TE OGH 2021/10/20 9ObA101/21z

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. P*****, vertreten durch Dr. Remo Sacherer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde Z*****, vertreten durch die Dr. Schilchegger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Anif, wegen 121.487,04 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 2021, GZ 12 Ra 46/21b-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]            1. Die Auslegung der in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltenen Festellungen kann jeweils nur einzelfallbezogen erfolgen und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage. Nur wenn die Auslegung der erstrichterlichen Feststellungen durch die zweite Instanz eine unvertretbare Fehlbeurteilung darstellt, ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zur Korrektur zulässig (RS0118891 [T4 und T5]).

[2]            Eine solche Fehlbeurteilung liegt jedoch nicht vor. Das Berufungsgericht hat dargelegt, wie die erstgerichtlichen Feststellungen zu verstehen sind und warum die vom Kläger behaupteten Widersprüchlichkeiten tatsächlich nicht bestehen. So bezieht sich das Erstgericht entgegen der außerordentlichen Revision zum Kündigungsschreiben nicht nur auf dieses als Beweismittel, sondern gibt erkennbar dessen Inhalt wieder. Das Berufungsgericht ist auch nachvollziehbar davon ausgegangen, dass der Kläger dem vom Erstgericht verwendeten Begriff „Dienstgeberbezahlung“ eine rechtliche Bedeutung zuerkennt, die ihm nach dem Gesamtzusammenhang nicht zukommt. Dasselbe gilt für den in der außerordentlichen Revision behaupteten Widerspruch zwischen dem generell bestehenden Anspruch auf Sonderklassegebühren und der Frage, inwieweit der Kläger zusätzlich zu den ohnehin ausbezahlten Beträgen einen weiteren Anspruch auf solche Gebühren hat.

[3]            Insgesamt wird daher ein Verfahrensmangel nicht aufgezeigt.

[4]            2. Nach § 1 Abs 2 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften durch den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband vom Geltungsbereich der Abschnitte II bis V dieses Gesetzes ausgenommen. Dieser Ausnahmetatbestand ist unter anderem verfassungsrechtlich begründet, da Regelungen über das Beschäftigungsverhältnis von Arbeitnehmern der Gebietskörperschaften unter den Kompetenztatbestand „Dienstrecht“ der Bundesverfassung fallen, für den der Bund nur teilweise regelungszuständig ist (vgl Art 21 B-VG; vgl 8 ObA 117/04w mwN). Da auch im Fall von Subüberlassungen von Gemeinde- oder Landesbediensteten eine Regelung durch den Bund einen unzulässigen Eingriff in die Kompetenz der Länder darstellen würde, sind auch diese als vom Ausnahmetatbestand umfasst anzusehen.

[5]            Da der Kläger Vertragsbediensteter nach dem Sbg Gem-VBG 2001 ist, ist auf ihn im Fall einer Überlassung nur der I. Abschnitt des AÜG anwendbar, nicht jedoch die Bestimmungen über das Entgelt, auf die sich die Revision bezieht.

[6]            Dementsprechend kann auch dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine Subüberlassung vorlag oder ob das Schreiben vom 23. 12. 2019 nicht ohnehin als Mitteilung einer anderweitigen Dienstzuweisung iSd § 14 Sbg Gem-VBG 2001 durch die Beklagten zu verstehen war.

[7]            3. Die Abfertigung beträgt nach § 120 Abs 9 Sbg Gem-VBG 2001 nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von 25 Jahren das Zwölffache des, der oder dem Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und der Kinderzulage.

[8]            Nach § 61 Abs 1 Sbg Gem-VBG 2001 hat der Vertragsbedienstete Anspruch auf Monatsbezüge. Der Monatsbezug besteht aus dem Monatsentgelt und den in den §§ 66 bis 74 dieses Gesetzes geregelten Zulagen. Soweit in diesem Gesetz nicht Anderes bestimmt wird, sind diese Zulagen mit Ausnahme der Verwendungsabgeltung (§ 71 Sbg Gem-VBG 2001) und der Kinderzulage (§ 74 Sbg Gem-VBG 2001) bei der Bemessung von Ansprüchen nach dem Monatsentgelt diesem zuzuzählen. Das Monatsentgelt bestimmt sich nach der Entlohnungsgruppe, in welcher der Vertragsbedienstete eingereiht ist (§ 61 Abs 2 Sbg Gem-VBG 2001).

[9]            Richtig hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung unter dem Begriff des Monatsentgelts (Bezugs) gemäß § 8a VBG 1948 sowie den im Wesentlichen entsprechenden landesgesetzlichen Bestimmungen (vgl 9 ObA 194/99s; 9 ObA 275/01h; 8 ObA 58/11d; 8 ObA 16/12d) nicht – wie sonst im Arbeitsrecht – ein die gesamte Entlohnung umfassender Oberbegriff zu verstehen ist (RS0037882), sondern vielmehr der Hauptbezug bestimmten, im Gesetz genannten Zulagen den übrigen Entlohnungen und Nebengebühren zur Seite gestellt wird (RS0081487).

[10]           Unabhängig davon, ob der Anteil an den Sonderklassegebühren, die dem Kläger ausbezahlt wurden, eine Leistung des Dienstgebers darstellt oder dieser nur als auszahlende Stelle für den Anteil des Kläger an „echten“ Sonderklassegebühren im Rahmen des in der Krankenanstalt geltenden Aufteilungsschlüssels agiert, handelt es sich nicht um das Monatsentgelt iSd § 61 Abs 2 Sbg Gem-VBG 2001 entsprechend der Entlohnungsgruppe, in die der Kläger eingereiht ist, und nicht um eine der im Gesetz genannten Zulagen und ist daher bei der Berechnung der Abfertigung nicht zu berücksichtigen.

[11]           Mit dieser schon im Berufungsurteil ausführlich dargestellten Rechtslage setzt sich die außerordentliche Revision des Klägers nicht auseinander. Sie rügt in diesem Zusammenhang nur das Fehlen von Feststellungen zur Verrechnung der Sonderklassegebühren und zur Höhe der üblichen Facharztanteile. Darauf kommt es aber nach der zuvor dargestellten Gesetzeslage nicht an.

[12]           4. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E133360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00101.21Z.1020.000

Im RIS seit

29.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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