selbständige Ausübung der genannten Gewerbe jedenfalls hinreichende Kenntnisse habe". Dies erhelle "aus dem geschäftlichen Erfolg meines gewerblichen Wirkens, welches ohne diese Kenntnisse gar nicht möglich (gewesen) wäre". Es sei undenkbar "ein Unternehmen zu führen und im Rahmen dessen Unternehmensgegenstand Immobilien erfolgreich und seriös jahrelang zu verwerten und zu verwalten, ohne wesentliche und umfassende Kenntnisse" auf den in der Beschwerde aufgezählten Gebieten zu besitzen. Die Beschwerdeführerin habe diese Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, was "schlagend und unwiderleglich durch den Erfolg meines Unternehmens dokumentiert ist". Die Landesinnung Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder hätte ohne Zweifel eine das Nachsichtsbegehren befürwortende Stellungnahme abgegeben, wenn die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin nachgekommen wäre und der genannten Innung Gelegenheit gegeben hätte "sich nach Orientierung über die wahre (qualitative) Sachlage zu meinem gegenständlichen Antrag zu äußern". Die belangte Behörde habe sich ohne Begründung über diesen "Verfahrensantrag" hinweggesetzt und derart der Beschwerdeführerin die Möglichkeit "dieser ganz wesentlichen weiteren Beweisführung" verweigert.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist,

oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgeführt hat, kann von einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nur dann gesprochen werden, wenn aufgrund der vom Nachsichtswerber beigebrachten Unterlagen bzw. aufgrund des Ergebnisses des durch sein Vorbringen bzw. sonst durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß er immerhin über soviele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 1994, Zl. 94/04/0042, und vom 24. August 1995, Zl. 95/04/0017).

Ausgehend von dieser Rechtslage vermag es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde, gestützt auf die von ihr zu den Kenntnissen und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin auf dem Gebiet der in Rede stehenden Gewerbe getroffenen Feststellungen, zu dem Ergebnis gelangte, sie verfüge nicht über die im Gesetz geforderte hinreichende tatsächliche Befähigung. Zu diesen Feststellungen gelangte sie aufgrund eines Aktes der Beweiswürdigung hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin dargelegten Sachverhaltes und der zum Nachweis ihrer Befähigung vorgelegten Unterlagen. Insoweit die Beschwerdeführerin davon ausgeht, eine schlüssige Beweiswürdigung hätte aufgrund des "Erfolges ihres Unternehmens" zu dem "unwiderleglichen" Ergebnis führen müssen, daß sie "hinreichende Kenntnisse" besitze bzw. "hinreichend befähigt" sei, sieht sie an der Tatsache vorbei, daß aus einer Erhöhung des Stammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 52 f GmbHG) nicht hervorgeht, daß allein aufgrund dieses Vorganges das zur Vertretung der Gesellschaft berufene Organ (Geschäftsführer im Sinne der §§ 15 ff GmbHG) notwendigerweise die im § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 angesprochenen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen muß.

Die Beschwerdeführerin läßt zudem außer acht, daß die von ihr vorgelegten Unterlagen keine Anhaltspunkte für eine von ihr ausgeübte gewerblich orientierte Betätigung (auf dem Gebiet der angestrebten Gewerbe) erkennen lassen. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht dargelegt, welche für die angestrebten Gewerbe relevanten, gewerblich orientierten Kenntnisse und Erfahrungen sie erworben habe bzw. welche konkreten Tätigkeiten sie auf dem Gebiet des Immobilienmaklergewerbes oder des Gewerbes der Immobilienverwaltung ausgeübt habe.

Der belangten Behörde kann insgesamt betrachtet daher eine unschlüssige Beweiswürdigung nicht vorgeworfen werden, wenn sie aufgrund der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Behauptungen und beigebrachten Unterlagen zu dem Ergebnis gelangte, daß Art und Ausmaß von für das Nachsichtsverfahren relevanten Leistungen nicht konkret dargetan wurden.

Mit der am behördlichen Ermittlungsverfahren geübten Kritik, daß keine weitere Stellungnahme der Landesinnung Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder eingeholt worden sei, vermag die Beschwerdeführerin schon im Hinblick auf ihre nicht hinreichenden Behauptungen und Nachweise (im dargelegten Sinne) - und die demnach für eine derartige Stellungnahme nicht ausreichende Tatsachengrundlage - keine Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, einen im Ergebnis anderen Bescheid herbeizuführen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994040245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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