TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/16 96/01/0493

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Veröffentlicht am 16.10.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1. der AM, 2. der TM,

3. der DM, und 4. der NM, alle in X, die 2. bis 4. Beschwerdeführerin vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Dezember 1995, Zl. 4.347.824/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer, alle Staatsangehörige von Bosnien, die am 15. August 1995 in das Bundesgebiet eingereist sind, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. November 1995, mit dem ihre Asylanträge abgewiesen worden waren, mit Berufung bekämpft haben.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 11. Dezember 1995 die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführer haben - wie sich aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit der in der Beschwerde enthaltenen Sachverhaltsdarstellung ergibt - bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz angegeben, sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten zu haben.

Die belangte Behörde hat der Abweisung der Berufung der Beschwerdeführer und damit der Versagung von Asyl die im erstinstanzlichen Bescheid zusammengefaßten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die maßgebenden Erwägungen der Beweiswürdigung und die Beurteilung der Rechtsfrage durch das Bundesasylamt vollinhaltlich zugrunde gelegt und diese Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben, wozu sie - ohne diese wiederholen zu müssen - berechtigt war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045). Sie hat die Abweisung der Berufung daher auch damit begründet, daß die Beschwerdeführer bereits vor ihrer Einreise nach Österreich in Slowenien aufhältig gewesen seien, weshalb zufolge Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Asylgewährung ausgeschlossen sei.

Zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, verwiesen.

Die Beschwerdeführer führen zur Frage der Erlangung von Verfolgungssicherheit in Slowenien einerseits aus, sie hätten diesen Staat lediglich im Transitweg auf kürzestem Weg durchfahren, weshalb die "Drittstaatsklausel" nicht geeignet erscheine, "den Asylstatus abzuerkennen"; andererseits liege in der behördlichen Feststellung, die Beschwerdeführer hätten auf Befragen, warum sie nicht bereits in Kroatien oder Slowenien um Asyl angesucht hätten, angegeben, sie hätten nach Österreich zu einem Bekannten fahren wollen und nicht daran gedacht, in einem anderen Land um Asyl anzusuchen, eine Aktenwidrigkeit, weil die Erstbeschwerdeführerin auf diese Frage hinsichtlich Sloweniens in Wahrheit geantwortet habe, sie habe nicht gewußt, daß Slowenien die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert habe. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, daß es für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt, daß der Asylwerber in dem Staat, in dem er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet aufgehalten hat, keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Von Verfolgungssicherheit kann nicht erst ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer des Asylwerbers in einem Durchreisestaat oder dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde (vgl. für viele andere das bereits angeführte Erkenntnis vom 6. September 1995). Auch kommt es für die Erlangung der Verfolgungssicherheit nicht darauf an, ob und welche subjektiven Kenntnisse ein Asylwerber über die Länder seines Aufenthaltes hatte (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0033, und vom 24. April 1996, Zl. 96/01/0253). Selbst wenn sohin die ins Treffen geführte Aktenwidrigkeit tatsächlich vorläge, könnte daraus für die Beschwerdeführer nichts gewonnen werden, weil selbst aus den von den Beschwerdeführern als richtig dargestellten Aussagen der Erstbeschwerdeführerin kein Hinweis darauf entnommen werden kann, daß die Beschwerdeführer in Slowenien nicht Verfolgungssicherheit erlangt haben.

Da somit ausgehend vom Beschwerdevorbringen keine Gründe ersichtlich sind, aus denen die Beschwerdeführer gehindert gewesen wären, bereits in Slowenien um Asyl anzusuchen - dieser Staat hat gemäß der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den Geltungsbereich des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 806 und 907/1993, mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 erklärt, sich auch weiterhin an die genannten Übereinkommen gebunden zu erachten -, und auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen, insbesondere des Refoulement-Verbots, durch diesen Staat ergäbe, liegen keine Umstände vor, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in Slowenien sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführer der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat - nämlich in Slowenien - vor Verfolgung sicher waren. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für sie nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeausführungen unterbleiben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Aus diesem Grund konnte auch eine Entscheidung des Berichters über den (zur hg. Zl. AW 96/01/0348 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010493.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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