TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/22 G307 2240208-1

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Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs6

Spruch


G307 2240208-1/10E

Schriftliche Ausfertigung des am 10.03.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

Im NAMEN der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Äthiopien alias Somalia, vertreten durch den Verein „We move together“ in 1120 Wien, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2021, Zahl XXXX und die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX .2021, 14:55 Uhr nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 10.03.2021 zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III.    Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich ein und stellte am 05.04.2016 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

2. Mit Bescheid vom 13.08.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) diesen Antrag in vollem Umfang ab, stellte fest, dass die Abschiebung des BF nach Äthiopien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung fest.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2020 als unbegründet abgewiesen, die Revision für nicht zulässig erklärt und erwuchs in Rechtskraft.

4. Mit Bescheid vom 19.02.2021, dem BF zugestellt am selben Tag um 14:55 Uhr, ordnete das BFA gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG gegenüber dem BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) mit undatiertem Schreiben, beim BVwG eingelangt am 08.03.2021 Beschwerde, wobei das Bescheiddatum irrtümlich mit 24.02.2021 bezeichnet wurde.

6. Am 10.03.2021 fand vor dem erkennenden Gericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und eine Mitarbeiterin seiner RV teilnahmen sowie XXXX als Zeuge vernommen wurde. Im Anschluss daran wurde die – hier schriftlich ausgefertigte – Entscheidung mündlich verkündet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1. Der BF führt den Namen XXXX , ist am XXXX geboren und äthiopischer Staatsangehöriger; es konnte (bis dato) jedoch nicht festgestellt werden, dass der BF (auch) Staatsbürger Somalias ist. Die Muttersprache des BF ist Somali, welche nicht nur in Somalia, sondern auch im Osten Äthiopiens, Kenias und Tansanias gesprochen wird.

1.2. Die Eltern des BF, seine zwei Brüder sowie sechs Schwestern leben in XXXX in Äthiopien. Er reiste von dort im Oktober 2015 aus.

1.3. Der BF verließ das ihm in der Grundversorgung zugewiesene Quartier, nämlich die XXXX am XXXX .2021 und war für die belangte Behörde bis zum XXXX .2021 nicht mehr greifbar. In diesem Zeitraum hielt er sich – ohne Zustimmung weder der Gebäudeverwaltung, der XXXX , noch der Eigentümerin, der XXXX – rund eine Woche lang (vor Erlassung der Schubhaft) bei XXXX in der XXXX sowie an anderen unbekannten Orten auf. Dies teilte er dem Bundesamt nicht mit.

Der BF war vom XXXX .2021 bis XXXX .2021 nicht gemeldet und war der belangten Behörde der Aufenthaltsort während dieser Zeitspanne nicht bekannt.

1.4. Am XXXX .2021 erschien der BF im Amt der XXXX Landesregierung. Dort gab er vor der zuständigen Referentin an, er habe die von ihm bewohnte Unterkunft verlassen, weil er sich einen Anwalt habe suchen wollen, um eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu erheben. Da er in XXXX diesbezüglich nicht fündig geworden sei, habe er sich nach XXXX begeben, wo er bei Freunden gewohnt und eine Anwältin gefunden habe. Nunmehr sei er wieder nach XXXX zurückgekehrt, verfüge jedoch über keine Unterkunft.

Nachdem dem BF von Seiten der Abteilung 13 des Amtes der XXXX Landesregierung als neues Quartier das XXXX angeboten worden war, lehnte er auch diese Unterkunft ab, erbat sich „Bedenkzeit“ und verließ um 09:30 Uhr das Amtsgebäude. Um 10:00 Uhr erschien der BF abermals vor der erwähnten Abteilung, verwies auf seinen soeben durchgeführten, negativen Corona-Test und hob neuerlich hervor, das besagte Quartier nicht in Anspruch nehmen zu wollen. Auf die Frage der Leiterin der Amtshandlung, wo der BF derzeit wohne, meinte er, aktuell über keine Unterkunft zu verfügen.

1.5. Am XXXX .2021 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes, über welchen noch nicht entschieden wurde. Dieser wurde augenscheinlich gestellt, um die Abschiebung des BF zu verzögern oder hintanzuhalten. Am 19.03.2021 wurde der BF gemäß § 29 AsylG darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, diesen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

1.6. Der BF ging bis dato keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebte bis XXXX .2021 aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung.

1.7. Der BF verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich und kann auf keine private, nicht nur vorübergehende, gesicherte Unterkunft zurückgreifen.

1.8. Mit Stichtag 22.03.2021 besitzt der BF Barmittel in der Höhe von € 542,80. Diese stammen von Ersparnissen aus der Grundversorgung.

1.9. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.10. Das Bundesamt führt seit XXXX .2020 mit der äthiopischen Botschaft in Genf ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ). Dieses wurde bis dato zwei Mal, nämlich am 23.12.2020 und 05.03.2021 urgiert. Ergänzend bemüht die belangte Behörde die österreichische Botschaft in Nigeria, um dieses Verfahren zu beschleunigen und darin zu vermitteln.

2. Beweiswürdigung

Die festgestellte Identität des BF wie der Verbleib seiner Eltern und Geschwister stützen sich auf dessen Angaben in diesem sowie in den zu W251 2169327-1 geführten Verfahren, den Inhalt der Geburtsurkunde und seines Befähigungsnachweises. An dessen Muttersprache bestanden – schon wegen der Beiziehung von Dolmetschern der Sprache Somali und seiner Herkunft aus der Gegend rund um Bombas, wo diese auch gesprochen wird – keine Zweifel.

Es war hingegen nicht feststellbar, dass der BF aus Somalia stammt. So wurde der BF von Beginn des bereits rechtskräftig beendeten ersten Asylverfahrens an als äthiopischer Staatsbürger angesehen (siehe das im ersten Absatz erwähnte Erkenntnis) und wurde diese Entscheidung auch nicht vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten. Somit konnte der BF auch nicht glaubhaft machen, dass sein (angeblich von Beginn an getätigtes) Vorbringen, er sei Somalier, niemals Gehör gefunden habe, zumal er die mit ihm aufgenommenen Niederschriften und Einvernahmen – nach Rückübersetzung – immer mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Wenn die RV in der mündlichen Verhandlung am 10.03.2021 vermeinte, ein äthiopischer Befähigungsnachweis und eine ebensolche Geburtsurkunde stellten keinen Staatsbürgerschaftsnachweis dar, so ist dies zwar richtig. Dennoch ist in beiden Dokumenten ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen der äthiopischen Staatsbürgerschaft zu sehen. Demgegenüber konnten weder der BF noch seine RV den Bestand der somalischen Staatsangehörigkeit untermauern. Dem Bundesamt war demgemäß die Einleitung eines HRZ-Verfahrens mit Äthiopien – und eben nicht mit Somalia – nicht vorzuwerfen.

Ergänzend sei dazu bemerkt, dass die Sprache Somali nicht nur in Somalia, sondern auch in Djibouti, Kenia und eben auch in Äthiopien, somit auch in Jijiga, das ist jener Ort, wo sich der BF vor seiner Ausreise aufgehalten hat, gesprochen wird (siehe Somali (Sprache) – Wikipedia).

Das Verlassen des Grundversorgungsquartiers sowie die weiteren unter I.1.3 und I.1.4. festgestellten Umstände folgen dem Inhalt der am XXXX .2021 vor der Abteilung 13 des Amtes der XXXX Landesregierung mit dem BF aufgenommenen Niederschrift.

Die Stellung des neuerlichen Antrages auf Gewährung internationalen Schutzes und die Verständigung über dessen beabsichtigte Zurückweisung ergeben sich aus dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem zentralen Fremdenregister (IZR) wie jenem der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2021. Der BF konnte nicht schlüssig darlegen, weshalb er mit der dahingehenden Antragstellung so lange zugewartet hat. Dass er sich nun auf die somalische Staatsbürgerschaft beruft, geht – wie bereits erwähnt – ins Leere. Wegen der Antragstellung erst nach Anordnung der Schubhaft und der geltend gemachten Fluchtgründe ist es offenkundig, dass der BF diesen Antrag ausschließlich gestellt hat, um seine Abschiebung zu verzögern oder zu verhindern.

Dass der BF bisher keine Beschäftigung ausgeübt hat, ist aus dem Inhalt seines Sozialversicherungsdatenauszuges ersichtlich. Sein Kontostand ist der Vollzugsdateninformation vom 22.03.2021 zu entnehmen. Die Herkunft dieser Mittel hat der BF in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt. Die Sicherung der Existenz durch die Grundversorgung bis zum XXXX .2021 findet ihren Niederschlag in dem dahingehenden Auszug.

Die fehlende Meldung zwischen XXXX .2021 und XXXX .2021 ist aus dem ZMR-Auszug des BF ersichtlich und konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass das BFA über seinen jeweiligen Aufenthaltsort Bescheid wusste. Dass seine RV von seinem Aufenthalt wusste und er sich bei dem heute als Zeugen geladenen Freund aufgehalten hat, entbindet weder ihn noch seine RV von der Mitwirkungspflicht, wäre es an ihm oder der RV (deren Existenz war dem BFA im Übrigen vor Erhebung der Schubhaftbeschwerde nicht bekannt) gelegen, das Bundesamt von seinem aktuellen Aufenthalt zu informieren. Was einen telefonischen Kontakt betrifft, hätte die belangte Behörde selbst bei einem erfolgreichen Kontakt mit dem BF nicht selbstredend davon ausgehen können, dass sich tatsächlich der BF am anderen Ende der Leitung befindet. Auch eine Kontaktaufnahme per Email war für das BFA nicht geboten, zumal es dem BF oblag, sich mit dem BFA kurzzuschließen.

Dass dem BF an der Anschrift des XXXX kein Wohnrecht zukam, ergibt sich einerseits aus dem in der mündlichen Verhandlung auszugsweise verlesenen Mietvertrag, wonach das Mietobjekt nicht anderen Personen gänzlich oder teilweise überlassen werden darf, in keinem Fall sei es dem Mieter gestattet sei, aus diesem Vertrag an dritte Personen das Mietobjekt ohne Zustimmung der Vermieterin zu überlassen, andererseits konnte der BF bis dato keine Erlaubnis der XXXX oder der Eigentümerin ( XXXX ) vorlegen. Wenn die RV dahingehend meint, sie selbst habe einen ähnlichen Mietvertrag unterzeichnet und immer Leute bei ihr wohnen lassen können, ersetzt diese Behauptung nicht die vorliegend nötige Erlaubnis von Hausverwaltung oder Eigentümer, dort Unterkunft zu nehmen. Vom Bestand einer gesicherten, nicht nur vorübergehenden Unterkunft kann daher keine Rede sein.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit folgt dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Das von der belangten Behörde seit XXXX .2020 geführte und bis dato zwei Mal urgierte Verfahren ergibt sich aus den diesbezüglich im Akt einliegenden Schriftstücken vom 18.11.2020 und 05.03.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Beschwerdegegenstand und Prüfungsumfang:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden der Schubhaftbescheid selbst und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft seit 19.02.2021 angefochten.

3.2. Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A.I.):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a.       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b.       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.       es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.       drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.       sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.       die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.       eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.       der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.       die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhaltes haben sich die Erlassung des Schubhaftbescheides und die seit 19.02.2021, 14:55 Uhr, andauernde Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig erwiesen:

Die belangte Behörde hat die Anordnung der Schubhaft gegen den unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF und die anschließende Anhaltung in Schubhaft ab XXXX .2021, 14:55 Uhr, zunächst auf § 76 Abs. 2 Z 2 (iVm. Abs. 3) FPG gestützt. Das BFA ging dabei auf Grund der von ihr festgestellten Umstände vom Vorliegen eines Sicherungsbedarfs wegen Fluchtgefahr aus.

Der BF kehrte – beginnend mit XXXX .2021 – bis zum XXXX .2021 nicht mehr in die Grundversorgung zurück, äußerte sich beim Verlassen nicht näher über seinen zukünftigen Aufenthaltsort und teilte diesen während der besagten Zeitspanne weder dem Amt der XXXX Landesregierung noch dem BFA mit. Die Existenz der RV war der belangten Behörde zum damaligen Zeitpunkt (noch) nicht bekannt.

Gegen den BF bestand seit 20.11.2021 eine rechtskräftige, negative Asylentscheidung verbunden mit einer 14tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise, welcher er nicht Folge leistete.

Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben und kann auf keine intensiven, nennenswerten sozialen Bindungen zurückgreifen. Auch verfügt er, wie in den Feststelllungen hervorgehoben, über keine gesicherte, nicht nur vorübergehende Unterkunft.

Die ihm zur Verfügung stehenden Barmittel reichen ebenso wenig, um seine Existenz über einen längeren Zeitraum – betrachtet man die der Lebenserfahrung nach im Schnitt zu befriedigenden Bedürfnisse wie Nahrung und Kleidung sowie Unterkunft – somit wohl kaum mehr als 1 Woche, zu sichern. Daher reicht diese Summe ihrer Höhe nach nicht, um an die Stelle der Schubhaft zu treten. Ferner ist zu beachten, dass diese Mittel aus Ersparnissen der Grundversorgung stammen und ihm nicht von anderer Seite zur Verfügung gestellt wurden.

Des Weiteren kann im Fall der vom Freund zur Verfügung gestellten Wohnung auch nicht von einer privaten, gesicherten, nicht nur vorübergehenden Unterkunft gesprochen werden. Im Mietvertrag findet sich der Passus, dass eine Untervermietung an die Zustimmung der Eigentümerin, nämlich hier der XXXX oder zumindest der XXXX gebunden wäre. Dies konnte jedoch nicht bescheinigt werden. Der BF war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er hat kein legales Einkommen.

Der BF besuchte etwa zwar 2 Deutschkurse, absolvierte mehrere Lehrveranstaltungen der XXXX und einen Vorbereitungslehrgang zur Pflichtschulabsolvierung. Solche Fakten beseitigen jedoch das Vorliegen der Fluchtgefahr nicht.

All diese Umstände rechtfertigten im Zusammenhalt mit dem bisherigen Verhalten des BF die Anordnung der Schubhaft.

Das Bundesamt hat daher diese zu Recht auf § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 gestützt.

Insbesondere aber durch den unsteten Aufenthalt über rund zwei Wochen wie den Unwillen, die ihm zugewiesene Unterkunft weiter zu bewohnen, musste sich für die Behörde der Schluss aufdrängen, dass der BF weder einer periodischen Meldeverpflichtung nachkommen noch in einer ihm zugewiesenen Unterkunft verbleiben werde.

Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.

Insgesamt erwies sich die Anordnung der Schubhaft somit als rechtmäßig.

Der BF stellte nach Anordnung der Schubhaft am XXXX .2021 um 16:00 Uhr und während aufrechter Anhaltung einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde von der belangten Behörde mit Aktenvermerk vom 24.02.2021 unter Angabe der näheren Gründe festgehalten und dem BF am selben Tag um 19:25 Uhr mit der erforderlichen Übersetzung nachweislich zur Kenntnis gebracht.

Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß (§ 76 Abs. 6 FPG).

Die belangte Behörde ist bei der ihrer Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 76 Abs. 6 FPG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass berechtigte Gründe zur Annahme bestanden, dass der BF den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zur Verzögerung bzw. Vereitelung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme (Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung nach Äthiopien) stellte (zu § 76 Abs. 6 FPG, insbesondere zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft, siehe VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0204; 19.09.2019, Ra 2019/21/0234; weiters 24.10.2019, Ra 2019/21/0198).

Für das erkennende Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft ergeben, dass der BF nach Erlassung des Schubhaftbescheides und während aufrechter Anhaltung den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zum Zweck der Vereitelung bzw. jedenfalls zur Verzögerung einer ihm drohenden Abschiebung nach Äthiopien stellte. Dem BF ist somit auch vorzuhalten, dass er nicht bereits vor der Schubhaft – konkret nach Beendigung des ersten Verfahrens – einen derartigen Antrag gestellt, sondern bis 5 Tage nach Anordnung der Schubhaft zugewartet hat.

In diesem Zusammenhang erwies sich auch die nunmehrige Behauptung des BF in der Verhandlung, er sei (trotz eindeutiger Hinweise, aus Äthiopien zu stammen und dortiger Staatsbürger zu sein) Somalier, als Ankerpunkt für die Aufrechterhaltung der Schubhaft.

Aus den dargelegten Gründen konnte die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgehen, dass die Motivation des BF für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich darin gelegen war, damit eine drohende Aufenthaltsbeendigung bzw. Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu verhindern oder jedenfalls zu verzögern.

Die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft des BF auch nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am 24.02.2021, 16:00 Uhr, erwies sich daher gemäß § 76 Abs. 6 FPG als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde auch diesbezüglich als unbegründet abzuweisen war.

Was das von der RV in Abrede gestellte Vorliegen der Fluchtgefahr betrifft, zählen nicht deren subjektive Ansichten, sondern ergibt sich aus der Rechtsprechung des VwGH, dass bei deren Beurteilung objektive Kriterien anhand des jeweiligen Falles in Betracht zu ziehen seien (siehe: VwGH vom 11.05.2017, Zahl Ra 2015/21/0108).

Schließlich bilden die bisherige Dauer des Verfahren und die noch bis zur Erlangung eines HRZ vergehende Zeit noch kein Kriterium für die Aufhebung der Schubhaft. Das HRZ wird von der belangten Behörde urgiert und kann aufgrund des von der RV ins Treffen geführten einzigen Falles einer bereits zweijährigen Dauer kein selbstredender Schluss auf die Nichterlangung eines HRZ im gegenständlichen Fall gezogen werden. Da gegenständlich § 80 Abs. 5 FPG zum Tragen kommt, müsste das Bundesamt das HRZ innerhalb von 10 Monaten erlangen. Dafür, dass dies nicht der Fall sein werde, ergeben sich aktuell (noch) keine Anhaltspunkte.

3.3. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):

Den oben unter Punkt 3.2. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu. Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen:

Der vom BF neuerlich gestellte Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes ist zwar im Laufen, doch begründete der BF diesen mit den Worten, in „Äthiopien haben Somalier keine Gerechtigkeit“.

Zudem wurde der BF bereits über die Absicht der belangten Behörde, den Antrag wegen entschiedener Sache zurückweisen zu wollen, in Kenntnis gesetzt.

Das HRZ-Verfahren wird von der belangten Behörde intensiv, tiefgründig und unter Mithilfe der österreichischen Botschaft in Nigeria betrieben. Ferner gibt es mehrere Identitätsdokumente zur Person des BF. Eine tatsächlich mögliche und auch zeitnahe Rückführung des BF in den Herkunftsstaat ist daher aus derzeitiger Sicht jedenfalls nicht ausgeschlossen oder völlig unwahrscheinlich.

Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des rückkehrunwilligen BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einer fehlenden sozialen Verankerung in Österreich nach wie vor als begründet. Es ergaben sich keinerlei Anzeichen, dass der BF freiwillig nach Äthiopien zurückkehren wolle.

Ein - nunmehr verstärkter - Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist somit weiterhin gegeben. Ein gelinderes Mittel ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erweist sich vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.

Die in § 80 Abs. 5 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von 10 (zehn) Monaten wurde, wie schon erwähnt, zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.4. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Da die Beschwerde abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurden, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und der BF unterlegene Partei.

Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.

Es war daher spruchgemäß dem BF als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.

In der Beschwerde wurde kein Antrag auf Kostenzuspruch gestellt, weshalb dahingehend nichts auszusprechen war.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines „Kostenrisikos“ nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.


Schlagworte

Aufwandersatz Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2240208.1.01

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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