TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/22 W184 2228845-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.10.2021

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W184 2228845-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Dr. Christian Schmaus, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2021, Zl. 194849309/210619175, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

Gegen die beschwerdeführende Partei, einen männlichen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, wurde am 23.01.2020 gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 wurde gegen die beschwerdeführende Partei ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde ausgeführt, dass im Fall der beschwerdeführenden Partei von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen sei. Die beschwerdeführende Partei habe sich an der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in dem Wissen, dass er dadurch diese terroristische Vereinigung in deren Ziel, in Syrien und im Irak einen radikal-islamistischen Gottesstaat (Kalifat) zu errichten, und deren strafbare Handlungen, nämlich die zur Erreichung dieses Ziels als erforderlich angesehenen terroristischen Straftaten gemäß dem § 278c StGB, fördert, als Mitglied beteiligt. Die beschwerdeführende Partei sei daher am 26.04.2016 vom Landesgericht für Strafsachen Wien zur Zl. 154 Hv 6/16 f wegen §§ 278 b (2), 278a, 223 (2), 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt worden. Trotz Bewährungshilfe, psychotherapeutischer Behandlung und Teilnahme an einem Deradikalisierungsprogramm habe sich die beschwerdeführende Partei von dieser menschenverachtenden und gefährlichen Ideologie nicht distanzieren können und habe sich neuerlich zu kriminellen Handlungen entschlossen. Er sei daher am 03.07.2019 vom Landesgericht für Strafsachen Wien neuerlich wegen § 278 a StGB und § 278 b Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe über drei Jahre und sechs Monate verurteilt worden und befinde sich seit dem 18.04.2018 durchgehend in Haft. Die beschwerdeführende Partei habe sich neuerlich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung beteiligt, wobei er in dem Wissen gehandelt habe, durch seine Beteiligung den Kampfgeist und die Gruppenmoral der in Wien und im syrischen Kriegsgebiet aufhältigen IS-Sympathisanten und IS-Mitglieder, die Vereinigung des IS als Organisation sowie deren strafbare Handlungen zu fördern, indem die beschwerdeführende Partei die umfangreichen, im Urteil aufgelisteten Unterstützungshandlungen gesetzt habe. Aufgrund der Aktualität der Verurteilung der beschwerdeführenden Partei sei jedenfalls von einer Gegenwärtigkeit zu sprechen. Die beschwerdeführende Partei verbüße seine Freiheitsstrafe derzeit in der Justizanstalt Wien Simmering. Er sei wegen derselben schädlichen Neigung neuerlich verurteilt worden und lasse jede Einsicht seines fehlerhaften Verhaltens vermissen, zumal die zuletzt abgeurteilten Straftaten nicht lange zurückliegen würden und er einen Gesinnungswandel hin zu einem rechtstreuen Verhalten noch nicht unter Beweis gestellt habe.

Gegen diesen Bescheid vom 23.01.2020 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass es für die beschwerdeführende Partei durch ein unbefristetes Einreiseverbot in weiterer Folge unmöglich sei, ein Familienleben zu seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn aufrecht zu erhalten.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2020, I414 2228845-1/4E, wurde die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei mit Maßgabe als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass sich die beschwerdeführende Partei gegenwärtig in Strafhaft befinde und noch weitere zwei Jahre und sechs Monate zu verbüßen habe. Diesbezüglich sei anzumerken, dass die beschwerdeführende Partei bereits am 26.04.2016 wegen krimineller Organisation und terroristischer Vereinigung sowie Fälschung einer besonders geschützten Urkunde zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Damals habe er in das Einzugsgebiet des IS fallende Kriegsgebiete in Syrien reisen und seinem Stiefvater, einem IS-Kämpfer, in den Jihad folgen wollen. Noch während offener Probezeit habe er die gerichtliche Weisung verweigert, an einem Deradikalisierungstraining teilzunehmen, und habe erneut die Tatbestände der kriminellen Organisation und der terroristischen Vereinigung verwirklicht, indem er IS-Anhänger bei ihrer Ausreise in das syrische Kriegsgebiet unterstützt habe, einer IS-Anhängerin Unterkunft gewährt habe, um ihre Ausreise zu erleichtern, radikal-islamische Dateien, die den IS verherrlichen würden und zur Begehung von Anschlägen aufrufen würden, an mehrere Personen verschickt habe und finanzielle Unterstützung zugesichert habe. Dafür sei er neuerlich zu einer Haftstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Aufgrund der vorherigen Verurteilung habe die beschwerdeführende Partei um den Unrechtsgehalt seiner Taten gewusst und habe sich trotz teilbedingter Haftstrafe und Geburt seines Kindes nicht davon abbringen lassen, neuerlich und durch eine gleiche schädliche Handlung straffällig zu werden.

Gegenständliches Verfahren:

In einer Stellungnahme vom 10.05.2021 wurde vom bevollmächtigten Vertreter der beschwerdeführenden Partei ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei aus Gründen des Art. 8 EMRK einen Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ stelle. Seit dem Zeitpunkt der Erlassung einer Rückkehrentscheidung habe sich die Situation der beschwerdeführenden Partei nachhaltig und wesentlich gebessert, sodass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung zu einer Verletzung seines grundrechtlich geschützten Rechts auf Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens führen würde. Überdies wäre der Grundsatz der vorrangigen Beachtung des Kindeswohles durch die aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt. Die beschwerdeführende Partei habe seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung an Deradikalisierungsmaßnahmen teilgenommen und es habe in den letzten Monaten ein verfahrensmaßgeblicher Gesinnungswandel beobachtet werden können, wie sowohl dem gegenständlichen Akt als auch den beiliegenden Schreiben zu entnehmen sei. Es handle sich bei den Gründen, die zur Entscheidung des Vollzugsgerichtes über die bedingte Entlassung geführt hätten, um Umstände, die zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes noch nicht vorgelegen seien. Der Stellungnahme der Beratungsstelle für Extremismus sei zu entnehmen, dass die beschwerdeführende Partei seit Dezember 2020 an besagter Einrichtung betreut werde. Es werde von seiner außergewöhnlichen Entwicklung in den letzten Monaten, der Einsicht in sein Fehlverhalten und seiner guten Zukunftsprognose berichtet. Auch eine infolge der Entlassungskonferenz angefertigte Stellungnahme zur bedingten Entlassung von Seiten des Vereins Neustart verdeutliche die positive Entwicklung der beschwerdeführenden Partei, aber auch die enge Bindung zu seiner Kernfamilie und seine in Österreich liegenden Zukunftspläne. Zum Nachweis seiner verfahrensmaßgeblichen Deradikalisierung wurde eine zeugenschaftliche Einvernahme eines Mitarbeiters des Vereins DERAD beantragt. Die Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei sei schwer behindert und pflegebedürftig. Sie benötige eine durchgehende medizinische Versorgung, die in Bosnien und Herzegowina nicht vorhanden sei. Zu betonen sei, dass auch der minderjährige gemeinsame Sohn die Reise nach Bosnien und Herzegowina ohne seine Mutter nicht antreten könnte. Überdies wurde die Einvernahme der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei sowie der beschwerdeführenden Partei selbst beantragt.

Der Stellungnahme wurden folgende Dokumente angeschlossen:

-) eine sozialarbeiterische Stellungnahme der Beratungsstelle Extremismus vom 04.05.2021

-) eine Stellungnahme zur bedingten Entlassung vom 01.03.2021 mitsamt der Weiterempfehlung einer Psychotherapie

-) ein ärztliches Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt die Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei betreffend

-) ein Schreiben der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei über die Wahrnehmung der Betreuungspflichten durch die beschwerdeführende Partei

-) ein Mietvertrag der Stadt Wien Wiener Wohnen

-) ein Meldezettel

-) der Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art.8 EMRK vom 28.04.2021

Mit Eingabe vom 28.05.2021 wurden vom bevollmächtigten Vertreter Kopien des Reisepasses, eine Geburtsurkunde, ein Jahres- und Abschlusszeugnis einer öffentlichen polytechnischen Schule vom 29.06.2012 und ein Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2021 übermittelt.

In einer weiteren Urkundenvorlage vom 27.05.2021 wurden vom bevollmächtigten Vertreter der beschwerdeführenden Partei ein EU-Passbild, ein gültiges Reisedokument (Kopie des Reisepasses), eine Kopie der Geburtsurkunde, ein Jahres- und Abschlusszeugnis der öffentlichen polytechnischen Schule vom 29.06.2012 und ein Beschluss über die bedingte Entlassung vom 30.04.2021 übermittelt.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.06.2021 wurde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die beschwerdeführende Partei habe sich mit 02.06.2021 jeden dritten Tag bei der Polizeiinspektion XXXX regelmäßig zu melden.

Begründend wurde ausgeführt, dass das gelindere Mittel geboten und auch verhältnismäßig sei, zumal die beschwerdeführende Partei gesichert Unterkunft nehme und auch vom Gericht im Zuge der bedingten Entlassung Auflagen erhalten habe. Die Behörde gehe daher aufgrund der persönlichen Lebenssituation der beschwerdeführenden Partei davon aus, dass die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung auch durch die Anordnung des gelinderen Mittels erreicht werden könne. Dementsprechend sei gemäß § 77 Abs. 3 FPG das gelindere Mittel der dreitägigen Meldeverpflichtung zielführend. Für die Behörde sei die Greifbarkeit der beschwerdeführenden Partei gegeben.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.06.2021 wurde von der beschwerdeführenden Partei ausgeführt, dass er mit seiner Lebensgefährtin und seinem Kind zusammenwohne. Er habe bei der BBU bereits einen Antrag für die freiwillige Ausreise gestellt. Zur Frage, wie sich die Beziehung zu seiner Ehefrau und seinem Kind gestalte, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass sie zusammenwohnen würden und er sich um seine pflegebedürftige Gattin kümmere. Nach Haftentlassung könne er auch für seinen minderjährigen Sohn sorgen. Nachgefragt, wer seine Ehefrau während seiner Inhaftierung betreut habe, erwiderte die beschwerdeführende Partei, dass ihre Mutter sowie ihre Schwester für diese und seinen Sohn gesorgt hätten. Sie müssten nunmehr jedoch professionelle Hilfe beanspruchen, da die Mutter für eine adäquate Betreuung zu alt sei und die Schwester ein Kind erwarte. Befragt, ob er noch weitere Angehörige im Bundesgebiet habe, führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sein Bruder mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern im Bundesgebiet wohnhaft sei. Überdies würden sich seine Eltern in Österreich aufhalten. Zu früheren Freunden habe er seit seiner Inhaftierung keinen Kontakt mehr. Derzeit befolge er Termine und Weisungen, ansonsten verbringe er Zeit mit seinem Kind sowie den Kindern seines Bruders. Auf Vorhalt, dass er bereits zweimal verurteilt worden sei, brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass er damals kein soziales Auffangnetz gehabt habe und von kriminellen Personen die Unterstützung erhalten habe, die er gebraucht habe, weshalb er in weiterer Folge weitere Straftaten begangen habe. Seine Straftaten seien ein großer Fehler gewesen und er setze sich gegenwärtig mit seinen Straftaten auseinander. Auf Nachfrage, wieso er nach seiner ersten Verurteilung erneut straffällig geworden sei, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass er in Wien keine Freunde gehabt habe. Nach seiner ersten Verurteilung sei er den ihm auferlegten Weisungen nicht nachgekommen, da er Probleme gehabt habe, ein Vertrauensverhältnis zu seinen Betreuern aufzubauen. Aktuell habe er auch keinen Kontakt mehr zu seinem früheren Umfeld und beabsichtige auch nicht, mit diesen Personen zukünftig in Kontakt zu treten. Zur Frage des bevollmächtigten Vertreters, welche Umstände eine Änderung seiner Einstellung bewirkt hätten, brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass er nunmehr während seiner Strafhaft intensive Gespräche mit dem Sozialdienst sowie dem psychologischen Dienst geführt habe. Überdies habe sich die Dauer der Haftstrafe sowie die Unterstützung seiner Ehefrau positiv auf seinen Gesinnungswandel ausgewirkt. Sein Vater habe der beschwerdeführenden Partei einen Beruf als Hilfskraft in einer Taxi-Werkstatt vermittelt. Die Diagnose Osteoporose bei seiner Ehefrau sei kurz vor seiner Haftentlassung gestellt worden. In Bosnien sei er bislang noch nie gewesen.

In einer weiteren Stellungnahme vom 05.07.2021 führte der bevollmächtigte Vertreter der beschwerdeführenden Partei aus, dass die beschwerdeführende Partei am 28.06.2021 freiwillig ausgereist sei. Die beschwerdeführende Partei habe seit seiner Haftentlassung die Pflege seiner Lebensgefährtin und des gemeinsamen Sohnes übernommen, wozu die nahen Angehörigen seiner Lebensgefährtin nicht mehr in der Lage gewesen seien. Wie die beschwerdeführende Partei in den letzten Wochen unter Beweis stellen habe können, verfüge er in Österreich über ein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches er aufgrund der Erkrankung seiner Lebensgefährtin und Mutter seines gemeinsamen Kindes in Bosnien und Herzegowina nicht fortsetzen könne. Die beschwerdeführende Partei spreche weder die bosnische Landessprache noch verfüge er in Bosnien über soziale Anknüpfungspunkte. Der Stellungnahme wurden angeschlossen: mehrere Fotos; ein Schreiben der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei; ein Patientenbrief vom 12.02.2019 mit den Diagnosen bei Entlassung kogenitale Myopathie mit Rigid-Spine, respiratorische Insuffizienz bei ausgeprägter inspiratorischer und expiratorischer Muskelschwäche mit nicht-invasiver Heimbeatmung, rollstuhlpflichtig, Slimmlippendysfunktion, Schwangerschaft, neuromyopathische Skoliose mit hochgradiger restriktiver Lungenfunktion, operative Versteifung, Schädelhirntrauma, rezidivierende Obstipation; eine sozialarbeiterische Stellungnahme vom 02.07.2021; ein Sozialbericht der Bewährungshilfe vom 02.07.2021; und ein Schreiben des Vereins DERAD vom 05.07.2021.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung getroffen:

„Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 10.05.2021 wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen.“

In der Begründung wurde ausgeführt, dass zwischen dem Zeitpunkt der jetzigen Bescheiderlassung und der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung nur ein sehr kurzer Zeitraum liege. Es habe kein Sachverhalt festgestellt werden können, der einen Aufenthalt aus Gründen des Art. 8 EMRK rechtfertige. In der Entscheidung betreffend Rückkehrentscheidung habe der jetzige maßgebliche Sachverhalt bereits bestanden und es habe sich an diesem nichts geändert. Unter Bedachtnahme auf all diese genannten Faktoren könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt wurde. Die beschwerdeführende Partei befinde sich nunmehr in Bosnien und Herzegowina, einem Land, dessen Sprache er nicht spreche und in welchem er sich keine Unterstützung von Familie oder sonstigen Einrichtungen erwarten könne. Die im Falle der beschwerdeführenden Partei gesetzten strafrechtlichen Maßnahmen, darunter die Bereitstellung von Resozialisierungsangeboten, hätten folglich Wirkung erzielt. Vor dem Hintergrund der positiven Zukunftsprognose und der zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei ausfallenden Gefährdungsprognose seien die öffentlichen Interessen, die im Vorverfahren die Rückkehrentscheidung begründet hätten, als entscheidungsmaßgeblich verringert anzusehen. Im Unterschied zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung habe sich die beschwerdeführende Partei zudem nicht mehr in Strafhaft befunden. Er habe durch sein Verhalten in Freiheit gezeigt, dass er nunmehr gereift sei und zu einem rechtschaffenden und resozialisierten Mitglied der Gesellschaft werden könne. Als weitere maßgebliche Änderung sei die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei zu nennen. Der Sohn der beschwerdeführenden Partei könne bereits zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr von der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei betreut werden. Folglich sei im Sinne des Kindeswohles, welches in sämtlichen Entscheidungen zu beachten sei, festzuhalten, dass ein Verbleib der beschwerdeführenden Partei als Vater für die Erziehung und Entfaltung innerhalb der Familie erforderlich sei, da ansonsten eine Fremdbetreuung erforderlich werden würde. Dem Bescheid seien keine Feststellungen zu seiner Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn sowie zu seinem Lebenswandel seit Begehung der Straftaten zu entnehmen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die zeugenschaftliche Einvernahme eines Beraters des Vereins DERAD sowie der Beraterin der Beratungsstelle Extremismus. Es sei aus der Bescheidbegründung jedenfalls keine nachvollziehbare Würdigung der Beweismittel zu entnehmen. Die für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen seien dem angefochtenen Bescheid in zentralen Bereichen nicht zu entnehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Gegen die beschwerdeführende Partei, einen männlichen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, wurde am 23.01.2020 gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 wurde gegen die beschwerdeführende Partei ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2020, I414 2228845-1/4E, wurde die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei mit Maßgabe als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs in weiterer Folge am selben Tag in Rechtskraft.

Die beschwerdeführende Partei weist folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.04.2016, 154 HV 6/2016f, wurde die beschwerdeführende Partei wegen des Verbrechens der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 278b Abs. 2 StGB sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden und deren Verwendung im Rechtsverkehr nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und des Vergehens der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 278a StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit sowie der Anordnung einer Bewährungshilfe zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 03.07.2019, 154 HV 11/2019w, wurde die beschwerdeführende Partei wegen des Vergehens der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 278a StGB und des Verbrechens der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 278b Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die beschwerdeführende Partei wurde am 01.06.2021 unter einer Probezeit von fünf Jahren sowie unter Anordnung einer Bewährungshilfe aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Seit der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der eingebrachten Stellungnahme vom 07.07.2021 sowie der Berichte der Beratungsstelle Extremismus sowie des Vereins Neustart und des Vereins DERAD sowie der Beachtung des schlechten Gesundheitszustandes der Ehefrau der beschwerdeführenden Partei und des Kindeswohles keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten. Auch im Hinblick auf das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Partei hat sich ein wesentlich geänderter Sachverhalt nicht ergeben.

Die beschwerdeführende Partei weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Die beschwerdeführende Partei hat das Bundesgebiet am 28.06.2021 freiwillig verlassen.

2. Beweiswürdigung:

Das Vorverfahren und die rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der Einsicht in den Verwaltungsakt.

Die strafrechtlichen Verurteilungen der beschwerdeführenden Partei gehen aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Strafregister hervor.

Dass es seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu keiner maßgeblichen Änderung gekommen ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass auch durch die Ausführungen in mehreren Stellungnahmen des bevollmächtigten Vertreters sowie den Einschätzungen der Beratungsstelle Extremismus sowie des Vereins Neustart und auch nach Vorlage ärztlicher Unterlagen der Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei zu keiner maßgeblichen, entscheidungswesentlichen, gravierenden, nachhaltigen und dauerhaften Änderung der die beschwerdeführende Partei betreffenden Umstände gekommen ist. Wenn in den Beschwerdeausführungen vorgebracht wird, dass er sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung nunmehr als Vater um seinen minderjährigen Sohn sowie seine pflegebedürftige Ehefrau kümmert, ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass die Betreuung des Sohnes sowie der Gattin nicht ausschließlich durch die beschwerdeführende Partei selbst wahrgenommen werden kann, insbesondere da die beschwerdeführende Partei keine einschlägige Ausbildung im Fachbereich Pflege absolvierte und die Fürsorgepflichten bereits während der Inhaftierung der beschwerdeführenden Partei durch die Mutter sowie die Schwester wahrgenommen wurden. Selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass diese Familienangehörigen nunmehr nicht mehr in der Lage sind, die Ehefrau der beschwerdeführenden Partei zu betreuen, ist nicht davon auszugehen, dass die zeitintensive Pflege ausschließlich durch die beschwerdeführende Partei selbst vorgenommen werden kann. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die beschwerdeführende Partei die begangenen Straftaten bereut, sich einsichtig zeigt und nunmehr seine während der Inhaftierung versäumten Fürsorgepflichten gegenüber Sohn und Ehegattin wahrnehmen will, dennoch muss aufgrund der Schwere der begangenen Straftaten im gegenständlichen Fall der öffentlichen Sicherheit der Vorrang eingeräumt werden.

Es fällt auch ins Gewicht, dass die beschwerdeführende Partei zuletzt am 03.07.2019 verurteilt wurde und am 01.06.2021 unter Anordnung einer Bewährungshilfe aus der Freiheitsstrafe entlassen wurde, weshalb eine positive Prognose nach Versteichen dieses kurzen Zeitrahmens noch nicht getroffen werden kann bzw. diese daher jedenfalls nicht zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei ausfällt. Die vorgelegten Berichte diverser Vereine fallen nicht ausschlaggebend ins Gewicht, zumal sie lediglich einen subjektiven, persönlichen Eindruck schildern, der jedoch durch die Aktenlage, insbesondere aufgrund der dargelegten gravierenden Straffälligkeit der beschwerdeführenden Partei im Bereich des Terrorismus, wobei es sich aufgrund der Gefährdung einer hohen Anzahl von Personen um Delikte mit einem besonders hohen Unrechtsgehalt handelt, abgeschwächt werden muss. Die entsprechenden Berichte und Stellungnahmen können die grundsätzlich negative Einschätzung der Gefährlichkeit auf Basis der verwirklichten Delikte nicht mildern. Hinzu kommt, dass die beschwerdeführende Partei offensichtlich nach seiner ersten Verurteilung nicht gewillt war, die ihm aufgetragenen Weisungen zu befolgen und trotz seiner Vaterschaft und gesundheitlicher Probleme seiner Partnerin erneut straffällig wurde. Dies ist dementsprechend zu Ungunsten der beschwerdeführenden Partei zu berücksichtigen. Selbst aus dem Umstand, dass die beschwerdeführende Partei nach seiner bedingten Entlassung nunmehr die Bewährungshilfe in Anspruch nimmt, ist keine nachweisliche Eingliederung in die österreichische Gesellschaft abzuleiten, sondern hebt dies lediglich die Erfüllung ihm auferlegter Verpflichtungen hervor.

Von einem Wohlverhalten kann unter diesen Umständen nach Auffassung des BVwG nicht ausgegangen werden, sondern es stellt der weitere Aufenthalt der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet unverändert eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Die beschwerdeführende Partei konnte auch durch die Vorlage von Berichten mehrerer Vereine und die Stellungnahmen seines bevollmächtigten Vertreters nicht mit einem tatsächlich vorliegenden Gesinnungswandel zu überzeugen, da trotz einer gewissen Reue nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu erkennen war, dass sich die beschwerdeführende Partei vom radikalen Islamismus nachhaltig distanziert hat und auch der beantragten Beschwerdeverhandlung und dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme eines Beraters des Vereins DERAD mangels Notwendigkeit nicht nachzukommen war.

Hinsichtlich der Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, ist zunächst auf den im Akt einliegenden Strafregisterauszug zu verweisen, in welchem die beschwerdeführende Partei wegen mehrerer Verbrechen und insbesondere wegen Verbrechen im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde und demnach von der beschwerdeführenden Partei eine erhebliche Gefahr für die Republik Österreich ausgeht, an deren Prävention ein besonders hohes Interesse der Republik Österreich besteht. Wie das Bundesamt bereits zutreffend bemerkte, ergibt sich die Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit somit vor allem aus der schweren Straffälligkeit der beschwerdeführenden Partei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 53/2019 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

„§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

§ 58 …

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

…“

Im vorliegenden Fall ist seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2020, I414 2228845-1/4E, zugestellt am 03.03.2020, mit welchem eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten. Selbst unter Mitberücksichtigung aller eingebrachten Unterlagen, welche eine gewisse Besserung des Zustandes der beschwerdeführenden Partei aufzeigen, kann aufgrund der bereits ausgeführten beweiswürdigenden Erwägungen von einem grundlegenden Gesinnungswandel seitens der beschwerdeführenden Partei und somit auch von einer wesentlichen Veränderung im Vergleich zur rechtskräftigen Entscheidung noch nicht ausgegangen werden.

Zu dem Antrag auf Durchführung einer Verhandlung wird ausgeführt:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes zusammengefasst wurden, folgendermaßen (seither ständige Rechtsprechung, z. B. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0149; 11.09.2018, Ra 2018/14/0052; 06.09.2018, Ra 2018/18/0010; abweichend allerdings - beginnend mit VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 - ein Senat, welcher nunmehr - praeter legem - als zusätzliches Tatbestandselement des § 21 Abs. 7 BFA-VG den hypothetischen „persönlichen Eindruck“ vom Beschwerdeführer in einer allfälligen künftigen Verhandlung postuliert; vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 26.02.2018, E 3296/2017; 24.11.2016, E 1079/2016; 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11):

„Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht muss die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.“

Im vorliegenden Fall liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG und die dazu von der ständigen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien vor. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. In einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren wurde der beschwerdeführenden Partei ausreichend Parteiengehör eingeräumt, und auch die Beschwerde zeigt nicht plausibel auf, inwieweit eine neuerliche Einvernahme zu einer weiteren Klärung der Sache führen könnte.

Eine mündliche Verhandlung konnte im Fall der beschwerdeführenden Partei deshalb unterbleiben, weil der für die getroffene rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt vorliegt und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seiner Ermittlungspflicht durch eine Befragung der beschwerdeführenden Partei nachkam. Auch in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen ergab sich keine Notwendigkeit, die beschwerdeführende Partei im Rahmen einer mündlichen Verhandlung neuerlich zu befragen:

Die für die Interessenabwägung im Rahmen der Abweisung der Beschwerde gegen die erlassene Entscheidung des BFA maßgeblichen Verurteilungen der beschwerdeführenden Partei wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Soweit die Ansichten bzw. Einstellungen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf seine Straftat sowie die Betreuungspflichten gegenüber seiner Ehefrau sowie seinem Sohn für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung waren, gab er für diese Bemessung bereits ausreichende Aussagen in der (zeitnahen) Einvernahme vor der belangten Behörde am 15.06.2021.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Ordnung strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W184.2228845.2.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten