TE OGH 2022/1/26 7Ob203/21k

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Veröffentlicht am 26.01.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*-AG, *, vertreten durch Schlösser & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei R* M*, vertreten durch Dr. Stephan Winklbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 36.748,74 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2021, GZ 12 R 17/21i-37, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       1. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich – wie hier – mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RS0043150).

[2]       2. Die Klägerin gewährte dem Beklagten Rechtsschutzdeckung für ein Verfahren, das auf Feststellung, dass sein Dienstverhältnis über den 24. 1. 2018 (Entlassung) aufrecht sei, gerichtet war. Nunmehr begehrt die Klägerin die (Rück-)Zahlung der dem Beklagten – infolge seines Unterliegens – in diesem Verfahren geleisteten Verfahrenskosten mit der Begründung, der Beklagte habe zur Erreichung der Deckungszusage bewusst unrichtige Angaben gemacht.

Rechtliche Beurteilung

[3]       3.1 Gemäß § 34 Abs 1 VersVG kann der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen sowie ungerechtfertigten Ansprüchen (RS0116978) und vor betrügerischen Machenschaften zu schützen (RS0080833). Damit soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen (RS0080833 [T2]) und insbesondere Art und Umfang seiner Leistung möglichst genau und frühzeitig überblicken zu können (RS0080205).

[4]       3.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Beklagte mit der Angabe, den vorgeworfenen Entlassungsgrund (Verfälschung einer Krankenstandsbestätigung) nicht gesetzt zu haben, gegen die ihn treffende Auskunftspflicht verstoßen habe. Da § 34 VersVG aber keine Rechtsfolgen für die Verletzung der gesetzlichen Auskunftspflicht vorsehe und die Klägerin den Nachweis ihrer vertraglichen Vereinbarung samt der Anordnung, dass bei deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 VersVG Leistungsfreiheit eintrete, unterlassen habe, komme eine Verpflichtung des Beklagten zur (Rück-)Zahlung der von der Klägerin aufgewendeten Verfahrenskosten nur nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts in Betracht. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht wird von der Klägerin ausdrücklich nicht bezweifelt.

[5]       4.1 Grundsätzlich trifft den Geschädigten die Beweislast für den Kausalzusammenhang; dies gilt auch nach § 1298 ABGB. Die Beweislastumkehr dieser Bestimmung betrifft nur den Verschuldensbereich (RS0022686). Der Geschädigte hat daher zunächst die Pflichtverletzung und den dadurch verursachten Schaden zu beweisen (RS0022686 [T16]).

[6]       4.2 Der Beklagte begründete seine Anfechtungsklage und seine Deckungsanfrage nicht nur damit, den Entlassungsgrund nicht gesetzt zu haben. Vielmehr machte er auch geltend, dass die ihm vorgeworfene Vorgangsweise weder eine Urkundenfälschung noch eine Erschleichung irgendeiner Leistung darstelle und daher schon keinen Entlassungsgrund erfülle, sowie dass die Entlassung darüber hinaus auch verfristet sei.

[7]       4.3 Das Berufungsgericht verneinte den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und einem Schadenseintritt bei der Klägerin. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass sie nicht ohnedies bereits aufgrund der eingewandten Verfristung Rechtsschutzdeckung hätte gewähren müssen. Diese Beurteilung, wogegen die Klägerin keine beachtenswerten Argumente bringt, ist nicht korrekturbedürftig. Die Klägerin legte weder im erstgerichtlichen noch im Rechtsmittelverfahren die Gründe dar, aus welchen sie im Fall des pflichtgemäßen Verhaltens des Beklagten (Erteilen der vermissten Information über das Verfälschen der Bestätigung) vor dem Hintergrund der weiters von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Entlassung die begehrte Rechtsschutzdeckung ablehnen hätte können. Damit scheidet der im Revisionsverfahren allein strittige Schadenersatzanspruch der Klägerin schon deshalb aus, weil sie die Kausalität der behaupteten Täuschungshandlung nicht aufzeigte. Auf die Frage, ob der Beklagte tatsächlich in Täuschungsabsicht handelte, kommt es daher nicht an.

[8]       5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E134185

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00203.21K.0126.000

Im RIS seit

23.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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