TE Vwgh Beschluss 2022/1/10 Ra 2021/11/0189

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Veröffentlicht am 10.01.2022
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

FSG 1997 §26 Abs2
FSG 1997 §26 Abs2 Z1
FSG 1997 §7 Abs1
KFG 1967 §66 Abs2 lita
KFG 1967 §66 Abs3
StVO 1960 §5
StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des A S in K, vertreten durch die Dr. Farhad Paya Rechtsanwalt GmbH in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 22. November 2021, Zl. KLVwG-1942/4/2021, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 20. September 2021 entzog die belangte Behörde dem Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 3, § 25 Abs. 3, § 26 Abs. 2 (Z 1), § 28 und § 29 Abs. 4 FSG die Lenkberechtigung für näher genannte Klassen für sechs Monate, gerechnet ab dem 24. Juni 2021 (Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins), und ordnete an, dass sich der Revisionswerber vor Ablauf der Entziehungszeit einer Nachschulung zu unterziehen habe und ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen habe. Unter einem schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber sei mit Straferkenntnis vom 13. September 2021 zur Last gelegt worden, er habe sich am 24. Juni 2021 um 23:04 Uhr geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wodurch er eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 StVO 1960 begangen habe. Der Revisionswerber habe im Anschluss an die Atemluftkontrolle von sich aus im Klinikum K eine Blutabnahme vornehmen lassen. Der von ihm vorgelegte Bluttest datiere vom 25. Juni 2021, 00:28 Uhr, und habe einen Blutalkoholwert von 0,94 Promille ergeben.

4        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, der Entscheidung sei die Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 zu Grunde zu legen gewesen, weswegen § 26 Abs. 2 Z 1 FSG, der eine Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten vorsehe, zur Anwendung gelange. Für den Revisionswerber sei daher nichts dadurch gewonnen, dass eine von ihm selbst veranlasste Blutuntersuchung einen Blutalkoholwert von 0,94 Promille ergeben habe. Ergänzend sei auch festzuhalten, dass die dem Revisionswerber abgenommene Blutprobe nicht entsprechend § 5 Abs. 8 StVO 1960 durch den Arzt, der die Blutprobe abgenommen habe, ohne Aufschub der nächstgelegenen Polizeidienststelle übermittelt worden sei. Vielmehr sei das Ergebnis erst während des Verwaltungsstrafverfahrens bzw. des Führerscheinentziehungsverfahrens vom Revisionswerber selbst vorgelegt worden, sodass es sich um keine im Sinn des § 5 Abs. 8 StVO 1960 gültig zustande gekommene Blutuntersuchung handle (Verweis u.a. auf VwGH 7.6.2000, 2000/03/0101). Überdies setze diese Bestimmung voraus, dass eine Untersuchung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben habe, was angesichts der Verweigerung der Atemluftkontrolle durch den Revisionswerber nicht der Fall gewesen sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, nach welcher ein nach der Verweigerung der Atemluftkontrolle erbrachter Nachweis, nicht durch Alkohol bzw. „nicht mit dem in § 99 Abs. 1 [lit. a] StVO 1960 genannten Grad des Alkoholgehaltes des Bluts von 1,6 Promille oder mehr“ beeinträchtigt gewesen zu sein, auch bei der Anwendung des § 26 Abs. 2 FSG Bedeutung habe (Hinweis u.a. auf VwGH 14.3.2000, 99/11/0075). Diesen Nachweis habe der Revisionswerber durch die Vorlage des Blutbefundes des Klinikums K erbracht. Die am 25. Juni 2021 um 00:28 Uhr abgegebene Blutprobe habe einen Blutalkoholgehalt von 0,94 Promille ergeben, sodass bei Bedachtnahme auf den stündlichen Abbauwert des Alkohols im Blut von durchschnittlich 0,1 Promille zum Zeitpunkt der erfolglosen Testung der Atemluft mittels Alkomat am 24. Juni 2021 um 23:04 Uhr der Blutalkoholgehalt bei höchstens 1,11 Promille gelegen habe. Bei einem solchen Blutalkoholgehalt sei jedoch beim ersten Verstoß, ohne dass es zu einem Unfall gekommen sei, gemäß § 26 Abs. 1 FSG nur eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat (und andere begleitende Maßnahmen) zulässig.

10       Damit wird eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt:

11       Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Rechtsprechung zum KFG 1967 (§ 66 Abs. 2 lit. a und Abs. 3) die Auffassung vertreten hat, dass eine Verweigerung des Alkotests zwar grundsätzlich dieselbe Verwerflichkeit aufweise wie eine erwiesene Alkoholbeeinträchtigung, im Rahmen der Wertung aber ein positiver Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, von Bedeutung sei und zu dem Ergebnis führen könne, dass die betreffende Person nicht verkehrsunzuverlässig sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Rechtsprechung auch im Anwendungsbereich des FSG festgehalten und zudem für den von § 26 Abs. 2 (Z 1) FSG erfassten Sonderfall der Entziehung wegen erstmaliger Begehung einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 die Auffassung vertreten, dass auch hier ein einwandfreier Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, eine Entziehung der Lenkberechtigung unzulässig macht, weil diesfalls nicht auf eine die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit rechtfertigende Sinnesart im Sinn des § 7 Abs. 1 FSG geschlossen werden kann (vgl. ausführlich VwGH 14.3.2000, 99/11/0075).

12       Zusammenfassend hat der Verwaltungsgerichtshof dazu unter Darlegung seiner Vorjudikatur im Erkenntnis vom 21. November 2013, 2013/11/0175, ausgeführt, dass im Falle der Verwirklichung eines Verweigerungsdelikts nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 nur dann von der Entziehung der Lenkberechtigung Abstand genommen werden darf, wenn nach der Verweigerung - nachträglich - der einwandfreie Nachweis erbracht wird, dass der Lenker nicht im Sinn des § 5 Abs. 1 StVO 1960 durch Alkohol beeinträchtigt war.

13       Im Revisionsfall wurde der Revisionswerber mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 18. November 2021, welches in einer gemeinsam mit dem Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung durchgeführten mündlichen Verhandlung verkündet wurde, rechtskräftig der Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO 1960 schuldig erkannt. Dies wird in der Revision ausdrücklich eingeräumt.

14       Die Revision bringt selbst vor, der Revisionswerber habe eine nachträgliche Blutprobe mit einem Blutalkoholgehalt von 0,94 Promille vorgelegt, sodass der Blutalkoholgehalt im Zeitpunkt der verweigerten Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt höchstens 1,11 Promille betragen habe können. Bei einem solchen Blutalkoholgehalt befand sich der Revisionswerber nach der Legalfiktion des § 5 Abs. 1 StVO 1960 aber in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand. Schon aus diesem Grund legt die Revision nicht dar, dass nach der oben zitierten Rechtsprechung der einwandfreie Nachweis erbracht worden wäre, der Revisionswerber habe sich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen die Nachweise im hg. Erkenntnis 2003/11/0175), und deswegen unter Außerachtlassung der Bindung an die rechtskräftige Bestrafung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 von einer Entziehung der Lenkberechtigung in Anwendung des § 26 Abs. 2 Z 1 FSG Abstand zu nehmen gewesen wäre.

15       Das behauptete Abweichen von der hg. Judikatur liegt demnach nicht vor.

16       Vor diesem Hintergrund geht auch das Zulässigkeitsvorbringen der Revision, das Verwaltungsgericht hätte zu Unrecht den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde durch die belangte Behörde bestätigt, ins Leere.

17       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110189.L00

Im RIS seit

04.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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