TE Vfgh Erkenntnis 2021/12/6 V521/2020

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Veröffentlicht am 06.12.2021
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
Tir RaumOG 2016 §64, §66 Abs1, §66 Abs3
Allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan SM-B17 der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19.07.2019
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Aufhebung eines Bebauungsplans betreffend eine Bausperrenverordnung; keine neuerliche Auflegung zur öffentlichen Einsichtnahme eines – keine relevanten inhaltlichen Änderungen umfassenden – "verkleinerten" Planungsraumes erforderlich

Spruch

I.       Der Antrag auf Aufhebung des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes "SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze, verkleinert um den Bereich Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c, 29a-c und Waldstraße 37, 39, 41" in der vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck am 19. Juli 2019 beschlossenen Verordnung, kundgemacht an der Amtstafel vom 23. Juli 2019 bis 6. August 2019, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten, bezieht, wird abgewiesen.

II.      Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol "den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan mit der Bezeichnung 'SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze, verkleinert um den Bereich Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c, 29a-c und Waldstraße 37, 39, 41' des Gemeinderates der Stadt Innsbruck vom 25.04.2019, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Zeitraum vom 23.07.2019 bis zum 06.08.2019, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

In eventu

den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan mit der Bezeichnung 'SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze, verkleinert um den Bereich Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c, 29a-c und Waldstraße 37, 39, 41' des Gemeinderates der Stadt Innsbruck vom 25.04.2019, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Zeitraum vom 23.07.2019 bis zum 06.08.2019, für den Bereich des Gst Nr 1714/3, KG Wilten, als gesetzwidrig aufzuheben."

II. Rechtslage

Die (zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und Kundmachung der angefochtenen Verordnung geltenden) §§66 und 71 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016), LGBl 101/2016, idF LGBl 144/2018 lauteten:

"§66

Verfahren zur Erlassung von Bebauungsplänen

(1) Der Entwurf eines Bebauungsplanes ist aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. Die Auflegung ist während der gesamten Auflegungsfrist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und weiters auf der Internetseite der Gemeinde bekannt zu machen. Die Kundmachung und die Bekanntmachung haben die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben. Für die Verständigung der Eigentümer der vom Entwurf umfassten Grundstücke gilt §64 Abs2 sinngemäß.

(2) Der Gemeinderat kann gleichzeitig mit der Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes nach Abs1 erster Satz den Beschluss über die Erlassung des Bebauungsplanes fassen. Dieser Beschluss wird jedoch nur rechtswirksam, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme zum Entwurf von einer hierzu berechtigten Person oder Stelle abgegeben wurde.

(3) Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser neuerlich entsprechend dem Abs1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.

(4) Der Bürgermeister hat nach dem Abschluss des Verfahrens nach den Abs1, 2 und 3 den Entwurf zusammen mit den eingelangten Stellungnahmen und den maßgebenden Entscheidungsgrundlagen dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.

(5) Der Entwurf eines Bebauungsplanes kann gleichzeitig mit dem Entwurf des Flächenwidmungsplanes aufgelegt werden. Erfolgt die Beschlussfassung über einen Bebauungsplan zeitlich vor der Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplanes, so steht der Beschluss außer im Fall des §54 Abs3 unter der aufschiebenden Bedingung, dass dem Flächenwidmungsplan die nach §67 Abs2 erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt wird.

§71

Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes

und der Bebauungspläne

(1) Für das Verfahren zur Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne gelten die §§64 bis 69 sinngemäß mit der Maßgabe, dass

a) der Gemeinderat anlässlich der im §64 Abs1 erster Satz vorgesehenen Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes gleichzeitig den Beschluss über die dem Entwurf entsprechende Änderung fassen kann, wobei dieser Beschluss nur rechtswirksam wird, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme zum Entwurf von einer hierzu berechtigten Person oder Stelle abgegeben wurde,

b) die im §64 Abs3 vorgesehene Verständigung der Nachbargemeinden unterbleiben kann, wenn die Änderung nicht Grundflächen im Bereich der Gemeindegrenzen betrifft und auch sonst die örtlichen Raumordnungsinteressen von Nachbargemeinden nicht berührt werden.

(2) Das Auflegungsverfahren nach §64 Abs1 bis 4 kann entfallen, wenn

a) der Flächenwidmungsplan infolge der Berichtigung der Katastralmappe von Amts wegen nach §52 Z5 des Vermessungsgesetzes, BGBl Nr 306/1968, ausschließlich in dem zur Anpassung der Darstellung des Grenzverlaufes von Grundstücken an den Grenzverlauf in der Natur erforderlichen Umfang geändert wird (Widmungskorrekturen) oder

b) der Flächenwidmungsplan ausschließlich im Sinn des §35 Abs2 vierter Satz geändert wird; in diesem Fall ist den betroffenen Grundeigentümern eine Frist von einem Monat zur Abgabe einer Stellungnahme einzuräumen.

(3) Die Auflegung der Entwürfe über die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes kann gleichzeitig erfolgen. Dem Gemeinderat können weiters beide Entwürfe gleichzeitig zur Beschlussfassung vorgelegt werden. In diesem Fall kann die aufsichtsbehördliche Genehmigung für beide Verordnungen in einem erteilt werden. Andernfalls darf die Änderung des Flächenwidmungsplanes erst nach Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes aufsichtsbehördlich genehmigt werden.

(4) Wird der Änderung des Flächenwidmungsplanes die aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht innerhalb von sechs Wochen nach der vollständigen Vorlage der digitalen Daten im Umfang des §67 Abs2 zweiter und dritter Satz erteilt, so gilt mit dem Ablauf dieser Frist die Genehmigung als erteilt. In den Fällen des Abs3 gilt die aufsichtsbehördliche Genehmigung erst als erteilt, wenn diese nicht innerhalb eines Monats nach dem Inkrafttreten der Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes versagt wird. Das Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes ist in der bestehenden EDV-Anwendung zu dokumentieren.

(5) Die Abs1 und 4 sind im Fall der Durchführung einer Umweltprüfung nicht anzuwenden."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Eingabe vom 20. März 2019 beantragte die beteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit zwölf Wohneinheiten samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten.

1.2. Am 28. März 2019 erließ der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck eine Bausperrenverordnung gemäß §74 Abs1 TROG 2016 für den zusammenhängenden Bereich einer Vielzahl von Grundstücken (darunter auch das Grundstück der beteiligten Partei) im Bereich Sieglanger – Mentlberg. Dies geschah im Hinblick auf die – am selben Tag beschlossene – Auflage des Entwurfes des "Bebauungsplanes und Ergänzenden Bebauungsplanes Nr SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze (als Änderung des Bebauungsplanes Nr SM-B8), gemäß §56 Abs1 und 2 TROG 2016". Dieser lag vom 1. bis 29. April 2019 zur öffentlichen Einsichtnahme am Stadtmagistrat der Stadtgemeinde Innsbruck auf. Die Auflage des Entwurfes wurde an der Amtstafel verlautbart; die betroffenen (Grundstücks-)Eigentümer wurden verständigt.

1.3. Innerhalb der gesetzlichen Frist langten elf Stellungnahmen ein, mit denen sich der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnbau und Projekte in weiterer Folge im Rahmen einer fachlichen Stellungnahme auseinandersetzte. In Bezug auf Äußerungen, die Einschränkungen betrafen, durch die konkrete Projekte bzw allfällige künftige Vorhaben nicht umgesetzt hätten werden können, ist dieser fachlichen Stellungnahme Folgendes zu entnehmen:

"Es handelt sich bei der Liegenschaft der Einschreiter um einen Teil einer Doppelhausanlage. Der beabsichtigte Anbau eines Windfanges wäre mit der Verordnung der Baumassendichte nicht genehmigungsfähig, da der Bestand bereits diese Dichte [maximale Baumassendichte 1,5] überschreitet. Da die Doppelhausanlage jedoch trotz der höheren Dichte eine kleinkörnige und lockere Baustruktur aufweist (typisch für die Entstehungszeit) und durch den geplanten Windfang weder neue Wohneinheiten entstehen (siehe Erschließungsproblematik), noch stadtgestalterisch Nachteile entstehen, ist ein Ermöglichen des Vorhabens zu befürworten. Die eingeengten Wohnungsgrundrisse können durch diese kleine Maßnahme in zeitgemäße Grundrisse überführt werden. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Häuser in gleicher Struktur (8 Doppelhäuser) soll diese Erweiterungsmöglichkeit entsprechend der örtlichen Gegebenheiten für alle diese Häuser gelten.

Empfehlung: Herausnahme der Liegenschaften Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c und 29a-c. Erstellung eines separaten Bebauungsplanentwurfes zur Ermöglichung der Windfänge."

1.4. Am 19. Juli 2019 wurde der Bebauungsplan und ergänzende Bebauungsplan "SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze (als Änderung des Bebauungsplanes Nr SM-B8)", "verkleinert um den Bereich Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c, 29a-c und Waldstraße 37, 39, 41", (im Folgenden: Bebauungsplan "SM-B17") vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck beschlossen. Dem Protokoll über die Gemeinderatssitzung ist zu entnehmen, dass über die eingelangten Stellungnahmen im Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnbau und Projekte eingehend beraten worden sei. Dabei habe festgestellt werden können, dass einer Stellungnahme entgegengekommen werden könne und in diesem Bereich ein neuer Bebauungsplan erstellt werde. In diesem Sinne solle der ursprüngliche Bebauungsplanentwurf verkleinert beschlossen werden.

1.5. Die Kundmachung des Bebauungsplanes "SM-B17" erfolgte vom 23. Juli bis 6. August 2019 an der Amtstafel. Mit Schreiben vom 18. September 2019 teilte die Tiroler Landesregierung mit, dass gegen den vorgelegten Bebauungsplan weder in inhaltlicher noch in formaler Hinsicht Einwände bestünden.

1.6. Infolge eines Amtssachverständigengutachtens, das dem geplanten Bauvorhaben der beteiligten Partei einen Widerspruch zu den Planungszielen der verordneten Bausperre (respektive den Vorgaben des Bebauungsplanes "SM-B17") attestierte, wurde der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung mit Bescheid des Stadtmagistrates der Stadtgemeinde Innsbruck vom 25. Juli 2019 abgewiesen (vgl §37 Abs2 lita der Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 1975 über die Wiederverlautbarung des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl Nr 53/1975 idgF). Gegen diesen Bescheid erhob die beteiligte Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

2. Das Landesverwaltungsgericht Tirol legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne Hervorhebungen im Original):

"Der angefochtene Bebauungsplan 'SM-B17' bildet eine Voraussetzung für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im anhängigen Beschwerdeverfahren, dies aus folgenden Gründen:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat seiner Entscheidung die im Zeitpunkt seiner Erlassung herrschende Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen. Somit wäre es bei seiner Entscheidung über das Bauansuchen der Beschwerdeführerin an den Bebauungsplan 'SM-B17' gebunden. Wie der Amtssachverständige der belangten Behörde festgestellt hat, widerspricht das geplante Bauvorhaben dem Bebauungsplan 'SM-B17' wegen Überschreitungen der Baufluchtlinie, des obersten Gebäudepunkts und der zulässigen maximalen Geländeveränderung vor (was von der Beschwerdeführerin unbestritten blieb).

Gegen diesen Bebauungsplan bestehen seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol jedoch Bedenken ob seiner Gesetzmäßigkeit. Es ist daher gemäß Art89 B-VG iVm Art135 Abs4 B-VG der gegenständliche Antrag nach Art139 Abs1 Z1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

[…] In der Sache:

Zur mangelnden Gesetzmäßigkeit:

Wie der […] dargestellte Sachverhalt zeigt, wurde der Planungsbereich des zunächst aufgelegten Entwurfs des Bebauungsplans 'SM-B17' nach seiner Auflegung verringert. Gemäß §71 Abs1 iVm §66 Abs3 TROG 2016 war bis 31.12.2019 ein nach seiner Auflegung geänderter Entwurf neuerlich (zumindest für zwei Wochen) aufzulegen. Seitens des Landesverwaltungsgerichts besteht kein Zweifel daran, dass eine Einschränkung des Planungsbereichs eines Bebauungsplans eine Änderung iSd §66 Abs3 TROG 2016 darstellt. Dies, da sich die Vereinbarkeit einer solchen Planungsmaßnahme mit den im TROG normierten Zielen der Raumordnung naturgemäß nur dann abschließend prüfen lässt, wenn deren Planungsbereich feststeht. Zweifellos hängt die Rechtfertigung und Wirksamkeit derartiger Planungsmaßnahmen maßgeblich ua von der Ausgestaltung des Planungsbereichs ab. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts hätte daher hinsichtlich des 'reduzierten' Bebauungsplans ein neuerlicher Auflegungsbeschluss durch den Gemeinderat gefasst, eine Auflegung samt Verständigung der betroffenen Grundeigentümer vorgenommen und ein Erlassungsbeschluss gefasst werden müssen. Da diese Verfahrensbestimmungen nicht eingehalten wurden, ist der Bebauungsplan 'SM-B17' wegen Widerspruchs zu §§71 Abs1 iVm §66 Abs3 TROG 2016 rechtswidrig zustande gekommen."

3. Die Partei des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes anschließt (ohne Hervorhebungen im Original):

"Zu der Präjudizialität

[…] Es besteht kein Zweifel, dass der Bebauungsplan, der im vorliegenden Falle anzuwenden ist, präjudiziell ist: nur aufgrund seiner Festlegungen ist das Bauvorhaben, das antragsgegenständlich[…] ist, rechtlich nicht möglich. Das bedeutet, dass man das Vorhaben nicht errichten kann, weil der neue Bebauungsplan in einem beträchtlichen Umfange einschränkende Bestimmungen beinhaltet, wie dies auch in dem Verfahren in erster Instanz und vor dem LVwG geltend gemacht wurde. Es ist ja auch völlig eindeutig, dass die belangte Behörde des Verfahrens den Bebauungsplan angewendet hat und zwar so, dass der Bescheidspruch des angefochtenen abweislichen Baubescheids initiell und untrennbar mit dem Bebauungsplan zusammen hängt. Das hat auch das LVwG in seinem Antrag ausdrücklich festgestellt.

[…] Es ergibt sich, aus der Sicht der Beschwerdeführerin, dass der Gerichtsantrag auf entsprechende Normenkontrolle, jedenfalls im Sinne des Eventualantrages, aber auch im Sinne des Hauptantrages weder zu weit gefasst noch unzulässig ist. Die Relation der bezogenen Flächen zu den verordneten Maßnahmen betrifft ja alle in Frage kommenden Liegenschaften und Liegenschaftsteile, die in der Verordnung enthalten und in das geänderte Planungsgebiet aufgenommen worden sind.

Die Präjudizialität der Norm ergreift (im vorliegenden Fall) sicherlich jene Liegenschaft, die im Eigentum der Beschwerdeführerin steht; zugleich aber soll die Aufhebung der nicht ordnungsgemäß zustande gekommenen Norm den tatsächlichen Planungsbereich betreffen, weil es ja ansonsten eine unsachliche Differenzierung bei Anwendung der Unrechtsfolgen wäre, würde man dies nur auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin allein beziehen.

[…]

Zu der Bestimmung des §64 TROG

[…] Es ist vieljährige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, dass bei der (nach-) prüfenden Kontrolle von planungsrechtlichen Verordnungen vor allem dem eigentlichen 'Kreationsvorgang' ein besonderes Gewicht bei- und zugemessen wird.

Der Verfassungsgerichtshof prüft also regelmäßig, ob die landesgesetzlich unterschiedlichen Rechtsvorschriften über das Zustandekommen der Norm als einer solchen eingehalten sind oder nicht, wobei das Rechtswidrigkeitskalkül bei der Verletzung der Kreationsvorschriften ausgesprochen streng ist. Das gilt zum Beispiel dann, wenn Eigentümer der von einer solchen Maßnahme betroffenen Parzellen nicht informiert werden.

Wiederholt hat der VfGH auch betont, dass der Frage der Auflage und der Einhaltung der zeitlichen Bestimmungen über die Auflage eine besondere Bedeutung zukommt, wenn es um die Frage des rechtmäßigen Zustandekommens einer solchen VO geht. […]

In der Sache besteht für die beschwerdeführende Partei kein Zweifel daran, dass der Kreationsvorgang des vorliegenden Bebauungsplanes unzutreffend gewesen ist, weil der Plan nach Einlangen wohl umfangreicher und umfassender Stellungnahmen von vielen Rechtsträgern einfach 'eingeschränkt' worden ist, das heißt, man hat ein anderes Planungsgebiet festgelegt, den Plan nicht nochmals zur Einsichtnahme aufgelegt, das Recht zur Abgabe weiterer Stellungnahmen pflichtwidrig beschnitten und auf solche Weise die Kreationsbestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes in der aktuell geltenden Fassung verletzt.

[…] Zu der materiellen Gewichtung des Verstoßes

Hier sind die folgenden Bestandteile des Kreationsverfahrens näher zu betrachten:

[…] In der 'Einschränkung' des Planungsgebietes liegt, anders als man es vielleicht annehmen könnte, nämlich durchaus eine Fragestellung, die für jeden Planungs- als Kreationsvorgang maßgeblich ist:

Das Planungsgebiet ist eine variable Größe, auf die sich viele Parameter der raumordnungsfachlichen Beurteilung als solche beziehen.

[…] Wird ein Planungsgebiet verändert, vergrößert, verkleinert, werden Liegenschaften aufgenommen oder aus dem Planungsgebiet herausgenommen, so verschieben sich damit die Beurteilungsgrundlagen insgesamt.

Eine solche 'Verschiebung' setzt voraus, dass allen Rechtsunterworfenen, in Sonderheit jenen, die im Planungsgebiet liegen, aus primär rechtsstaatlichen Erwägungen die Möglichkeit eingeräumt bleiben muss, hier erneut Stellung zu nehmen. Vor allem können sich durch eine Änderung des betroffenen Planungsgebiets bestimmte Maßnahmen als unzulässig herausstellen, bestimmte Festlegungen als überschießend und es ändert sich damit auch ein wesentlicher Bereich der in Frage kommenden Planungsgrundlagen.

[…] Da die maßgebliche Rechtsvorschrift des §64 (4) TROG verletzt wurde, ist auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Verordnung gegeben. Sie wurde in einem Verfahren erzeugt, das nicht dem Gesetz entspricht, weil ein anderer Plan als der, der beschlossen wurde, aufgelegt worden war und der beschlossene Plan nicht mehr aufgelegt worden ist: das aber bedeutet, dass jedermann die Möglichkeit entzogen worden ist, zu dem eingeschränkten Plan Stellung zu nehmen und sich zu dem auch eingeschränkten Planungsgebiet im Sinne eines veränderten Planungsgebiets zu äußern. Die Reduktion des Raumes, auf den sich eine raumbezogene Maßnahme bezieht, muss letztlich zwangsläufig zu dem Ergebnis führen, dass fachliche andere Parameter zu deren Prüfung heran zu ziehen sind.

[…] Daraus folgt, dass die Verordnung im präjudizialen Umfange aufzuheben sein wird, welchem Antrage hiermit beigetreten wird.

Der in dem Antrag des LVwG Tirol enthaltene Sachverhalt, wonach man als Reaktion auf viele Stellungnahmen in dem Verfahren eben einfach den Geltungsbereich des Planes reduziert hat, ohne aber auf dessen veränderte Grundlagen einzugehen und noch eine entsprechende Auflage vorzunehmen, zeigt, dass das Kreationsverfahren nicht eingehalten worden ist; damit sind rechtliche Nachteile in einem beträchtlichen Umfange für alle Planungsbetroffenen verbunden."

4. Der Magistrat der Stadt Innsbruck hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird (ohne Hervorhebungen im Original):

"Zur Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes

Die Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ob der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes und ergänzenden Bebauungsplanes 'SM-B17' können nicht geteilt werden: Die Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Antrag bezieht sich auf die Behauptung des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren, eine Verkleinerung des Planungsbereiches eines Bebauungsplanes (nichts anderes dürfte demnach auch für einen Flächenwidmungsplan gelten) nach Auflegung des Entwurfes und vor der Beschlussfassung sei eine 'Änderung' des Planes im Sinne des §71 Abs1 iVm §66 Abs3 TROG 2016 und müsse daher vor der Beschlussfassung noch einmal aufgelegt werden.

Unbestritten ist, dass bei einer allfälligen inhaltlichen Änderung eines (Bebauungsplan)-Entwurfes nach seiner Auflage der geänderte Entwurf neuerlich aufzulegen ist. Die diesbezügliche Bestimmung in §66 Abs3 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (nunmehr §64 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016) lautet: 'Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser jedenfalls im Umfang der betreffenden Änderungen neuerlich entsprechend dem Abs1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.'

Bei den in der zitierten Gesetzesstelle angeführten 'Änderungen' eines Entwurfes handelt es sich zweifelsfrei um inhaltliche Änderungen. Nur solche fordern eine neuerliche Auflage. Um von einer solchen inhaltlichen Änderung zu sprechen, müssen jedenfalls die inhaltlichen Festlegungen wie beispielsweise die Bauhöhe oder die Dichte geändert werden. Nur in solchen Fällen wäre der Entwurf neuerlich aufzulegen, um dem gebotenen Anhörungs- und Mitspracherecht der betroffenen Grundstückseigentümer Genüge zu tun. Im gegenständlichen Fall handelt es sich aber keinesfalls um eine solche inhaltliche Änderung:

Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag sowie den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Antrag an den Verfassungsgerichtshof wurde der angefochtene Bebauungsplan SM-B17 bei der Beschlussfassung nicht im Sinne des Gesetzes geändert, sondern wurde lediglich der Planungsbereich verkleinert. Eine Verkleinerung des Planungsbereiches bezieht sich nur auf die räumliche Ausdehnung des Geltungsbereiches und stellt keine im Sinne des §64 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 relevante inhaltliche Änderung des Entwurfes dar. Die mit einer neuerlichen Auflage des Entwurfes bezweckte Verständigung der Grundstückseigentümer zur Gewährleistung des Anhörungs- und Mitspracherechts ist in einem solchen Fall nicht geboten, da der vom verkleinerten Bebauungsplanentwurf betroffene Bereich bereits von der erfolgten Auflage vollständig und inhaltlich unverändert erfasst war. Das Anhörungs- und Mitspracherecht der betroffenen Grundeigentümer wird in vollem Umfang gewährleistet.

Die Möglichkeit, bei Beschlussfassungen von Bebauungsplänen (wie auch von Flächenwidmungsplänen) den Planungsbereich ohne neuerliche Auflage zu verkleinern, stellt eine in der Praxis sehr bedeutsame Vorgehensweise dar, die jedenfalls vom Gesetz gedeckt ist. Dies sowohl im Sinne des Wortlautes des Gesetzes als auch in Bezug auf den Sinn und Zweckzusammenhang der zitierten Gesetzesstelle. Eine neuerliche Auflage würde die diesbezüglichen Verfahren in der Praxis erheblich verzögern ohne dass damit ein effektiver Nutzen für die Grundeigentümer verbunden wäre. Ihr Anhörungs- und Mitspracherecht wird jedenfalls vollumfänglich gewahrt. Dazu im Einzelnen:

Zur inhaltlichen Gesetzeskonformität:

Inhalte bzw Festlegungen von Bebauungs- und Flächenwidmungsplänen beziehen sich immer auf ein konkretes Grundstück. Angrenzende Bereiche können, je nach individueller Situation, gleiche oder andere Festlegungen aufweisen. Dies unabhängig davon, ob sie im Geltungsbereich des gleichen (Bebauungs- oder Flächenwidmungs-)Planes oder eines anderen (Bebauungs- oder Flächenwidmungs-)Planes liegen. Grundsätzlich und gesetzlich zulässig können jederzeit Festlegungen benachbarter oder angrenzender Flächen eines bestimm[t]en Grundstückes geändert werden, ohne dass dies eine Änderung der Festlegungen dieses bestimmten Grundstückes darstellen würde. Einzelne Grundstücke sind immer in ein größeres Umfeld eingebettet, welches auf die gesamte Gemeinde bezogen immer aus verschiedensten Plänen und Planständen besteht. Die Festlegungen innerhalb des beschlossenen Planungsbereiches werden durch die Verkleinerung des Planungsbereiches nicht geändert. Für die einzelnen Grundstücke macht es keinen Unterschied, ob die sie betreffenden Festlegungen in einem größeren oder kleineren Planungszusammenhang getroffen werden.

Zur praktischen Bedeutung der Abwicklung:

Insbesondere bei größeren Planungsgebieten hat es sich in der Praxis als sehr sinnvoll erwiesen, Planungsbereiche in der Beschlussfassung verkleinern zu können. Oftmals beziehen sich die im Zuge des Auflageverfahrens eingebrachten Stellungnahmen auch in größeren Planungsbereichen auf nur einzelne, kleine Teilbereiche des Gesamtgebietes oder auf einzelne Projekte oder individuelle Grundstücke. Wenn durch diese Stellungnahmen während der Auflage Änderungen gerechtfertigt sind, dann kann der überwiegende Teil des Planungsgebietes beschlossen werden und die Änderungen können in einzelnen Plänen in den jeweils relevanten Planungsbereichen erfolgen. Geändert werden die Festlegungen dann nur für den jeweiligen Bereich, wobei hierbei selbstverständlich eine neuerliche Beschlussfassung zur Auflage, eine neuerliche Auflage und schließlich eine abschließende Beschlussfassung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. Diese Vorgehensweise ist im Sinne einer effektiven, bürgerfreundlichen und schnellen Verwaltung sinnvoll.

Zur Gesetzmäßigkeit des Verfahrens:

In den letzten Jahrzehnten sind etliche Pläne mit verkleinertem Planungsbereich beschlossen, aufsichtsbehördlich genehmigt und rechtskräftig geworden. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes durch die Landesregierung wäre entsprechend den Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes unter anderem zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan dem Gesetz widerspricht oder wenn es zu wesentlichen Mängeln im Verfahren gekommen ist. Im Zuge der Verordnungsprüfung (von Bebauungsplänen) gemäß §77 Innsbrucker Stadtrecht hat die Landesregierung gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Stadt durch Verordnung aufzuheben und die Gründe hierfür der Stadt gleichzeitig mitzuteilen. Weder im Zuge des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahrens entsprechend den Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes noch im Zuge der Verordnungsprüfung entsprechend den Bestimmungen des Innsbrucker Stadtrechtes wurde ein — mit verkleinertem Planungsbereich beschlossener — Bebauungs- oder Flächenwidmungsplan aufgehoben. Die Gesetzmäßigkeit der Verfahrensabwicklung wie auch der Pläne selbst wurde somit über Jahrzehnte durch die Landesregierung bestätigt.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die aufgeworfenen Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes 'SM-B17' nicht zutreffen, das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde und der Bebauungsplan recht- und gesetzmäßig ist."

5. Die Tiroler Landesregierung hat keine eigenständige Äußerung erstattet und sich der Äußerung des Magistrates der Stadt Innsbruck vollinhaltlich angeschlossen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung zweifeln ließe. Wie das Landesverwaltungsgericht Tirol zutreffend ausgeführt hat, hat es "seiner Entscheidung die im Zeitpunkt seiner Erlassung herrschende Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen. Somit wäre es bei seiner Entscheidung über das Bauansuchen der Beschwerdeführerin an den Bebauungsplan 'SM-B17' gebunden."

1.3. Da es im zugrunde liegenden Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol um ein Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Errichtung einer Wohnanlage mit zwölf Wohneinheiten samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten, geht und die angefochtene Verordnung nur insoweit präjudiziell ist, ist der Antrag aber nur insoweit zulässig, als sich die angefochtene Verordnung auf das Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten, bezieht, weil die Bestimmungen der Verordnung insoweit offenkundig trennbar sind (vgl VfGH 9.3.2016, G606/2015; 2.12.2016, G105/2015 ua). Im Übrigen ist der Hauptantrag als unzulässig zurückzuweisen.

1.4. Angesichts der Zulässigkeit des Hauptantrages hinsichtlich der Aufhebung der Verordnung in Bezug auf das Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten, erübrigt es sich, auf den Eventualantrag einzugehen, da sich dieser insoweit mit dem Hauptantrag deckt.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet:

2.3. Da die Rechtmäßigkeit im Hinblick auf formelle Bestimmungen nach den Vorschriften zu beurteilen ist, die im Zeitpunkt der Erlassung in Geltung standen (VfSlg 12.382/1990, 14.757/1997), sind im vorliegenden Fall die Vorgaben des TROG 2016 idF LGBl 144/2018 maßgeblich.

Gemäß §66 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 144/2018 (nunmehr §64 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 167/2021) ist der Entwurf eines Bebauungsplanes auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. Die Auflegung ist während der gesamten Auflegungsfrist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und weiters auf der Internetseite der Gemeinde bekannt zu machen. Die Kundmachung und die Bekanntmachung haben die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben.

Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser gemäß §66 Abs3 TROG 2016 idF LGBl 144/2018 (nunmehr §64 Abs4 TROG 2016 idF LGBl 167/2021) neuerlich entsprechend dem Abs1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.

2.4. Am 19. Juli 2019 wurde der Bebauungsplan und ergänzende Bebauungsplan "SM-B17, Sieglanger – Mentlberg, Bereich zwischen Waldstraße, Mentlbergstraße, Völser Straße und östlicher Baulandgrenze, verkleinert um den Bereich Felseckstraße 13a-c, 15a-c, 17a-c, 29a-c und Waldstraße 37, 39, 41" vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck beschlossen. Dem Protokoll über die Gemeinderatssitzung ist zu entnehmen, dass über die eingelangten Stellungnahmen im Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnbau und Projekte eingehend beraten worden sei. Dabei habe festgestellt werden können, dass einer Stellungnahme entgegengekommen werden könne und in diesem Bereich ein neuer Bebauungsplan erstellt werde (Ermöglichung der Errichtung von Windfängen für einzelne Häuser ohne Entstehung neuer Wohneinheiten bzw stadtgestalterischer Nachteile). In diesem Sinne solle der ursprüngliche Bebauungsplanentwurf verkleinert beschlossen werden.

2.5. Es ist somit fraglich, ob die Beschlussfassung des Bebauungsplanes "SM-B17" in "verkleinerter" Form eine "Änderung" iSd §66 Abs3 TROG 2016 idF LGBl 144/2018 ist, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben einer neuerlichen Auflegung gemäß Abs1 leg. cit. bedurft hätte.

2.6. Der Magistrat der Stadt Innsbruck und die Tiroler Landesregierung bringen vor, dass sich eine Verkleinerung des Planungsbereiches – wie im vorliegenden Fall – nur auf die räumliche Ausdehnung des Geltungsbereiches beziehe und keine relevante inhaltliche Änderung des Entwurfes darstelle. Es handle sich um eine in der Praxis sehr bedeutsame und jahrzehntelang geübte Vorgehensweise der Verfahrensbeschleunigung, bei der die Anhörungs- und Mitspracherechte der betroffenen Grundstückseigentümer vollumfänglich gewahrt seien.

2.7. Damit sind der Magistrat der Stadt Innsbruck und die Tiroler Landesregierung im Recht. Verfahrensvorschriften zur Erstellung und Erlassung von Raumordnungsplänen – wie jene des TROG 2016 – stellen die rechtsstaatlichen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf das Mitspracherecht der von der Planung betroffenen Grundeigentümer sicher (vgl VfSlg 8463/1978, 9150/1981, 10.208/1984, 12.785/1991, 16.394/2001, 17.189/2004).

In der vorliegenden Konstellation wurden während der Auflegung zur öffentlichen Einsichtnahme die Anhörungs- und Mitspracherechte aller Grundstückseigentümer gewahrt, deren Grundstücke vom "weiteren" Entwurf des Bebauungsplanes erfasst waren, somit auch jener, die letztlich vom "verkleinerten" Geltungsbereich erfasst sind.

Wenn eine bloße Verkleinerung des Planungsraumes vorliegt, die ansonsten keine inhaltliche Änderung bedeutet, bedarf es keiner erneuten Auflegung zur öffentlichen Einsichtnahme. Das gilt auch für die Auslegung des §66 Abs3 TROG 2016 idF LGBl 144/2018 (nunmehr §64 Abs4 TROG 2016 idF LGBl 167/2021).

2.8. Die verordnungserlassende Behörde hat die Verfahrensvorschriften des TROG 2016 im vorliegenden Fall somit eingehalten. Der Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ist daher abzuweisen.

V. Ergebnis

1. Die vom Landesverwaltungsgericht Tirol ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Juli 2019, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. Juli 2019 bis 6. August 2019, erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1714/3, KG Wilten, bezieht, abzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

Schlagworte

Bebauungsplan, Verordnung Kundmachung, Verordnungserlassung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Gerichtsantrag, Baurecht, Raumordnung, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V521.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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