TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/27 96/06/0071

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Veröffentlicht am 27.06.1996
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Stmk 1968 §4a idF 1991/042;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des A jun. in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. Februar 1996, Zl. A 17 - K - 9.616/1992-18, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 5. Februar 1992 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Widmungs- und Baubewilligung für den Zu- und Umbau für ein Jugend- und Bildungszentrum, sowie den Abbruch eines Teiles der bisher bestehenden Gebäude, die Errichtung von vier PKW-Abstellplätzen im Hofbereich, die Errichtung von 19 Abstellplätzen für einspurige Fahrzeuge unter einem Flugdach, sowie die Errichtung eines Flugdaches auf näher beschriebenen Grundstücken. Über dieses Ansuchen wurde nach Befassung des Amtes für Umweltschutz eine mündliche Verhandlung für 28. Juni 1993 anberaumt, zu der der Beschwerdeführer nicht geladen wurde, obwohl die Liegenschaft, deren Hälfteeigentümer er ist, unmittelbar an die zu bebauende Liegenschaft angrenzt. Zur Verhandlung war nur der zweite Hälfteeigentümer (Vater des Beschwerdeführers) geladen worden. In der Verhandlung erhoben Nachbarn zahlreiche Einwendungen gegen die beantragte Widmungs- und Baubewilligung; der Beschwerdeführer brachte seine Einwendungen mit einem am 22. Juli 1993 bei der Behörde eingelangten Schriftsatz vor. Insbesondere sprach er sich gegen die unzumutbaren Lärmimmissionen durch Livemusik, die Unterhaltung der Jugendlichen sowie das Zu- und Abfahren zu den Stellplätzen aus.

Am 18. November 1993 erstellte das Amt für Umweltschutz ein weiteres Gutachten, in dem es zusammengefaßt zu dem Schluß kam, bei geöffneten Fenstern und Musikwiedergabe durch eine Stereoanlage sei eine Beeinflussung der Istsituation nicht zu erwarten. Dies sei durch den Abstand von mindestens 10 dB zwischen spezifischer Immission und der Istsituation zu begründen. Nach den Einreichunterlagen würden die Räumlichkeiten des gegenständlichen Bauobjektes nur bis 22 Uhr benützt werden. Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, daß die spezifischen Immissionen an der Grundgrenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers auch bei Berücksichtigung eines Informationszuschlages unter dem Widmungsmaß des hier vorliegenden "Kern-, Büro- und Geschäftsgebietes" tagsüber zu liegen komme. Die Meßergebnisse eines von Anrainern beigebrachten Gutachtens (D.H.) stimmten mit den vom Amt für Umweltschutz unter Berücksichtigung der Meßtoleranzen erhobenen Werte durchaus überein. Bezogen auf die ungünstigst gelegenen Immissionspunkte der Liegenschaft des Beschwerdeführers sei eine Erhöhung der Istsituation bei Betrachtung des jeweils ungünstigsten Falles im Bereich von 1 dB zu erwarten. Dazu sei auszuführen, daß diese Erhöhung einerseits im Bereich der Meß- und Berechnungsgenauigkeit liege und andererseits der Pegelunterschied von 1 dB in einem Bereich, wo die Wahrnehmbarkeit durch das menschliche Gehör erst beginne, liege.

Der Beschwerdeführer äußerte sich zu diesem Gutachten zusammengefaßt dahingehend, daß insbesondere für Motorfahrräder unter Bedachtnahme auf die Kraftfahrzeugdurchführungsverordnung in bezug auf die zu erwartenden Lärmimmissionen durch die zu- und abfahrenden einspurigen Kraftfahrzeuge ein Schallpegel angenommen worden sei, der viel zu niedrig sei. Das Haus des Beschwerdeführers sei weit weniger als 45 m (wie im Amtsgutachten angenommen) von der Fläche, auf der eine Zu- und Abfahrt möglich sei, entfernt. Es werde entschieden bestritten, daß durch die Zu- und Abfahrt mit einspurigen Kraftfahrzeugen lediglich ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 47 dB erzielt werde.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 28. Oktober 1994 wurde der Antragstellerin die Widmungsbewilligung unter Festsetzung von Bebauungsgrundlagen und Auflagen bewilligt; als Verwendungszweck wurden alle Nutzungen, die in einem gemäß § 23 Abs. 5 lit. c des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes als "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" festgelegten Gebiet zulässig sind, insbesondere Büro, Jugendheim und Mütterberatung, festgesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 12. Jänner 1995 abgewiesen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid des Stadtsenates vom 14. Februar 1995 wurde unter I. der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung der beantragten Zu- und Umbauten sowie die beantragten Stellplätze unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Gleichzeitig wurde die Baubewilligung für den Abbruch eines Holzschuppens erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers und anderer Anrainer wurden teils als unbegründet abgewiesen, teils als unzulässig zurückgewiesen.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung, die sich nur auf die erteilte Baubewilligung, nicht jedoch auf die Abbruchbewilligung bezog, führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, als Verwendungszweck sei ein Jugendheim für Kommunikationszwecke bewilligt, die Baubehörde habe sich darüber hinweggesetzt und nunmehr im Bauverfahren ein Jugendzentrum zugelassen, obgleich sich in Ansehung der zu erwartenden Immissionen ein Jugendheim wesentlich von einem Jugendzentrum unterscheide. Die von der Behörde herangezogenen Gutachten seien unvollständig und unschlüssig, die anläßlich einer "informativen" Schallmessung aufgezeigten Werte entsprächen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

Im Berufungsverfahren wurde ein ergänzendes Gutachten des Amtes für Umweltschutz vom 16. Mai 1995 zu den Fragen eingeholt, ob durch die geplante Errichtung einer Abstellfläche für 19 einspurige Fahrzeuge für den Beschwerdeführer an dessen Grundgrenze eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm entstehe sowie ob durch die geplante Errichtung von Aufenthaltsräumen und deren Nutzung durch Jugendliche (Jugendzentrum) eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm an der Grundgrenze zum Beschwerdeführer entstehe. In diesem Gutachten wurde ausgeführt, nach der ÖNORM S 5021 sei der energieäquivalente Dauerschallpegel (LA,eq) für die Kategorie 4, Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet mit 60/50 dB tags/nachts und der Grundgeräuschpegel (LA,Gg) mit 50/40 dB tags/nachts angegeben. Fallbezogen ergebe sich unter der Annahme, daß innerhalb einer Stunde alle 19 (einspurigen) Fahrzeuge die Abstellfläche verlassen, ein Immissionspegel bezogen auf die Grundgrenze des Beschwerdeführers, (LA,eq) = 42 dB und als mittlerer Spitzenpegel (LA,01) = 58 dB. Durch die Errichtung einer Abstellfläche für 19 einspurige Fahrzeuge gehe vom gegenständlichen Bauareal in bezug auf das Grundstück des Beschwerdeführers keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung aus. Unter Berücksichtigung der Bausubstanz ergebe sich bei geschlossenen Fenstern durch Livemusikdarbietungen ein LAeq von 34 dB, ein mittlerer Spitzenwert von 44 dB. Bei Musikdarbietungen über Stereoanlagen ergebe sich bei geöffneten Fenstern ein Immissionspegel von LAeq = 39 dB, LA,01 = 43 dB. Zusammenfassend könne aus lärmtechnischer Hinsicht ausgesagt werden, daß bei Überlagerung der spezifischen Immissionen, hervorgerufen einerseits durch Livemusikdarbietungen bei geschlossenen Fenstern und andererseits Musikdarbietungen über Stereoanlagen bei geöffneten Fenstern, keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung zu erwarten sei. Begründet könne dies aus lärmtechnischer Sicht damit werden, daß die spezifischen Immissionen um mindestens 10 dB in bezug auf den LAeq unter der Istsituation zu liegen kämen.

Der medizinische Sachverständige gab auf Grundlage dieses Gutachtens an, daß durch das gegenständliche Projekt die Istsituation nicht erhöht werde, Lärmereignisse wären, wenn überhaupt, nur in Verkehrslärmpausen wahrnehmbar und träten außerdem nur zur Tageszeit auf. Es sei mit keinen negativen gesundheitlichen Auswirkungen bei den nächstgelegenen Nachbarn durch das gegenständliche Projekt zu rechnen.

Der Beschwerdeführer legte daraufhin ein Lärmgutachten der Dr. PF.-Ges.m.b.H. vom 10. November 1995 vor, das unter Hinweis auf die vorliegenden Messungen des von den Anrainern vorgelegten Privatgutachtens des D.H. sowie der Messungen des Amtes für Umweltschutz zu dem Schluß gelangte, daß Überschreitungen des derzeitigen Istmaßes von maximal + 1 dB beim Betrieb des geplanten Jugendzentrums festzustellen seien. Es wurden verschiedene Auflagen, unter anderem die Bildung einer Schallschleuse im Bereich des Einganges, vorgeschlagen.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers und anderer Nachbarn gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 14. Februar 1995 abgewiesen, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde um zwei Auflagen ergänzt; so seien, um die Wirkung der Schallschleuse im Bereich des Einganges zu gewährleisten, die Türen (Vorraum) selbstschließend auszuführen. Die Abstellflächen für einspurige Fahrzeuge und die Abstellfläche für die vier PKWs seien durch entsprechende Bodenmarkierungen und Hinweistafeln zu kennzeichnen.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Bauplatz sei im Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz als "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" ausgewiesen. Zur Überprüfung, ob dieses Jugendzentrum eine dem Gebietscharakter widersprechende Belästigung verursache bzw. eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Lärmbelästigung für die Nachbarschaft hervorrufe, sei von der Berufungsbehörde ein ergänzendes Gutachten eingeholt worden. Der Maßstab, welche Belästigungen der Nachbarschaft zumutbar seien, ergebe sich aus dem Widmungsmaß des zu bebauenden Grundstückes insoferne, als die Summe von vorhandenen Grundbelastungen (sogenanntes Istmaß) und aus dem Projekt hervorgehende Zusatzbelastungen (sogenanntes Prognosemaß) dieses Widmungsmaß nicht überschreiten dürfe. Das Widmungsmaß für ein "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" betrage laut ÖNORM S 5021 LAeq = 60/50 dB tags/nachts bzw. LA,Gg = 50/40 dB tags/nachts. Sowohl durch das Amtsgutachten als auch durch das von Beschwerdeführer beigebrachte Gutachten der Dr. PF.-Ges.m.b.H. vom 10. November 1995 werde belegt, daß weder durch die Musikdarbietungen noch durch das Zu- und Abfahren zu den geplanten Abstellflächen eine Überschreitung des zulässigen Widmungsmaßes entstehe. Aus den Gutachten sei auch ersichtlich, daß sich der Istlärm an der Grundgrenze zum Beschwerdeführer um 1 dB erhöhe, wobei die Überlagerung des Prognosemaßes mit dem Istmaß ein Summenmaß von LAeq = 52 dB ergebe. Seitens des medizinischen Amtssachverständigen sei festgestellt worden, daß die vom gegenständlichen Projekt ausgehenden Lärmereignisse, wenn überhaupt, nur in Verkehrslärmpausen wahrnehmbar seien und negative gesundheitliche Auswirkungen bei den nächstgelegenen Nachbarn nicht zu erwarten seien. Die Belästigungen überstiegen dann nicht das ortsübliche Ausmaß und seien somit vom Nachbarn hinzunehmen, wenn die Überschreitung des Istmaßes geringfügig sei, der Charakter des Gebietes durch diese Überschreitung nicht verändert werde und das medizinisch vertretbare Beurteilungsmaß eingehalten werde. Da im Beschwerdefall lediglich eine geringfügige Überschreitung des Istmaßes entstehe und das Widmungsmaß bei weitem unterschritten werde und keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit bei den nächstgelegenen Nachbarn zu erwarten seien, seien die Berufungen abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1991 kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn sich diese auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Diese "Bauvorschriften" sind in § 62 Abs. 2 lit. a bis k BO taxativ aufgezählt. Gemäß § 61 Abs. 2 lit. b leg. cit. zählt hiezu die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist (§ 3 Abs. 2 BO).

Nach dem Flächenwidmungsplan 1992 liegt die zu bebauende Liegenschaft im "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" (§ 23 Abs. 5 lit. c des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (ROG) in der Fassung LGBl. Nr. 41/1991). Nach dieser Bestimmung sind Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete Flächen, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten udgl. bestimmt sind, wobei auch die erforderlichen Wohngebäude und Garagen in entsprechender Verkehrslage sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Büro- und Geschäftsgebietes entsprechend einordnen lassen und keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen, errichtet werden können. Diese Bestimmung enthält somit einen Immissionsschutz, auf dessen Einhaltung die Nachbarn einen Rechtsanspruch haben. Die belangte Behörde hatte daher zu prüfen, ob einerseits dieser Betrieb mit der festgesetzten Widmung in bezug auf Nachbarrechte vereinbar ist und die Anlagen keine dem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens in bezug auf die Widmung hatte die Baubehörde nicht mehr die typenmäßige Zulässigkeit des Bauvorhabens zu beurteilen, sondern infolge der Bestimmung des § 4a der Steiermärkischen Bauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 42/1991, die zufolge ihres Art. III Abs. 1 am 29. Juni 1991 in Kraft trat, auch alle im Projekt vorgesehenen, im Interesse des Nachbarschaftsschutzes gelegenen Maßnahmen zu berücksichtigen.

Das Bauvorhaben, das in die Kategorie "Versammlungsräume und Vergnügungsstätten" eingeordnet werden kann, ist mit der Widmung nach § 23 Abs. 5 lit. c ROG vereinbar, es entspricht auch der Widmungsbewilligung, in der die Legaldefinition des § 23 Abs. 5 lit. c ROG herangezogen wurde. Wenn in der Widmungsbewilligung ausgesprochen wurde, daß insbesondere ein JugendHEIM zulässig ist, ist damit nicht ausgesprochen, daß nicht auch ein JugendZENTRUM zulässig wäre, da jedenfalls auch die Legaldefinition des § 23 Abs. 5 lit. c ROG zur Festsetzung des Verwendungszweckes verwendet wurde und das gegenständliche Jugendzentrum unter diese Begriffsdefinition subsumiert werden kann.

Zu den Beschwerdeausführungen ist zunächst grundsätzlich festzustellen, daß die Nachbarn nicht schlechthin einen Anspruch darauf haben, daß sich durch den Bau (und Betrieb) von baulichen Anlagen keinerlei Veränderungen der bisherigen Umweltsituation ergäben.

Mit der Frage, welche Belästigungen des Nachbarn noch zulässig bzw. noch zumutbar sind, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt auseinandergesetzt. Seine Judikatur läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß Maßstab des Zulässigen einerseits das sogenannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1990, Zl. 90/05/0102), und insoferne nicht das Widmungsmaß der Nachbarliegenschaften ist, als die Summe der vorhandenen Grundbelastung (sogenanntes Istmaß) und der aus dem Projekt hervorgehenden Zusatzbelastungen (sogenanntes Prognosemaß) dieses Widmungsmaß nicht überschreiten darf.

Das Widmungsmaß ist hier durch § 23 Abs. 5 lit. c ROG gegeben, wonach keine dem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursacht werden dürfen. Sowohl die Gutachten des Amtssachverständigen als auch das vom Beschwerdeführer beigebrachte Gutachten der Dr. PF.-Ges.m.b.H. kommen zu dem Schluß, daß durch das Bauprojekt die Istbelastung um 1 dB angehoben wird. Das Widmungsmaß des Bauplatzes, das der Amtssachverständige unter unbedenklicher Anwendung der entsprechenden ÖNORM (S 5021) mit 60/50 dB tags/nachts angegeben hat, wird jedenfalls bei weitem nicht erreicht. Durch die zusätzliche Belastung um 1 dB, welche entsprechend den Gutachten an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegt, wird auch der Gebietscharakter nicht verändert. Nach dem eingeholten medizinischen Gutachten sind keine negativen Auswirkungen auf die Nachbarn zu erwarten.

Aufgrund der vorliegenden Gutachten ist es nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde als erwiesen erachtete, daß es durch das geplante Objekt zu keiner dem Gebietscharakter widersprechenden Belästigung des Beschwerdeführers kommen könne.

Ein weitergehendes Nachbarrecht ist aber weder aus der Steiermärkischen Bauordnung, noch aus dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz in bezug auf den Beschwerdeführer ableitbar. Insbesondere gehen verfahrensrechtliche Ansprüche der Nachbarn nicht weiter als ihre materiellen Rechte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8713/A, sowie vom 8. November 1976, Slg. Nr. 9170/A, u.v.a.).

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996060071.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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