TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/9 W202 2243945-1

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Veröffentlicht am 09.11.2021
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Entscheidungsdatum

09.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch


W202 2243945-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Schlaffer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2021, Zl. 561151604-201270025, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Serbiens, stellte am 19.10.2020 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG und übermittelte zugleich verschiedene Dokumente.

2. Am 17.12.2020 erteilte das BFA der Beschwerdeführerin einen Auftrag zur Verbesserung ihres Antrags durch die Vorlage weiterer Dokumente.

3. Am 16.03.2021 fand eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde statt, in welcher sie im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll gab: Sie wolle ihren Antrag gemäß § 56 AsylG zurückziehen und einen neuen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG stellen.

Die Beschwerdeführerin habe keinen Aufenthaltstitel für Österreich oder einen anderen Staat des Schengen-Raums, sie habe einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltstitels (NAG) bei der Wiener Magistratsabteilung 35 (MA 35) gestellt, welcher abgewiesen worden sei. Sie sei im Juni 2020 nach Österreich eingereist und auch nach Abweisung ihres Antrags im Bundesgebiet verblieben, da sie krank sei. Sie habe Darmkrebs gehabt und sei im August 2020 in Wien operiert worden. Vor ihrer Einreise nach Österreich habe die Beschwerdeführerin in Serbien gelebt. In Serbien habe sie keine Angehörigen, sie habe dort vor allem als Putzfrau gearbeitet. In Österreich lebe sie bei ihren erwachsenen Kindern, sie habe zwei Söhne und zwei Töchter sowie Enkelkinder. Sie werde von ihren Söhnen versorgt und bekomme eine Witwenpension in Höhe von 550 Euro.

4. Mit Bescheid des BFA vom 28.05.2021 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 19.10.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 9 BFA-VG iVm § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend betreffend Spruchpunkt I. wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in Serbien hauptsozialisiert worden sei, sie habe dort eine Grundschule besucht und gearbeitet. In Österreich habe sie zwar mehrere Jahre gelebt und sei seit 2013 im Bundesgebiet gemeldet, sie habe aber viel Zeit in Serbien verbracht. Seit 2018 sei sie bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) sozialversichert, sie gehe aber keiner Erwerbstätigkeit nach. Der gegenwärtige Aufenthalt im Bundesgebiet sei unrechtmäßig, da sie den visafreien Zeitraum überschritten habe. In Österreich würden lediglich erwachsene Kinder der Beschwerdeführerin leben, es bestehe aber kein schützenswertes Familienleben. Sie beziehe eine Witwenpension und habe auch zuvor alleine ohne ihre Kinder gelebt, sodass keine Abhängigkeit vorliege; eine finanzielle Unterstützung durch ihre Söhne habe sie auch vor der Magistratsabteilung 35 nicht nachweisen können, weswegen ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG abgewiesen worden sei. Eine Integration in Österreich sei ebenso nicht gegeben. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK könne nicht festgestellt werden, insbesondere habe die Beschwerdeführerin fremdenrechtliche Regelungen missachtet und sei unrechtmäßig im Bundesgebiet geblieben.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin trägt den Namen XXXX , ist am XXXX geboren und serbische Staatsangehörige. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

Bei ihr wurde im August 2020 Dickdarmkrebs diagnostiziert, weshalb ein Teil ihres Dickdarms am 05.08.2020 operativ entfernt werden musste, sie wurde am 17.08.2020 aus dem Spital entlassen, wobei eine Medikation für vier Wochen und körperliche Schonung für drei Wochen seitens des Spitals empfohlen wurden, die BF war zum Zeitpunkt der Entlassung selbstständig und bedurfte keiner professionellen Pflege. Eine Pflegebedürftigkeit besteht nicht. Im Übrigen ist sie gesund.

Die Beschwerdeführerin ist verwitwet, sie war mit XXXX , welcher am XXXX verstarb, von 06.11.1991 bis 14.04.2018 verheiratet, wobei sie bereits jahrelang getrennt lebten. Sie hat vier Kinder, welche österreichische Staatsangehörige und bereits erwachsen sind. Sie lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit ihren Söhnen, einer ihrer Töchter und ihren Enkelkindern. Seit 15. April 2018 bezieht die Beschwerdeführerin eine Witwenpension in Höhe von 565,13 Euro monatlich und ist sozialversichert. Sie lebte bereits vor ihrer Einreise im Juni 2020 mehrere Jahre in Österreich und kann ein Deutschzertifikat des Sprachniveaus A1 vorweisen.

Mit Bescheid der MA 35 vom 14.09.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG als Angehörige vom 02.08.2019 rechtskräftig abgewiesen. Die Beschwerdeführerin befindet sich unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet.

1.2. Die Beschwerdeführerin spricht Serbisch, sie besuchte in Serbien für acht Jahre eine Schule und sie sammelte Berufserfahrung als Putzfrau. Zuletzt lebte die Beschwerdeführerin bis Juni 2020 für ungefähr sechs Monate in Serbien ohne ihre in Österreich lebende Familie. In dieser Zeit besuchten ihre Kinder sie oft in Serbien.

Eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Serbien kann nicht festgestellt werden. Sie ist grundsätzlich nicht pflegebedürftig, lebte noch im Jahr 2020 in Serbien und bezieht Leistungen von der PVA in Höhe von 565 Euro, wodurch sie ihr Auslangen finden kann.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Serbien wird festgestellt:

Sicherheitslage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen (AA 1.6.2021b). Das Land kann als stabil bezeichnet werden. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Serbien nicht ausgeschlossen werden (EDA 1.6.2021).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u. a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil. Die albanische Bevölkerung Südserbiens orientiert sich teils stark nach Kosovo. Mitunter wird über etwaige Grenzanpassungen spekuliert, die das Gebiet betreffen würden (AA 19.11.2020).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Bei der Umsetzung der Empfehlungen des letzten Jahres wurden einige Fortschritte erzielt, insbesondere bei der Annahme der Strategie und des Aktionsplans für die Kontrolle von leichten und kleinkalibrigen Waffen. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Auch die integrierte Grenzverwaltungsstrategie und der dazugehörige Aktionsplan wurden weiterhin wirksam umgesetzt (EK 6.10.2020).

Zwischen Serbien und dem Kosovo besteht seit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung ein offener Grenzkonflikt. Zwischen Serbien und Kroatien gab es gleichfalls ungelöste Grenzfragen. Serbien beanspruchte zwei kleine Inseln in der Donau, während die kroatische Grenze teilweise durch serbische Dörfer verläuft. Nach kontinuierlicher Verbesserung der Beziehung zwischen den beiden Ländern konnte im Juni 2016 ein als historisch bezeichneter Pakt beschlossen werden, durch den die Grenzkonflikte beigelegt wurden und den jeweiligen Minderheiten in den Ländern mehr Rechte zugesprochen werden sollen. Die Beziehung gilt jedoch weiterhin als angespannt und die langfristige Anerkennung der Einigung als ungewiss. Bosnien-Herzegowina und Serbien streiten sich ebenfalls über ungelöste Grenz- und Territorialfragen entlang der Flüsse Drina und Lim. Nach vier Jahren Stillstand haben beide Staaten im Mai 2010 wieder diplomatische Verhandlungen aufgenommen. Serbien hat einen Landtausch vorgeschlagen, eine Einigung konnte aber noch nicht gefunden werden. Die Beziehungen Serbiens zu seinen Nachbarn sind nach wie vor angespannt. Im Zusammenhang mit den immensen Flüchtlingsströmen in Europa kam es vermehrt auch zu Spannungen zwischen Ungarn und Serbien. Im Juli 2016 trat in Ungarn ein Gesetz in Kraft, nach dem Personen ohne gültige Einreisedokumente innerhalb eines acht Kilometer breiten Streifens hinter der serbisch-ungarischen Grenze in Transitzonen zurückgebracht werden können. Somit wird die Verantwortung faktisch wieder auf Serbien übertragen. Serbien hält dieses Gesetz für völkerrechtswidrig (BICC 1.2021).

Kroatische Truppen im Kosovo sorgen für Irritation in Belgrad; der kroatische Präsident versicherte am 8.5.2021, dass die Verstärkung der kroatischen Truppen im Kosovo nicht gegen Serbien gerichtet, sondern ausschließlich der Tatsache der Reduktion der Truppen in Afghanistan und dem Bedarf im Kosovo geschuldet ist. Der serbische Präsident verurteilte zuvor diesen Schritt als weitere Demütigung Serbiens (VB xx.6.2021).

Allgemeine Menschenrechtslage

Seit den Parlamentswahlen 2016 und der Machtübernahme von Aleksandar Vucic in Folge der Präsidentschaftswahlen 2017 hat sich die Menschenrechtslage in Serbien verschlechtert. Immer wieder werden Berichte über korruptes Verhalten der Polizei oder über rechtswidrige Verhaftungen veröffentlicht. Auch Übergriffe durch die Polizei und die Androhung von Gewalt sind verbreitet. Die Rechtsstaatlichkeit wird von der Regierung zunehmend untergraben. Jüngste von der Regierung verabschiedete Gesetze machen die Judikative abhängiger von der Regierung und weniger widerstandsfähig gegenüber politischem Druck. Es bestehen weitere Defizite im Bereich Menschenrechte, etwa in Bezug auf den Minderheitenschutz und den Kampf gegen Diskriminierung. Beim Minderheitenschutz gibt es keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen und in der Praxis sehen sich die betroffenen Gruppen, wie z. B. die Roma und die Rumänen, häufig sozialer Exklusion und ärmlichen Lebensumständen ausgesetzt (BICC 1.2021).

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden. Menschenrechtsinstitutionen müssen gestärkt und ihre Unabhängigkeit garantiert werden, auch durch die Bereitstellung der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen (EK 6.10.2020).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit. Ethnische Minderheiten beklagen Diskriminierungen in Bereichen wie Bildung und Sprache (GIZ 12.2020).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.6.2021).

Grundversorgung / Wirtschaft

Die gute Entwicklung der serbischen Wirtschaft in den letzten Jahren wurde durch die Pandemie abrupt beendet. Mit einem Rückgang von 1,1% am Ende des Jahres kam Serbien jedoch besser durch die Krise als viele vergleichbare Länder. Die serbische Industrieproduktion entwickelt sich konstant aufwärts und profitiert vor allem durch die Exportwirtschaft. Durch das anhaltende Interesse ausländischer Investoren an der Gründung von Produktionsniederlassungen wächst die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen, die den Anforderungen westeuropäischer Industriestandards entsprechen. Bedingt durch die große Bedeutung, die die Landwirtschaft in Serbien einnimmt, hat sich eine vergleichsweise sehr starke einheimische Lebensmittelverarbeitungsindustrie entwickelt. Noch ist die Kaufkraft der Bevölkerung relativ schwach, sodass der Markt sehr preissensitiv ist. Ein Drittel der Bevölkerung kauft lieber billigere Handelsmarkenprodukte als namhafte Markenartikel (WKO 29.4.2021).

Die wirtschaftliche Lage in Serbien ist weiterhin schwierig, durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie verschlechtert sie sich weiter. Kaufkraft und Nettodurchschnittseinkommen (2019: 465 Euro) waren 2019 weiterhin vergleichsweise niedrig. Es gibt gravierende Unterschiede zwischen (Haupt-)Stadt und Land. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist jedoch uneingeschränkt gewährleistet. Die wirtschaftliche und soziale Lage eines Großteils der Bevölkerung ist nach wie vor schwierig. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Nach Angaben der serbischen Regierung lebten 7,2% der Bevölkerung Serbiens (rund 500.000 Personen) 2017 unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Der Trend hat sich in den letzten fünf Jahren auf rund 7,5% stabilisiert. Das deutet auf einen „festen“ Kern der Armen, auf den Armutsbekämpfungsmaßnahmen keine Wirkung zeigen. Flüchtlinge und Rückkehrer sowie Roma sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung (AA 19.11.2020).

Im Jahr 2020 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien geschätzt rund 7.636 US-Dollar. Für das Jahr 2021 wird das BIP pro Kopf Serbiens auf rund 8.748 US-Dollar prognostiziert (Statista 20.4.2021). Im Jahr 2020 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 13,3%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert (Statista 4.5.2021). Unter Jugendlichen ist die Arbeitslosenquote mit 27,5% (2019) aber weiterhin hoch (AA 19.11.2020).

Das für März 2021 berechnete Durchschnittsgehalt (Brutto) betrug 89.894 RSD (ca. EUR 764), während das Durchschnittsgehalt ohne Steuern und Beiträge (Netto) 65.289 RSD (ca. EUR 555) betrug (Republi?ki 25.5.2021).

Die durchschnittliche Pensionshöhe betrug im Mai 2021 29.391,00 RSD (ca. EUR 250,00) (PIO RS 24.6.2021).

Sozialbeihilfen

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Das Angebot der Sozialämter beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern sowie Familien mit drei oder mehr Kindern. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich. Die betroffene Person muss ein gültiges Ausweisdokument besitzen und bei der nationalen Arbeitsagentur im jeweiligen Wohnort als arbeitslos registriert sein, bzw. lediglich auf Mindestlohn-Basis angestellt sein. Neben den Zentren für Soziale Arbeit leisten auch einige NGOs Hilfe (IOM CFS 13.3.2021).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürgerinnen und Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld. Sozialhilfeempfänger, die ausreisen und in der Folge vereinbarte Termine beim Arbeitsamt NES verpassen, verlieren für sechs Monate das Recht, sich arbeitslos zu melden und damit die Grundlage für Sozialhilfe und weitere Sozialleistungen (u. a. Krankenversicherung). Sozialwohnungen sind meist belegt, für Neubauten sind kaum Mittel vorhanden. Familiäre und nachbarschaftliche Solidaritätsnetzwerke sind in Serbien noch relativ funktionsfähig. Sofern nachweislich keine private Unterkunftsmöglichkeit besteht, sind die örtlich zuständigen „Zentren für Sozialarbeit“ im Einzelfall bereit, bescheidene Quartiere auf kommunale Kosten anzumieten (AA 19.11.2020).

Seit dem 1. April 2021 beträgt die Sozialhilfe für Einzelperson bzw. für den sogenannten Rechtsinhaber in der Familie 8.781 RSD (EUR 74,41). Für jede weitere erwachsene Person in der Familie beträgt diese Leistung 4.391 RSD (EUR 37,21). Das Kindergeld für das anspruchsberechtigte Kind beträgt 3.000 RSD (EUR 24,42). Dies erhöht sich weiter um 30% für alleinerziehende Eltern bzw. Erziehungsberechtigte und beträgt 3.900 RSD (EUR 33,05). Das Kindergeld für pflegebedürftige Kinder erhöht sich auf 4.500 bis 5.400 RSD (EUR 38,13/45,77) (VB 29.6.2021).

Rückkehr

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein 'Build Your Future'-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 13.3.2021).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält. Rückkehrende Personen können, wie alle anderen Bürger, frei über ihren Wohnort entscheiden und einen Wohnsitz anmelden. Der Verbleib von rückkehrenden Personen wird weder erfasst noch in sonstiger Weise kontrolliert. Erfahrungsgemäß kehren sie oftmals an ihren letzten Wohnsitz zurück. Das Meldegesetz, das seit Ende 2011 in Kraft ist, enthält eine Regelung, die Personen ohne Personalausweis die Anmeldung erleichtert. Es sind Einzelfälle bekannt, in denen Rückkehrern trotzdem die Anmeldung verweigert wurde (u. a. Bewohnern informeller Siedlungen, aus Kosovo stammende Rückkehrer). Serbische Behörden stellen kosovarischen Staatsangehörigen weiterhin serbische Reisedokumente aus, die dann für Rückführungen nach Serbien genutzt werden. In diesem Zusammenhang sollte bei Rückführungen darauf geachtet werden, dass kosovarische Staatsangehörige mit kosovarischen Reisedokumenten ins Kosovo rückgeführt werden. Informationen über die Rechte und Pflichten von Rückkehrern enthält eine online verfügbare mehrsprachige Broschüre des serbischen Flüchtlingskommissariats (http://www.kirs.gov.rs/wb-page.php?kat_id=222) (AA 19.11.2020).

Ein- und auch Durchreisebestimmungen können aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 derzeit abweichen. Die Ausbreitung von COVID-19 kann weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens führen (AA 1.6.2021).

Medizinische Versorgung

Serbien wurde zwischen März 2020 und April 2021 stark von der Pandemie betroffen. Der Einsatz des medizinischen Personals wurde im Laufe der Pandemie wegen der hohen Anzahl der infizierten Personen verstärkt. Viele Krankenhäuser wurden zu Corona-Spitälern, was die medizinische Versorgung für Patienten mit anderen Krankheiten verschlechterte. Zahlreiche Operationen mussten wegen Platzmangels verschoben werden. Ein Mangel an medizinischem Personal war besonders in den medizinischen Versorgungszentren festzustellen, weil diese ständig als Covid-Zentren genutzt wurden. Allerdings verbessert sich die Situation mit April 2021 zusehends, zumal viele Krankenhäuser langsam aus dem Covid-System austraten. Seit Mai 2021 werden Patienten mit anderen Krankheiten wieder in den klinischen Zentren in „Zvezdara“ und „Dr Dragisa Misovic“ behandelt, da sich diese nicht mehr im Covid-System befinden (VB 29.6.2021).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 1.6.2021; vgl. EDA).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 13.3.2021).

Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Gut ausgebildetes medizinisches Personal ist trotz Personalengpässen grundsätzlich vorhanden. Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 19.11.2020).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 19.11.2020).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,00 RSD an. (ca. 0,43 EUR). Es gibt jedoch auch Medikamente, für die von Patienten eine Beteiligungsgebühr von 10 bis 90% des Anschaffungspreises gezahlt werden muss (AA 19.11.2020).

COVID-19

Seit 21.12.2020 müssen alle, die nach Serbien einreisen, einen Nachweis eines negativen PCR-Tests, nicht älter als 48 Stunden, mit sich führen. Serbische Staatsangehörige und Personen mit serbischem Aufenthaltstitel können ohne Test einreisen, müssen sich aber in eine 10-tägige Quarantäne begeben und müssen ihre Einreise innerhalb von 24 Stunden online registrieren oder bei der örtlich zuständigen COVID-19-Ambulanz melden. Die Homepage der serbischen Regierung bietet Informationen zu den Einreisebestimmungen und aktuellen Zahlen (BMEIA 4.6.2021).

Serbien wurde zwischen März 2020 und April 2021 stark von der Pandemie betroffen. Der Einsatz des medizinischen Personals wurde im Laufe der Pandemie wegen der hohen Anzahl der infizierten Personen verstärkt. Viele Krankenhäuser wurden zu Corona-Spitälern, was die medizinische Versorgung für Patienten mit anderen Krankheiten verschlechterte. Zahlreiche Operationen mussten wegen Platzmangels verschoben werden. Ein Mangel an medizinischem Personal war besonders in den medizinischen Versorgungszentren festzustellen, weil diese ständig als Covid-Zentren genutzt wurden. Allerdings verbessert sich die Situation mit April 2021 zusehends, zumal viele Krankenhäuser langsam aus dem Covid-System austraten. Seit Mai 2021 werden Patienten mit anderen Krankheiten wieder in den klinischen Zentren in „Zvezdara“ und „Dr Dragisa Misovic“ behandelt, da sich diese nicht mehr im Covid-System befinden (VB 29.6.2021).

Die Covid-19-Pandemie hat in allen Staaten der Westbalkan-Region, einschließlich Serbien, die bestehenden Probleme im Gesundheitssystem und die Probleme großer Teile der Bevölkerung beim Zugang zu Gesundheitsversorgung verschärft. Im Rahmen der „Zweiten Welle“ der Covid-19-Pandemie erreichten die Infektionszahlen in allen Ländern der Balkan-Region neue Höchststände. Dies stellt die Gesundheitssysteme dieser Länder vor massive Probleme und führt dazu, dass lebensnotwendige Gesundheitsversorgungsleistungen nicht oder nur gegen Bezahlung beträchtlicher Kosten erhältlich sind. Die tatsächliche Todeszahl während der „ersten Welle“ von März bis Juni 2020 war mehr als doppelt so hoch wie die offizielle Zahl. Auch bei der Anzahl der gemeldeten Infektionen wurden erhebliche Differenzen festgestellt. Bis zum 18. Januar 2021 sind mindestens 80 Beschäftigte im serbischen Gesundheitswesen an Covid-19 gestorben. Die Gewerkschaft des Gesundheitssektors weist darauf hin, dass die tatsächliche Zahl noch höher sein, weil diese Zahl nicht KrankenpflegerInnen und medizinische Fachangestellte umfasst (FBW 8.2.2021).

Von 15.3.2020 bis 7.5.2020 galt in Serbien aufgrund der Pandemie ein Ausnahmezustand mit Ausgangssperre. Dieser trug dazu bei, dass sich die Ansteckung verlangsamte und die Anzahl der Infizierten sank. Die Zahl erhöhte sich im Dezember 2020 auf bis zu 8.000 Infektionsfälle, was zur Gründung und Eröffnung eines neuen Covid-Krankenhauses in Batajnica, einem Vorort von Belgrad führte, dessen Kapazität 1.000 Patienten beträgt. Ab Januar 2021 begann eine Impfkampagne in Serbien, wobei schon im Februar mehr als 550.000 Menschen geimpft wurden. Folgende vier Impfstoffe wurden zugelassen: BionTech - Pfizer, AstraZeneca, Sputnik V und Sinopharm. Mit Stand 29.5.2021 wurden insgesamt 4.527.079 Impfdosen verabreicht, wovon die erste Dosis 2.507.302 und die zweite Dosis 2.019.777 Personen verabreicht bekamen. Diese erfolgreiche Immunisierung trug zur Senkung der Anzahl von Infizierten wesentlich bei, wodurch Serbien am 27.6.2021 nur 63 erkrankte Fälle (die Statistik der letzten 24 Stunden) verzeichnete. Insgesamt hatte Serbien mit Stand 17.6.2021 715.442 Erkrankungsfälle und 6.985 Todesfälle (VB 29.6.2021).

In den letzten Mai Wochen kam es zu einem erheblichen Rückgang der stationären Behandlungen um über 5.000 (!) Personen. Befanden sich am 23.4.2021 noch 5.897 Patienten in Krankenhausbehandlung, waren es am 10.5.2021 noch 3.827 und am 28.5.2021 nur noch 878 Personen. Mit Stand 31.5.2021 wurden 712.224 Erkrankungsfälle und damit verbunden 6.854 Todesfälle festgestellt. Ab dem 1.6.2021 können Personen, welche sich impfen lassen, eine Unterstützung in Höhe von RSD 3.000,00 (ca. EUR 25,00) beantragen (VB 29.6.2021).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert, Empfehlungen zum Umgang gegeben, sowie eine Hotline-Nummer veröffentlicht. Am 11.2.2021 hat die serbische Regierung das dritte Unterstützungspaket für die Wirtschaft im Wert von 249 Mrd. Serbischer Dinar [ein Dinar = 0,0085 EUR; Anm.] verabschiedet. Die neuen Maßnahmen umfassen eine direkte Unterstützung von Unternehmern, Kleinst-, Klein-, Mittel- und diesmal auch Großunternehmen, das Gastgewerbe, Hotels, Reisebüros, Personen- und Straßenverkehr (WKO 7.5.2021).

In Bezug auf COVID-19 bestehen seit 7.5.2020 keine Bewegungseinschränkungen mehr, weder am Tag noch in der Nacht. Ab dem 1.6.2021 wurden allen Gastgewerbebetrieben die Arbeitszeiten bis Mitternacht verlängert. Weiters wird der Kauf an den Kiosken durchgehend (00:00 - 24:00 Uhr) wieder möglich und die letzte Filmvorführung in Kinos darf ab 23:00 Uhr starten. An wissenschaftlichen und beruflichen Kongressen in geschlossenen Räumen, dürfen sich höchstens 200 Personen versammeln (VB 29.6.2021).

Serbien beginnt mit der Produktion des russischen Impfstoffs „Sputnik V“ gegen das Coronavirus. Die Produktion startete am 3.6.2021 im Torlak-Institut für Virologie. Binnen sechs Monaten sollen dort in russischer Lizenz vier Millionen Impfdosen hergestellt werden. Serbien ist damit nach Belarus das zweite europäische Land außerhalb Russlands, das „Sputnik“-Impfstoff herstellt. „Sputnik“ sowie der chinesische Impfstoff Sinopharm werden in Serbien bereits seit Monaten geimpft, ebenso wie die in der EU zugelassenen Vakzine von Biontech und Pfizer sowie AstraZeneca. Mehr als 30 % der etwa sieben Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Serbiens haben bereits mindestens eine Impfdosis erhalten. Belgrad hat zudem den ärmeren ex-jugoslawischen Nachbarstaaten Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien, aber auch Tschechien Vakzine gespendet (ORF.at 4.6.2021).

Der serbische Präsident VUCIC erklärte am Abend des 11.3.2021, im Rahmen eines Treffens mit dem Kronprinzen von Abu Dhabi, Muhammad BIN ZAYED AL NAHAYN, dass sein Land mit Hilfe der Vereinigten Arabischen Emirate in die Produktion des chinesischen COVID?19 Impfstoffs Sinopharm einsteigen werde. Der Beginn der Produktion wurde mit 15. Oktober 2021 festgelegt (VB 29.6.2021).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin, zu ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit, ihrem Familienstand, ihrer früheren Ehe, ihren Kindern, ihrem Wohnsitz, ihrer Witwenpension, ihrer Sozialversicherung, ihren früheren Aufenthalten in Österreich und ihren Deutschkenntnissen gründen auf den eindeutigen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens und auf dem unzweifelhaften Inhalt des Verwaltungsaktes, in dem insbesondere ein Strafregisterauszug, Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweise, eine Heiratsurkunde, eine Sterbeurkunde des Ehemannes, ein Bescheid der PVA und ein Deutschzertifikat des Niveaus A1 einliegen.

Dass bei der Beschwerdeführerin im Sommer 2020 Dickdarmkrebs diagnostiziert wurde und sie deshalb operiert wurde, ergibt sich aus den umfassend vorgelegten medizinischen Unterlagen. Die Feststellung, dass eine tatsächliche Pflegebedürftigkeit bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben ist, ergibt sich ebenso aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Die Beschwerdeführerin behauptete zwar vor der belangten Behörde, dass sie unbedingt auf die Unterstützung ihrer Söhne angewiesen sei. Diese Angaben sind mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen jedoch nicht vereinbar. Schon im Entlassungsbrief vom 17.08.2020 wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin selbstständig sei und keine Unterstützung durch professionelle Pflege benötige. Auch auf dem Operationsbericht vom 13.08.2020 geht hervor, dass eine weitere Betreuung über die onkologische Ambulanz erfolgen solle und dass sie für acht Wochen lediglich nichts Schweres heben solle. Eine weitere Betreuung oder Pflegebedürftigkeit geht aus den medizinsichen Unterlagen nicht hervor. In weiterer Folge legte die Beschwerdeführerin keine neuen Befunde vor und behauptete auch nicht substantiiert, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert hat. Aus diesem Gesamtbild kann nicht abgeleitet werden, dass die Beschwerdeführerin konkret pflegebedürftig ist, besondere Unterstützung bei der Bestreitung ihres Lebens benötigt und folglich auf die Unterstützung ihrer erwachsenen Kinder angewiesen ist, weswegen dem Arztbrief des Hausarztes der Beschwerdeführerin insoweit nicht zu folgen war, wenngleich eine Hilfe im Alltag wünschenswert sein mag, wobei eine solche jedenfalls, allenfalls mit Hilfe ihrer Kinder, auch in Serbien organisiert werden könnte.

Der rechtskräftige und abweisende Bescheid der MA 35 vom 14.09.2020 liegt im Verwaltungsakt ein. Daraus und aus dem Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin seit mehr als drei Monaten durchgehend im Bundesgebiet aufhält und somit die visafreie Zeit für serbische Staatsangehörige in Österreich überschritten hat, ist der unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich abzuleiten (genaue Ausführungen unter Punkt II.3.2.1.).

2.2. Die Feststellungen zum Leben der Beschwerdeführerin in und ihren Bezügen zu Serbien gründen auf ihren eigenen Angaben.

Eine reale Bedrohungssituation für das Leben der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Serbien wurde durch die Beschwerdeführerin nicht substantiiert vorgebracht. Die Beschwerdeführerin ist trotz ihrer Darmoperation nicht pflegebedürftig und kann ihren Lebensunterhalt in Serbien durch ihre Witwenpension, die einem dortigen Nettodurchschnittsgehalt entspricht, bestreiten. Auch vor ihrer Einreise nach Österreich lebte sie alleine ohne Angehörige für zumindest ein halbes Jahr in Serbien, wo sie teilweise als Putzfrau gearbeitet hat. Aus den Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt sich eine unbedenkliche Lage für die Beschwerdeführerin, weshalb sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls keine Bedrohung für sie ergibt.

2.3. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Herkunftsstaat Serbien vom 30.07.2021 und auf die darin zitierten Quellen, welche nicht in Zweifel gezogen wurden. Die Beschwerdeführerin ist den Feststellungen, demzufolge in Serbien eine unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine ausreichende Grundversorgung besteht, nicht konkret entgegengetreten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde. Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes (Z 1), Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG (Z 2), Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3), Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes (Z 4) und Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2 (Z 5).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A):

3.1. Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2).

Gemäß § 55 Abs. 2 AsylG ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz [NAG], BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 [518]; EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Art. 8 Rz 16; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich; 31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande; 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Die Beschwerdeführerin lebt mit ihren Söhnen und einer ihrer Töchter sowie ihren Enkelkindern in einer Wohnung in Wien. Die Kinder der Beschwerdeführerin sind bereits erwachsen. Auch die Beziehung zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern fallen unter Art. 8 EMRK, wenn eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Eine solche wurde durch die Angaben der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde und durch das Bestehen eines gemeinsamen Haushalts seit Juni 2020 glaubhaft gemacht.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung würde folglich jedenfalls in das schützenswerte Familienleben der Beschwerdeführerin eingreifen, wobei im gegenständlichen Fall dieser Eingriff durch das Überwiegen der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber den persönlichen Interessen an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet gerechtfertigt ist:

Wesentlich zu berücksichtigen ist, dass die Kinder der Beschwerdeführerin volljährig sind und ein eigenständiges Leben in Österreich führen. Die Söhne sind beim Bundesheer angestellt und alle Kinder leben selbsterhaltungsfähig in einer gemeinsamen Mietwohnung, der Mietvertrag läuft auf sie und nicht auf die Beschwerdeführerin. Bei Betrachtung der Angaben der Beschwerdeführerin wird ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin zu ihren selbsterhaltungsfähigen Kindern gezogen ist und dort mietfrei lebt, wobei sie selbst eine Witwenpension in Höhe von 565 Euro pro Monat bezieht. Ein tiefgreifendes Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen kann nicht erkannt werden. Sowohl die Kinder als auch die Beschwerdeführerin selbst könnten ohne die jeweils anderen ihr Auslangen finden - eine Pflegebedürftigkeit der Beschwerdeführerin besteht wie festgestellt nicht -, so wie es auch vor der Einreise der Beschwerdeführerin im Juni 2020 der Fall war, als sie für etwa ein halbes Jahr ohne ihre Angehörigen in Serbien lebte.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine serbische Staatsangehörige, die in Serbien geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Sie verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens in Serbien und spricht die Landessprache. Noch im Jahr 2020 lebte die Beschwerdeführerin alleine ohne etwaige Familienangehörige in Serbien und hat ihr Auslangen gefunden. Nach eigenen Angaben kam sie nur wegen ihres damaligen Gesundheitszustandes nach Österreich. Nach dem operativen Eingriff besteht aber keine spezielle Pflegebedürftigkeit der Beschwerdeführerin, für etwaige Kontrolluntersuchungen kann sie nach Österreich einreisen und sie ist aufgrund der Witwenpension in Österreich sozialversichert. Dies ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ebenso zumutbar wie regelmäßige Kontrollen in serbischen Krankenhäusern, ebenso könnten allfällige Hilfen im Alltag für die Beschwerdeführerin auch in Serbien organisiert werden.

Es kann auch von keiner Gefährdung ihrer ausreichenden Versorgung ausgegangen werden, sie bezieht von der PVA eine Witwenpension in Höhe von 565 Euro - dies entspricht einem Nettodurchschnittseinkommen in Serbien - und kann so sowie mithilfe einer etwaigen finanziellen Hilfe ihrer in Österreich beschäftigten Söhne ihr Auslangen im Herkunftsstaat sichern. Auch war die Beschwerdeführerin zuvor als Putzkraft sowie Schneiderin in Serbien beruflich tätig und es besteht in Serbien, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne der HStV, ein funktionierendes Sozialsystem mit etwaigen Hilfen im Bedarfsfall. Zudem ist die Integration der Beschwerdeführerin in Österreich - trotz ihrer langjährigen Aufenthalte in Österreich erlernte sie die deutsche Sprache nicht und ging auch mit kurzen Ausnahmen keiner Erwerbstätigkeit nach - mit Ausnahme ihrer familiären Anknüpfungspunkte schwach ausgeprägt.

Den familiären und – den wie ausgeführt im Übrigen schwach ausgeprägten - privaten Interessen der Beschwerdeführerin steht insbesondere das öffentliche Interesse an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmung zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber, dem nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ein besonders hoher Stellenwert zukommt (siehe etwa VfGH 01.07.2009, U992/08 bzw. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216; 26.06.2007, 2007/01/0479; 16.01.2007, 2006/18/0453; 20.09.2006, 2005/01/0699). Wie unter Punkt II.3.2.1. explizit dargelegt hätte sich die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise im Juni 2020 für lediglich drei Monate durchgehend im Bundesgebiet aufhalten dürfen, sie verblieb jedoch in Österreich und hält sich seit über einem Jahr unrechtmäßig in Österreich auf. Weder das Stellen eines Antrags bei NAG-Behörde - dieser wurde rechtskräftig abgewiesen - noch beim BFA auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG berechtigten die Beschwerdeführerin zum Aufenthalt und sie war bzw. ist zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet.

Insbesondere verblieb die Beschwerdeführerin auch nach rechtskräftiger Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die zuständige NAG-Behörde weiter in Österreich. Mittlerweile befindet sich die Beschwerdeführerin trotz Abweisung ihres Antrags bei der NAG-Behörde seit über einem Jahr unrechtmäßig in Österreich. Das Verhalten der Beschwerdeführerin zielt auf die Umgehung der fremdenrechtlichen Bestimmungen ab, dies stellt eine wesentliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar. Der bestehende unrechtmäßige Aufenthalt sowie das beharrliche Verbleiben im Bundesgebiet relativieren auch ihre familiären und persönlichen Bindungen (vgl. VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0119).

In Anbetracht des unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin, des beharrlichen Verbleibens im Bundesgebiet und des von der Rechtsprechung hervorgehobenen, besonders hohen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung an die Beschwerdeführerin nicht angezeigt, zumal sie in Serbien aufwuchs, die Landessprache spricht und die meiste Zeit ihres Lebens dort verbrachte. Zuletzt lebte sie noch im Jahr 2020 für etwa ein halbes Jahr in Serbien ohne Familienangehörige. Durch ihre Witwenpension, deren Höhe einem Nettodurchschnittseinkommen in Serbien entspricht, und etwaige finanzielle Unterstützung durch ihre in Österreich arbeitenden Söhne wird die Beschwerdeführerin jedenfalls ihr Auslangen finden. Ihre Kinder können sie auch jederzeit besuchen, wie dies laut ihren Angaben schon zurzeit ihres letzten Aufenthalts in Serbien der Fall war. Auch die Beschwerdeführerin selbst kann zu Besuchszwecken unter Einhaltung der fremdenrechtlichen Regelungen nach Österreich einreisen. Jedenfalls wird es zu keinem Abbruch der familiären Beziehungen kommen, weshalb die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin die öffentlichen Interessen nicht überwiegen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens das persönliche Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war folglich spruchgemäß abzuweisen und die Entscheidung der belangten Behörde zu bestätigen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1); wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2); wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z 3); solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt (Z 4); bis zur Entscheidung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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