TE Vfgh Erkenntnis 2021/11/29 V480/2020 (V480/2020-10)

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Veröffentlicht am 29.11.2021
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
Halte- und ParkverbotsV des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10.10.2017
StVO 1960 §43 Abs1, §44 Abs1, §48, §51, §52, §54, §89a, §94d
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verstoß einer Halte- und ParkverbotsV in Linz gegen die Pflicht zur genauen Festlegung des örtlichen Geltungsbereichs nach der StVO 1960; Unklarheit auf Grund der örtlichen Verhältnisse, welche Parkplätze vom Parkverbot erfasst sind, verhindert zweifelsfreie Festlegung des Gültigkeitsbereichs aus Sicht der Normunterworfenen; keine ordnungsgemäße Kundmachung der Verkehrsbeschränkung durch Anbringung von – vom Verordnungstext abweichender – Zusatztafeln

Spruch

I. Die Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Oktober 2017, Z0033396/2017, war gesetzwidrig.

II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),

"der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10. Oktober 2017, GZ: 0033396/2017, gesetzwidrig war;

in eventu, dass die Kundmachung der Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10. Oktober 2017, GZ: 0033396/2017, gesetzwidrig war."

II. Rechtslage

1. Die vom 11. Oktober 2017 bis 30. März 2018 geltende Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Oktober 2017, Z0033396/2017, lautet (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Verordnung

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird vom zuständigen Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz im eigenen Wirkungsbereich verordnet:

Auf der Hafferlstraße 7, im Bereich der zwei letzten markierten Parkplätze Richtung Osten vor dem aufgestellten Kran, ist das Halten und Parken, auf einer Länge von 2 Parkplätzen verboten.

Überdies ist das oa Halte- und Parkverbot gem §54 Zj StVO 1960 als Abschleppzone zu kennzeichnen.

(§52 lit.a Z13 b StVO 1960).

Die Verkehrsregelung (Verkehrsverbote, -beschränkungen) gilt vorübergehend für die Dauer der Bauarbeiten

von 11.10.2017 bis 30.03.2018

Rechtsgrundlage in der jeweils letztgültigen Fassung:

§43 StVO 1960, BGBI.Nr 159/1960

[…]

Für das zuständige Mitglied des Stadtsenates:

[…]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159, idF BGBl I 68/2017 lauten:

"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;

c) […]

d) für Menschen mit Behinderungen, die wegen ihrer Behinderung darauf angewiesen sind, das von ihnen selbst gelenkte Kraftfahrzeug oder ein Kraftfahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung oder ihrer Arbeitsstätte oder in unmittelbarer Nähe von Gebäuden, die von solchen Personen in der Regel häufig besucht werden, wie etwa Invalidenämter, bestimmte Krankenhäuser oder Ambulatorien, Sozialversicherungseinrichtungen u. dgl., oder in unmittelbarer Nähe einer Fußgängerzone abstellen zu können, Straßenstellen für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke zum Abstellen der betreffenden Kraftfahrzeuge durch ein Halteverbot freizuhalten.

(1a) – (11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. […] Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a) – (5) […]

§48. Anbringung der Straßenverkehrszeichen.

(1) Die Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) sind als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden.

(1a) […]

(2) Die Straßenverkehrszeichen sind auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Die zusätzliche Anbringung an anderen Stellen ist zulässig. […]

(3) […]

(4) Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger und dgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht

1. – 2. […]

3. für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.

Die Anbringung sonstiger Beschriftungen, bildlicher Darstellungen, Tafeln oder dgl. auf derselben Anbringungsvorrichtung bewirkt - unbeschadet der §§31 Abs2 und 53 Abs1 Z17a - nicht die Unwirksamkeit der Kundmachung einer Verordnung (§44 Abs1).

(5) Der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn darf bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,60 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2,50 m […]. Bei seitlicher Anbringung darf der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand im Ortsgebiet nicht weniger als 0,30 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2 m […] betragen. Eine nicht fest mit dem Untergrund verbundene Anbringungsvorrichtung darf auch auf der Fahrbahn angebracht werden, wenn die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des fließenden Verkehrs nicht gefährdet wird; in diesem Fall darf der seitliche Abstand zwischen dem dem Fahrbahnrand zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand nicht mehr als 0,30 m betragen. Sind auf einer Anbringungsvorrichtung mehr als ein Straßenverkehrszeichen angebracht, so gelten bei untereinander angebrachten Zeichen die Maßangaben bezüglich des Höhenabstandes für das untere Zeichen, bei nebeneinander angebrachten Zeichen die Maßangaben bezüglich des Seitenabstandes für das näher der Fahrbahn angebrachte Zeichen. Die weiteren Zeichen sind in einem solchen Fall entsprechend den Größenverhältnissen anzubringen.

(6) […]

§51. Allgemeines über Vorschriftszeichen.

(1) Die Vorschriftszeichen sind vor der Stelle, für die sie gelten, anzubringen. Gilt die Vorschrift für eine längere Straßenstrecke, so ist das Ende der Strecke durch ein gleiches Zeichen, unter dem eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'ENDE' anzubringen ist, kenntlich zu machen, sofern sich aus den Bestimmungen des §52 nichts anderes ergibt. […]

(2) […]

(3) Bei den Vorschriftszeichen können an Stelle einer Zusatztafel die in §54 bezeichneten Angaben im roten Rand des Straßenverkehrszeichens einzeilig und leicht lesbar angebracht werden, wenn die Erkennbarkeit des Zeichens nicht beeinträchtigt wird.

(4) – (5) […]

§52. Die Vorschriftszeichen

Die Vorschriftszeichen sind

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

b) Gebotszeichen oder

c) Vorrangzeichen.

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

1. – 12. […]

13a. 'PARKEN VERBOTEN'

[Zeichen]

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Folgende unter dem Zeichen angebrachte Zusatztafeln zeigen an:

a) Eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Stunden, dass das Verbot während der angegebenen Stunden gilt;

b) eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Tage, dass das Verbot an den angegebenen Tagen gilt; […]

c) eine Zusatztafel mit Pfeilen den Verlauf des Straßenabschnittes, in dem das Verbot gilt; solche Pfeile können statt auf einer Zusatztafel auch im Zeichen selbst angebracht werden, sind dort aber in weißer Farbe auszuführen. Wenn der Geltungsbereich des Verbotes auf diese Weise unmißverständlich zum Ausdruck gebracht werden kann, so genügt ein Vorschriftszeichen.

Die Anbringung weiterer Angaben auf den unter lita bis c angeführten Zusatztafeln sowie die Anbringung von Zusatztafeln mit anderen Angaben ist unbeschadet des §51 Abs3 zulässig.

13b. 'HALTEN UND PARKEN VERBOTEN'

[Zeichen]

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

[…]

Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z13a sinngemäß.

13c. – 25b. […]

§54. Zusatztafeln.

(1) Unter den in den §§50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen […] können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen […] erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen […] beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.

(2) Die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.

(3) Die Zusatztafeln sind Straßenverkehrszeichen. Sie sind […] rechteckige, weiße Tafeln; sie dürfen das darüber befindliche Straßenverkehrszeichen seitlich nicht überragen.

(4) Zusatztafeln dürfen nicht verwendet werden, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) zum Ausdruck gebracht werden kann.

(5) Die nachstehenden Zusatztafeln bedeuten:

a) – g) […]

h) [Zeichen]

Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Halten und Parken verboten' zeigt an, dass das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des §29b Abs4 gekennzeichnet sind.

i) […]

j) [Zeichen]

Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Halten und Parken verboten' zeigt eine Abschleppzone (§89a Abs2 litb) an.

k) –m) […]

§89a. Entfernung von Hindernissen.

(1) […]

(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen

a) […]

b) bei einem Gegenstand (Fahrzeug, Container u. dgl.), der im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt ist, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach §52 Z13b mit einer Zusatztafel 'Abschleppzone' (§54 Abs5 litj) kundgemacht ist.

(2a) – (6) […]

(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.

(7a) – (8) […]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. – […]

1a. die Bewilligung von Ausnahmen nach §24 Abs8,

1b. – 3a. […]

4. die Erlassung von Verordnungen nach §43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) – d) […]

erlassen werden,

4a. – 14. […]

15. die Entfernung von Hindernissen (§89a),

15a. – 20. […]."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 28. August 2019, Z0019360/2019 MDion RM, anhängig. Mit dem Berufungsbescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 25. Februar 2019, Z0005190/2019, als unbegründet abgewiesen, mit welchem dem Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer gemäß §89a Abs7 StVO 1960 die Kosten der am 11. Oktober 2017 um 20.54 Uhr in der Stadt Linz, Hafferlstraße 7, behördlich veranlassten Entfernung eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in der Höhe von € 256,– vorgeschrieben wurden. Begründend wurde ausgeführt, dass das entfernte Kraftfahrzeug im Bereich eines als Abschleppzone ausgewiesenen Halte- und Parkverbotes abgestellt gewesen sei, das durch Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10. Oktober 2017, Z0033396/2017, verordnet und durch ein Vorschriftszeichen gemäß §52 Z13b StVO 1960 iVm einer Zusatztafel gemäß §54 Abs5 litj StVO 1960 ordnungsgemäß kundgemacht worden sei.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Art139 Abs1 Z1 B-VG den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10. Oktober 2017, GZ: 0033396/2017, gesetzwidrig war", sowie den unter Punkt I. angeführten Eventualantrag.

2.1. Zur Präjudizialität führt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus, dass die Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates Linz vom 10. Oktober 2017, Z0033396/2017, eine Voraussetzung für die Entscheidung im anhängigen Beschwerdeverfahren bilde, weil der Berufungsbescheid auf sie gestützt sei.

2.2. Seine Bedenken zur mangelnden Bestimmtheit und zur nicht ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung legt das Verwaltungsgericht wie folgt dar:

"Zum Wortlaut der Verordnung des Halte- und Parkverbots ist zu sagen, dass sich aus der Formulierung 'im Bereich der zwei letzten markierten Parkplätze Richtung Osten vor dem aufgestellten Kran' zwar ersehen lässt, dass der Bereich unmittelbar neben dem großen Baukran, der am 11. Oktober 2017 bereits aufgestellt und wohl lediglich mit Hilfe von schwerem Gerät zu bewegen war, als Fixpunkt gemeint war. Allerdings ist die Formulierung 'der zwei letzten beiden markierten Parkplätze' insofern unklar, als durch die Baustellenabschrankung in der Natur die letzte Parkplatzmarkierung verdeckt war. Damit befand sich direkt neben dem Kran ein nicht vollständig vorhandener Parkplatz (ohne Rollstuhl-Symbol), bei dem zweifelhaft ist, ob er als 'letzter markierter Parkplatz' im Sinne der Verordnung anzusehen ist.

Geht man (wie der Beschwerdeführer) davon aus, dass dieser Parkplatz als 'markierter Parkplatz' im Sinne der Verordnung anzusehen ist, wären unter den 'letzten beiden markierten Parkplätzen' dieser unvollständige Parkplatz und der linke Parkplatz mit Rollstuhl-Symbol zu verstehen.

Geht man (wie der Vertreter des Magistrats Linz) davon aus, dass der unvollständige Parkplatz nicht als 'markierter Parkplatz' gemeint war, wären die beiden Parkplätze mit dem Rollstuhl-Symbol darunter zu verstehen gewesen.

Zu bemerken ist, dass auf dem Foto, das nach der Abschleppung bei Tageslicht gemacht wurde (siehe VH-Schrift vom 27.5.2020), nach erfolgter Abschleppung das Rollstuhl-Symbol auf beiden Parkplätzen überklebt wurde. Schon daraus lässt sich ableiten, dass der Wortlaut 'im Bereich der zwei letzten markierten Parkplätze Richtung Osten vor dem aufgestellten Kran' (zu) unklar geblieben und damit nicht ausreichend deutlich formuliert war.

Die Kennzeichnung als Abschleppzone – mit der Auswirkung im Sinne des §89a Abs2 litb und Abs3 StVO 1960 – war am 11. Oktober 2017 erfolgt, nicht aber die Überklebung des Rollstuhl-Symbols auf dem linken Behindertenparkplatz, auf dem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug abstellte.

Auch wenn diese Bodenmarkierung – unabhängig vom (zum Abstellzeitpunkt des Pkw des Bf durch ein höheres Fahrzeug verdeckten) Verbotszeichen 'Halten und Parken verboten' mit der Zusatztafel gemäß §54 Abs5 lith StVO 1960 – vonseiten der Verordnung-erlassen[d]en Behörde lediglich als Hinweis bzw Serviceleistung für Menschen mit Behinderung gemeint war, war diese am ersten Tag der Geltung der oben zitierten Verordnung irreführend und für den Beschwerdeführer aufgrund der gemäß §89a Abs2 2. Satz StVO von einem Straßenaufsichtsorgan umgehend veranlassten Abschleppung massiv nachteilig.

Auch ist aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich seinem Argument in der Verhandlung nichts entgegenzusetzen, wonach es zB einem Rollstuhlfahrer erspart werden sollte, umständliche Nachforschungen anstellen zu müssen, ob er sich zum Abstellzeitpunkt auf die gut sichtbar vorhandene Bodenmarkierung verlassen kann oder ob er gezwungen ist, in der Umgebung des Parkplatzes zusätzliche Indizien für die Erlaubtheit seines Vorhabens zu finden.

Zur Kundmachung der Verordnung ist zu sagen, dass verständlich ist, dass seitens der Verordnung-erlassenden Behörde keine aufwändige und kostenintensive Neuaufstellung eines nach 5,5 Monaten an der ursprünglichen Stelle wiederverwendeten Verkehrszeichens beabsichtigt war. Dass das ursprüngliche Verbotszeichen lediglich vorübergehend um den Baustellenbereich versetzt werden sollte, ist ebenso nachvollziehbar. Das erklärt zum einen die für einen Behinderten-Parkplatz sehr geringe Parkplatzbreite von etwa 2,30 m – die ÖNORM B1600 würde sogar eine Breite von 3,5 m vorsehen – und auch die provisorische Anbringung des Verkehrszeichens und der Zusatztafel auf dem Holzbrett an der (in Privateigentum befindlichen) rechten Säule neben dem Gebäudeeingang des Hauses Hafferlstraße 7.

Allerdings wurde dabei aufgrund des Standortes innerhalb des rechten Behinderten-Parkplatzes kein ausreichender Bezug zur vorhandenen Parkplatzmarkierung hergestellt, obwohl ein solcher gerade aufgrund der mittig zweigeteilten Zusatztafel erforderlich und auch zB durch grafische Darstellung ausreichend verständlich gewesen wäre.

Die Bezeichnung 'Abschleppzone' auf der Zusatztafel ist in der Verordnung enthalten, die Bezeichnung 'Umkehrplatz' allerdings ebenso wenig wie die Strecke von 6,5 Meter, gerechnet ab Mitte der Zusatztafel.

Die Bezeichnung 'Umkehrplatz' kann aufgrund der beim Haus Hafferlstraße 5 beginnenden Fußgängerzone als Erklärung für die Abschleppzone akzeptiert werden, die Verordnung enthält diese Formulierung nicht und sagt dazu nichts aus. Die beiden Behinderten-Parkplätze sind nach dem Foto des geparkten Pkw des Beschwerdeführers schätzungsweise je 2,30 m breit – ein 5er BMW weist laut seinen technischen Daten eine Breite von 1,86 m (ohne Spiegel) auf – dh zwei Parkplatzbreiten sind dort maximal 4,60 Meter und nicht '6,5 Meter', wie für die Abschleppzone vorgesehen. Damit kann auch nicht die Formulierung 'auf einer Länge von 2 Parkplätzen' in der Verordnung mit den '6,5 Metern' auf der Zusatztafel in Einklang gebracht werden."

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnung nicht vorgelegt, aber eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

3.1. Die mit drei Jahren ab Entfernung des Gegenstandes bestimmte Frist für eine Kostenvorschreibung nach §89a Abs7 letzter Satz StVO 1960 sei abgelaufen und das Verwaltungsgericht habe die Kostenvorschreibung aufzuheben. Demnach sei der Ausgang des Normenprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes bedeutungslos. Es sei denkunmöglich, dass die angefochtene Verordnung eine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden könne.

3.2. In der Sache wird vorgebracht, dass die angefochtene Verordnung "auf einen am Tag des Gültigkeitsbeginns […] bereits fix aufgestellten Baukran als zulässigen örtlichen Bezugspunkt" verwiesen und "die Situierung als auch das Ausmaß der Verkehrsbeschränkung in objektiv nachvollziehbarer Art und Weise [definiert]" habe. Aus der Richtlinie Nr 4 des Österreichischen Instituts für Bautechnik ergebe sich für Stellplätze für Personenkraftwagen eine Mindestbreite von 2,50 m bzw von 3,50 m für barrierefreie Stellplätze, womit sich "die Entfernungsangabe von '6,5 m' auf der Zusatztafel als schlüssige und objektiv nachvollziehbare praktische Umsetzung der in der zugrundeliegenden Verordnung angegebenen Breite der Abschleppzone 'auf einer Länge von 2 Parkplätzen' [erhärte]".

4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat keine Äußerung erstattet.

5. Der Beschwerdeführer hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich den Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichtes anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht beginnend mit VfSlg 20.182/2017 davon aus, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; s. auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

Die angefochtene Verordnung ist durch Aufstellung von Straßenverkehrszeichen gemäß §52 lita Z13b sowie §54 Abs5 litj StVO 1960 kundgemacht worden, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Die verordnungserlassende Behörde bringt dazu vor, dass es denkunmöglich sei, dass die angefochtene Verordnung eine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Verwaltungsgerichtes im Anlassfall bilden könne, weil die mit drei Jahren ab Entfernung des Gegenstandes bestimmte Frist für eine Kostenvorschreibung nach §89a Abs7 letzter Satz StVO 1960 abgelaufen und das Verwaltungsgericht zur Aufhebung der Kostenvorschreibung verpflichtet sei. Dieser Einwand vermag die Präjudizialität der angefochtenen Verordnung im Anlassverfahren nicht auszuschließen, weil die Anwendung des §89a Abs7 StVO 1960 nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wesentlich auf der Vorfrage beruht, ob die Entfernung des Fahrzeuges im Einklang mit §89a Abs2 litb StVO 1960 – und somit im Einklang mit der ein Halte- und Parkverbot verfügenden angefochtenen Verordnung – erfolgte (vgl insoweit VwGH 22.2.2002, 2001/02/0110; 12.10.2007, 2007/02/0137; 24.4.2015, 2013/02/0188). §89a Abs7 StVO 1960 käme demnach (auch hinsichtlich seines letztes Satzes) von vornherein gar nicht zur Anwendung, wenn die Entfernung des Fahrzeuges rechtsgrundlos, mithin nicht auf Grund der – somit jedenfalls präjudiziellen – angefochtenen Verordnung, erfolgt wäre.

1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist begründet.

2.3. Die angefochtene Verordnung entspricht nicht den Anforderungen des §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 an die genaue Festlegung des örtlichen Geltungsbereiches:

2.3.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hat der Inhalt einer Verordnung als Gesetz im materiellen Sinn das weitere Vollzugsgeschehen iSd Art18 Abs1 B-VG ausreichend vorherzubestimmen (vgl VfSlg 7072/1973, 8658/1979, 19.592/2011) und insbesondere Normunterworfenen die Möglichkeit zu geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten (VfSlg 19.592/2011, 19.721/2012 mwN).

2.3.2. Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung, wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert, dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen (§43 Abs1 litb Z1 StVO 1960).

Gemäß dieser Bestimmung ist der Verordnungsgeber verpflichtet, den örtlichen Geltungsbereich einer darauf gestützten verkehrsbeschränkenden Maßnahme möglichst genau zu umschreiben. Den örtlichen Geltungsbereich hingegen nur in groben Zügen anzuführen, ist unzulässig (vgl VwGH 5.9.2008, 2008/02/0011). Die Verordnung muss so bestimmt sein, dass für den Normunterworfenen zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, für welche Bereiche bzw welche Strecke diese Anordnung bzw Verkehrsbeschränkung gilt, sodass er sich danach richten kann (vgl dazu VfSlg 8658/1979; s. auch VfSlg 20.251/2018).

2.3.3. Die in der angefochtenen Verordnung enthaltene Formulierung, dass "[a]uf der Hafferlstraße 7, im Bereich der zwei letzten markierten Parkplätze Richtung Osten vor dem aufgestellten Kran, […] das Halten und Parken[…] auf einer Länge von 2 Parkplätzen verboten [ist]", lässt unter Berücksichtigung der speziellen, durch im Akt einliegende Lichtbilder dokumentierten örtlichen Verhältnisse offen, ob das Halte- und Parkverbot für die zwei zur Tatzeit mit (noch nicht überklebten) Rollstuhl-Symbolen markierten Stellplätze oder aber – wie von einem Vertreter des Magistrates der Stadt Linz in der Beschwerdeverhandlung behauptet – für den äußeren (von der Fahrbahn aus gesehen: den linken) dieser zwei Stellplätze und den daran anschließenden, unmittelbar an den Baukran angrenzenden, durch dessen Umzäunung jedoch ansatzweise verdeckten und daher nicht vollständig markierten Stellplatz verordnet wurde. Indem die angefochtene Verordnung diese Unklarheit zulässt, entspricht sie nicht der gesetzlichen Anforderung, ihren örtlichen Geltungsbereich so genau zu bestimmen, dass für die Normunterworfenen zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, für welchen Bereich die Verkehrsbeschränkung gilt.

2.4. Ungeachtet der – vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilten – Annahme der verordnungserlassenden Behörde, dass eine hinreichend bestimmte Verordnung vorläge, entspricht die vorgenommene Aufstellung der Verkehrszeichen nicht den Anforderungen des §44 Abs1 StVO 1960 an die ordnungsgemäße Kundmachung:

2.4.1. Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 sind die in §43 StVO 1960 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft (vgl VfSlg 18.710/2009, 19.409/2011, 19.410/2011).

2.4.2. Laut angefochtener Verordnung ist "im Bereich der zwei letzten markierten Parkplätze Richtung Osten vor dem aufgestellten Kran[…] das Halten und Parken[…] auf einer Länge von 2 Parkplätzen verboten. Überdies ist das […] Halte- und Parkverbot gem §54 Z[gemeint: Abs5 lit.] j StVO 1960 als Abschleppzone zu kennzeichnen." Die Kundmachung ist deshalb gesetzwidrig erfolgt, weil laut Zusatztafel die "Abschleppzone" (bzw der "Umkehrplatz") – ausweislich eines im Akt einliegenden Lichtbildes – nicht "zwei Parkplätze", sondern "6,5 m" ostwärts in Richtung Kran reichen sollte. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Stellplätze am Tatort nach den Feststellungen des antragstellenden Verwaltungsgerichtes eine geschätzte Breite von jeweils (nur) 2,30 m aufweisen, konnte die Kundmachung damit den Eindruck erwecken, dass ein Halte- und Parkverbot für drei Parkplätze verordnet gewesen wäre. Die Kundmachung ist damit gesetzwidrig erfolgt, weil der kundgemachte Text vom Text der Verordnung – jedenfalls (Pkt. 2.3.3.) – abweicht (vgl VfSlg 14.501/1996; 15.192/1998).

V. Ergebnis

1. Die Verordnung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Oktober 2017, Z0033396/2017, war wegen Verstoßes gegen §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 und gegen §44 Abs1 StVO 1960 gesetzwidrig.

2. Die Verpflichtung der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 Satz 2 B-VG und §59 Abs2 iVm §61 Z1 VfGG sowie §4 Abs1 Z2 litb Oö Verlautbarungsgesetz 2015.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Halte(Park-)verbot, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsbeschränkungen, Verordnung Kundmachung, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Präjudizialität, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, Verordnungserlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V480.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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