TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/1 W168 2215241-3

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Veröffentlicht am 01.06.2021
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Entscheidungsdatum

01.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch


W168 2215241-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. China, vertreten durch die BBU – Bundesagentur für Betreuung und Unterstützungsleistungen, diese durch Mag. J. HECHENBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2021, Zl. 1217385310/210359998, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:

„Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 04.03.2021 wird gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, abgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Asylverfahren

Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik China, reiste bereits im März 2017 illegal in das Bundesgebiet ein und wurde am 16.01.2019 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten, wobei er sich mit einem totalgefälschten slowakischen Personalausweis auswies, der auf den Namen „ XXXX " lautete. Seine wahre Identität steht nicht fest.

Am selben Tag brachte der BF demzufolge einen Antrag auf internationalen Schutz ein und fand am 18.01.2019 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Chinesisch die Erstbefragung nach AsylG 2005 statt. Dabei gab er im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, dass er aufgrund geschäftlicher Schulden von der chinesischen Mafia verfolgt werde. Zurück nach China könne er nicht, da er das geschuldete Geld nicht zurückbezahlen könne und deshalb totgeschlagen werden würde. Auch würden seine Frau und sein Sohn in China aufgrund der Schulden bedroht und müssten deshalb immer wieder übersiedeln.

Mit Verfahrensanordnung vom 18.01.2019 wurde dem BF aufgetragen, ab sofort in einer bestimmten Betreuungsstelle Unterkunft zu nehmen (Wohnsitzauflage).

Am 29.01.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) niederschriftlich einvernommen. Zum Fluchtgrund gab er dabei im Wesentlichen an, dass er privat einen Kredit mit sehr hohen Zinsen aufgenommen habe um in sein Hotel zu investieren. Da das Hotelgeschäft jedoch nicht gut gelaufen sei, habe er die Schulden nicht zurückbezahlen können. Die Gläubiger hätten die Mafia geschickt und er habe sich, nachdem er auch geschlagen worden sei, verstecken müssen. Die Polizei habe ebenfalls nicht geholfen.

Am 07.02.2019 wurde der BF neuerlich vom BFA niederschriftlich einvernommen und führte aus, dass er die bei der ersten Einvernahme vor dem Bundesamt gemachten Ausführungen vollständig aufrechterhalte und seine Frau nach wie vor Drohungen per SMS erhalte, die sich darauf beziehen würden, dass er das Geld zurückzahlen müsse, widrigenfalls er im Falle seiner Rückkehr gefunden und umgebracht werde.

Mit Bescheid des BFA vom 12.02.2019, wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen, von 18.01.2019 bis zur Rechtskraft des Verfahrens in der näher genannten Betreuungsstelle Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.). Begründend wurde ausgeführt, dass der BF keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Beweiswürdigend wurde hierzu zusammengefasst ausgeführt, dass die unkonkret vorgebrachte Schilderung des Fluchtgrundes - private Verfolgung aufgrund von Schulden - allgemein gehalten und nicht glaubwürdig sei. Zusätzlich wurde zusammengefasst ausgeführt, der BF habe im Verlauf der Einvernahme vor dem Bundesamt ausdrücklich verneint, aufgrund seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit, oder aufgrund politischer Aktivität oder Parteimitgliedschaft verfolgt zu werden. Zur Rückkehrentscheidung wurde zusammengefasst festgestellt, dass der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide und auch nach der Rückkehr wieder seinen Lebensunterhalt sichern könne. In China würden seine Frau sowie sein Sohn leben.

Mit Schreiben vom 08.07.2019 wurde dem BVwG der Bescheid des AMS vom 05.07.2019 übermittelt, womit dem BF eine Beschäftigungsbewilligung als Hilfskoch erteilt wurde.

Die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.02.2019 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.09.2019, Zl. W278 2215241-1/14E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Der Aufenthalt des BF war zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Er hat seiner Rückkehrverpflichtung in den Herkunftsstaat bislang nicht entsprochen.

2. Verfahren zum Antrag auf Aufhebung der „Schubhaft bzw. Wohnsitzauflage“

Mit Beschluss des BVwG vom 30.03.2020, Zl. W182 2215241-2/6E, wurden die Anträge des BF auf Aufhebung der „Schubhaft“ bzw. der „angeordneten Unterkunftnahme“ (Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG) gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG mangels Schubhaft bzw. Zuständigkeit des BVwG zurückgewiesen. Diesem Beschluss ist ausdrücklich die stetige Weigerung des BF, seiner Ausreiseverpflichtung zu entsprechen und nach China zurückzukehren, in sämtlichen asyl- bzw. fremdenrechtlichen Verfahren zu entnehmen.

3. Einreiseverbot

Aufgrund der andauernden Weigerung des BF, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, im März 2020 ein zweijähriges Einreiseverbot auf der Grundlage von Art. 11 der Rückführungsrichtlinie gegen ihn verhängt.

4. Antrag auf Duldung (gegenständliches Verfahren)

Am 04.03.2021 beantragte der Beschwerdeführer eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG (Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich), wozu er vorbrachte, durchgehend in Österreich gemeldet zu sein, wodurch eine Ortsanwesenheit gegeben sei. Er stamme aus China und bislang sei ihm keine Duldungskarte ausgestellt worden, obwohl er keine Dokumente von der Botschaft erhalten könne. Beigelegt waren Fotos des BF in und vor der chinesischen Botschaft in Wien sowie einer (ungültigen) Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 und der E-Card. Einen gültigen Reisepass oder Personalausweis legte er jedoch nicht vor, auch keine Bescheinigung oder Erklärung über die behauptete Unmöglichkeit, Dokumente von der chinesischen Botschaft zu erhalten.

Bereits am 03.02.2021 wurde die Bevollmächtigung eines anwaltlichen Vertreters für dieses Verfahren angezeigt.

Mit im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 16.03.2021 wurde der Antrag „auf Verlängerung Ihrer Karte für Geduldete“ vom 04.03.2021 gemäß § 46a Abs. 5 iVm Abs. 1 Z 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass der BF entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 46a „Abs. 2" FPG zur Besorgung eines Reisedokuments bei der zuständigen Botschaft nicht nachgekommen sei. Zwar habe er Fotos von sich in der chinesischen Botschaft vorgelegt, jedoch keinen Passantrag mit einer vertretungsbehördlichen Bestätigung, dass dieser in Bearbeitung sei und von ihm nicht zurückgezogen worden sei. In seinem Antrag habe er völlig „widersinnig“ angegeben, dass eine Abschiebung aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Seine Identität stehe nicht fest. Er sei vermutlich mit einem gültigen Reisepass samt Visum nach Europa gereist und seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen. Sofern er bereits einmal ein Reisedokument besessen habe, würde seine Vertretungsbehörde ein solches problemlos ausstellen. Indem er keinen Reisepass besorgt habe, sei er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er sei zwar bei der Botschaft gewesen, habe aber keine Bescheinigung über einen Antrag für ein Reisedokument vorgelegt. Damit vereitle er aktiv seine Ausreise, womit tatsächliche, von ihm nicht zu vertretende Gründe (eben) nicht vorlägen. Zudem stelle die Erlassung eines Einreiseverbotes einen Ausschließungsgrund für eine Duldung dar. Bisher habe er bereits 14 Mal erklärt, nicht zurückkehren zu wollen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass er sich mit einer slowakischen ID-Card unter falschem Namen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verschafft habe, wobei es sich jedoch um eine Totalfälschung gehandelt habe. Er habe sich kein Reisedokument beschafft und sei damit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Rechtlich wurde ausgeführt, dass somit die Voraussetzungen gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG nicht vorlägen, da er weder einen Reisepass beantragt und offensichtlich auch keine Anstrengungen zur Kontaktaufnahme mit seiner im Herkunftsstaat aufhältigen Familie zwecks Übersendung von Dokumente unternommen habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende und vollumfängliche Beschwerde durch den bevollmächtigten Rechtsberater des Beschwerdeführers. Mit dem angefochtenen Bescheid sei ein Verlängerungsantrag abgewiesen worden, welchen der BF jedoch nicht gestellt habe, da er noch nie über eine Duldung verfügt habe. Der BF habe im Dezember 2019 bei der chinesischen Botschaft vorgesprochen, wo ihm mitgeteilt worden sei, dass diese ihn kontaktieren werde, was bisher nicht erfolgt sei. 2021 habe er ein weiteres Mal dort vorgesprochen und eine Wartenummer gezogen. Beim Aufruf sei ihm jedoch gesagt worden, dass er gehen solle und man für ihn nichts machen werde. Anschließend habe er Fotos von sich in der Botschaft gemacht, zum Nachweis dafür, dass er zumindest dort gewesen sei. Eine Bestätigung darüber, dass sie dem BF einen Passantrag nicht ermögliche, stelle die Botschaft jedoch nicht aus. Er sei dort nicht einmal angehört worden. Damit sei er seiner Mitwirkungspflicht aber nachgekommen. „Es sei ihm aus tatsächlich von ihm zu vertretenden Gründen eine Ausreise nach China nicht möglich“, wodurch die Voraussetzung für die Duldungskarte erfüllt seien.

Mit Stellungnahme vom 03.05.2021 legte das BFA die Beschwerde dem BVwG vor. Darin wurde nach der Wiedergabe des Verfahrensganges dargelegt, dass der BF entgegen der Aktenlage behaupte, am Verfahren mitzuwirken. Die chinesische Botschaft stelle keine Heimreisezertifikate oder Reisedokumente aus, welche der Fremde nicht wünsche oder dessen tatsächliche Identität nicht feststehe. Dies begründe auch die negativen Verbalnoten der chinesischen Botschaft, zuletzt vom 22.02.2021, im Zuge derer das Bundesamt aufgefordert worden sei, die richtigen Personaldaten bzw. einen Personalausweis des BF beizubringen, was gegen den Willen des BF nahezu unmöglich sei. Es sei amtsbekannt, dass die chinesische Botschaft in gleichgelagerten oder ähnlichen Fällen völlig problemlos (Reisedokumente) aus, der Fremde müsse lediglich den entsprechenden Antrag stellen und seine Rückkehrwilligkeit und wahre Identität bekannt geben. Durchschnittlich dauere die Ausstellung dann etwa vier Wochen. Daher sei der BF zwar glaublich bei der Botschaft gewesen, habe aber dort keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisedokuments unter seiner wahren Identität gestellt sowie erklärt, dass er nach China zurückkehren wolle. Wäre dies der Fall gewesen, würde er bereits im Besitz eines Reisepasses sein, zumal die chinesische Botschaft dazu verpflichtet sei und dies auch ausnahmslos so handhabe. Tatsächlich verzögere der BF seine Rückkehr aktiv, indem er entweder seine wahre Identität verschleiere und/oder keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses stelle. Zumindest sei er nachweislich nicht rückkehrwillig. Er versuche durch beharrliche Weigerung der Rückkehrentscheidung nachzukommen, eine Duldung und in der Folge einen Aufenthaltstitel zu „erzwingen“. Dies könne nicht im Interesse des österreichischen Staates sein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers bzw. die Einsichtnahme in das entsprechende Register.

2. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

2.1. Zur Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 27 VwGVG das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen hat. Der äußere Rahmen für die Prüfungsbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides bzw. die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über anderes als den ausdrücklich bekämpften Bescheid zu entscheiden. Bei einer zulässigen Entscheidung „in der Sache selbst“ hat das Verwaltungsgericht die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Es kommt damit also auf die „Verwaltungssache“ an, d.h. das Verwaltungsgericht hat nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern hat auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Dem Verwaltungsgericht kommt damit eine meritorische Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der ursprünglich der Verwaltungsbehörde vorgelegenen Verwaltungssache bzw. dem ursprünglichen Parteienantrag zu (mit weiteren Nachweisen: Müller in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 27 (Stand 31.03.2018), Rz 5).

Der mit „Duldung“ überschriebene § 46a FPG, in der ab 01.11.2017 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sieist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. (…)

(5) (…)

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.“

Gemäß § 126 Abs. 15 FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 trat § 46a mit 20. Juli 2015 in Kraft. In den Erläuternden Bemerkungen (Regierungsvorlage) zu dieser Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 (582 der Beilagen XXV. GP) wird zu Z 25 (§ 46a) – hier auszugsweise wiedergegeben – ausgeführt:

„Die mit Ausnahme der Behördenbezeichnung gleichlautende Bestimmung des § 46a Abs. 1a idF BGBl. I Nr. 38/2011 wurde vom Verfassungsgerichtshof einem Gesetzesprüfverfahren unterzogen und als verfassungskonform bestätigt (vgl. VfGH vom 9. Dezember 2014, G 160-162/2014): Nach der bisher geltenden Rechtslage „wirkt“ die Duldung aus tatsächlichen Gründen im Sinne des bisher geltenden Abs. 1a bereits mit Eintreten der Voraussetzungen. Dies führt in der Praxis für Fremde, die Behörden und die Exekutivbeamten zu zahlreichen Problemen: Für den Exekutivbediensteten ist anlässlich einer Personenkontrolle nicht feststellbar, ob der Fremde geduldet ist, wenn dieser noch über keinen entsprechenden Nachweis verfügt. Dies könnte sogar zu einer vorübergehenden Festnahme führen. Für die Verwaltungsstrafbehörde wären umfangreiche Ermittlungen dahingehend erforderlich, ob der Strafbarkeitsausschließungsgrund des § 120 Abs. 5 Z 2 vorliegt, was gerade in Anbetracht des § 5 Abs. 1 VStG die Behörde und den rechtsunkundigen Fremden vor Herausforderungen stellt.

Bisher entstand die Duldung mit dem Zeitpunkt, in dem feststand, dass die Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung auf Dauer gegeben sind; etwa wenn sich die Berufsvertretungsbehörde weigert, ein Ersatzreisedokument auszustellen. Dies war im Regelfall weder dem Exekutivbeamten noch der Verwaltungsstrafbehörde bekannt, sodass dies zu einem Mehraufwand für das Bundesamt im Rahmen der Journaldienste oder Anfragen anderer Behörden führte.

Gerade wenn der Fremde anfänglich nicht mitwirkt und später aber seinen Verpflichtungen nachkommt, ist die Feststellung des Zeitpunktes, ab dem der Fremde geduldet ist, problematisch (im Gegensatz zu den Fällen, bei denen mit Bescheid über die Unzulässigkeit der Abschiebung abgesprochen wird). Dies ist etwa auch für die Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen relevant. Daher sollen nun die Systematik der Duldung grundlegend überarbeitet und Redaktionsversehen beseitigt werden, um ein Mehr an Rechtssicherheit - für den Fremden wie für die verschiedenen Behörden - zu erreichen.

Zu Abs. 1:

Der neugefasste Abs. 1 gibt nun einen Überblick über sämtliche Formen der Duldung: Die Duldung aus rechtlichen Gründen wegen Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß §§ 50, 51 und 52 Abs. 9 FPG sowie gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005, die Duldung aus tatsächlichen, von Fremden nicht zu vertretenden Gründen (insbesondere mangels Erlangung eines Ersatzreisedokuments) sowie die Duldung aus rechtlichen Gründen wegen vorübergehender Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung.

(…)

Zu Abs. 4:

In Abs. 4 wird klargestellt, dass die Karte für Geduldete sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen ausgestellt werden kann. Wird die Ausstellung der Karte für Geduldete beantragt, so ist der Grund (Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4) auf welchen sich die Duldung stützt, ausdrücklich zu bezeichnen. Die Behörde hat diesfalls zu prüfen, ob die bezeichneten Voraussetzungen für die Duldung vorliegen und je nach Prüfungsergebnis die Karte auszustellen oder den Antrag ab- bzw. zurückzuweisen.

(…)

Zu Abs. 6:

Der neue Abs. 6 regelt den Beginn der Duldung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Ausstellung der Karte für Geduldete. Die Systematik ist den Bestimmungen für die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 58 AsylG 2005) nachgebildet: Grundsätzlich beginnt im Falle der Beantragung die Duldung mit Ausfolgung der Karte, da diese diesfalls an Stelle der Ausfertigung des Bescheides tritt. Wird hingegen vor Ausfolgung der Karte mit einem Bescheid über die Unzulässigkeit oder Unmöglichkeit der Abschiebung oder vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung abgesprochen, so beginnt die Duldung mit Rechtskraft des Bescheids und das Bundesamt hat zusätzlich eine Karte auszufolgen.

(…)

Gerade die Duldung aus tatsächlichen Gründen (Abs. 1 Z 3) wird regelmäßig über Antrag des Fremden erfolgen. Diesfalls kann der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung einer Karte gemäß Abs. 4 stellen. Im Rahmen des Verfahrens ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Ist dies der Fall, so ist die Karte auszufolgen und es bedarf keines Bescheides. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so ist der Antrag abzuweisen. Dasselbe gilt, wenn nachträglich die Gründe des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG eintreten, d.h. aufgrund nachträglich entstandener Gründe die Außerlandesbringung im Lichte des Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) vorübergehend unzulässig ist.

(…)“

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat gemäß § 46 Abs. 2 FPG - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

Das Gesetz setzt es somit als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).

Auf das gegenständliche Verfahren bezogen hat der Beschwerdeführer hinsichtlich einer tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat im Vergleich zu seinen bisherigen Verfahren – nämlich im Asylverfahren und den folgenden fremdenrechtlichen Verfahren – nichts substantiell Neues vorgebracht. Es kann somit nur nochmals darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerdeführer gemäß seinem eigenen Vorbringen im Asylverfahren über Angehörige (Ehefrau und ein Sohn) in China verfügt. Bis dato hat der Beschwerdeführer keinen Nachweis erbracht, dass bzw. weshalb ihm die Beschaffung eines Dokuments zwecks Ausstellung eines Reisedokuments von der chinesischen Botschaft in Wien nicht möglich sei. Der bloß unbelegt und pauschal vorgebrachte Hinweis, dass der BF bereits zwei Mal erfolglos bei der chinesischen Botschaft vorgesprochen habe und auch Fotos von sich bei der chinesischen Botschaft vorlegte, ist nicht ausreichend dafür, die behauptete Weigerung der chinesischen Botschaft, ihm ein Reisedokument auszustellen, zu belegen, da die Vertretungsbehörde nach dem Vorbringen der Behörde in der Stellungnahme vom 03.05.2021 üblicherweise beantragte Reisedokumente für rückkehrwillige chinesische Staatsbürger auch ausstellt. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der BF alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, um die Beschaffung eines Heimreisezertifikats zu erlangen, ihm dies jedoch nicht gelungen sei. Sein Vorbringen bietet keine nachvollziehbare Begründung und auch keinen Nachweis, zumal nicht zu erkennen ist, welche Schritte der Beschwerdeführer genau unternommen hätte. Daraus ergibt sich jedenfalls nicht, dass er tatsächlich einen Antrag auf Ausstellung eines chinesischen Reisepasses eingebracht hat oder er etwa dafür erforderliche Dokumente noch beschaffen müsste.

Letztlich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer trotz wiederholter Aufforderung durch das BFA und im Wissen um seine Verpflichtung zur Ausreise weder nachweislich und dokumentiert ihm zumutbare und mögliche Schritte zur Besorgung eines gültigen Reisedokumentes angestrengt hat, noch einen Nachweis darüber erbracht, dass er die Ausstellung eines Reisedokumentes bei der chinesischen Botschaft tatsächlich beantragt hat, bzw. ausreichend belegt und glaubhaft nicht dargelegt hat, dass ihm die Ausstellung eines solchen bei entsprechender Mitwirkung, insbesondere der Nennung seiner tatsächlichen Personaldaten, insgesamt nicht möglich wäre, bzw. ihm nachhaltig durch die Botschaft verweigert worden wäre. Das BVwG verfügt über keinerlei Informationen wonach die Botschaft des Herkunftsstaates des BF eigenen Staatsbürgern die Ausstellung eines Reisedokumentes verweigern würde, bzw. wurde durch den BF im gesamten erstinstanzlichen Verfahren, als auch im Beschwerdeverfahren ein diesem Ergebnis widersprechendes Vorbringen ausschließlich unbelegt und nicht nachvollziehbar ausgeführt.

Der Beschwerdeführer ist somit insgesamt nachhaltig und beharrlich nicht seiner ihm zumutbaren Mitwirkungspflicht im Verfahren nachgekommen, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Ebenso hat er nachweislich offensichtlich weiterhin keinerlei ich zumutbare Anstrengungen unternommen, sich allenfalls erforderliche Dokumente aus seiner Heimat schicken zu lassen.

Soweit im Antrag auf die bloße (insgesamt unberechtigte) Anwesenheit des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet Bezug genommen wird und daraus ein Anspruch auf eine Duldungskarte konstruiert wird, ist auf die diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 46a FPG zu verweisen.

Das Vorbringen in der Beschwerde, wonach ihm die Botschaft eine Bestätigung darüber, dass die chinesische Botschaft dem BF einen Passantrag nicht ermögliche, nicht ausstelle und er dort nicht einmal angehört worden sei, ist angesichts der Ausführungen in der Stellungnahme der Behörde vom 03.05.2021 nicht glaubhaft. Dies, zumal der Beschwerdeführer auch keinen Nachweis darüber vorgelegt hat, dass er tatsächlich dort vorgesprochen oder schriftlich versucht hat, einen Reisepass zu beantragen. Er hat aber auch nicht näher dargetan, aus welchem Grund die Botschaft des Herkunftsstaates des BF, einen Staatsbürger der VR – China, nicht habe helfen können, einen solchen, insbesondere bei entsprechender Mitwirkung hinsichtlich der tatsächlichen Identitätsfeststellung, ein Reisedokument auszustellen. Damit ist der BF entgegen dem Beschwerdevorbringen seiner Mitwirkungspflicht nachweislich bislang nicht entsprechend nachgekommen und hat gegen seine diesbezügliche Pflicht im Verfahren entsprechend mitzuwirken verstoßen.

Bezogen auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift dieser insofern auch zu folgen war, bzw. diesbezüglich richtigzustellen war, dass der gegenständliche Antrag nicht auf die Verlängerung, sondern auf die (erstmalige) Erteilung einer Duldung bzw. Ausstellung einer Duldungskarte gerichtet war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen-

2.2. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. auch VwGH vom 17.03.2021, Ra 2021/14/0043).

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren kein seinem Antrag entsprechendes bzw. diesen stützendes (neues) Vorbringen erstattete.

Zum Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sondern ausschließlich tatsachenlastig ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Antragseinbringung Karte für Geduldete mangelnder Anknüpfungspunkt Reisedokument Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W168.2215241.3.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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