TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/7 W103 2211524-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2021
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Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

AsylG 2005 §15 Abs1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art134 Abs4
FPG §52
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W103 2211522-1/18E

W103 2211524-1/18E

W103 2211525-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine alias Armenien, alias Russische Föderation, und vertreten durch Mag. Wolfgang AUNER, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zahlen: 1.) 1169571907-171105487, 2.) 1169565300-171105479 und 3.) 1169565801-171105465, zu Recht:

A) Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien haben unter den Angaben Staatsangehörige der Ukraine zu sein, gegenständliche Anträge eingebracht. Die Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer sind verheiratet und Eltern und gesetzliche Vertreter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Die beschwerdeführenden Parteien stellten infolge gemeinsamer illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 27.09.2017 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der Drittbeschwerdeführer am gleichen Datum vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde.

Der Drittbeschwerdeführer gab an, er gehöre der armenischen Volksgruppe an, bekenne sich zum orthodoxen Christentum und habe Mitte September 2017 den Entschluss gefasst, mit seiner Familie aus der Ukraine zu flüchten. Zum Grund seiner Flucht führte er aus, er habe zwei Lebensmittelverkaufsstände am täglichen Markt in Altschewsk (Oblast Luhansk) betrieben und sei ständig von lokalen organisierten Banden erpresst worden, welche Schutzgeld von ihm verlangt hätten. Zunächst habe er sich geweigert, das Geld zu bezahlen, woraufhin er so brutal zusammengeschlagen worden wäre, dass eine Operation an der Wirbelsäule und ein wochenlanger Spitalsaufenthalt erforderlich geworden seien. Danach sei sein Auto angezündet worden. Zudem habe der Drittbeschwerdeführer zum Kampf für ein ansässiges ukrainisches Bataillon gezwungen werden sollen. Seine Frau sei sehr krank und seine Tochter habe nicht zur Schule gehen können. Aus diesem Grund habe er die Dokumente der Familie dem russischen Konsulat gegeben, um einen Aufenthaltstitel für Russland zu bekommen, er habe jedoch nie eine Antwort des Konsulats erhalten und aus diesem Grund den Entschluss gefasst, zu fliehen. Die Situation für ihn und seine Familie sei einfach aussichtslos gewesen. Im Fall einer Rückkehr in die Ukraine befürchte er in erster Linie, zum ukrainischen Bataillon eingezogen zu werden. Er müsse für seine Tochter und seine kranke Frau sorgen und habe Angst um seine Familie.

Am 06.04.2018 wurden die Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die armenische Sprache niederschriftlich einvernommen.

Die Erstbeschwerdeführerin gab an, sie fühle sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage, sei jedoch nicht gesund. Seit ihrer Kindheit sei sie krankheitsanfällig. Die Ärzte in Armenien hätten Mittelmeerfieber diagnostiziert. In der Folge sei sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder in die Ukraine gezogen. Vor sieben Jahren sei ihr Vater verstorben, ihre Mutter und ihr Bruder seien daraufhin nach Armenien zurückgekehrt, sie selbst habe sich entschlossen, in der Ukraine zu bleiben, da sie dort geheiratet hätte. Ihr Gesundheitszustand sei immer schlechter geworden und es sei ihr sogar verboten worden, ein Kind zu gebären. Auf eigene Gefahr hätte sie dennoch ihre Tochter zur Welt gebracht, ihre Krankheit sei nach der Geburt immer schlimmer geworden. Durch das Mittelmeerfieber sei ein Knochenleiden entstanden. Sie werde zwar seit 14 Jahren behandelt, es sei jedoch keine Besserung eingetreten. Sie habe zwei Implantate an den Hüften, wobei eine der Operationen in der Ukraine und eine vor zwei Monaten in Österreich durchgeführt worden sei. In der Ukraine habe sie infolge einer falschen Behandlung Erstickungsanfälle erlitten. Sie hätten oft die Rettung holen müssen, welche jeweils erst nach drei oder vier Stunden angekommen wäre. Einige Male sei sie sogar zur Behandlung nach Armenien gefahren, wo sie ebenfalls Spritzen bekommen hätte. Die ukrainischen Ärzte hätten gemeint, die Behandlung in Armenien wäre falsch, umgekehrt hätten die armenischen Ärzte die Behandlung in der Ukraine für falsch gehalten. Auch in Russland sei sie in Behandlung gewesen; überall sei behauptet worden, dass die vorhergehende Behandlung falsch gewesen sei. Seit sechs Monaten sei sie in Österreich in Behandlung und fühle sich erstmals in 14 Jahren wie ein Mensch. Sie habe sich zweimal in stationärer Behandlung im AKH befunden und es sei eine Besserung eingetreten. In der Heimat habe sie Spritzen und Medikamente bekommen. Hier in Österreich bekomme sie Infusionen und Medikamente und müsse nun eine Physiotherapie anfangen. Sie leide an Mittelmeerfieber und daraus folgender Arthritis, die Krankheit sei im Alter von 14 Jahren diagnostiziert worden. Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin sei gesund und ginge in Österreich zur Schule. Die Erstbeschwerdeführerin sei in Armenien geboren, habe die ukrainische Staatsbürgerschaft, gehöre der Volksgruppe der Armenier an und sei armenisch-apostolischen Glaubens. In der Ukraine hätte sie keine Angehörigen mehr. In Österreich befinde sie sich ständig in ärztlicher Behandlung, beziehe Grundversorgung und habe Bekanntschaften geknüpft. Die Erstbeschwerdeführerin habe in Armenien und der Ukraine die Grundschule absolviert, sei aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes keiner Arbeit nachgegangen und von ihrem Mann versorgt worden. Sie habe mit den Behörden ihres Herkunftsstaates nie Probleme gehabt und habe die Ukraine wegen der Probleme ihres Mannes und ihrer Krankheit verlassen. Ihr Mann sei geschlagen worden; da sie immer krank wäre, würde ihr Mann ihr nichts erzählen. Sie wisse lediglich, dass dieser Probleme gehabt hätte. Vor drei Jahren sei er geschlagen worden und habe einen Bruch an einem Wirbel erlitten. Es seien Männer gekommen und hätten ihn auf der Straße geholt. Sie habe überdies gesehen, dass das Auto ihres Mannes im Sommer 2017 vor dem Haus angezündet worden sei. Sie hätten Anzeige erstattet, die Polizei und die Feuerwehr seien da gewesen und hätten ein Protokoll aufgenommen, sonst aber nichts unternommen. Mehr sei ihr nicht bekannt. Sie selbst und ihre Tochter seien nie bedroht worden, lediglich ihr Mann sei verfolgt worden. Im Falle einer Rückkehr würde sie um das Leben ihres Mannes und ihrer Tochter fürchten. Zudem könne ihre Krankheit in der Ukraine nicht geheilt werden und sie hätte dort eine kurze Lebenserwartung. Zum ersten Mal seit 14 Jahren ginge es ihr eine Spur besser. Die Polizei in der Ukraine ermittle nicht und beschütze sie nicht; ihr Mann habe einen Wirbelbruch gehabt und es sei ihr Auto angezündet worden. Es sei jedoch nichts getan worden, die Ukraine sei nicht sicher für sie. Ihre Tochter habe keine eigenen Fluchtgründe, die Gefahr drohe der gesamten Familie.

Der Drittbeschwerdeführer gab zusammengefasst an, er fühle sich zur Durchführung der Befragung in der Lage, sei jedoch nicht gesund; er sei in der Ukraine geschlagen worden und habe dadurch eine Wirbelfraktur erlitten. Er müsse Medikamente einnehmen. Er habe bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt zu Protokoll genommen und rückübersetzt worden seien. Er sei ukrainischer Staatsbürger, gehöre der armenischen Volksgruppe an und bekenne sich zum armenisch-apostolischen Glauben. Er sei im Kindesalter mit seiner Familie von Armenien in die Ukraine verzogen, wo sich sein Vater, sein Bruder und weitere Angehörige unverändert aufhielten. In Österreich lerne er Deutsch, beziehe Grundversorgung und werde durch eine gute Bekannte unterstützt. Er habe in Armenien und der Ukraine eine Grundschulbildung absolviert und sei Auto-Spengler gewesen. Er habe zwei Kiosks für Lebensmittel in der Ukraine gehabt, sei selbständig gewesen und habe durch sein Einkommen sehr gut in der Ukraine gelebt. Die Frage, ob er je von Problemen mit den Behörden seines Heimatlandes betroffen gewesen sei, bejahte der Drittbeschwerdeführer; seine Frau leide an einer Art Knochenkrankheit und sei in den Krankenhäusern falsch behandelt worden. Sie hätten sie einige Male im letzten Moment retten können. Der Drittbeschwerdeführer habe desöfteren eine Anzeige gegen die Ärzte erstattet. Es sei ihm niemals geholfen worden und er habe dadurch Feinde bekommen. Dann habe es zwischen 2013 und 2014 einen Krieg respektive Kämpfe in der Ukraine gegeben. Es habe Chaos geherrscht, die Marktstände des Drittbeschwerdeführers seien zerstört worden, man habe diese mit Farbe beschmiert. Einmal hätten sie seinen Verkäufer zusammengeschlagen, sein Auto sei mit einem spitzen Gegenstand beschädigt worden. Der Drittbeschwerdeführer sei in der Ukraine aber immer wieder zur Polizei gegangen. Es gebe in der Ukraine eine mafiaartige Konstellation. Ihm sei es so vorgekommen, als ob die Polizei und die Ärzte zusammengearbeitet hätten. Ihm sei niemals geholfen worden. Vier- oder fünfmal seien andere Männer gekommen, welche ihn aus der Wohnung rausgeholt und ihn gewarnt und bedroht hätten. Sie hätten gesagt, dass sein Leben nicht mehr sicher sein würde, sollte er weiterhin zur Polizei gehen. Zwischendurch habe es eine ruhige Phase gegeben, er sei von der Polizei kontaktiert worden, welche ihn gefragt hätte, ob er seine Anzeige aktualisieren wolle. Ungefähr im September 2015 habe er seine Anzeige erneut abgegeben. Drei bis vier Tage nachdem er die Polizei aufgesucht hätte, habe er unterwegs von hinten einen Schlag auf den Kopf bekommen und könne sich erinnern, von vielen Männern geschlagen worden zu sein. Er habe das Bewusstsein verloren und sei im Krankenhaus wieder wach geworden. Seine Frau sei bei ihm gewesen. Er habe eine Wirbelfraktur und schwere Wirbelsäulenschäden gehabt. Er habe ein Jahr lang nicht laufen können und sei einen Monat lang stationär im Krankenhaus aufhältig gewesen, danach sei er ambulant behandelt worden. Kaum habe er mit einem Stock laufen können, sei er wieder arbeiten gegangen, was seine Verfolger mitbekommen hätten. Im Oktober sei er eines nachts darauf aufmerksam gemacht worden, dass sein Auto gebrannt hätte. Er habe die Polizei und die Feuerwehr geholt, doch es habe keine Ermittlungen und keinen Schutz gegeben. Seine Frau sei in der Ukraine nicht mehr behandelt worden, da sie ihnen gegenüber schon feindlich eingestellt gewesen wären. Er hätte diese nach Armenien und nach Russland geschickt, sie leide an einer unheilbaren Krankheit. Seine Mutter sei an derselben Krankheit gestorben. Der Drittbeschwerdeführer habe aus den oben genannten Gründen aus der Ukraine flüchten müssen, da er von der Polizei nicht geschützt worden sei und Angst um sein Leben gehabt hätte. In den letzten Tagen vor der Ausreise sei nichts passiert, er hätte seine Ausreise schon längst beschlossen. Der Schlepper habe sie an jenem Tag außer Landes bringen können. Die Kosten der Ausreise hätten sich auf USD 12.000,- belaufen. Hauptgrund der Flucht sei seine Tochter gewesen, während des Chaos in der Ukraine und wegen der Verfolger habe er immer Angst um seine Tochter gehabt. Ab und zu habe er diese für mehrere Tage nicht zur Schule schicken können. Seine Tochter betreffende Vorfälle habe es im Vorfeld der Ausreise nicht gegeben, er sei sehr vorsichtig gewesen. Befragt, von wem die Marktstände zerstört worden seien, meinte der Drittbeschwerdeführer, er könne niemanden namentlich nennen. Dies sei aber die gleiche Mafia, die ihn geschlagen und verfolgt hätte. Nach den Kämpfen in der Ukraine habe es eine Tornado-Gruppe gegeben, welche aus drogensüchtigen und kriminellen Personen bestehe. Nach den Kämpfen zwischen Russland und der Ukraine habe diese Gruppe alles getan, was nicht rechtmäßig sei – Diebstähle, Drohungen, sie seien mit Waffen in der Stadt herumgegangen. Befragt, wann seine Marktstände zerstört worden seien, meinte der Drittbeschwerdeführer, nach 2013 hätten sie dies öfter gemacht. In der Ukraine habe Chaos geherrscht. Nicht nur der Drittbeschwerdeführer sei davon betroffen gewesen, sondern viele andere auch. Wer persönlich für die Beschädigungen verantwortlich gewesen wäre, sei dem Drittbeschwerdeführer nicht bekannt. Er kenne keine einzige Person von dieser Mafiagruppe. Jeder könne dazu gehören. Es handle sich um Ukrainer. Als er geschlagen worden sei, sei er zu Boden gefallen und habe die Männer nicht sehen können. Es habe schon Bedrohungen gegeben, doch er könne keinen Namen sagen. In den Jahren des Krieges habe er mit dem Militär Probleme gehabt. Mit den Soldaten, dann habe er wegen der schlechten Behandlung der Frau Probleme mit den Ärzten gehabt, dann habe er diese bei der Polizei angezeigt. Die Polizei habe die Ärzte gedeckt und nicht ermittelt. Über Vorhalt, wonach er in der Erstbefragung angegeben hätte, erpresst worden zu sein, bejahte der Drittbeschwerdeführer dies, er habe dies auch heute schon erwähnt. Ihm sei gesagt worden, dass seine Familie Probleme bekommen werde, wenn er sich weiter bei der Polizei beschwere. Deswegen habe er dem Kind nicht erlaubt, zur Schule zu gehen, wenn er es persönlich nicht begleiten konnte. Er sei mündlich erpresst worden; sie hätten ihn aus dem Haus geholt, jedes Mal sei eine andere Person zu ihm nach Hause gekommen. Zum ersten Mal seien die Soldaten gekommen, dies sei Ende 2014 gewesen. Sie seien vier Mal bei ihm zuhause gewesen. Außerhalb des Hauses sei er sehr oft aufgehalten worden. Zum Beispiel sei er von seinem Verkäufer angerufen worden, dass er so schnell wie möglich zum Laden gehen sollte, da sie Geld haben wollten. Sehr oft seien sie auch im Laden gewesen, hätten gegessen und getrunken ohne zu zahlen und seien weggegangen. Der letzte Kontakt zu ihnen habe etwa eineinhalb Monate vor seiner Ausreise stattgefunden. Da hätte ihm einer gedroht, er habe zu ihm gesagt, dass wegen dem Drittbeschwerdeführer jetzt einer seiner besten Freunde in Haft sitze. Deswegen habe er sich entschlossen, zu fliehen. Für die Misshandlungen habe er insofern einen Beweis, als er einen gebrochenen Wirbel hätte; Zeugen gebe es keine. Er sei im Oktober 2015 in der Nähe seines Hauses angegriffen worden und habe eine Anzeige gegen die Täter erstattet, die Polizei habe jedoch nichts gegen diese unternommen. Über Vorhalt seiner Aussage in der Erstbefragung, wonach er von einem ukrainischen Bataillon gezwungen worden wäre, kämpfen zu gehen, gab der Drittbeschwerdeführer an, in ihrem Viertel würden Russen und Ukrainer leben. Die ukrainischen Soldaten kämen ins Haus und sagten einem, dass man für sie kämpfen müsse. Der Drittbeschwerdeführer habe immer geantwortet, dass er der neutralen Nation angehöre. Er sei nur mündlich gezwungen, jedoch nicht bedroht worden. Den Begriff Bataillon habe er nicht verwendet, er habe sich auf das ukrainische Militär – eine Militärgruppe mit Soldatenuniform – bezogen. Er habe den Wehrdienst nicht absolviert und habe nie in einem Krieg gekämpft. Die Frage, ob er sein Heimatland zusammengefasst wegen der allgemeinen Sicherheitslage verlassen hätte, wurde vom Drittbeschwerdeführer bejaht, ihr Leben sei dort nicht sicher. Auf die Frage, ob er jemals erwogen hätte, an einen anderen Ort seines Herkunftslandes zu ziehen, um der Problemlage zu entgehen, antwortete der Drittbeschwerdeführer, die Ukraine sei als Ganzes kein sicheres Land. Im Falle seiner Rückkehr wäre sein Leben in Gefahr. Die Drohung ginge sowohl von staatlicher als auch von medizinischer Seite aus. Mit Ausnahme der Wirbelsäule habe er keine weiteren gesundheitlichen Probleme. Seine Beine würden die ganze Zeit zittern und man wolle ihn operieren. Die Implantate müssten herausgenommen werden.

Vorgelegt wurden medizinische Unterlagen betreffend die Erstbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer sowie ein Referenzschreiben betreffend die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin.

2. Mit den im Familienverfahren ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 22.11.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.) und die Anträge gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkte II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkte III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkte IV.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte V.) sowie dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Parteien gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte VI.).

Die Behörde stellte die Staatsbürgerschaft, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit sowie die familiären Verhältnisse, nicht jedoch die präzise Identität der beschwerdeführenden Parteien fest und legte ihrer Entscheidung Feststellungen zur aktuellen Situation in deren Herkunftsstaat zu Grunde. In der Entscheidungsbegründung wurde sodann ausgeführt, die vom Drittbeschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes seien nicht glaubhaft und es habe nicht festgestellt werden können, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine einer Verfolgung ausgesetzt gewesen seien. Glaubhaft sei, dass diese den Herkunftsstaat wegen der Erkrankung der Erstbeschwerdeführerin verlassen hätten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine einer Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen seien.

Hierzu wurde in der Beweiswürdigung im Bescheid betreffend den Drittbeschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes erwogen:

„(…) Für Ihren Antrag auf internationalen Schutz machten Sie mehrere Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates geltend.

Sie führten aus, dass Sie die Ukraine aufgrund der regionalen Sicherheitslage sowie den Folgen des Krieges der Jahre 2013 und 2014 verlassen haben.

Sie berichteten weiters, dass Sie zu dieser Zeit auch von ukrainischen Soldaten inoffiziell aufgefordert wurden, in den Krieg zu ziehen.

Als weiteren Beweggrund brachten Sie ins Treffen, dass Sie Ihren Herkunftsstaat aufgrund der Erkrankung Ihrer Frau und der Sicherheit Ihrer Tochter verlassen haben. Zu diesem Vorbringen machen Sie geltend, dass Sie aufgrund der schlechten medizinischen Behandlung Ihrer Frau Probleme mit den Ärzten sowie den staatlichen Autoritäten bekommen hätten und diese sich angeblich geweigert hätten, Ihnen zu helfen.

Darüber hinaus gaben Sie an, dass Sie von unbekannten Männern - die angeblich Mitglieder einer Mafiabande sind - verfolgt, bedroht und geschlagen wurden. Aus diesem Grund hätten Sie auch um das Leben Ihrer Tochter gefürchtet und Ihrem Kind verboten, in die Schule zu gehen.

Es ist nicht glaubhaft, dass Sie aufgrund der regionalen Sicherheitslage sowie Ihrer gesundheitlichen Lage und der Erkrankung Ihrer Frau die Ausreise angetreten haben. Auch die darüber hinausgehend geltend gemachten Fluchtgründe waren für nicht glaubhaft zu befinden.

Soweit Sie behaupteten, dass Sie vom Konfliktgebiet aus über die Ukraine bis nach Österreich durchgefahren sind, ist daran anknüpfend festzuhalten, dass Sie laut den Länderfeststellungen durchaus Bewegungsfreiheit in der Ukraine genießen und Sie somit im Fall einer Gefährdungslage die Möglichkeit gehabt hätten, in der Ukraine an einem sicheren Ort bzw. in einem Nachbarsgebiet sesshaft zu werden, um gefahrlos leben zu können und das Konfliktgebiet zu verlassen. Da Sie die ukrainische Sprache gut beherrschen und zudem auch selbstständig erwerbstätig gewesen sind, wären Sie schnell in der Lage gewesen, eine neue Arbeitsstelle zu finden und Ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aus Ihren Angaben ergibt sich somit, dass Sie bei der Ausreise durch sichere Gebiete in der Ukraine gereist sind, wo Sie sich niederlassen hätten können, ohne Angst vor den Kriegshandlungen haben zu müssen.

Es ist zudem anzumerken, dass Sie während der akuten Kriegshandlungen keine Maßnahmen ergriffen haben, um das Konfliktgebiet zu verlassen, umso mehr ist nicht glaubhaft, dass Sie 2017 aus diesem Grund Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.

Sofern Sie angegeben hatten, aufgrund der Erkrankung Ihrer Frau Ihren Herkunftsstaat verlassen zu haben, war Ihr Vorbringen ebenfalls für nicht glaubhaft zu befinden, da sich aus den Angaben Ihrer Gattin ergibt, dass diese in der Ukraine wegen ihrer Erkrankungen in Behandlung war und auch die Länderinformationen der Staatendokumentation belegen, dass eine Behandlung dieser Erkrankungen in der Ukraine möglich ist.

Diesbezüglich wird auch auf die Beweiswürdigung im Verfahren Ihrer Frau verwiesen.

Soweit Sie weiters behaupten, aufgrund der Erkrankung Ihrer Frau in Konflikt mit den Ärzten und in weiterer Folge mit den ukrainischen Behörden sowie einer „Mafiabande“ geraten zu sein, muss Ihrem Vorbringen ebenfalls die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden.

Ihre Frau hat im Gegensatz zu Ihrem Fluchtvorbringen nichts über einen angeblichen Konflikt mit den Ärzten, den ukrainischen Behörden sowie einer Mafiabande vorgebracht.

Soweit Sie behaupten, dass die Ärzte sich geweigert hätten, Ihre Frau medizinisch zu behandeln, lässt sich aus den Angaben Ihrer Frau entnehmen, dass Ihre Gattin auf drei Therapien allergisch reagierte und die Weigerung der Ärzte daher nachvollziehbar erscheint. Eine gezielt gegen Ihre Gattin gerichtete Verweigerung der Heilbehandlung lässt sich aus den Angaben Ihrer Gattin jedoch nicht ableiten.

Weiters haben Sie betreffend der angeblich von Ihnen erstatteten Anzeigen gegen die Ärzte nichts Konkretes vorgebracht und konnten nicht spezifizieren, gegen welche Ärzte, bei wem und aus welchem konkreten Anlass Sie die Anzeigen erstatten haben wollen.

Auf Grundlage der Länderinformationsblätter ist anzumerken, dass Sie und Ihre Frau sich im Fall einer Diskriminierung bzw. von Benachteiligungen seitens der Polizei oder der Ärzte durchaus an die Justiz hätten wenden können. In diesem Fall wird auf den Punkt „Rechtsschutz/Justizwesen“ der Länderinformationsblätter verwiesen.

Sie führten als weiteren Beweggrund für Ihre Ausreise ins Treffen, aufgrund der erstatteten Anzeigen einer Verfolgung sowie einer Gefährdungslage von Seiten einer Mafiabande – angeblich auch unter der Bezeichnung „die Tornadogruppe“ bekannt – ausgesetzt gewesen zu sein, die angeblich vier oder fünf Mal an Sie herangetreten sei, um Sie zu erpressen.

Sie gaben weiters an, dass Sie von unbekannten Männern – die angeblich Mitglieder dieser Mafiagruppe waren – bedroht, verfolgt und geschlagen wurden, sodass Sie gravierend verletzt wurden und im Krankenhaus an der Wirbelsäule operiert werden mussten.

Diese Behauptung, einer gezielten Verfolgung von Seiten einer Mafiagruppe ausgesetzt gewesen zu sein, ist als nicht glaubhaft zu werten, zumal diese Angaben in sich überaus widersprüchlich und vage blieben, wie dies typisch für ein konstruiertes Fluchtvorbringen ist, und Sie keine detaillierten Angaben zu Ihrer angeblichen persönlichen Bedrohungssituation tätigen konnten.

Aus Ihren Ausführungen geht nämlich hervor, dass Sie angeblich am 7. oder 8. Oktober 2015 von unbekannten Männern auf der Straße geschlagen und so gravierend an der Wirbelsäule verletzt worden sein sollen, sodass Sie operativ behandelt werden mussten. Ihre Behauptung stimmt jedoch nicht mit Ihren medizinischen Befunden überein, denn aus dem ambulanten Arztbrief der Neurochirurgie, ausgestellt am 23.11.2017, ist deutlich ersichtlich, dass Sie sich im Jahr 2013 einer dorsalen Versteifungsoperation Ihrer Wirbelsäule unterzogen haben, was bedeutet, dass Sie bereits fast zwei Jahre vor Ihrer angeblichen Gefährdungssituation an der Wirbelsäule operativ behandelt wurden.

Hinsichtlich der angeblich erlittenen Verletzungen aufgrund der Ihnen zugefügten Schläge erwiesen sich die Aussagen im Laufe der Einvernahme ebenfalls widersprüchlich. Zunächst gaben Sie an, dass Sie einen Schlag auf den Kopf bekommen hätten und davon bewusstlos geworden seien. Sie seien dann angeblich erst im Krankenhaus wieder zu Bewusstsein gekommen. Sie gaben weiters diesbezüglich an, dass Sie durch diesen Schlag eine Wirbelsäulenfraktur-, bzw. Wirbelsäulenschäden erlitten hätten und operiert worden seien.

Bei genaueren Rückfragen seitens der Behörde tätigten Sie bezüglich des Übergriffs, bei dem es zu diesen Verletzungen gekommen sein soll, jedoch widersprüchliche Angaben. So gaben Sie auf die Frage betreffend die Anzahl der Männer, die Sie geschlagen haben sollen, ausweichend an, dass Sie von hinten einen Schlag erhalten hätten und zu Boden gefallen seien. Anschließend seien Sie von vielen Männern, die Sie nicht gesehen haben wollen, so schwer geschlagen worden, sodass Sie lange Zeit Medikamente gegen Kopfschmerzen eingenommen hätten. Die Wirbelsäulenverletzung wurde von Ihnen nun gar nicht erwähnt, wobei bei einem Schlag auf den Rücken, der zur Bewusstlosigkeit führt, jedenfalls davon auszugehen ist, dass gerade die Wirbelsäulenverletzung besonders gravierend gewesen sein müsste und von Ihnen daher jedenfalls auch bei dieser zweiten Schilderung des Vorfalls erwähnt hätte werden müssen.

Weiters behaupten Sie, dass diese unbekannten Männer vier oder fünf Mal bei Ihnen zu Hause gewesen seien. Dann wiederum gaben Sie an, dass diese Männer Sie auf der Straße bzw. in Ihrem Kioskladen besucht und Sie bedroht und erpresst hätten. Sie konnten diesbezüglich jedoch keinerlei konkreten Details zu den Zeit- bzw. Ortsangaben machen.

Widersprüchlich ist weiters, dass Sie behaupteten, dass Sie die Männer, die Sie bedroht, geschlagen und verfolgt haben sollen, nicht beschreiben können, weil Sie diese angeblich nicht gesehen hätten. Immerhin behaupten Sie, dass diese mehrfach an Sie herangetreten seien, sodass es Ihnen – bei einem wahren Vorbringen – jedenfalls möglich sein sollte, eine Personenbeschreibung abzugeben. Erst gegen Ende der niederschriftlichen Einvernahme gaben Sie schließlich doch an, dass Sie einen dieser Männer erkennen würden, weil dieser Sie angeblich in Ihrem Kioskladen besucht und persönlich bedroht hätte.

Sie gaben diesbezüglich jedoch nur vage an, dass er graue Haare gehabt hätte und dass er Sie aufgrund der Festnahme seines Freundes bedroht und erpresst hätte, damit Sie die Anzeigen zurückziehen.

Es ist anzumerken, dass Sie nicht einmal sinngemäß widergeben konnten, was dieser Mann konkret zu Ihnen gesagt haben soll, als er Sie angeblich bedrohte bzw. zu erpressen versuchte. Zudem änderten Sie Ihre Aussagen betreffend die Bedrohungen seitens der Mafiabande mehrmals, ohne dass Sie dazu stringente, nachvollziehbare Angaben tätigen konnten. Daher ist Ihr Vorbringen betreffend die Mafiabande als ein reines Konstrukt zu werten und somit nicht glaubhaft.

Soweit Sie angaben, dass die Polizei Ihnen nicht geholfen und nichts gegen Ihre Gegner unternommen habe, muss dem entgegen gehalten werden, dass Sie selbst behaupteten, dass die Polizei einen Freund Ihrer Gegner verhaftet habe, und somit die Polizei offensichtlich willens und in der Lage war, Ihnen zu helfen. Sie nannten darüber hinaus auch keinerlei konkrete Institutionen, an die Sie sich gewendet hätten, um sich gegen Ihre Gegner zu wehren bzw. Anzeige zu erstatten.

Sie gaben weiters vage an, dass der unbekannte – grauhaarige – Mann Sie aufgefordert habe, die Anzeigen zurückzuziehen und Sie anschließend mit dem Umbringen bedroht habe. Wären Sie tatsächlich persönlich bedroht worden, dann sollten Sie in der Lage sein, Ihre Gegner konkret zu beschreiben. Ihre Angaben zu Ihrer Bedrohungssituation sind nicht schlüssig, weil Sie sich selbst widersprechen, indem Sie behaupten, die Männer nicht gesehen zu haben und dann doch mehrmals von diesen bedroht und sogar einmal geschlagen worden sein wollen. Später behaupteten Sie – wie oben bereits ausgeführt wurde -, dass einer dieser Männer graue Haare habe, dann wiederum beziehen Sie sich auf die Ärzte und springen von Thema zu Thema, ohne konkrete Angaben machen zu können. Ihre Aussagen im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme waren somit überaus konfus und blieben nicht nachvollziehbar.

Erst auf konkrete Nachfrage gaben Sie gegen Ende der niederschriftlichen Einvernahme an, dass Sie auch von ukrainischen Soldaten aufgefordert worden sein sollen, sich ihnen anzuschließen und in den Krieg zu ziehen. Diese Behauptung war ebenfalls als nicht glaubhaft zu werten, zumal Sie erst konkret auf dieses Vorbringen angesprochen werden mussten und dieses von sich aus bei der niederschriftlichen Einvernahme gar nicht mehr erwähnten. Sie hatten bei der Erstbefragung jedoch noch behauptet, dass Sie von einem ansässigen ukrainischen Bataillon gezwungen worden seien, sich diesem anzuschließen. Da Sie diese Behauptung mit keinerlei konkreten Angaben untermauern konnten und zudem erst auf Nachfrage überhaupt darauf zu sprechen kamen, muss davon ausgegangen werden, dass diesem Vorbringen keine Glaubwürdigkeit zukommt.

Im Hinblick auf Ihre Ausreise ist anzumerken, dass Sie diese laut eigenen Angaben längst beschlossen hatten und die Ausreise antraten, obwohl Sie im Verlauf der letzten eineinhalb Monate vor der Ausreise nach eigenen Angaben weder verfolgt, belangt noch bedroht wurden, weshalb umso mehr nicht nachvollziehbar ist, weshalb Sie sich überhaupt zur Ausreise entschlossen haben wollen.

Ergänzend ist noch anzumerken, dass auch Ihre Gattin die von Ihnen behauptete Bedrohungssituation nicht bestätigen konnte, sondern behauptete, dass Sie nichts Konkretes über Ihre Probleme wissen würde.

Zusammenfassend muss daher festgestellt werden, dass die von Ihnen behaupteten Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates nicht einmal ansatzweise als glaubwürdig erachtet werden konnten.

Weitere Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates wurden von Ihnen nicht vorgebracht.

Darüber hinaus haben Sie sich in Ihrem Herkunftsstaat nicht politisch engagiert und hatten nach eigenen Angaben auch nie persönlich Probleme mit den Behörden Ihres Herkunftsstaates.

Eine Gefährdungslage für den Fall einer Rückkehr wurde nicht glaubhaft gemacht und es waren die entsprechenden Feststellungen zu Ihrer Rückkehrsituation zu treffen.

Die Feststellung zur Sicherheitslage und der Möglichkeit, sich in der Ukraine niederzulassen, beruhen auf den Länderfeststellungen der Staatendokumentation.

Im Fall der Rückkehr sind Sie mit den kulturellen Rahmenbedingungen der Ukraine vertraut, da Sie Ihr Leben großteils in der Ukraine verbracht haben. Sie verfügen über Schulbildung und Berufserfahrung, was Ihnen die Arbeitssuche im Fall der Rückkehr wesentlich erleichtern wird. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Ihre Familie Sie finanziell unterstützen kann. Sie verfügen über ein Eigentumshaus und zwei Kioskläden, somit hätten Sie und Ihre Familie Unterkunftsmöglichkeiten und Ihr Lebensunterhalt wäre gesichert. (…)“

Die beschwerdeführenden Parteien könnten in der Ukraine im von ihnen vormals bewohnten Eigentumshaus Unterkunft nehmen und der Drittbeschwerdeführer könnte neuerlich für den Lebensunterhalt der Familie durch Teilnahme am Erwerbsleben aufkommen. Die Erstbeschwerdeführerin leide an Polyarthritis, einer entzündlichen Autoimmunerkrankung, und benötige aus diesem Grund eine näher bezeichnete Medikation. Beim Drittbeschwerdeführer bestünden die Diagnosen einer Vertrebrostenose nach dorslaer Spondylodes, Pernaeusparese sin, st.p. WK Fraktur L1 mit dorsaler Spondylodese sowie unklare Parästhesien und Tremor beider Beine. Die bei den beschwerdeführenden Parteien vorliegenden Erkrankungen seien im Herkunftsstaat einer adäquaten Behandlung zugänglich.

Die beschwerdeführenden Parteien würden im Bundesgebiet ein Familienleben lediglich untereinander führen und hätten keine maßgeblichen privaten Bindungen im Bundesgebiet begründet. Da die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber den privaten Interessen der beschwerdeführenden Parteien an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden und auch keine Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 hervorgekommen seien, erweis sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als verhältnismäßig.

3. Mit Eingabe vom 17.12.2018 wurde durch den nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwalt fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben, in welcher die dargestellten Bescheide vollumfänglich angefochten wurden. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, der Drittbeschwerdeführer habe nachvollziehbare und überprüfbare Angaben dazu erstattet, was ihm im Herkunftsstaat widerfahren sei. Beantragt werde die Beiziehung eines Vertrauensanwalts und/oder Einholung eines länderkundlichen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Drittbeschwerdeführer misshandelt worden sei bzw. in die Armee aufgenommen werden sollte. Die beschwerdeführenden Parteien hätten dargelegt, dass sie einen entsprechenden Schutz im Herkunftsland nicht hätten finden können. Zudem hätten sie auf deren gesundheitliche Problematik verwiesen, jedoch sei von Seiten der Behörde nicht weiter auf dieses Thema eingegangen worden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten dargelegt, dass sie sich binnen der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich entsprechend integriert hätten. Es werde die Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass die beschwerdeführenden Parteien eine Behandlung im Herkunftsland nicht entsprechend erfahren hätten können bzw. sich deren Gesundheitszustand für den Fall der Notwendigkeit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entsprechend verschlechtern würde. Festgehalten werde zudem, dass zum Zeitpunkt der Einvernahme der beschwerdeführenden Parteien bei der Behörde das Ausmaß der Erkrankungen nicht bekannt gewesen sei. Beiliegend übermittelt wurden ärztliche Unterlagen vom 17.07.2018, 27.11.2018, 29.11.2018 und vom 03.12.2019 sowie Lichtbilder von der Hand der Erstbeschwerdeführerin.

4. Die Beschwerdevorlagen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langten am 20.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Mit Eingaben vom 18.02.2019, 15.05.2019, 04.06.2019, 23.07.2019, 24.09.2019, 12.11.2019, 27.01.2020, 05.03.2020, 23.06.2020, 05.10.2020, 23.12.2020, 21.06.2021, 08.07.2021 und 12.07.2021 wurden ärztliche Unterlagen betreffend die Erstbeschwerdeführerin übermittelt.

6. Mit Schreiben vom 18.06.2021, eingelangt beim BvWG am 21.06.2021 wurde mitgeteilt, dass die Personendaten der drei BF falsch seien, in einem handschriftlichen Schreiben an den Rechtsvertreter teilen diese ihre richtigen Namen mit, da sie so nicht mehr weiterleben wollten.

Im Anhang werden div. kopierte Unterlagen übermittelt:

Heiratsurkunde der BF 1 und BF 2 Standesamtes des XXXX vom XXXX , daraus ergibt sich die Staatsangehörigkeit der „Russischen Föderation für den BF 3 und die Staatsangehörigkeit der „Republik Armenien“ für die BF 1.

Kopien von nahezu unleserlichen russischen Reisepässen für die BF1 bis BF3.

Weiters wird ein länderkundiges Sachverständigengutachten dahingegen beantragt, dass eine adäquate medizinische Versorgung der XXXX (Diagnose lt. AKH Befunde „Familiäres Mittelmeerfieber“) in „Armenien“ nicht möglich sei.

7. An 01.07.2021 langt eine Anzeige der LPD NÖ ein, aus der hervorgeht, dass der BF 3 am 04.06.2021 in XXXX als Lenker eines PKW angehalten worden ist und sich mit einem gefälschten ukrainischen Führerschein lt. auf den Namen ( XXXX ) ausgewiesen hat. Es wurde am 27.08.2021 eine Anzeige an die STA XXXX wegen § 224 StGB erstattet. Daraufhin wurde die STA XXXX eine Kopie der am 21.06.2021 eingelangten Unterlagen (Angabe von falsche Personendaten) übermittelt.

8. Mit Schreiben vom 07.07.2021, eingelangt beim BvWG am 08.07.2021 wurde mitgeteilt, dass die der BF 1 in Österreich verabreichten Medikamente bzw. Infusionen in der Russischen Föderation bzw. auch in Armenien nicht erhältlich seien bzw. wenn überhaupt, lediglich unter Aufwendungen entsprechen hoher Eigenmittel.

Weiters wird ein medizinisches Sachverständigengutachten dahingegen beantragt, dass eine adäquate medizinische Versorgung der XXXX (Diagnose lt. AKH Befunde „Familiäres Mittelmeerfieber“) in der „Russischen Föderation“ nicht möglich sei, da diese Medikamente nicht erhältlich seien bzw. diese lediglich unter Aufwendungen enormen finanziellen Aufwandes beschafft werden könnten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. als Verfahrensgang dargelegten Ausführungen werden als Feststellungen der vorliegenden Entscheidung zugrunde gelegt.

Da die Identität der BF weiterhin nicht feststeht, wurden im Spruch noch die beim Antrag auf internationalen Schutz angegebenen Personaldaten verwendet, die neu angegebenen Personendaten wurden als Aliasdaten verwendet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Bei einer Aufhebung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheides in Form eines Erkenntnisses. Diese Form der negativen Sachentscheidung ist von der Formalerledigung des Verfahrens durch Aufhebung und Zurückverweisung mit Beschluss nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz und Abs. 4 VwGVG zu unterscheiden.

Zum Spruchteil A

3.5. Zur ersatzlosen Behebung der angefochtenen Bescheide:

3.5.1. Mit Schreiben des Rechtsvertreters vom 18.06.2021 der BF 1 bis BF3, wurde bekannt gegeben, dass die im Verfahren angegebenen Personendaten und die Staatsangehörigkeit welche im Verfahren vor dem BFA angegeben wurden falsch seien.

Es wurden dazu div. Unterlagen in Kopie (schwer leserlich) übermittelt.

Das gesamte bisherige Verfahren der drei BF wurde in der Annahme ihrer ukrainischen Staatsangehörigkeit geführt, tatsächlich sind sie jedoch entweder Staatsangehörige von „Armenien“ oder der „Russischen Föderation“

Die Ermittlung des Herkunftsstaates des Asylwerbers stellt einen zentralen Punkt im Asylverfahren dar, die belangte Behörde trifft jedoch kein Verschulden an der Feststellung der falschen Staatsangehörigkeit „Ukraine“ sondern wurde dies durch falsche Angaben der BF herbeigeführt.

Die beschwerdeführenden Parteien hätten zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens im Bundesgebiet die Möglichkeit und auch – und gemäß ihrer Mitwirkungspflicht - die Verpflichtung gehabt, ihre bisherigen falschen Angaben zu ihrer Personaldaten bzw. zur Staatsangehörigkeit richtigzustellen. Dies wurde aber erst nachdem der BF 3 wegen der Verwendung eines gefälschten ukrainischen Führerscheines angezeigt wurde gemacht.

Nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Nach Abs. 3 Z 4 leg. cit. gehören zu den in Abs. 1 Z 1 genannten Anhaltspunkten insbesondere auch die Staatsangehörigkeit, im Falle der Staatenlosigkeit der Herkunftsstaat. Die beschwerdeführenden Parteien haben erst zugegeben Staatsangehörige Kasachstans zu sein, als diese Tatsache durch das Schreiben der ÖB Nursultan bereits unwiderlegbar feststand. Durch die beharrliche, nämlich jahrelang bewusste Falschangabe der beschwerdeführenden Parteien ukrainische Staatsangehörige zu sein, haben die Beschwerdeführer ihre Mitwirkungspflichten in ihren Asylverfahren ganz erheblich verletzt und liegt zumindest der Verdacht nahe, dass sie versucht haben, sich durch dieses Verhalten einen (rechtmäßigen) Aufenthalt bzw. einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet zu erschleichen.

3.5.2. Gegenständlich ist, aufgrund des eingebrachten Schreibens der BF, nämlich das mittlerweile feststeht, dass die BF nicht die ukrainische Staatsangehörigkeit besitzen, jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts, eine Kassation nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht zielführend, zumal der maßgebliche Sachverhalt, die tatsächliche Staatsangehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien, nicht feststeht. Nach § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht. Gegenständlich ist der maßgebliche Sachverhalt daher als unvollständig zu betrachten, weshalb das Ermittlungsverfahren in casu, hinsichtlich der Staatsangehörigkeiten der beschwerdeführenden Parteien, neu durchzuführen ist.

Dem Kommentar von Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) ist zu entnehmen, dass es sich bei der ersatzlosen Behebung gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 3 erster Satz VwGVG (VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162) um eine – wenn auch „negative“ – Entscheidung „in der Sache selbst“ handelt (VwGH vom 25.02.2016, Ra 2015/07/0170; VwGH vom 28.06.2016, Ra 2015/17/0082), die erst dann getroffen werden darf, wenn der dafür maßgebende Sachverhalt geklärt ist, das heißt von vornherein feststeht oder vom VwG festgestellt wurde (vgl. auch VwGH vom 05.10. 2016, Ra 2016/19/0208). Eine sog. „ersatzlose“ Behebung hat daher dann zu erfolgen, wenn am Ende des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens feststeht, dass in dieser Sache überhaupt kein förmlicher Abspruch erfolgen darf oder zumindest von der belangten Behörde kein Bescheid erlassen werden durfte (vgl. Leeb, Verfahrensrecht 109 f). Eine solche Behebung ist insofern „ersatzlos“, als weder das VwG darin einen über die Kassation des angefochtenen Bescheides hinausgehenden Spruch in der Sache der Unterinstanz treffen soll (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 1061; vgl auch AVG § 66 Rz 97) noch die(selbe) Verwaltungsbehörde ein weiteres Mal über dieselbe Sache befinden soll (vgl. VwGH vom 25.03.2015, Ro 2015/12/0003; VwGH vom 23.03.2016, Ra 2016/12/0008).

3.5.3. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kommt eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das BVwG hinsichtlich des tatsächlichen Herkunftsstaates der beschwerdeführenden Parteien aus folgenden Gründen jedoch auch nicht in Betracht:

Erstmals vor dem BVwG würde eine Prüfung der Anträge des BF1 bis BF3 auf internationalen Schutz hinsichtlich ihres Herkunftsstaates Armenien/Russische Föderation durchgeführt werden. Es ist nicht im Sinne des österreichischen Verwaltungsverfahrens, dass die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz beim Bundesverwaltungsgericht erstmals in Hinblick auf ihren tatsächlichen Herkunftsstaat geprüft werden, zumal diesem Verfahren ein anderer Herkunftsstaat als der bisher Angenommene zugrunde zu legen wäre. Dadurch würde den beschwerdeführenden Parteien eine erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich ihres tatsächlichen Herkunftsstaates verwehrt, was insbesondere aufgrund von Erwägungen des Rechtsschutzes nicht in Betracht kommt. Gerade dann, wenn asylrelevante Verfolgung und subsidiärer Schutz hinsichtlich des neuen Herkunftsstaates nun nur vom BVwG, sohin von der Beschwerdeinstanz, geprüft würde, würden die Verfahren der BF unzulässig um eine Instanz verkürzt und würde ihnen die Möglichkeit genommen werden, gegen erstinstanzliche Bescheide ein Rechtsmittel zu erheben. Dem erkennenden Gericht ist grundsätzlich bewusst, dass ein möglichst rasches Verfahren, das nicht zwischen den Instanzen wechselt, von hohem rechtsstaatlichem Interesse ist, in casu kommt eine meritorische Entscheidung jedoch aus oben angeführten Gründen in Betracht.

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Nach § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.5.4. Sowohl § 3, als auch § 8 AsylG stützen sich bei der Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz jeweils auf den Herkunftsstaat eines Beschwerdeführers, wobei gemäß § 2 Z 17 AsylG unter dem Herkunftsstaat jener Staat zu verstehen ist, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Der Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Parteien lautet nicht „Ukraine“, wie in den angefochtenen Bescheiden festgestellt.

Eine Prüfung der Asylanträge der BF1 bis BF3 hinsichtlich des „Herkunftsstaates“ Ukraine war daher nicht nur unrichtig, sondern auch rechtswidrig, weil weder die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten, noch des Status von subsidiär Schutzberechtigten für die beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich des „Herkunftsstaates“ Ukraine in Betracht kommt. Auch die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung der drei BF in den „Herkunftsstaat“ Ukraine ist nicht zulässig und rechtswidrig. Insgesamt hätten die Absprüche in den angefochtenen Bescheiden der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich des „Herkunftsstaates“ Ukraine nie ergehen dürfen, schlicht, weil es sich dabei nicht um den tatsächlichen Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Parteien handelt, weshalb in der Folge die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 2 und 5 VwGVG spruchgemäß ersatzlos zu beheben waren.

3.5.5. Da die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz der BF 1 bis BF3 in Bezug auf einen unrichtigen Herkunftsstaat geprüft worden sind, weil fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, dass diese Staatsangehörige der Ukraine wären, müssen nun in der Folge neue Verfahren in Bezug auf den neu ermittelten Herkunftsstaat durchgeführt werden.

Da der BF3 schon hinsichtlich der Verwendung eines gefälschten ukrainischen Führerscheines angezeigt wurde wird angeregt hinsichtlich der in schlechter Kopie vorgelegten Reisepässe der Russischen Föderation, diese im Bundeskriminalamt auf ihr Echtheit überprüfen zu lassen und auch den rechtmäßigen Erwerb einer Staatsbürgerschaft zu hinterfragen, wie aus dem LIB zur Russischen Föderation amtsbekannt werden dort auch Originaldokumente gegen entsprechende Bezahlung verkauft.

3.5.6. Die BF1 hat mittlerweile zahlreiche medizinische Unterlagen hinsichtlich ihrer Erkrankung wegen „familiären Mittelmeerfiebers“ beigebracht, auch wurden ein Antrag auf Einholung eines medizinischen bzw. länderkundlichen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Erkrankung bzw. hinsichtlich der Verfügbarkeit der in Österreich verordneten Medikamente/Infusionen im Heimatstaat (Armenien oder Russischer Föderation) gestellt.

Es darf daran erinnert werden, dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 22.11.2018 (siehe AS 342) noch davon ausgegangen ist (ihre Behauptung an familiären Mittelmeerfieber zu leiden ist nicht nachvollziehbar) das die Erkrankung nicht vorliegt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung falsche Angaben Herkunftsstaat Kassation Mitwirkungspflicht Rechtsschutzinteresse Rechtswidrigkeit Staatsangehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W103.2211524.1.00

Im RIS seit

19.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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