TE Vfgh Erkenntnis 2022/3/7 G201/2021 ua (G201/2021-9, G333/2021-7, G345/2021-4)

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Veröffentlicht am 07.03.2022
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Index

43/02 Leistungsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art9a Abs3
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
HeeresgebührenG 2001 §31 Abs2 Z2
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Beschränkung der Wohnkostenbeihilfe nach dem HeeresgebührenG auf Eigentümer, Miteigentümer oder Hauptmieter; Ausschluss von Heimbewohnern oder Personen in Wohngemeinschaften außerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums der Beihilfenregelung; Wohnkostenbeihilfe soll finanziell schwächere Personen unterstützen, insbesondere jüngere Wehrpflichtige verfügen regelmäßig auf Grund ihrer Lebensumstände über keine eigene Wohnung

Spruch

I. Die Wortfolge "als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter" in §31 Abs2 Z2 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001), BGBl I Nr 31, idF BGBl I Nr 102/2019 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2023 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten, zu G201/2021 protokollierten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, "die Zeichenfolge 'als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' im ersten Halbsatz des §31 Abs2 Z2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001), BGBl I Nr 31/2001, in der Fassung BGBl I Nr 102/2019 als verfassungswidrig aufzuheben".

2. Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten, zu G333/2021 protokollierten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, "die Wortfolge 'als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' im ersten Halbsatz des §31 Abs2 Z2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001), BGBl I Nr 31/2001, in der Fassung BGBl I Nr 102/2019 in eventu die Ziffer 2 des §31 Abs2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001), BGBl I Nr 31/2001, in der Fassung BGBl I Nr 102/2019 als verfassungswidrig aufzuheben".

3. Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten, zu G345/2021 protokollierten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, "die Wortfolge 'als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' im ersten Halbsatz des §31 Abs2 Z2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001) in eventu die Ziffer 2 des §31 Abs2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001) als verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

§31 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001), BGBl I 31, idF BGBl I 102/2019 lautet wie folgt (die mit dem jeweiligen Hauptantrag angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Wohnkostenbeihilfe

Anspruch

§31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl Nr 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.

2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.

3. Hat der Anspruchsberechtigte nach dem Zeitpunkt nach Z1 eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.

4. Ein Anspruch besteht auch dann, wenn das Nutzungsrecht des Anspruchsberechtigten an der Wohnung erst nach dem Zeitpunkt nach Z1 durch Eintritt in den Mietvertrag nach §14 Abs2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl Nr 520/1981, oder sonstigen Übergang von Todes wegen oder auf Grund einer Ehescheidung oder Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft entstanden ist.

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten,

1. die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt oder

2. die der Anspruchsberechtigte als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter bewohnt, jeweils mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, oder

3. die der Anspruchsberechtigte als Heimplatz zum Zweck der Absolvierung einer Ausbildung benötigt und deren Nutzung er für die Dauer seiner Anspruchsberechtigung nicht ruhend stellen kann.

(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten

1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach §15 Abs1 MRG auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,

2. allfällige zusätzliche Leistungen (Pauschale) für die als Bestandteil des jeweiligen Rechtsverhältnisses mit dem Recht zur Wohnungsbenützung verbundene Berechtigung zur Inanspruchnahme von Gemeinschaftseinrichtungen,

3. Rückzahlungen von Verbindlichkeiten, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes eingegangen wurden und

4. ein Grundgebührenpauschbetrag in der Höhe von 0,7 vH des Bezugsansatzes pro Kalendermonat.

In den Fällen des Abs2 Z2 sind die Kosten nur anteilig abzugelten gemessen am Eigentumsanteil des Anspruchsberechtigten oder an der Anzahl der weiteren Mieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen. Allfällige Mieteinnahmen des Anspruchsberechtigten sind entsprechend abzuziehen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem zu G201/2021 protokollierten Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer leistete seit 3. Mai 2021 seinen ordentlichen Präsenzdienst. Der Einberufungsbefehl wurde ihm am 18. März 2021 zugestellt. Am 23. März 2021 beantragte er bei der belangten Behörde (Heerespersonalamt) Wohnkostenbeihilfe für ein von ihm seit 18. Mai 2020 alleine bewohntes Zimmer in einer Wohngemeinschaft mit Mitbenützung von Küche, Wohnzimmer, Bad, Dusche und WC. Dieses Zimmer hat er mit Untermietvertrag vom 1. September 2020 von seinen Mitbewohnerinnen angemietet. Der Antrag wurde vom Heerespersonalamt mit der Begründung abgewiesen, dass keine "eigene Wohnung" iSd §31 Abs2 Z2 HGG 2001 vorliege, wonach der Anspruchsberechtigte entweder Eigentümer, Miteigentümer oder Hauptmieter sein müsse. Als Untermieter hätte er keinen Anspruch.

2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] Die antragsgegenständliche Norm – die mit BGBI. I Nr 102/2019 am 01.12.2019 in Kraft getreten ist – sieht die Zuerkennung von Wohnkosten nur für 'Anspruchsberechtigte' vor die als 'Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter', jeweils mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, eine Wohnung bewohnen.

In den Erläuterungen zu Regierungsvorlage (509 der Beilagen XXVI. GP – RV, Seite 9) ist dazu das Folgende ausgeführt (Auszug […]):

'Die geltende Rechtslage betreffend den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe geht im Wesentlichen auf die Neuerlassung des (damaligen) Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBI. Nr 422, zurück.

Demnach ist für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe unter anderem zwingend erforderlich, dass die entsprechende Räumlichkeit als 'eigene Wohnung' zu qualifizieren ist, worunter nach geltendem Recht (Abs2) nur Räumlichkeiten zu verstehen sind, welche eine selbstständige Haushaltsführung ermöglichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und jüngsten Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes ist dies schon dann ausgeschlossen, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Mitbewohnern) gemeinsam benutzt werden.

De facto führt diese Rechtslage dazu, dass Wohngemeinschaften und Heimplätze als anspruchsbegründende 'eigene Wohnung' ausscheiden. Dies trifft vor allem junge Wehrpflichtige, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände (zB in Berufsausbildung) keine eigene Wohnung leisten können und daher Wohngemeinschaften oder Heimplätze beziehen müssen. In der Praxis gewinnen aber gerade diese Wohnverhältnisse zunehmend an Bedeutung, sodass es – den Intentionen des Gesetzgebers folgend – richtig erscheint, auch diese Wohnverhältnisse als mögliche Grundvoraussetzung für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe anzuerkennen. Der Begriff der 'eigenen Wohnung' im Sinne des Heeresgebührengesetzes soll daher entsprechend erweitert werden.

Die unter Abs2 Z1 des vorliegenden Entwurfes zu subsumierenden Fällen entsprechen der geltenden Rechtslage und werden unverändert übernommen (vgl §32 Abs2 erster Satz HGG 2001). Abs2 Z2 des vorliegenden Entwurfes soll jene auf Grund der bisherigen Verwaltungspraxis erkannten Problemfälle bei geteilten Eigentums- und Besitzverhältnissen bzw sonstigen Wohngemeinschaften im Sinne der oben geschilderten Problematik abschließend regeln. Entsprechend des jeweils vorliegenden Rechtstitels an den Räumlichkeiten sollen in diesen Fällen aber nur jene Kosten als Wohnkostenbeihilfe anteilig abgegolten werden, die der jeweilige Anspruchsberechtigte aus diesem Rechtstitel heraus zu tragen hat. Können daraus keine schlüssigen Ableitungen über die Höhe der dem Anspruchsberechtigten zufallenden Wohnkosten getroffen werden oder ist ein derartiger Rechtstitel nicht vorhanden (zB kommt dies vor allem bei Wohngemeinschaften mit Familienmitgliedern vor), so sind die entsprechenden anteiligen Wohnkosten von der Behörde zu ermitteln, wobei grundsätzlich davon auszugehen ist, dass für jede Mitbenützung einer Wohnung eine angemessene Gegenleistung gebührt und daher im Zweifel von einer adäquaten Aufteilung der Wohnkosten ausgegangen werden kann (Abs3).'

Aus den Erläuterungen ist einerseits abzuleiten, dass gerade für Personen die sich keine eigene Wohnung leisten können, die Möglichkeit geschaffen werden sollte, die Wohnkosten erstattet zu erhalten und zwar auch dann, wenn sie die Kosten mit weiteren Personen teilen. Als weitere Personen führt das Gesetz sodann Mieteigentümer, Haupt- oder Untermieter oder sonstige Personen an, die sich an den Haushaltskosten beteiligen. Warum allerdings Anspruchsberechtigter nur sein soll, wer als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter die Wohnung bewohnt und wie (im vorliegenden Fall) – nicht auch als Untermieter – bleibt im Dunkeln. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung des Untermieters ist nicht erkennbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis [VfSlg 14.853/1997] zur Vorgängerbestimmung dem §33 Heeresgebührengesetz 1992 noch das Folgende festgehalten:

'Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe nicht für alle, sondern nur für solche Fälle vorsieht, in denen der Verlust der Unterkunft deshalb eine besondere Härte darstellen würde, weil das - aufgrund welchen Titels immer - dem Wehrpflichtigen zustehende Recht, diese Unterkunft zu benützen, objektiv einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert darstellt. Die Annahme, daß dies typischerweise nur dann der Fall ist, wenn dem Betreffenden sämtliche üblicherweise den Bestandteil eines Haushalts bildenden Räumlichkeiten zur autonomen Verwendung zur Verfügung stehen, ist zumindest vertretbar. Daraus folgt, daß der Gesetzgeber, ohne gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen, die definitionsmäßige Abgrenzung der Wohnungen, für die Wohnkostenbeihilfe gebührt, in der in §33 Abs2 HeeresgebührenG 1992 normierten Weise vornehmen durfte.

Die Auslegung des §33 HeeresgebührenG 1992 durch die belangte Behörde, wonach dann, wenn eine sogenannte 'Wohngemeinschaft' besteht, wenn also mehrere Personen in einer Wohnung Unterkunft nehmen und jede Person nur über einen Wohn-Schlafraum verfügt, während Küche, Bad und WC gemeinsam benützt werden, diese Personen keinen 'selbständigen Haushalt' führen und daher über keine 'eigene Wohnung' iS des §33 HeeresgebührenG 1992 verfügen, ist zumindest vertretbar.'

Der VwGH hat in einem Erkenntnis vom 24.03.1999, 98/11/0067 festgestellt:

'§33 Abs2 HGG 1992, der eine Legaldefinition der eigenen Wohnung enthält, und §33 Abs3 HGG 1992, in dem die mit der Wohnkostenbeihilfe abzugeltenden Kosten umschrieben werden, enthalten keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsgründe für die Benützung der Wohnung. Entscheidend ist nach §33 Abs1 HGG 1992 allein, dass dem WehrPfl während des Präsenzdienstes Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung entstehen. Diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn der WehrPfl im Rahmen eines Prekariums Entgelt zu leisten hat - die Entrichtung eines Entgelts schließt die Annahme eines Prekariums nicht aus -, um den Eigentümer nicht zum Widerruf des Prekariums zu veranlassen. Auch in diesem Fall entstehen dem WehrPfl Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung.'

In seinem Erkenntnis vom 19.10.2010, 2007/11/0011 hat der VwGH ausgeführt:

'Die Materialien zum HGG 2001 (RV, 357 BIgNR 21. GP) legen dar, dass als Probleme 'Unklarheiten und Vollziehungsschwierigkeiten betreffend die Zuerkennung von Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe' bestanden hätten; als Lösung wird eine 'sachgerechte Beseitigung der aufgezeigten Probleme im Wege der Neuerlassung eines Heeresgebührengesetzes 2001' angeboten, die ua eine 'Materielle Erweiterung des Anspruches auf Wohnkostenbeihilfe' zum Inhalt habe.'

Zu §§31 und 32 wird Folgendes ausgeführt:

'Im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl Nr 201, wurden die Anspruchsvoraussetzungen für die Erlangung einer Wohnkostenbeihilfe speziell mit dem Ziel eines Ausschlusses missbräuchlicher Manipulationen abgeändert. Die nunmehrigen Regelungsinhalte haben sich in der nunmehr fast fünfjährigen Vollziehungspraxis im Wesentlichen bewährt und insbesondere auch zu einer erheblichen Steigerung der 'sozialen Treffsicherheit' der gegenständlichen Sozialleistung geführt. Diese Inhalte sollen daher grundsätzlich unverändert bleiben. Es soll lediglich zur Vermeidung vereinzelt entstandener Zweifelsfragen ausdrücklich klargestellt werden, dass entsprechend der zugrunde liegenden Absicht des Gesetzgebers und der bisherigen Verwaltungspraxis ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nur im Falle einer durchgehenden Kostentragung für die Wohnungsbenützung besteht. In seltenen Einzelfällen sind allerdings vom Gesetzgeber nicht intendierte, sachlich kaum gerechtfertigte Härten entstanden, die nunmehr im Wege einer Adaptierung dieser Regelungen beseitigt werden sollen. So besteht derzeit bei einem Wohnungswechsel grundsätzlich dann kein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe, wenn eine (andere eigene) Wohnung erst nach Antritt des Wehrdienstes bezogen wurde. …''

Die genannten Erkenntnisse sind allesamt vor dem Inkrafttreten des BGBl. I Nr 102/2019 ergangen.

Der neu gefasste §31 Abs2 Z2 HGG 2001 idF BGBl. I Nr 102/2019 wollte ebenfalls aufgetretene Praxisprobleme beseitigen und die Wohnkostenbeihilfe bei Wohngemeinschaften so neu regeln, dass gerade finanziell schwächere Personen davon profitieren. Dem Gesetzgeber scheint dabei aber eine, vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes des Art7 B-VG, nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung von Mietern und Untermietern (aber auch anderen vertraglich berechtigten Mitbenützern einer Wohngemeinschaft) unterlaufen zu sein, deren rechtliche Position – was den drohenden Verlust der Wohnung bei Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts betrifft – vergleichbar ist.

Dass der Gesetzgeber 'Untermieter oder sonstige Personen die sich an den Haushaltskosten beteiligen' als Mitbewohner (Mitzahler) eines Anspruchsberechtigen in einer WG anerkennt, denselben Personenkreis aber nicht als anspruchsberechtigt sieht, ist aus Sicht des BVwG sachlich nicht begründbar und erscheint damit verfassungsgesetzlich unzulässig.

Diese Ungleichbehandlung kann durch die vorgeschlagene Streichung der Wortgruppe 'Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' im ersten Halbsatz des §31 Abs2 Z2 HGG 2001 beseitigt werden. Eine Missbrauchsgefahr ist damit nicht verbunden, weil nach wie vor ein vertraglich verbindlicher Rechtstitel für die Mitbenützung durch den Anspruchsberechtigten nach der Rechtsprechung des VwGH Voraussetzung ist (vgl etwa VwGH 25.05.2004, 2003/11/0053), dessen Vorliegen im Einzelfall der Anspruchsberechtigte zu beweisen haben wird.

Die frühere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, die die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung im 'beachtlichen wirtschaftlichen Wert' sah, erscheint vor dem Hintergrund der neuen Regelungen zur WG jedenfalls nicht (mehr) anwendbar."

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich gegen die Zulässigkeit des Antrages wendet, und im Übrigen den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

[…] Schon bei der Entstehung des Heeresgebührengesetzes 2001 war es die rechtpolitische Intention der Gesetzgebung, dass niemand seine Wohnung verlieren soll, weil er zum Präsenzdienst einberufen wird. Zu diesem Zweck bestimmt §31 Abs1 HGG 2001, dass Soldaten, die Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten (Anspruchsberechtigte, vgl §1 Abs1 HGG 2001), Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe haben, um jene Kosten abzudecken, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung der eigenen Wohnung entstehen.

[…] Was unter der 'eigenen Wohnung' zu verstehen ist, bestimmt §31 Abs2 HGG 2001:

[…] Vor der Novellierung durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2019,
BGBl I Nr 102/2019, hatte §31 Abs2 HGG 2001 folgenden Wortlaut:

'(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten.'

[…] Der Verwaltungsgerichtshof führte in ständiger Rechtsprechung zur Tatbestandsvoraussetzung der 'eigenen Wohnung' im Sinne des §31 Abs2 HGG 2001 aF aus, dass diese 'eine abgeschlossene Einheit von Räumlichkeiten, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt wird, voraussetzt, bzw dass im Falle eines 'Wohnungsverbandes' auch die selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleistet sein müsse.' Diese Voraussetzungen fehlten laut Verwaltungsgerichtshof jedenfalls dann, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Mitbewohnern bzw Haupt- und Untermieter) gemeinsam benützt wurden, selbst wenn diese – nach ihrem Selbstverständnis – eigene Haushalte führen (VwGH 19.10.2010, 2010/11/0170 mwN; 26.04.2013, 2011/11/0188; 23.09.2014, 2012/11/0150).

[…] Somit konnten nach der alten Rechtslage in ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof Wohngemeinschaften und Heimplätze nicht als anspruchsbegründende 'eigene Wohnung' im Sinn des §31 Abs2 HGG 2001 aF gelten.

[…] In seinem Erkenntnis VfSlg 14.853/1997 hat der Verfassungsgerichtshof die dem §31 Abs2 aF HG 2001 entsprechende (gleichlautende) Bestimmung des §33 Abs2 HGG 1992 für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet. Begründend führte er aus, dass '[d]em Gesetzgeber … nicht entgegengetreten werden [kann], wenn er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe nicht für alle, sondern nur für solche Fälle vorsieht, in denen der Verlust der Unterkunft deshalb eine besondere Härte darstellen würde, weil das – aufgrund welchen Titels immer – dem Wehrpflichtigen zustehende Recht, diese Unterkunft zu benützen, objektiv einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert darstellt. …'.

[…] Durch das Wehrrechtsänderungsgesetzes 2019 wurde §31 Abs2 HGG 2001 dahingehend novelliert, dass nunmehr ua auch Räumlichkeiten, die der Anspruchsberechtigte als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter gemeinsam mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, bewohnt, unter den Begriff der 'eigenen Wohnung' fallen (vgl §31 Abs2 Z2 HGG 2001).

[…] Ziel dieser Novellierung war es einerseits, vermehrt jungen Wehrpflichtigen, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände (zB weil sie eine Berufsausbildung absolvieren) keine eigene Wohnung leisten können und daher etwa in Wohngemeinschaften leben, auch Wohnkostenbeihilfe zuerkennen zu können. Gleichzeitig wollte die Gesetzgebung einen möglichen Missbrauch, zB durch kurzfristige Konstruktionen von Untermietsverhältnissen innerhalb von Familien, verhindern.

[…] Es war daher die ausdrückliche Intention der Gesetzgebung, mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2019 die Anwendungsfälle für die Zuerkennung von Wohnbeihilfe nach dem HGG 2001 zu erweitern, Untermietverhältnisse jedoch nicht mit einzubeziehen. Daher wurde die Regelung derart ausgestaltet, dass zwar bei der konkreten Berechnung der Wohnkostenbeihilfe allfällige Beiträge von Untermietern für den Hauptmieter berücksichtigt werden, der Untermieter selbst jedoch – wie schon nach der alten Rechtslage im Sinne der Auslegung der erwähnten Rechtsprechung) – weiterhin vom Kreis der Beihilfenberechtigten ausgeschlossen ist.

[…] In den Erläuterungen zur entsprechenden Regierungsvorlage (509 BlgNR XXVI. GP, 9) wird dazu Folgendes ausgeführt:

'Die geltende Rechtslage betreffend den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe geht im Wesentlichen auf die Neuerlassung des (damaligen) Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBl Nr 422, zurück. Demnach ist für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe unter anderem zwingend erforderlich, dass die entsprechende Räumlichkeit als 'eigene Wohnung' zu qualifizieren ist, worunter nach geltendem Recht (Abs2) nur Räumlichkeiten zu verstehen sind, welche eine selbstständige Haushaltsführung ermöglichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und jüngsten Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes ist dies schon dann ausgeschlossen, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Mitbewohnern) gemeinsam benutzt werden. De facto führt diese Rechtslage dazu, dass Wohngemeinschaften und Heimplätze als anspruchsbegründende 'eigene Wohnung' ausscheiden. Dies trifft vor allem junge Wehrpflichtige, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände (zB in Berufsausbildung) keine eigene Wohnung leisten können und daher Wohngemeinschaften oder Heimplätze beziehen müssen. In der Praxis gewinnen aber gerade diese Wohnverhältnisse zunehmend an Bedeutung, sodass es – den Intentionen des Gesetzgebers folgend – richtig erscheint, auch diese Wohnverhältnisse als mögliche Grundvoraussetzung für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe anzuerkennen. Der Begriff der eigenen Wohnung im Sinne des Heeresgebührengesetzes soll daher entsprechend erweitert werden.

(…)

Abs2 Z2 des vorliegenden Entwurfes soll jene auf Grund der bisherigen Verwaltungspraxis erkannten Problemfälle bei geteilten Eigentums- und Besitzverhältnissen bzw sonstigen Wohngemeinschaften im Sinne der oben geschilderten Problematik abschließend regeln. Entsprechend des jeweils vorliegenden Rechtstitels an den Räumlichkeiten sollen in diesen Fällen aber nur jene Kosten als Wohnkostenbeihilfe anteilig abgegolten werden, die der jeweilige Anspruchsberechtigte aus diesem Rechtstitel heraus zu tragen hat. Können daraus keine schlüssigen Ableitungen über die Höhe der dem Anspruchsberechtigten zufallenden Wohnkosten getroffen werden oder ist ein derartiger Rechtstitel nicht vorhanden (zB kommt dies vor allem bei Wohngemeinschaften mit Familienmitgliedern vor), so sind die entsprechenden anteiligen Wohnkosten von der Behörde zu ermitteln, wobei grundsätzlich davon auszugehen ist, dass für jede Mitbenützung einer Wohnung eine angemessene Gegenleistung gebührt und daher im Zweifel von einer adäquaten Aufteilung der Wohnkosten ausgegangen werden kann (Abs3).'

[…] Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

[…]

[…] Wenngleich das antragstellende Gericht die Aufhebung der genannten 'Zeichenfolge' beantragt und in der Folge diese auch als 'Wortgruppe' bezeichnet, erscheint als hinreichend deutlich, dass die Aufhebung der Wortfolge 'als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' in §31 Abs2 Z2 HGG 2001 begehrt wird (vgl idS etwa VfSlg 16.191/2001, 16.912/2003). Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass der Antrag nicht schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen ist.

[…] Der Antrag erweist sich dennoch als unzulässig:

[…] Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Rechtsvorschrift durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Normsetzung wäre (vgl VfSlg 12.465/1990; 13.915/1994; 19.755/2013; VfGH 18.2.2016, G434/2015, jeweils mwN).

[…] Das antragstellende Gericht beantragt lediglich die Aufhebung der Wortfolge 'als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' in §31 Abs2 Z2 HGG 2001. Dies hätte zur Folge, dass nicht nur Eigentümern, Miteigentümern und Hauptmietern, sondern auch Untermietern ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zustünde. Wie oben […] ausgeführt, lag es nicht in der Intention der Gesetzgebung, Untermieter in den Kreis der Anspruchsberechtigten mit einzubeziehen. Durch die Aufhebung im angefochtenen Umfang würde aber genau diese Rechtslage geschaffen.

[…] Sie käme daher einem Akt der positiven Gesetzgebung gleich, der dem Verfassungsgerichtshof nicht zukommt (vgl VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016). Das antragstellende Gericht hätte vielmehr die Aufhebung des gesamten §31 Abs2 Z2 HGG 2001 beantragen müssen.

[…] Aus diesem Grund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag zur Gänze unzulässig ist.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichthof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:

[…] In der Sache:

[…] Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl VfSlg 19.160/2010; 19.281/2010; 19.532/2011; 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

[…] Das antragstellende Verwaltungsgericht behauptet einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG). Es begründet dies im Wesentlichen mit einer nicht rechtfertigbaren Ungleichbehandlung von Mietern und Untermietern, deren rechtliche Position – was den drohenden Verlust der Wohnung bei Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts betreffe – vergleichbar sei.

[…] Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993; 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004; 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995; 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ihre (sozial-)politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993; 13.743/1994; 15.737/2000; 16.167/2001; 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 13.497/1993; 15.850/2000; 16.048/2000; 17.315/2004 und 17.816/2006; 19.722/2012, jeweils mwN) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl VfSlg 16.771/2002 mwN).

[…] Nach Auffassung der Bundesregierung sind sowohl die rechtlichen als auch die tatsächlichen Rahmenbedingungen von Hauptmiete und Untermiete nicht vergleichbar.

[…] Der rechtliche Unterschied zwischen einem Haupt- und einem Untermietverhältnis liegt vor allem darin, dass nur der Hauptmieter einen Rechtstitel (aus einem Mietvertrag) im Verhältnis zum Eigentümer des Mietobjekts hat, ein Untermieter jedoch nicht. Auch das Mietrechtsgesetz (MRG), BGBl Nr 520/1981, stellt primär auf den Rechtsschutz des Hauptmieters ab und sieht nur einige wenige Bestimmungen in Bezug auf die Rechtsstellung des Untermieters vor.

[…] Daher wird ein Untermietverhältnis in der Regel wesentlich leichter begründet und beendet als ein Hauptmietverhältnis. Es ist auch in der Praxis wesentlich einfacher, ein Zimmer zur Untermiete zu finden, als eine (leistbare) Wohnung zur Hauptmiete.

[…] Aus diesen rechtlichen und tatsächlichen Gründen befinden sich Untermieter nicht in einer mit Hauptmietern vergleichbaren Situation.

[…] Darüber hinaus ist die angefochtene Wortfolge aus sachlichen Gründen gerechtfertigt: Sie dient nämlich der Verhinderung von Missbrauch. Dadurch soll verhindert werden, dass – etwa zwischen Familienmitgliedern – Untermietverträge geschlossen werden, um einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zu erlangen, obwohl im Innenverhältnis zwischen 'Mieter' und 'Untermieter' gar keine Mietzahlungen fließen. Zu denken wäre hier etwa daran, dass Eltern ihrem Kind für die Dauer seines Präsenz- oder Ausbildungsdienstes dessen Kinderzimmer in der gemeinsamen Familienwohnung 'untervermieten'. Die angefochtene Wortfolge tritt dem entgegen, indem sie Untermieter aus dem Kreis der Beihilfeberechtigten ausnimmt.

[…] Vor diesem Hintergrund hat im Übrigen auch das antragstellende Verwaltungsgericht in einem gleichgelagerten Fall bereits judiziert, dass sich §31 Abs2 Z2 HGG 2001 nicht als unsachlich darstelle, da diese Bestimmung 'auf einen rechtlichen Unterschied zwischen einem Untermietverhältnis und einem Hauptmietverhältnis abstellt und Missbrauch verhindern soll' (BVwG 07.04.2020, W221 2227604-1/4E).

[…] Nach Auffassung der Bundesregierung liegt daher keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die angefochtene Wortfolge vor.

[…] Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass ihm bei Nichtzuerkennung von Wohnbeihilfe die Obdachlosigkeit drohe, unzutreffend ist: Gemäß §13 Abs1 HGG 2001 gebührt nämlich Soldaten, die Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten, eine unentgeltliche Unterbringung. Diese steht auch dem Beschwerdeführer als Präsenzdiener zu.

[…] Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Wortfolge nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist."

4. Den zu den Zahlen G333/2021 und G345/2021 protokollierten Anträgen des Bundesverwaltungsgerichtes liegen im Wesentlichen gleichgelagerte Sachverhalte zugrunde.

5. In seinem Antrag zur Zahl G333/2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in Reaktion auf die Äußerung der Bundesregierung zu G201/2021 Folgendes ergänzend aus (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Warum Anspruchsberechtigter nur sein soll, wer als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter die Wohnung bewohnt und wie (im vorliegenden Fall) – nicht auch als Untermieter – bleibt im Dunkeln und ist dies aus den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, sollten Bewohner von WG in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden. Gerade in WG ist die Mehrheit der Mitbewohner nur Mieter eines Zimmers mit Mitbenützungsrechten für den Rest der Wohnung.

Nach der Definition der Haupt- und Untermiete in §2 Abs1 und 2 Mietrechtsgesetz (MRG) ist die Hauptmiete eines einzelnen Zimmers nur dann möglich, wenn der Mietvertrag mit dem Wohnungseigentümer abgeschlossen wird. In der Praxis schließen Wohnungseigentümer aber Mietverträge nur mit einem Mieter und erlauben diesem die Untervermietung von Teilen der Wohnung und damit die Bildung von WG, die sich im Innenverhältnis die Mietkosten aufteilen. Genau diesen Fall hatte der Gesetzgeber nach den oa Erläuterungen vor Auge, wenn er anführt Wehrpflichtige, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände keine eigene Wohnung leisten können, in die Wohnkostenbeilhilfe einbeziehen zu wollen. Im Gesetzestext werden, trotz dieser klar artikulierten Intention des Gesetzgebers, gerade Mieter von einzelnen Zimmern in WG, die keinen direkten Mietvertrag mit dem Eigentümer haben, sondern nur mit dem Hauptmieter (Untermieter), ausgeschlossen.

Das führt in der Praxis zu dem Ergebnis, dass, wenn drei Wehrpflichtige eine WG bewohnen, um sich die Miete einer Stadtwohnung leisten zu können und der Wohnungseigentümer als Vermieter nur einen Mietvertrag mit einem der drei abschließt, was die Regel ist, nur dieser nach dem Wortlaut des Gesetzes Anspruchsberechtigter für Wohnkostenbeihilfe ist, während die anderen beiden, keine bekommen, was letztlich dazu führt, dass sich alle drei die Wohnung während ihres Grundwehrdienstes nicht leisten können, sofern die beiden anderen nicht auf ihre Ersparnisse zurückgreifen oder von anderer Seite unterstützt werden, um ihren Anteil an der Miete aufzubringen.

[…]

Dass ein rechtlicher Unterschied zwischen einem Untermietverhältnis und einem Hauptmietverhältnis besteht und ersteres auch leichter begründet werden kann, ist unstrittig, im konkreten Fall geht es aber nicht um die Begründung eines Mietverhältnisses, sondern um den drohenden Verlust bei Nichtzahlung des im Untermietvertrag vereinbarten Mietzinses und hat der Untermieter die gleichen Rechte gegenüber seinem Vermieter (den Hauptbestandsnehmer) wie dieser gegenüber seinem Vermieter (vgl OGH 27.03.2001, 1 Ob23/01s, RS 0114869). Der Untermieter kann bei einem Verlust seiner Wohngelegenheit nicht seine gesamten Privatsachen in die Kaserne bringen, wo er nur einen Spind und ein Bett hat.

Dass der Gesetzgeber 'Untermieter oder sonstige Personen die sich an den Haushaltskosten beteiligen' als Mitbewohner (Mitzahler) eines Anspruchsberechtigen in einer WG anerkennt, denselben Personenkreis aber nicht als anspruchsberechtigt sieht, ist aus Sicht des BVwG sachlich nicht begründbar und erscheint damit verfassungsgesetzlich unzulässig. Vielmehr dürfte diese Ungleichbehandlung auf einem Versehen beruhen, weil sie in den Erläuterungen mit keinem Wort erwähnt ist.

Wenn die Bundesregierung vermeint, eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Untermietverhältnissen in diesem Kontext, liege in der Verhinderung von Missbrauch, etwa wenn zwischen Familienmitgliedern Untermietverträge geschlossen würden, nur um einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zu erlangen und im Innenverhältnis gar keine Mietzahlungen fließen würden, ist dies nicht nachvollziehbar. Erstens liegt im konkreten Fall – und wohl auch bei der Mehrheit der Fälle in der Praxis die der Gesetzgeber vor Augen hatte – keine Vermietung innerhalb der Familie vor und wäre ein allfälliger Missbrauch, unter anderem schon durch Abfrage im Melderegister und Aufforderung die Familienverhältnisse im Ermittlungsverfahren offen zu legen, leicht feststellbar. Zweitens hat der VwGH bereits festgestellt, dass ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht zu steht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein Verlust der Wohnmöglichkeit nicht zu erwarten ist (VwGH 27.10.1987, 87/11/0080; 26.6.1990, 89/11/0295; 04.06.1991, 91/11/0009; 14.11.1995, 93/11/0216). Das wird bei Untermietverhältnissen mit den Eltern regelmäßig zutreffen. Drittens, geht der Gesetzgeber in den Erläuterungen mit keinem Wort darauf ein, dass er die Untermietverhältnisse wegen drohendem Missbrauch ausgeschlossen haben wollte, sondern erwähnt sogar WG mit Familienmitgliedern. Eine ausreichende Vorbeugung gegen Missbrauch, stellen auch die übrigen Anforderungen des §31 HGG dar, wonach, nach wie vor ein vertraglich verbindlicher Rechtstitel für die Mitbenützung durch den Anspruchsberechtigten nach der Rechtsprechung des VwGH Voraussetzung ist (vgl etwa VwGH 25.05.2004, 2003/11/0053), dessen Vorliegen im Einzelfall der Anspruchsberechtigte zu beweisen haben wird.

Die nach Ansicht des BVwG vorliegende Ungleichbehandlung kann nur durch die vorgeschlagene Streichung der Wortfolge 'Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter' im ersten Halbsatz des §31 Abs2 Z2 HGG 2001 beseitigt werden und kann dem VfGH vor dem Hintergrund der Erläuterungen auch nicht unterstellt werden, dass er damit als 'positiver Gesetzgeber' auftreten würde, weil aus den Erläuterungen klar die Absicht des Gesetzgebers hervorgeht Wehrpflichtigen in WG die Inanspruchnahme von Wohnkostenbeihilfe zu ermöglichen. Bei der Formulierung wurde offenbar schlichtweg übersehen, dass mit dem Ausschluss von Untermietern als Anspruchsberechtigte diesem intendierten Zweck in der Praxis nicht Rechnung getragen wird und die neu geschaffene Norm damit im Wesentlichen ins Leere geht. Das Schaffen einer sinnlosen Norm, kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden.

Für den Fall, dass der VfGH es dennoch für nicht zulässig hält nur die angesprochene Wortfolge aufzuheben, wird beantragt die gesamte Ziffer 2 des §31 Abs2 HGG 2001 als verfassungswidrig aufzuheben und dem Gesetzgeber eine dem Gleichheitssatz Rechnung tragende Neufassung aufzutragen. In diesem Fall würde das BVwG dem BF aber – trotz Gleichheitswidrigkeit – keine Wohnkostenbeihilfe zuerkennen können, da dann bis zu einer Neufassung des Gesetzgebers, keine Rechtsgrundlage dafür bestünde.

Die frühere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, die die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung im 'beachtlichen wirtschaftlichen Wert' sah, erscheint vor dem Hintergrund der neuen Regelungen zur WG jedenfalls nicht (mehr) anwendbar und stellen, vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Mietpreise in den städtischen Ballungsräumen (insbesondere in Wien), auch leistbare Untermietverträge für die betroffenen Grundwehrdiener einen hohen wirtschaftlichen Wert dar."

6. Die Bundesregierung hat zu G333/2021 eine weitere Äußerung erstattet, in der sie zur Gänze – sowohl hinsichtlich der Zulässigkeit als auch der Ausführungen in der Sache – auf die im Verfahren zur Zahl G201/2021 erstattete Äußerung verweist.

7. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich in dem zu G345/2021 protokollierten Antrag hinsichtlich der Bedenken seinem zu G333/2021 protokollierten Antrag an bzw führt diese wortgleich aus.

Der Verfassungsgerichtshof führte zu diesem Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes (im Hinblick auf §19 Abs3 Z4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Mit seinen jeweiligen (gleichlautenden) Hauptanträgen zu den Zahlen G201/2021 und G333/2021 begehrt das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung der Wortfolge "als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter" in §31 Abs2 Z2 HGG 2001 idF BGBl I 102/2019.

Zum zu G345/2021 protokollierten Antrag ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht §31 Abs2 Z2 HGG 2001 anficht, ohne die maßgebliche Fassung zu bezeichnen. Im Antrag wird aber der Text der zur Aufhebung beantragten Wortfolge wörtlich wiedergegeben. Dazu kommt, dass §31 Abs2 HGG 2001 in der zitierten Stammfassung gar keine Z2 enthielt; diese wurde durch die Novelle BGBl I 102/2019 hinzugefügt. Damit ist eindeutig zu erkennen, dass das Begehren des Bundesverwaltungsgerichtes auch im zu G345/2021 protokollierten Antrag darauf gerichtet ist, die Wortfolge "als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter" in §31 Abs2 Z2 HGG 2001 idF BGBl I 102/2019 aufzuheben.

1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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